Duisburg, 12. Februar 2023 - „Die
Diskussion über den ‚Sozialtourismus’ hat Geflüchtete aus
der Ukraine zu Unrecht unter Generalverdacht gestellt und
falsche Eindrücke über deren Integrationsbereitschaft
verbreitet. Denn aus der täglichen Beratungsarbeit kann ich
nur festhalten, dass die übergroße Mehrheit der Schutz
suchenden Menschen aus dem Kriegsgebiet weder daran
interessiert ist, Leistungen abzustauben oder im
Pendelverkehr Bargeld in die Heimat zu schaffen.
Fake News Solche ‚Fake News‘ werden vom
bürgerlich-rechten Lager der Politik ganz bewusst gestreut
und dafür eingesetzt, Stimmung zu machen. Das ist
unverantwortlich und ungerecht – es entspricht auch nicht
der Wahrheit über diese Personengruppe, die tatsächlich
oftmals mittellos dasteht und eben kein Vermögen
verschweigt, das sie daheim bunkert und zeitgleich in
Deutschland Grundsicherungsleistungen bezieht. Wer sich
dieser Vorurteile bedient, macht sich mitschuldig an
feindseliger Stimmung und Gewalt gegenüber Geflüchteten, die
nicht selten traumatisiert und desorientiert nach Hilfe
suchen“, erklärt der Leiter der Beratungsstelle
„Psychosoziale Sprechstunde“, Dennis Riehle, die bundesweit
kostenlos zur Verfügung steht und insbesondere
Psychologische, Sozial- und Integrationsberatung für
Schutzsuchende und Migranten in allen Lebenslagen anbietet.
Schlussendlich seien die Menschen aus der Ukraine sehr
dankbar und demütig, Anzeichen dafür, dass sie den deutschen
Sozialstaat ausnutzen wollten, sieht Riehle nicht: „Die
Integrationsbereitschaft ist sehr hoch, die Motivation zur
Eingliederung ist klar gegeben“, meint der Berater, der seit
Beginn des Krieges mehrere Dutzend Flüchtlinge in sozialen
Angelegenheiten wie Antragsstellungen oder bei der
Vermittlung von Wohnung und Arbeit unterstützt hat.
„Sicherlich gibt es einzelne Konstellationen, in denen man
kritisch und reflektierend hinterfragen muss, inwieweit eine
Hilfebedürftigkeit tatsächlich besteht. Insofern sind auch
die Leistung gewährenden Behörden und Ämter angehalten, im
Sinne des Gerechtigkeits- und Gleichheitsprinzips
Überprüfungen bestehender Vermögen und Rücklagen von
Geflüchteten vorzunehmen. Die suggerierte Darstellung,
wonach zu uns kommende Ukrainer prinzipiell nur hier sind,
um Gelder zu erhalten und diese nach Hause zu transferieren,
lässt sich allerdings nicht halten und entspricht purem
Populismus“, meint Riehle und kritisiert deshalb auch die
Einlassungen von CDU und CSU in dieser Hinsicht scharf: „Das
ist Polemik vom Feinsten!“.
Die
ehrenamtliche Sozial- und Integrationsberatung hat viel eher
die Erfahrung gemacht, dass flüchtende Menschen ein hohes
Maß an Kooperations- und Mitwirkungsbereitschaft zeigen:
„Ähnlich, wie beim Bürgergeld, hat die Union auch bei diesem
Thema wieder von einzelnen ‚schwarzen Schafen‘ auf eine
ganze Personengruppe geschlossen und damit für Spaltung und
Polarisierung gesorgt“.
Schlussendlich empfiehlt der
Leiter des ehrenamtlichen Angebots, dass sich die Politik
vor Ort ein Bild machen solle, ehe sie zu einer voreiligen
und generalisierenden Einschätzung kommt und damit einer
Vielzahl bedürftiger Menschen Unrecht tut, meint Riehle.
„Bisher habe ich keinen ukrainischen Flüchtling getroffen,
der gerne in Deutschland ist. Sie möchten viel eher wieder
in die Heimat, haben keinerlei Ambitionen, das hiesige
Sozialsystem als Hängematte zu nutzen. Dafür stehen sie viel
zu sehr unter Druck, was mit ihren Angehörigen zuhause
passiert und ob das eigene Haus dort noch steht“. Riehle
vermisst bei Merz nahezu jegliche Empathie – und sagt
deshalb abschließend: „Offenbar will sich der
Oppositionsführer nicht in die Lage der Geflüchteten
hineinversetzen“.
Die Psychosoziale
Sprechstunde ist bundesweit kostenlos unter
www.psychosoziale-mailberatung.de erreichbar.
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