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ADFC: Positionspapier "Offensive für den Radverkehr in Duisburg"
52-Punkte-Plan! Oder:
Aufgestaute Schwachpunkt-Analyse

Duisburg, 24. Februar 2021 - Neben einem besseren öffentlichen Personennahverkehr und fußgängerfreundlichen Wegeverbindungen vor allem eine andere und höhere Qualität des Radverkehrs. Der Radverkehr liegt im Trend. Nach Zahlen des BMVI nutzen über 80% der Deutschen das Fahrrad, im Alltag und in der Freizeit.
Immer mehr Menschen verzichten, vor allem bei den meist kurzen innerstädtischen Distanzen, auf ihr Auto und nehmen stattdessen das Fahrrad. Und es werden - und sollen - noch viel mehr werden. Dieser Trend ist auch in Duisburg überdeutlich zu spüren. Um den Oberbürgermeister, den Stadtrat und die Verwaltung bei der Umsetzung hin zu besserem Radverkehr zu unterstützen, stellt der ADFC Duisburg hier seine Forderungen in einem Handlungskonzept vor.
Klaus Hauschild, Vorstandssprecher des ADFC Duisburg Fotorechte: Klaus Hausachild


Umweltfreundlicher Rad- und Fußverkehr darf in unserer Stadt nicht länger an den Rand gedrängt werden. Er braucht gute, klar getrennte, sichere Wege und mehr Raum. Das kann und muss auch zu Lasten des Verkehrsraums für den die Bürger*innen belastenden MIV gehen. Der ADFC Duisburg fordert einen eigenen Titel im städtischen Haushalt für Bau und Unterhalt der städtischen Radinfrastruktur mit einem Mindestetat von 10€ / Einwohner ab 2022 und einer Steigerung auf mindestens 30€ / Einwohner bis 2026.
Durch eine gerechtere Verteilung des Straßenraums lässt sich der Anteil des Rad- und Fußverkehrs steigern und der alltägliche Verkehrskollaps nahezu verhindern. Hierzu bedarf es keiner eigenen langwierigen und teuren Untersuchungen mehr, da diese Entwicklung bereits in vielen anderen (Groß-)Städten eindeutig belegt wurde.

Erwartung, dass ein Radhauptnetz in hohem Ausbaustandard bis Ende 2026 umgesetzt wird

Das erfordert eine verbindliche, vom Rat zu beschließende und zu kontrollierende Planung, ihre Finanzierung und ihre Umsetzung in den kommenden 5 Jahren. Konkret bedeutet das:
• Jährlich werden 50 km neue Radrouten in hochwertiger, mindestens richtlinienkonformer Qualität fertiggestellt oder vorhandene saniert.
• Es entstehen durchgehende und sichere Fahrradrouten aus allen Stadtteilen in die Innenstadt sowie ein lückenloser Schluss innerstädtischer Routen. Dabei ist die Verbindung der Stadteile über den Rhein hinweg besonders zu beachten.
• Verwirklicht werden auch schnell realisierbare Maßnahmen, wie gut umgesetzte Fahrradstraßen mit Vorrang für den Radverkehr unter Vermeidung von durchgehendem Autoverkehr.
• Darüber hinaus werden ausreichend dimensionierte Radverkehrsanlagen an für den innerstädtischen Radverkehr wichtigen Hauptstraßen angelegt, wo immer möglich als geschützte Radfahrstreifen.
• Der weitere Ausbau des RS1 wird zügig weiterverfolgt und in Duisburg bis 2026 in weiten Teilen fertiggestellt.
• Der geplante bzw. in Teilen bereits realisierte RS1 bekommt eine komfortable und barrierefreie Anbindung an die Innenstadt. Dafür wird u.a. an Koloniestraße oder Sternbuschweg eine Infrastruktur geschaffen, die als Radschnellwegzubringer geeignet ist.
• Radschnellverbindungen von Nord nach Süd und Ost nach West werden geplant und umgesetzt.
• Bei größeren Planungs- und Neubaugebieten (wie z.B. 6 Seen-Wedau, alter Güterbahnhof, IGA/Rheinpark, usw.) wird eine moderne Radverkehrsinfrastruktur vorrangig mit geplant.
• Bei neuen Bauvorhaben werden konsequent komfortable und sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in ausreichender Zahl eingeplant.
 
Beseitigung von Mängeln und Gefahrenstellen für Radfahrende und Fußgänger
An sehr vielen Stellen sind die Routen für den Radverkehr in einem desaströsen Zustand. Die Stadt Duisburg
• startet, unterstützt durch Bürgerbefragungen und/oder der Plattform RADAR, Sofortmaßnahmen zur Beseitigung von Schlaglöchern, gefährlichen Hindernissen, unzureichenden Bordsteinabsenkungen, schlechter Baustellenführung und gefährlichen Engstellen,
• schließt gefährliche Lücken im Radnetz auf viel befahrenen Straßen, ggf. durch provisorische Maßnahmen,
• markiert alle bereits bestehenden Abschnitte im Radhauptnetz durchgehend farbig,
• sorgt für eine regelmäßige Reinigung der Radwege und erstellt einen Regelplan,
• richtet einen Winterdienst für Radwege ein, gleichwertig dem Winterdienst für das Straßennetz,
• unternimmt schnelle Schritte, um besonders unfallträchtige Kreuzungen oder Kreisverkehre zu entschärfen, etwa durch Tempo 30, getrennte Grünphasen oder Abbiegeverbote für Lkw,
• verhindert Abkürzungsverkehr von LKW zu und von Logistikstandorten durch LKW-Durchfahrtverbote, automatische Messanlagen und hohe Kontrolldichte,
• Richtet, wie teilweise schon umgesetzt, rund um alle Duisburger Schulen sichere Fahrradzonen mit Tempo 30 für den Autoverkehr ein, ebenso vor allen Kindergärten, Seniorenheimen und Krankenhäusern,
• beseitigt unfallträchtige freie Rechtsabbieger.

Bei der Planung wird zukünftig auf freie Rechtsabbieger verzichtet.
Wir fordern hohe Transparenz und frühe Beteiligung bei Planung und Umsetzung Fahrradfahrende erleben täglich die Mängel und Versäumnisse im Radverkehr der Stadt Duisburg und sind daher in besonderem Maße berufen, diese Stellen zu benennen und die Mängel aufzuzeigen. Sie wollen mitreden über Schwachstellen, bei Sofortprogrammen und Planungen.

Die für den Radverkehr zuständige, bürgerorientierte Verwaltung muss personell gestärkt und damit effizienter und noch handlungsfähiger werden, mit klaren Abläufen, nachvollziehbaren Planungen und gutem Management. Konkret bedeutet das:
• Sofortprogramm und Prioritätensetzungen beim Radhauptnetz werden öffentlich diskutiert, Print- und Onlinemedien werden aktivierend genutzt.
• Die Verwaltung startet ein öffentliches Planungstool mit Einsicht der Bürger*innen in alle Radwege-Planungen und Umsetzungen (Berliner Modell).
• Die Verwaltung ermöglicht dort die digitale, mobile und weitestgehend automatisierte Meldung von Mängeln, Stolperfallen und Verunreinigungen, welche sie schnell behebt und Rückmeldung gibt.
• Das städtische Baustellenmanagement muss Radfahrende und zu Fuß Gehende sicher an baustellenbedingten Engstellen vorbeiführen. Dazu gehört auch, eine verschärfte Kontrolle während und zum Abschluss der Baumaßnahmen.
• Eine „Fachgruppe Radverkehr/Nahmobilität“ wird eingerichtet und erarbeitet ein verbindliches Radverkehrskonzept für Duisburg. Sie wird durch eine verbindliche Verfahrens- und Zeitplanung, aktuelle Planungstools sowie durch rechtzeitigen Zugang zu Beratungsvorlagen als Plattform zur Abstimmung mit Verkehrsexpertinnen und -experten aus Verwaltung, Politik und Verbänden gestärkt.
• Die begonnene lösungsorientierte Zusammenarbeit zwischen ADFC Duisburg und der Stadtverwaltung bei der Planung der neuen Quartiere und ihrer Anbindung an die Innenstadt wird intensiviert. Wir fordern von der Verwaltung einen erstklassigen Standard für den Rad- und Fußverkehr Konkret heißt das:
 • Der Radverkehr wird an Hauptverkehrsstraßen möglichst durchgängig vom Autound Fußverkehr konsequent baulich getrennt und geschützt.
• Radwege werden so angelegt, dass eine Gefährdung des Radverkehrs durch Parkstreifen/Parkplätze und damit einhergehend durch „Dooring“ bzw. „übersehen werden“ weitestgehend ausgeschlossen ist. • Die Planungen für Rad- und Gehwege werden "fehlerverzeihend" geplant.
• Bei allen Planungen werden zunehmender Radverkehr, auch mit Anhängern, von Pedelecs und Lastenrädern und höheren Geschwindigkeiten berücksichtigt. Die Radwegbreite entspricht den Regelbreiten der ERA 2010. Kurvenradien sind ausreichend groß, Kombinationen von Minimallösungen sind auszuschließen.
• Radwege werden durchgängig asphaltiert, um die Alltagstauglichkeit zu erhöhen und den Rollwiderstand zu verringern. Bei separaten Radwegen soll im Allgemeinen heller Asphalt verbaut werden. Sie sind deutlich und durchgängig farbig markiert. (Die durchgängig farbigen Markierungen werden bundesweit in Fachkreisen umstritten diskutiert. Es spricht viel dafür, vorrangig Gefahrenpunkte hervorzuheben. Es gibt auch eine weitverbreitete Meinung, dass Radverkehrsanlagen grün eingefärbt sein sollen und nur Fahrbahnquerungen und Gefahrenstellen rot)

• Große Piktogramme und Fahrtrichtungspfeile erhöhen die Sicherheit. Markierungen sollen intuitiv erfassbar sein und nicht verwirren.
• Rad- und Gehwege sind frei von Licht- und Schildermasten, Schaltkästen und anderen Hindernissen, möglichst auch von temporären Hindernissen bei Baumaßnahmen.
• Kreuzungen können in einem Zug überquert werden, es bestehen gute Sichtachsen und ausreichend große Aufstellflächen.
• Radwege an Kreuzungen und Einmündungen haben einen Nullauftritt.
• In der Regel werden alle Einbahnstraßen für gegenläufigen Radverkehr freigegeben, Ausnahmen werden begründet.
• Sogenannte Bettelampeln werden in Duisburg nicht mehr umgesetzt. Induktionsampeln oder anders automatisierte Ampeln für Radfahrende ersetzen diese. Alle sogenannten Bettelampeln (Lichtsignalanlagen mit Anforderungstastern) werden innerhalb der nächsten 5 Jahre entsprechend umgebaut.
• Die Radverkehrsführung an Bus- und Bahnhaltestellen wird nicht durch die Warteflächen der Fahrgäste geführt. Falschparken kann nicht toleriert werden Das immer noch weit verbreitete Falschparken auf Rad- und Gehwegen gefährdet akut die schwächsten der Verkehrsteilnehmer. Radfahrende werden in den fließenden Autoverkehr gezwungen oder in die Nähe gefährlicher Straßenbahnschienen. So werden Unfälle und Stürze provoziert. Das muss noch konsequenter geahndet werden.

Konkret heißt das:
• Es wird mehr Personal in der Verkehrsüberwachung eingesetzt, inkl. zusätzlicher Fahrradstaffeln.
• Kontrollen, mit dem Fokus auf unerlaubtes Rad- und Gehwegparken werden verstärkt.
• Falsch Parkende werden im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten konsequenter abgeschleppt. Wiederholungstäter an die Führerscheinstelle gemeldet.

Die Möglichkeit, Fahrräder sicher im öffentlichen Raum zu parken, muss in Duisburg stark verbessert werden Auch Pedelecs und Lastenräder brauchen Platz. In den dicht bebauten Stadtteilen gelingt dies nur auf Kosten von Auto-Parkplätzen.

Fahrräder müssen diebstahlsicher abgestellt werden können. Konkret heißt das:
• Es werden erheblich mehr und qualitativ gute Fahrradabstellanlagen errichtet, vor allem in der Innenstadt, vor öffentlichen Einrichtungen und bei Unternehmen.
• Es wird ein bewachtes "Fahrradparkhaus" in zentraler Lage (auch in Stadtteilzentren) realisiert. Neben einer sicheren Unterstellmöglichkeit für Räder kann / soll das "Parkhaus" auch als Zwischendepot für Einkäufe von Flanierenden dienen, sowie einen Lieferservice mit Lastenrädern anbieten, also als sogenannte Micro-Hubs, zur Entlastung der Innenstädte von Lieferverkehr, fungieren. Hintergrund ist die Verminderung des MIV, sowie die Belebung von Innenstadt und Nebenzentren, verbunden mit der Stärkung des Handels.
• An allen Bahnhaltepunkten, S-Bahnstationen und relevanten Haltestellen der U- und Straßenbahnen, sowie der Schnellbuslinien werden bedarfsgerecht Mobilstationen, Radabstellplätze und Boxen errichtet, damit Fahrräder diebstahlsicher abgestellt werden können.
• In der Umgebung von öffentlichen Gebäuden (Schulen, Verwaltungen, Krankenhäusern, Kultureinrichtungen etc.) werden Auto-Parkplätze zugunsten von Fahrradabstellplätzen umgebaut.
• In Neubaugebieten werden barrierefrei zugängliche Abstellräume für Fahrräder aller Art (incl. Lastenräder und Anhänger, Kinderwagen, Rollstühlen, Rollatoren usw.) baurechtlich eingefordert. Wir fordern gute Rad(schnell)wege in alle Nachbargemeinden

Immer mehr Pendlerinnen und Pendler wollen und sollen aufs Fahrrad umsteigen. Sie entlasten damit den KFZ-Verkehr und den ÖPNV und erhöhen dadurch die Luftqualität. Wir fordern gute Radwegverbindungen in die Nachbargemeinden, die durch ein Netz von Radschnellverbindungen in unsere Innenstadt ergänzt werden.

Konkret heißt das:
• Wir brauchen gute Radschnellwegeverbindungen vom Kreis Wesel, aus Mülheim, Krefeld, Düsseldorf, Oberhausen, Essen bzw. allen Orten mit hohen Pendlerzahlen von/nach Duisburg, da durch Pedelecs deutlich längere Distanzen zurückgelegt werden. An geeigneten Stellen werden Zählstellen eingerichtet. • In partnerschaftlicher Zusammenarbeit und Absprache mit den Nachbargemeinden wird eine gute Anbindung an ein zu schaffendes oder bereits vorhandenes Radhauptnetz realisiert.

Wir fordern bessere Möglichkeiten der Mitnahme von Fahrrädern im ÖPNV
Um auch längere Pendelstrecken zu ermöglichen, sind ausreichende Möglichkeiten zur Mitnahme von Fahrrädern in Bussen und Bahnen zu schaffen. Die Fahrradmitnahme ist grundsätzlich kostenlos. Die Stadt Duisburg wird bei zukünftigen Planungen der DVG und des VRR auf die Umsetzung dieser Ziele hinwirken. Verbesserung des Radtourismus Radtourismus ist ein wichtiger und wachsender Wirtschaftsfaktor. Duisburg hat durch seine Lage an Rhein und Ruhr hier gute Voraussetzungen, Radtourismus zu fördern und davon in hohem Mass zu profitieren.

Duisburg ist der Schnittpunkt zwischen dem Ruhrgebiet (Ruhrtalradweg, Route der Industriekultur usw.) und dem Niederrhein (Rheinradweg, Niederrheinroute usw.). Konkret heißt das:
• Die Fernradwege werden innerstädtisch qualitativ verbessert, von markanten Punkten wird der Weg zum Hauptbahnhof und in die Innenstadt ausgeschildert. Hinweise auf Gast- und Beherbergungsbetriebe dürfen hier nicht fehlen.
• Das Wegweisungs- und Knotenpunktsystem wird erweitert und verdichtet. Das bisherige Knotenpunktnetz des RVR in Duisburg ist zu grobmaschig und betrachtet nur die Punkte der Industriekultur.
• Alle Wegweisungen sind durchgängig, einheitlich, auch bei Dunkelheit gut lesbar und sauber.
• Mängel in der Radwegweisung werden kontinuierlich abgestellt
• An touristisch markanten Punkten wie z.B. Rheinorange, Tiger & Turtle u.a. werden Infotafeln aufgestellt.
• Bei Baustellen im radtouristischen Netz sind gute, sichere und familientaugliche Umleitungen einzurichten und auszuschildern. Dabei müssen Name und/oder Logo der touristischen Route aufgeführt werden. Bei längerfristigen Baumaßnahmen sollen am Beginn und Ende der Umleitung Tafeln mit einer Karte aufgestellt werden.
Baumaßnahmen an touristischen Routen sind mit den jeweiligen Trägern und Tourismusverbänden abzustimmen.

• Die Maßnahmen werden frühzeitig den Rad- und Tourismusverbänden mitgeteilt um ihnen Möglichkeit zu geben diese in Ihren Medien zu kommunizieren. Schlusswort Menschen fahren vor allem dann mit dem Fahrrad, wenn sie sich sicher fühlen, wenn sie den Radverkehr als komfortabel und stressarm empfinden und sich als Radfahrende voll akzeptiert erleben.
Die Stadt braucht einen Neustart und großen Elan, damit Duisburg eine echt fahrradfreundliche Stadt wird und alle Menschen in Duisburg gerne mit dem Rad fahren. Das gelingt nur mit einer massiven Schwerpunktverlagerung, auch von Finanzmitteln, auf den Radverkehr für Mängelbeseitigung, Neugestaltung und Instandhaltung.

Ehrgeizige und schnell erkennbare Maßnahmen sollen nicht nur den Duisburgerinnen und Duisburgern zeigen, dass der gewählte Stadtrat die Verkehrswende wirklich ernst nimmt und die "Vision Zero" anstrebt. Die geforderten Maßnahmen sind geeignet Duisburg als Vorreiter in Sachen Verkehrswende hervorzuheben und damit das Image der Stadt deutlich zu verbessern. Duisburg hat das Potenzial!