Dortmund/Duisburg, 20. Februar 2007 -
Im Silbersaal des
Kongresszentrums der Westfalenhallen Dortmund, gab es Beweis- und
Momentaufnahmen, Plädoyers und Urteile zu verkehrslenkende Maßnahmen im
Zusammenhang mit der Feinstaubbelastung
Die Veranstaltung fand zu einem besonders interessanten Zeitpunkt
statt. Es wurde die Ergebnisse des Gutachtens, das der
Regionalverband Ruhr (RVR) in Verbindung mit der Landesregierung zur
Frage der Einrichtung einer Umweltzone im Ruhrgebiet in Auftrag
gegeben hat, diskutiert bzw. teilweise sogar schon bewertet.
Entscheidungen waren aber noch nicht zwingend ableitbar. Organisiert
und moderiert wurde der Gipfel vom Verein pro Ruhrgebiet e.V.
durch Vorsitzenden Helmut an de Meulen und Vereins-Geschäftsführer
Dr. Roland Kirchhoff
Aber was ist Feinstaub? Wie ist die Wirkung und wo
liegen die Schwerpunkte für Maßnahmen?
Professor Dr. Peter Bruckmann vom Landesamt für
Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW aus Recklinghausen
erläuterte. Partikelförmige Luftschadstoffe und Stickoxide bedeuten
Belastung. Die gemessen Belastungen lieferten nach EU-Erhebungen
besonders im Beneluxraum und dem Ruhrgebiet in Europa die höchsten
Werte. Je größer der Durchmesser die angesprochenen Partikel, desto
weiter oben werden im Atemtrakt des Menschen diese abgelagert. Feine
Partikel allerdings gehen weit in die Tiefe der Lunge und sind
deshalb besonders gefährlich. "Nach den Untersuchungen aus dem Jahr
2004 wurde festgestellt, dass die Lebenserwartungen der Menschen in
diesem Raum deshalb ein Jahr geringer ist. Wir reden jetzt über die
Luftreinhaltung in Hinsicht auf die Feinstäube, über die Stickoxide
ab erst 2010."
Der Verkehrsgipfel Ruhr 2007 hatte auf die Dramaturgie einer
Gerichtsverhandlung gesetzt. Die Vortragenden waren allesamt
Experten oder gar Entscheider bzw. Vorbereiter von Maßnahmen. "Ich
wehre mich in aller Deutlichkeit gegen eine Stigmatisierung des
Ruhrgebietes zum Begriff Umweltzone", legte sich kein Geringerer als
Helmut Diegel, Regierungspräsident aus Arnsberg sehr klar fest. "Es
kann doch nicht sein, dass wir mit diesem Begriff ganze Bereich
wieder in der Außendarstellung des Ruhrgebietes wieder neu belasten,
mit dem Begriff Umweltzone eben stigmatisieren. Wir wollen doch weg
von den alten und schlimmen Darstellungen des Ruhrgebietes wo alles
nur grau und schmutzig ist. "
Der RP aus Arnsberg stellte
klar: "Für die Ausführung der Luftreinhaltepläne ist die
Bezirksregierung zuständig. Wir wollen dass die Ursächlichkeit
ermittelt wir. Also woher kommt der Staub und wo gilt es anzupacken.
Wir wollen dabei aber keine Symptome kurieren sondern die
Verursacher angehen. Dies geht aber nur mit allen für das Ruhrgebiet
zuständigen Regierungspräsidenten und vor allem mit allen
betroffenen Kommunen. Dabei müssen wir analog zur Machbarkeitsstudie
für nachhaltige Maßnahmen gemeinsam stehen. Und dabei lehne ich die
schon in Köln, Düsseldorf eingerichteten Umweltzonen wegen der
angesprochenen Stigmatisierung ab." Wir haben doch mittlerweile eine
attraktive Lebens- und ebenso eine attraktive Wirtschaftslandschaft,
die wir sicher nicht zerreden sollen mit solcher Stigmatisierung."
Das aber rief sofort den Widerstand heraus. Hernes Dezernent für
Stadtplanung, Verkehr und Umwelt Jan Terhoeven war da ganz anderer
Ansicht. "Analog zur EU-Richtlinie und dem
Bundesimmissionsschutzgesetzt müssen Behörden handeln und
Luftreinhaltepläne aufstellen. Aber wie, das ist die Frage. Ich kann
hier sicher nicht für alle aus dem Ruhrgebiet sprechen, bin mir aber
sicher, dass es zur Einrichtung von Umweltzonen keine Alternative
gibt.
Wen wir nicht die Hersteller zur Verbesserungen zwingen können,
müssen wir mit Einrichtungen von Umweltzonen den Umweg einschlagen.
Zur Klarheit bei der Regelung des Gebrauchs hat bislang nichts
beigetragen, der Bürger wird zum Nachfrageverhalten gezwungen und
das alles ist viel zu umständlich. Bei der Vorgehenswiese zur
Einrichtung von Umweltzonen sollten ganze Gemeinden betroffen sein
und die Ballungszentren mit einbezogen werden, sonst gibt es zu
viele Stilllegungen."
Immer wieder gab es bei der Diskussion die Hinweise auf die stark
betroffenen Bereiche der Brakeler Straße in Dortmund oder der
Gladbecker Straße in Essen. Hier würden Sperrungen nur total
verunsichern und - was viel wichtiger ist - die Belastungen nur in
die Randbereiche verlagert.
"Worum geht es eigentlich?" Diplom-Pädagoge Günter
Trunz,
Bereichsleiter Verkehr und Umwelt des ADAC Dortmund provozierte
gekonnt. "Die Politik hat Immissionen und Emissionen zusammengepackt.
Der Bürger aber erwartet einfache Antworten. Und das ist das Problem.
Wenn von 350 00 PKW in einer Großstadt wie Dortmund alles greifen
soll, was mit Schadstoffbelastungen und Kennzeichnungen zu tun hat,
sprechen wir von 30 Millionen Euro an Werteverlusten. Der PKW-Verkehr ist nur ein
Prozent der Belastungen. Und wovon
sprechen wir nicht? Von Bürgern, die trotz der zu erwartenden Lebenseinbußen durch Feinstäube gefährdet sind? Wir haben aber
festgestellt, dass die Bevölkerung immer älter wird, die
Lebenserwartung ständig steigt."
Dr. Rüdiger Ostrowski, Vorstandsmitglied des
Verbandes Spedition und Logistik NRW (Düsseldorf) appellierte an die
Politik, doch nicht alles auf den LKW-Verkehr abzuwälzen. "Sie
müssen doch den Unternehmen Zeit lassen, entsprechend reagieren zu
können. Was nützt ein Modell mit 40-Tonnern neuester Prägung, wenn
es vor dem Ende des Versuchs schon zerredet wird. Die Unternehmen
müssen doch erst einmal das Geld für die Nachbesserungen aufbringen,
bzw. erwirtschaften. Und so ein Großraum-Lastkraftwagen entlastet
doch auch Straße und Umwelt, denn für ihn müssten doch mindestens
drei herkömmliche Fahrzeuge bewegt werden. Und was die Politik mit
ihrem Wunsch nach Verlagerung des LKW-Verkehrs von der Straße auf
die Schiene angehet - das packt die Bahn doch niemals. Es müsste
eine Kapazitätssteigerung von 100 Prozent bei der Bahn da sein, um
auch nur 10 Prozent des LKW-Verkehrs aufnehmen zu können. Das zieht
also überhaupt nicht. Wir müssen gemeinsam nach Lösungen suchen,
aber nicht gegeneinander."
Anzumerken bleibt, dass nach der Anfrage der FDP im Bundestag die
Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt) in Hinsicht auf die so
genannten Gigaliner (60-Tonnen-LKW) kein Zulassung empfiehlt, da das
Bundesfernstraßennetz durch Brückenbauweise, Leitplanken oder
Kreisverkehre erhebliche Belastungen sieht und keine gesicherte
Befahrbarkeit in den Städten gegeben sei.
Den Gipfel-Teilnehmern war aber auch klar, dass
analog zur EU-Studie, dass die Verehre bis 2030 um bis zu 60 Prozent
zunehmen sollen, jetzt zwingend Maßnahmen eingeleitet werden
müssen, ob nun mit Bezeichnungen wie Umweltzone oder nicht. Und was
die meistens nicht konkret ansprachen: 80 Prozent der
Gesamtbelastungen werden durch die Industrie verursacht. Von den
restlichen Feinstaub-Prozentanteilen stammen lediglich 11 Prozent
vom Kraftfahrzeugverkehr.
Gesund und mobil bleiben - so könnte das Fazit -
nicht das Urteil - der Veranstaltung der Veranstaltung lauten.
Februar 2007 - Machbarkeitsstudie Regionale
Luftreinhalteplanung |
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Zusammen mit den NRW-Ministerien Umwelt und Verkehr hat der RVR
Vorschläge für regionales Handeln zur Verbesserung der
Luftqualität im Ruhrgebiet vorgelegt. Die Studie wurde
gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Urbanistik (DiFU)
sowie dem Deutschen Städtetag NRW erarbeitet. |
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