Berlin/Duisburg, 27. November 2022 -
Der neue Bundesratspräsident
Peter Tschentscher eröffnete die erste reguläre
Plenarsitzung unter Hamburger Vorsitz mit der
traditionellen Antrittsrede. „Darauf kommt es gerade
in Zeiten von Krisen und Umbrüchen an: Neue Wege zu
gehen, neue Chancen zu erkennen und zu ergreifen“,
erläuterte er das Motto der Hamburger
Präsidentschaft: „Horizonte öffnen“. Für die
Bundesregierung erwiderte Kanzleramtschef Wolfgang
Schmidt. Anschließend gab der Bundesrat grünes
Licht für dreizehn Gesetzesbeschlüsse des
Bundestages, darunter das im
Vermittlungsausschuss nachverhandelte
Bürgergeld, das Inflationsausgleichsgesetz, die
Umsetzung der Triage-Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts, die Verlängerung der
Laufzeiten dreier Atomkraftwerke sowie das
Wohngeldgesetz.
Zudem äußerte sich der
Bundesrat zu einigen Regierungsentwürfen - unter
anderem zu Plänen für ein Tierhaltungskennzeichen.
Stellung nahm der Bundesrat zu mehreren
EU-Vorlagen. Zum Vorschlag für ein Europäisches
Medienfreiheitsgesetz rügte er zudem die Verletzung
des Subsidiaritätsprinzips.
Auch Initiativen
aus den Ländern standen auf der Agenda. So fasste
der Bundesrat auf Initiative Schleswig-Holsteins
eine Entschließung zur Änderung des
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes. Neu
vorgestellt und in die Fachausschüsse verwiesen
wurden Initiativen aus Bayern zu bezahlbaren Mieten,
zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch, zum
Vergaberecht und zur Erbschaftssteuer, aus Hamburg
zur Begrenzung von Indexmieten, aus
Baden-Württemberg zur Ausgestaltung eines
Gesundheitsdatennutzungsgesetzes.
Zugestimmt
hat die Länderkammer zudem mehreren Verordnungen der
Bundesregierung - teilweise nur unter der Bedingung
von Änderungen.
Das Bürgergeld
kommt Der Bundesrat hat am 25.
November 2020 dem Bürgergeld-Gesetz zugestimmt, das
im
Vermittlungsausschuss nachverhandelt worden war.
Der Bundestag hatte kurz zuvor den
Kompromissvorschlag bestätigt und seinen
ursprünglichen Beschluss entsprechend verändert. Das
Gesetz wandelt die Grundsicherung für
Arbeitssuchende in ein Bürgergeld um. Der so
genannte Vermittlungsvorrang wird abgeschafft. Ziel
ist eine möglichst langfristige Eingliederung in den
Arbeitsmarkt und nicht mehr die schnellstmögliche
Vermittlung in eine Arbeitsstelle. Die Reform
gestaltet die Berechnung der Regelbedarfe neu - sie
werden künftig nicht mehr rückwirkend, sondern
vorausschauend an die Teuerungsraten angepasst. Die
Regelbedarfe für das kommende Jahr sind bereits
entsprechend berechnet. Ab 1. Januar 2023 wird
etwa ein alleinstehender Erwachsener 502 Euro
erhalten - 53 Euro mehr als bisher.
Karenzzeit Damit die
Leistungsberechtigten sich auf die Arbeitsuche
konzentrieren können, enthält das Gesetz eine
sogenannte Karenzzeit zu Beginn des
Bürgergeldbezuges: Die Kosten für die Unterkunft
werden in dieser Zeit in tatsächlicher Höhe
anerkannt und übernommen, die Heizkosten in
angemessener Höhe. Vermögen wird nicht
berücksichtigt, sofern es nicht erheblich ist. Der
durch den Vermittlungsausschuss erzielte Kompromiss
sieht eine Karenzzeit von einem Jahr statt wie
ursprünglich geplant zwei Jahren vor.
Schonvermögen Bezüglich der
Schonvermögen enthält das Vermittlungsergebnis
ebenfalls eine Reduzierung: Vermögen ist danach
erheblich, wenn es in der Summe 40.000 Euro für die
leistungsberechtigte Person und 15.000 Euro für jede
weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende
Person überschreitet. Der erste Bundestagsbeschluss
hatte Grenzen von 60.000 Euro bzw. 30.000 Euro
vorgesehen. Auch nach der Karenzzeit gelten höhere
Vermögens-Freibeträge als vor dem Bürgergeld-Gesetz.
Außerdem findet eine entbürokratisierte
Vermögensprüfung Anwendung.
Kooperationsplan Die bisherige
Eingliederungsvereinbarung wird im Bürgergeld-Gesetz
durch einen Kooperationsplan abgelöst, den
Leistungsberechtigte und Integrationsfachkräfte
gemeinsam erarbeiten. Gänzlich entfallen wird nach
dem Vermittlungsergebnis die vom Bundestag
ursprünglich beschlossene Vertrauenszeit, in der
auch bei Pflichtverletzungen keine Sanktionen
verhängt worden wären. Pflichtverletzungen können
also weiter von Anfang an sanktioniert werden. Dabei
findet ein dreistufiges System Anwendung: Bei der
ersten Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld
für einen Monat um 10 Prozent, bei der zweiten für
zwei Monate um 20 Prozent und bei der dritten für
drei Monate um 30 Prozent. Es darf keine
Leistungsminderung erfolgen, sollte sie im konkreten
Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen.
Arbeitsmarktzugang
Geringqualifizierter
Geringqualifizierte werden auf dem Weg zu einer
abgeschlossenen Berufsausbildung unterstützt, um
ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu
öffnen. Eine umfassende Betreuung soll
Leistungsberechtigten helfen, die besondere
Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen.
Höhere Freibeträge für Nebenjobs
Schülerinnen und Schüler, Studierende und
Auszubildende können künftig mehr ihres
selbstverdienten Geldes behalten, damit junge
Menschen die Erfahrung machen, dass es sich lohnt,
einen Schüler- oder Studentenjob aufzunehmen. Die
großzügigeren Freibeträge für Minijob-Verdienste
gelten bis zu drei Monate nach Schulabschluss.
Ausfertigung - Verkündung -
Inkrafttreten Das Gesetz kann nach
Abschluss des parlamentarischen Verfahrens und
Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten im
Bundesgesetzblatt verkündet werden. Inkrafttreten
wird es dann zu wesentlichen Teilen am 1. Januar
2023.
Personalien
Vorlagen aus dem VA
Gesetzesbeschlüsse des Bundestages
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