Wiesbaden/Duisburg, 23. Dezember 2023 -
75 Jahre Daten im Dienst der Demokratie: Im Jahr
seines Jubiläums hat das Statistische Bundesamt
(Destatis) in mehr als 600 Pressemitteilungen die
„Welt in Zahlen“ gefasst. Zeit für einen
Jahresrückblick im Spiegel der Statistik.
Januar: In Deutschland leben mehr Menschen als je
zuvor In Deutschland leben zum Jahresanfang
mehr Menschen als je zuvor. Ausschlaggebend für das
Bevölkerungswachstum auf die Rekordzahl von rund
84,4 Millionen Menschen war die
Nettozuwanderung von rund 960 000 Menschen aus der
Ukraine infolge des russischen Angriffskriegs.
Insgesamt kamen im abgelaufenen Jahr 2022 etwa 1,46
Millionen Personen mehr nach Deutschland als ins
Ausland fortgezogen sind. Damit war die
Nettozuwanderung über viermal so hoch wie im Jahr
2021 und so hoch wie noch nie seit Beginn der
Zeitreihe im Jahr 1950. Im Jahresverlauf steigt die
Bevölkerungszahl noch weiter auf rund
84,6 Millionen Menschen Ende September
2023.
Februar: Steigende Baupreise und
stockender Wohnungsbau Bevölkerungswachstum
erzeugt Druck auf den Wohnungsmarkt. Im Jahr 2022
war die Zahl
fertiggestellter Wohnungen mit 295 300 weit
unter dem von der Bundesregierung formulierten Ziel
von jährlich 400 000 neuen Wohnungen
zurückgeblieben. Und die Zahlen zum Bau deuten im
neuen Jahr nicht auf einen Richtungswechsel hin:
Viele Baumaterialien sind
im 1. Halbjahr 2023 deutlich teurer als vor der
Energiekrise, die Preise
für den Bau neuer Wohngebäude steigen im
Februar 2023 binnen Jahresfrist um über 15 %. Die
hohen Preise und schlechten Finanzierungsbedingungen
schlagen sich in der Zahl neuer Bauvorhaben nieder:
Von Januar bis Oktober 2023 werden nur 179 800
Neubauwohnungen genehmigt. Das sind fast
30 % weniger als im Vorjahreszeitraum.
März: Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle
Die Wirtschaftsleistung stagniert. Im 1. Quartal
2023 bleibt das Bruttoinlandsprodukt
(BIP) in preis-, saison- und
kalenderbereinigter Rechnung unverändert zum
Vorquartal. Im 2. Quartal reicht es zwar für ein
Mini-Wachstum von 0,1 %, im 3. Quartal geht das BIP
dann aber wieder um 0,1 % zurück. Die deutsche
Wirtschaft tritt auf der Stelle. Das „R-Wort“ geht
um, die Sorge vor einer technischen Rezession mit
Rückgängen in zwei Quartalen nacheinander. Welches
Vorzeichen im Gesamtjahr 2023 vor der
konjunkturellen Entwicklung steht, wird sich am
15. Januar 2024 zeigen. Dann gibt Statistische
Bundesamt erste vorläufige Ergebnisse bekannt.
April: Die letzten deutschen Atomkraftwerke
gehen vom Netz Am 15. April endet der
sogenannte Streckbetrieb für die letzten drei
deutschen Kernkraftwerke zur Gewährleistung der
Versorgungssicherheit im Energiekrisen-Winter
2022/2023. Damit wird in Deutschland kein Atomstrom
mehr erzeugt. Im Jahr
2022 hatten die drei Kernkraftwerke noch gut
6 % zur inländischen Stromerzeugung beigetragen. Bis
zum endgültigen Abschalten Mitte April speisen die
Kraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 noch
9,1 Milliarden Kilowattstunden Strom ins Netz ein.
Derweil geht die Kohlestrom-Erzeugung im 1. Halbjahr
2023 um knapp ein Viertel gegenüber dem
Vorjahreszeitraum zurück. Stattdessen wird mehr
Strom aus dem Ausland importiert, während sich die
inländische Erzeugung von Strom aus Windkraft,
Photovoltaik – hier wegen weniger Sonnenstunden als
im Vorjahr – und Erdgas vergleichsweise wenig
verändert. Der Ausbau der Solarstrom-Kapazitäten
kommt aber voran: Die Nennleistung der
Photovoltaikanlagen auf den Dächern und Grundstücken
war im März
2023 um gut ein Fünftel höher als ein Jahr
zuvor.
Mai: Alkoholunfälle am Wochenende
häufen sich Im Mai und den folgenden
Sommermonaten häufen sich für gewöhnlich die
Verkehrsunfälle mit Alkoholeinfluss an den
Wochenenden, wie der Verkehrsunfallkalender des
Statistischen Bundesamtes mit Daten bis 2022 zeigt –
trauriger Höhepunkt im Mai ist aber Christi
Himmelfahrt, der sogenannte Vatertag. Insgesamt
erwartet das Statistische Bundesamt für das Jahr
2023 erstmals seit dem Vor-Corona-Jahr 2019
wieder mehr als 2,5 Millionen Unfälle auf
Deutschlands Straßen, das wären rund 4 % mehr als im
Jahr 2022. Die Zahl der Verkehrstoten wird gegenüber
dem Jahr 2022 aber um knapp 40 auf rund 2 750
Getötete sinken. Die Pkw-Dichte in
Deutschland hat nach Daten aus dem Jahr 2022
übrigens zugenommen: So kamen auf 1 000
Einwohnerinnen und Einwohner 583 Autos – ein neuer
Rekordwert. Im Jahr 2012 hatte die Pkw-Dichte noch
bei 534 gelegen.
Juni: „Demokratie
braucht Daten – Daten brauchen Demokratie“ 75
Jahre Daten im Dienst der Demokratie: In einem historischen
Dossier beleuchtet das Statistische
Bundesamt im Juni seine Geschichte, bevor es sein
Jubiläum am 5. Juli mit einem Festakt feiert. Im
Jahr 1948 wurde mit dem „Statistischen Amt des
Vereinigten Wirtschaftsgebietes“ die Keimzelle des
Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden gegründet.
Damit ist die oberste Statistikbehörde des Landes
älter als die Bundesrepublik selbst. Mehrere
Veröffentlichungen blicken zum Jubiläum auf die
langfristige Entwicklung der Wirtschaft,
der Bevölkerung,
von Bildung und privaten
Haushalten oder der Bautätigkeit zurück.
„Gerade in Zeiten sich überlagernder, multipler
Krisen zeigt sich der Wert amtlicher Statistiken“,
sagt Ruth Brand, seit Januar neue Präsidentin des
Statistischen Bundesamtes, anlässlich des Jubiläums.
„Unsere Daten sind die bestmögliche Annäherung an
die Realität – und damit eine wichtige Grundlage für
einen wissensbasierten Diskurs und ein wirksames
Mittel gegen Desinformation.“
Juli: So
viele Fluggäste wie noch nie seit Ausbruch der
Corona-Pandemie Obwohl Auslandsflüge bereits
in der ersten Jahreshälfte deutlich teurer waren als
im Jahr zuvor, ist die Reiselust der Menschen
entfacht. Im Sommerferien-Monat
Juli sind so viele Passagierinnen und
Passagiere an den deutschen Hauptverkehrsflughäfen
unterwegs wie in keinem anderen Monat seit Ausbruch
der Corona-Pandemie: Mit gut 19,4 Millionen
Fluggästen bleibt ihre Zahl zwar gut 15 % unter dem
Vor-Corona-Niveau des Juli 2019, sie liegt aber auch
gut 14 % höher als im Juli 2022. Beliebtestes
Flugziel im Juli 2023 ist Spanien, gefolgt von der
Türkei und Griechenland.
August: Zahl der
Einschulungen erreicht den höchsten Stand seit 20
Jahren In den ersten Bundesländern beginnt
das neue Schuljahr 2023/2024. Deutschlandweit werden
so viele Kinder eingeschult wie seit 20 Jahren nicht
mehr: 830 600
Kinder beginnen nach vorläufigen Ergebnissen
mit der Schule, das sind rund 17 000 oder 2,1 % mehr
als im Vorjahr. Zuletzt wurden im Schuljahr
2003/2004 mehr Kinder eingeschult. Der Anstieg lässt
sich auf höhere Geburtenzahlen und vor allem die
verstärkte Zuwanderung zurückführen. Dagegen geht
die Zahl der Studierenden im Wintersemester
2023/2024 nach ersten vorläufigen Ergebnissen im
zweiten Jahr in Folge zurück: Knapp 2,9 Millionen
Studierende sind an den Hochschulen
eingeschrieben, das sind 1,7 % weniger als ein Jahr
zuvor. Allerdings steigt die Zahl der Erstsemester
im Studienjahr 2023 im dritten Jahr nacheinander, um
1,2 % gegenüber dem Vorjahr auf rund 479 300.
September: Historischer Höchststand auf dem
Arbeitsmarkt und leichtes Reallohn-Plus In
Deutschland sind im 3. Quartal
2023 mehr Menschen erwerbstätig als jemals
zuvor: Obwohl die einsetzende Herbstbelebung am
Arbeitsmarkt etwas schwächer ausfällt als im
Vorjahr, überschreitet die Erwerbstätigenzahl
erstmals in einem Quartal die Schwelle von
46 Millionen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
können sich unterdessen im zweiten Quartal in Folge
über einen leichten Anstieg
der Reallöhne freuen. Die abgeschwächte
Inflation gepaart mit Inflationsausgleichsprämien
sowie der Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro im Oktober
2022 tragen zum Reallohn-Plus von 0,6 % gegenüber
dem Vorjahresquartal bei.
Oktober:
Haushaltsenergie bleibt auch in der Heizsaison
2023/2024 teuer Der Herbst ist da und mit ihm
die Heizsaison. Trotz der noch geltenden Strom- und
Gaspreisbremse müssen die Verbraucherinnen und
Verbraucher deutlich mehr für Haushaltsenergie
bezahlen als vor der Energiekrise. Im September 2023
war Haushaltsenergie
auf der Verbraucherebene noch um mehr als
die Hälfte teurer als im Jahresdurchschnitt 2020.
Schon 2022 fiel es vielen Haushalten schwer, ihr
Zuhause warmzuhalten: Nach Ergebnissen der Erhebung
zu Einkommen und Lebensbedingungen konnten damals rund
5,5 Millionen Menschen in Deutschland ihr
Haus oder ihre Wohnung aus finanziellen Gründen
nicht angemessen heizen. Das waren rund 6,6 % der
Bevölkerung. Der Anteil hat sich damit gegenüber
2021 verdoppelt.
November: Die
Inflationsrate sinkt auf den niedrigsten Stand seit
Juni 2021 Wenngleich sich die
Verbraucherpreise nach wie vor auf einem sehr hohen
Niveau bewegen, schwächt sich die Inflationsrate
im November 2023 im fünften Monat in Folge
auf nun noch 3,2 % ab. Niedriger war sie zuletzt vor
mehr als zwei Jahren im Juni 2021. Nach wie vor
spürbar teurer als ein Jahr zuvor sind
Nahrungsmittel. Im Schnitt müssen die
Verbraucherinnen und Verbraucher dafür 5,5 % mehr
bezahlen als im November 2022. Bereits damals, im
Jahr 2022 mit seinen enormen Preissteigerungen,
hatten die privaten Haushalte deutlich mehr Geld
unter anderem für Wohnenergie, Kraftstoffe und
Lebensmittel ausgegeben als im Vorjahr, wie das
Statistische Bundesamt am 28. November nach
Ergebnissen der Laufenden Wirtschaftsrechnungen
mitteilt: Die monatlichen Konsumausgaben
der privaten Haushalte waren 2022 um
durchschnittlich 8,5 % oder 223 Euro gegenüber dem
Vorjahr auf 2 846 Euro gestiegen.
Dezember: Langjähriger Boom des Online-Handels und
mehr Feuerwerk-Importe Die Weihnachtszeit ist
mittlerweile auch die Zeit des Einkaufens im Netz.
Wie stark der Online-Handel in den vergangenen
Jahren wuchs, zeigt der Blick auf die
Umsatzentwicklung: So stieg der Umsatz im Versand-
und Internet-Einzelhandel von 2012 bis 2022 real um
das 2,7-Fache (+172 %), während der reale Umsatz im
stationären Einzelhandel nur um gut ein Zehntel
wuchs (+12 %). Diese und weitere Fakten
zur Advents- und Weihnachtszeit hat das
Statistische Bundesamt auf einer Themenseite
zusammengefasst. Dort auch zu lesen: In Deutschland
werden wieder deutlich mehr Feuerwerkskörper
importiert. Von Januar bis September 2023 wurden rund
24 400 Tonnen Feuerwerkskörper eingeführt.
Damit haben sich diese Importe gegenüber dem
Vorjahreszeitraum fast vervierfacht (+283 %). Das
Vor-Corona-Niveau wurde jedoch noch nicht wieder
erreicht.
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