BZ-Home BZ-Duisburg Politik aktuell Sonderseiten - Fotostrecken und mehr



BZ-Sitemap












 

Etatrede von Herrn Stadtdirektor und Stadtkämmerer Martin Murrack
Einbringung des Haushaltsentwurfs 2022/2023 in den Rat der Stadt Duisburg

Duisburg, 27. September 2021

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

als ich zum 01.02.2019 das Amt des Kämmerers dieser Stadt übernommen habe wusste ich schon, dass ich einen Haushalt übernehme, der solide aufgestellt ist. Mit meinem Büro habe ich darüber gesprochen, dass ich es spätestens in meiner zweiten Wahlperiode – sollten Sie mich in 2025 im Amt bestätigen – schaffen möchte, die bilanzielle Überschuldung der Stadt zu überwinden. Dass dieses Ziel jetzt zum Greifen nah ist, hätte ich mir vor zweieinhalb nicht in meinen kühnsten Träumen erhofft. Dass wir es geschafft haben, die Kassenkredite von 2014 bis Ende 2020 um fast 700 Mio. € abzubauen ist eine beachtliche Leistung. Fast 40% in 6 Jahren! Die Reduktion des negativen Eigenkapitals von -447 Mio. € in 2014 auf -176 Mio. € in 2020 ist noch beeindruckender. Hier haben wir 61% in 6 Jahren abgebaut und mit dem zu erwartenden Jahresergebnis 2021 und dem nach der VN-OB geplanten Überschuss in 2022 werden wir das Kapitel der überschuldeten Kommune beenden können. Das ist ein Paukenschlag für eine Kommune, die mit dem Strukturwandel so eng verwoben ist wie nur wenige Städte. Und die strukturellen Verbesserungen, die wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, werden ihre Wirkung erst noch entfalten…

Mit der Einbringung des Doppelhaushalts 2022 / 2023 freue ich mich, Ihnen jetzt ein solides und zukunftssicheres Zahlenwerk vorlegen zu können. Dieses Vorhaben ist uns geglückt, was in der finanziell unsicheren Zeit, in der wir uns aktuell bewegen, nicht leicht war und viel Kraft und Mühe gekostet hat. Und ich kann Ihnen sagen, dass viele andere Städte noch größere Probleme damit hatten.

Darum die guten Nachrichten gleich zu Beginn: Es ist uns gelungen, auch in den Jahren 2022 und 2023 sowie in den mittelfristigen Finanzplanungsjahren einen planerisch ausgeglichenen Haushaltsentwurf vorzulegen!

Der Doppelhaushalt 2022 / 2023 hält in diesem Jahr eine Besonderheit bereit, auf die ich Sie direkt hinweise möchte. Die planerischen Jahresüberschüsse haben sich ergeben, weil wir von der Möglichkeit im Haushaltsrecht Gebrauch gemacht haben, die coronabedingten Finanzschäden, buchhalterisch zu isolieren und in den Jahren ab 2025 ergebniswirksam abzuschreiben. Jedoch wird diese Regelung gerade überarbeitet und für das kommende Haushaltsjahr 2022 angepasst. Das Gesetz ist zwar gerade erst im Landtag in der Beratung und noch nicht beschlossen, aber wenn es nicht verändert werden sollte, sieht es danach aus, dass der von uns und anderen Städten geplante Doppelhaushalt für die beiden Jahre 2022 und 2023 in der eingebrachten Form nicht von der Kommunalaufsicht genehmigt werden kann. Es ist daher möglich, dass im November der Beschluss eines Einzelhaushalts nur für das Jahr 2022 erforderlich wird. Die Isolierungsmöglichkeit nach dem aktuellen Entwurf des sogenannten NKF-Covid-19-Isolierungsgesetzes besteht in der konkreten Ergebnisplanung nur für das Jahr 2022 und die Mittelfristplanung, nicht aber für 2023. Das ist aus meiner Sicht ziemlich inkonsistent. Entweder, ich erlaube den Kommunen die Isolation bis 2025 – dann sollte das aber für die konkreten Ergebnisplanungen gleichermaßen gelten wie für die mittelfristige Finanzplanung oder aber das Land steuert um und sagt, dass die Kommunen ab 2023 ohne die Isolationsmöglichkeiten auskommen müssen, was bei sich erst gerade langsam erholenden Steuereinnahmen zu starken Konsolidierungsnotwendigkeiten in den Kommunen führen würde. Die Isolation in der Mittelfristplanung zuzulassen und in der Ergebnisplanung im zweiten Jahr aber nicht, ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Seien Sie aber versichert, dass wir alles unternommen haben und noch unternehmen werden, damit der Landtag den Weg für einen Doppelhaushalt 2022 / 2023 frei macht.

Eckpunkte des Doppelhaushalts
Vor Ihnen liegt nun der Haushaltsplanentwurf, der planerisch seit 2016 ausgeglichen ist und die erfolgreichen Konsolidierungs-anstrengungen der vergangenen Jahre unterstreicht. Damit kommt auch der Stärkungspakt Stadtfinanzen, der in diesem Jahr ausläuft, zu einem guten Abschluss. Das aufgrund der anhaltenden Überschuldungssituation aufgestellte Haushaltssicherungskonzept (HSK) setzt so den erfolgreich beschrittenen Konsolidierungsweg fort. Im Jahr 2022 werden wir einen planerischen Jahresüberschuss von rund 3,3 Mio. Euro erwirtschaften. Der Abschluss fällt im Jahr 2023 mit einem Plus von rund 1,5 Mio. Euro eher vorsichtig aus. In der mittelfristigen Finanzplanung gehen wir von soliden positiven Jahresergebnissen aus, die sich 2024 auf 6,2 Mio. Euro, in 2025 auf 6,7 Mio. Euro und schließlich 2026 auf 6,4 Mio. Euro belaufen.

Das Volumen der Aufwendungen beträgt in den beiden kommenden Jahren annähernd 2,2 Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung von gut 172 Mio. €.

Die Schwerpunkte liegen dabei auf dem Personalhaushalt, dessen Aufwendungen um 15,4 Mio. Euro auf 441,4 Mio. Euro in 2022 steigen. Wir tragen so einem großen Zukunftsthema in der Verwaltung Rechnung: Wir können das Personal einstellen – übrigens auch extern vom freien Arbeitsmarkt –, das wir brauchen, um die Dienstleistungen für alle Bürgerinnen und Bürger weiter zu verbessern. Auch das ist ein positiver Nebeneffekt der erfolgreichen Konsolidierung: Die Bezirksregierung hat uns zugebilligt, endlich von der ursprünglichen Regel abzuweichen, für 3 ausscheidende Kolleginnen und Kollegen nur einen wieder extern besetzen zu dürfen. Die Entspannung im Personalbereich ist mittlerweile in vielen Bereichen sichtbar und spürbar: Auszubildende in ausreichender Zahl entlasten die unterbesetzten Bereiche und Beförderungen können endlich zeitnah ausgesprochen werden. Im Zusammenspiel mit den notwendigen Investitionen in die Digitalisierung einer Vielzahl von Verwaltungsabläufen werden wir die Mitarbeitenden zusätzlich entlasten und den Service für alle Bürgerinnen und Bürger weiter ausbauen und vereinfachen.

Vom Stärkungspakt Stadtfinanzen zum HSK
In diesem Jahr endet für Duisburg, wie Sie alle wissen, der Stärkungspakt Stadtfinanzen. Ich sage: Er ist eine Erfolgsgeschichte! Auf den Abbau der Verschuldung und die Reduktion des negativen Eigenkapitals habe ich mit Blick auf das Ende der Überschuldung Ende 2022 bereits hingewiesen. Das bisher Erreichte ist uns aber nicht in den Schoß gefallen, sondern war nur möglich, weil wir diszipliniert einen konsequenten Konsolidierungsweg eingeschlagen haben. Es war eine mutige und richtige Entscheidung, die Realsteuern schon in den Anfangsjahren des Stärkungspakts anzuheben, wobei die Grundsteuer 2015 und die Gewerbesteuer 2016 letztmalig angepasst werden mussten. Mit dem HSK 2022 / 2023 setzen wir diesen Weg fort und erreichen damit – hoffentlich bald – mehr finanzielle Unabhängigkeit.

Coronabedingte Haushaltsauswirkungen
Die Corona-Pandemie hat uns im Frühjahr 2020 mit voller Wucht getroffen. Die plötzlichen Steuereinbrüche und die immer stärker ansteigenden Aufwendungen für die Pandemie-Maßnahmen haben uns vor schwierige Entscheidungen gestellt. Früh stand jedoch für mich fest: Es gibt keine Haushaltssperre. Wir waren eine der ersten Städte, die das klar kommuniziert haben. Wir müssen als öffentliche Hand antizyklisch agieren. Ich bin froh, dass das Land dankenswerterweise die Erforderlichkeit einer Nachtragssatzung in diesem Zusammenhang außer Kraft gesetzt hat. Die bereits angesprochene Möglichkeit, die entstandenen Haushaltsschäden bilanziell zu isolieren, hat uns bei unserem Weg durch die Krise sehr geholfen. Die zu isolierenden Schäden belaufen sich im Plan-Jahr 2022 auf rund 97,0 Mio. Euro. Dabei machen die immer noch hohen Gewerbesteuerausfälle mit fast 40 Mio. Euro den größten Einzelposten aus. Auch im zweiten Jahr des Doppelhaushalts belaufen sich die coronabedingten Lasten immerhin noch auf knapp 57 Mio. Euro. Und erneut schlägt der Gewerbesteuerausfall mit 36,6 Mio. Euro zu Buche. In der mittelfristigen Finanzplanung werden ebenfalls entstehende Corona-Lasten zu isolieren sein, die sich zwischen 28,2 Mio. Euro im Jahr 2024 und 10,8 Mio. Euro in 2026 bewegen werden.

Dennoch – bei allem Dank für die pragmatische Lösung bleibt ein negativer Beigeschmack: Die Isolation hilft uns zwar in der aktuellen Situation, verschiebt aber die finanziellen Lasten in die Zukunft. Spätestens ab 2025 müssen sie ergebniswirksam abgeschrieben werden. Hinzu kommt, dass die Zuweisungen aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz vom Land für die Jahre 2021 und 2022 zwar finanziell aufgestockt werden. Aber diese zusätzlichen Mittel müssen wieder zurückgezahlt werden, wenn es den Kommunen finanziell etwas besser geht. Faktisch bauen wir hier eine zweite Verschuldung auf, die wir in Zukunft auch abzubauen haben. Zu Lasten der zukünftigen Haushalte.

Daher würde ich mir vom Land Nordrhein-Westfalen eine mutige Entscheidung wünschen, dass die Kommunen, die in der Corona-Krise das Rückgrat des Krisenmanagements waren, nicht auf den Kosten sitzen bleiben müssen. Die Kommunen tragen keine Schuld an dieser globalen Krise. Eine Kostenübernahme durch das Land wäre daher konsequent.

An dieser Stelle möchte ich kurz inne halten und allen Kolleginnen und Kollegen sowie den unzähligen freiwilligen Helferinnen und Helfern für Ihre überragende Leistung bei der Krisenbewältigung von Herzen danken! Es macht mich stolz zu sehen, wie gut wir in Duisburg durch diese Krise kommen. Das geht nur mit vielen hoch motivierten Kolleginnen und Kollegen, die hier seit mehr als 1,5 Jahren eine Leistung erbringen, die alles andere als selbstverständlich ist. Ich bin mir sicher, die Erfolgsgeschichte des #Teamduisburg wird mit dem Ende der Corona-Krise nicht abbrechen.

Auch die Finanzhilfen im Corona-Jahr waren zahlreich – und sie haben uns den Weg durch die Krise erleichtert. Der Bund hat uns mit seiner Entscheidung, die Gewerbesteuerausfälle im Jahr 2020 hälftig zu übernehmen, stark unter die Arme gegriffen. Auch das Land hat sich zur Hälfte daran beteiligt. Das war eine gute und richtige Entscheidung.Die Gewerbesteuer ist ja, wie vorhin beschrieben, auch in den beiden Jahren des Doppelhaushalts noch nicht auf dem – vor der Krise – geplanten Niveau.

Ich würde mir für Duisburg und für die vielen anderen von der Pandemie gebeutelten Kommunen auch eine erneute Unterstützung wünschen. Neben der Erstattungen im Corona-Jahr 2020 hat der Bund auch entschieden, seine Beteiligung an den Aufwendungen der Kosten der Unterkunft im Rahmen der Grundsicherung von bis zu 49% in 2019 dauerhaft auf bis zu 74% anzuheben. Dies war ein wichtiger Schritt und hilft insbesondere hoch belasteten Kommunen wie Duisburg, finanziell wieder Luft zu bekommen.

Ausblick: An bisherige Erfolge anknüpfen
Was bringt die Zukunft? Ich glaube fest daran, dass wir es gemeinsam schaffen, uns aus der finanziellen Schieflage selbst zu befreien. Der Jahresabschluss 2020 mit einem Überschuss von 146,9 Mio. Euro war ein großer und wichtiger Schritt auf diesem Weg. Vor allem die hohen aber einmaligen (!) Erstattungsleistungen haben dabei geholfen. Darum ist es jetzt an der Zeit, eine Altschuldenregelung, wie sie im Koalitionsvertrag von CDU und FDP für diese Legislaturperiode der Landesregierung steht, endlich einzurichten. Dieser längst überfällige Schritt muss getan werden, um die Ungerechtigkeiten zwischen den Kommunen auszugleichen. Das Ausspielen der Kommunen gegeneinander – Stichwort: hohe Steuersätze auf der einen und „Gewerbesteuer-Oasen“ auf der anderen Seite – muss endlich ein Ende haben.

In Duisburg sind wir – bei allen Erfolgen – bislang immer gut damit gefahren, nur das zu versprechen, was wir auch halten können. Daher macht dieser Haushaltsentwurf Hoffnung und eröffnet uns kleine Möglichkeiten. Wir werden aber auch in Zukunft nicht über unsere Verhältnisse leben. Duisburg wird nach wie vor finanziell nicht so leistungsfähig sein wie andere Kommunen. Wir müssen auch weiterhin sparsam haushalten.

Dabei steht für mich fest: Eine Neuverschuldung darf es nicht mehr geben. Es gilt die Devise: Sparsam sein: ja. Strukturen weiter kaputt sparen: Nein – im Gegenteil: wir setzen alles daran, Strukturen wieder aufbauen zu können: Angefangen bei den Schulen, Kitas und Spielplätzen über die Straßen und Radwege bis hin zu den Verwaltungsgebäuden.

Es tut gut zu wissen, dass dieser Weg von einer breiten Mehrheit im Rat der Stadt getragen wird. Ohne diese wichtigen Entscheidungen wäre der Weg Duisburgs nicht so erfolgreich gewesen. Ich bin mir sicher, dass es auch in Zukunft eine breite gemeinsame Basis für die richtigen Entscheidungen in Duisburg geben wird. Dafür danke ich Ihnen herzlich.

Zu guter Letzt danke ich allen Kolleginnen und Kollegen in der Stadtverwaltung, die diesen teils steinigen aber wichtigen Weg mitgegangen sind und ihn unterstützt haben. Ganz besonders danke ich allen Kolleginnen und Kollegen, die in den Ämtern mitgeholfen haben, diese soliden Doppelhaushalt aufzustellen und natürlich: ganz besonders danke ich meinen Mitarbeitenden in der Kämmerei und in meinem Büro. Ohne Ihre Unterstützung würden wir heute nicht da stehen, wo wir stehen. Herr Schulz, Herr Huss, Frau Gärtner: Ihnen stellvertretend: Ein aufrichtiges und herzliches Dankeschön für das Meistern der Mammutaufgabe der Erstellung des Haushaltes!

Duisburg ist wieder handlungsfähig
durch mutige Entscheidungen im Rat der Stadt,
durch längst überfällige Kompensation von Bund und Land,
durch eine konsequente Konsolidierung und somit
durch eine nachhaltige und bodenständige Haushaltspolitik.

Ich freue mich, diesen Weg in Duisburg weiter begleiten zu dürfen. Wir schaffen Freiräume für wichtige politische Weichenstellungen.

Zum Wohle der Bürger, der Wirtschaft und der Umwelt!
Glück auf.