Duisburg, 27. September 2021
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr
geehrten Damen und Herren,
als ich zum 01.02.2019
das Amt des Kämmerers dieser Stadt übernommen habe wusste
ich schon, dass ich einen Haushalt übernehme, der solide
aufgestellt ist. Mit meinem Büro habe ich darüber
gesprochen, dass ich es spätestens in meiner zweiten
Wahlperiode – sollten Sie mich in 2025 im Amt bestätigen –
schaffen möchte, die bilanzielle Überschuldung der Stadt
zu überwinden. Dass dieses Ziel jetzt zum Greifen nah ist,
hätte ich mir vor zweieinhalb nicht in meinen kühnsten
Träumen erhofft. Dass wir es geschafft haben, die
Kassenkredite von 2014 bis Ende 2020 um fast 700 Mio. €
abzubauen ist eine beachtliche Leistung. Fast 40% in 6
Jahren! Die Reduktion des negativen Eigenkapitals von -447
Mio. € in 2014 auf -176 Mio. € in 2020 ist noch
beeindruckender. Hier haben wir 61% in 6 Jahren abgebaut
und mit dem zu erwartenden Jahresergebnis 2021 und dem
nach der VN-OB geplanten Überschuss in 2022 werden wir das
Kapitel der überschuldeten Kommune beenden können. Das ist
ein Paukenschlag für eine Kommune, die mit dem
Strukturwandel so eng verwoben ist wie nur wenige Städte.
Und die strukturellen Verbesserungen, die wir gemeinsam
auf den Weg gebracht haben, werden ihre Wirkung erst noch
entfalten…
Mit der Einbringung des Doppelhaushalts
2022 / 2023 freue ich mich, Ihnen jetzt ein solides und
zukunftssicheres Zahlenwerk vorlegen zu können. Dieses
Vorhaben ist uns geglückt, was in der finanziell
unsicheren Zeit, in der wir uns aktuell bewegen, nicht
leicht war und viel Kraft und Mühe gekostet hat. Und ich
kann Ihnen sagen, dass viele andere Städte noch größere
Probleme damit hatten.
Darum die guten Nachrichten
gleich zu Beginn: Es ist uns gelungen, auch in den Jahren
2022 und 2023 sowie in den mittelfristigen
Finanzplanungsjahren einen planerisch ausgeglichenen
Haushaltsentwurf vorzulegen!
Der Doppelhaushalt
2022 / 2023 hält in diesem Jahr eine Besonderheit bereit,
auf die ich Sie direkt hinweise möchte. Die planerischen
Jahresüberschüsse haben sich ergeben, weil wir von der
Möglichkeit im Haushaltsrecht Gebrauch gemacht haben, die
coronabedingten Finanzschäden, buchhalterisch zu isolieren
und in den Jahren ab 2025 ergebniswirksam abzuschreiben.
Jedoch wird diese Regelung gerade überarbeitet und für das
kommende Haushaltsjahr 2022 angepasst. Das Gesetz ist zwar
gerade erst im Landtag in der Beratung und noch nicht
beschlossen, aber wenn es nicht verändert werden sollte,
sieht es danach aus, dass der von uns und anderen Städten
geplante Doppelhaushalt für die beiden Jahre 2022 und 2023
in der eingebrachten Form nicht von der Kommunalaufsicht
genehmigt werden kann. Es ist daher möglich, dass im
November der Beschluss eines Einzelhaushalts nur für das
Jahr 2022 erforderlich wird. Die Isolierungsmöglichkeit
nach dem aktuellen Entwurf des sogenannten
NKF-Covid-19-Isolierungsgesetzes besteht in der konkreten
Ergebnisplanung nur für das Jahr 2022 und die
Mittelfristplanung, nicht aber für 2023. Das ist aus
meiner Sicht ziemlich inkonsistent. Entweder, ich erlaube
den Kommunen die Isolation bis 2025 – dann sollte das aber
für die konkreten Ergebnisplanungen gleichermaßen gelten
wie für die mittelfristige Finanzplanung oder aber das
Land steuert um und sagt, dass die Kommunen ab 2023 ohne
die Isolationsmöglichkeiten auskommen müssen, was bei sich
erst gerade langsam erholenden Steuereinnahmen zu starken
Konsolidierungsnotwendigkeiten in den Kommunen führen
würde. Die Isolation in der Mittelfristplanung zuzulassen
und in der Ergebnisplanung im zweiten Jahr aber nicht, ist
nichts Halbes und nichts Ganzes. Seien Sie aber
versichert, dass wir alles unternommen haben und noch
unternehmen werden, damit der Landtag den Weg für einen
Doppelhaushalt 2022 / 2023 frei macht.
Eckpunkte
des Doppelhaushalts Vor Ihnen liegt nun der
Haushaltsplanentwurf, der planerisch seit 2016
ausgeglichen ist und die erfolgreichen
Konsolidierungs-anstrengungen der vergangenen Jahre
unterstreicht. Damit kommt auch der Stärkungspakt
Stadtfinanzen, der in diesem Jahr ausläuft, zu einem guten
Abschluss. Das aufgrund der anhaltenden
Überschuldungssituation aufgestellte
Haushaltssicherungskonzept (HSK) setzt so den erfolgreich
beschrittenen Konsolidierungsweg fort. Im Jahr 2022 werden
wir einen planerischen Jahresüberschuss von rund 3,3 Mio.
Euro erwirtschaften. Der Abschluss fällt im Jahr 2023 mit
einem Plus von rund 1,5 Mio. Euro eher vorsichtig aus. In
der mittelfristigen Finanzplanung gehen wir von soliden
positiven Jahresergebnissen aus, die sich 2024 auf 6,2
Mio. Euro, in 2025 auf 6,7 Mio. Euro und schließlich 2026
auf 6,4 Mio. Euro belaufen.
Das Volumen der
Aufwendungen beträgt in den beiden kommenden Jahren
annähernd 2,2 Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung von
gut 172 Mio. €.
Die Schwerpunkte liegen dabei auf
dem Personalhaushalt, dessen Aufwendungen um 15,4 Mio.
Euro auf 441,4 Mio. Euro in 2022 steigen. Wir tragen so
einem großen Zukunftsthema in der Verwaltung Rechnung: Wir
können das Personal einstellen – übrigens auch extern vom
freien Arbeitsmarkt –, das wir brauchen, um die
Dienstleistungen für alle Bürgerinnen und Bürger weiter zu
verbessern. Auch das ist ein positiver Nebeneffekt der
erfolgreichen Konsolidierung: Die Bezirksregierung hat uns
zugebilligt, endlich von der ursprünglichen Regel
abzuweichen, für 3 ausscheidende Kolleginnen und Kollegen
nur einen wieder extern besetzen zu dürfen. Die
Entspannung im Personalbereich ist mittlerweile in vielen
Bereichen sichtbar und spürbar: Auszubildende in
ausreichender Zahl entlasten die unterbesetzten Bereiche
und Beförderungen können endlich zeitnah ausgesprochen
werden. Im Zusammenspiel mit den notwendigen Investitionen
in die Digitalisierung einer Vielzahl von
Verwaltungsabläufen werden wir die Mitarbeitenden
zusätzlich entlasten und den Service für alle Bürgerinnen
und Bürger weiter ausbauen und vereinfachen.
Vom Stärkungspakt Stadtfinanzen zum HSK
In diesem Jahr endet für Duisburg, wie Sie alle wissen,
der Stärkungspakt Stadtfinanzen. Ich sage: Er ist eine
Erfolgsgeschichte! Auf den Abbau der Verschuldung und die
Reduktion des negativen Eigenkapitals habe ich mit Blick
auf das Ende der Überschuldung Ende 2022 bereits
hingewiesen. Das bisher Erreichte ist uns aber nicht in
den Schoß gefallen, sondern war nur möglich, weil wir
diszipliniert einen konsequenten Konsolidierungsweg
eingeschlagen haben. Es war eine mutige und richtige
Entscheidung, die Realsteuern schon in den Anfangsjahren
des Stärkungspakts anzuheben, wobei die Grundsteuer 2015
und die Gewerbesteuer 2016 letztmalig angepasst werden
mussten. Mit dem HSK 2022 / 2023 setzen wir diesen Weg
fort und erreichen damit – hoffentlich bald – mehr
finanzielle Unabhängigkeit.
Coronabedingte
Haushaltsauswirkungen
Die Corona-Pandemie hat uns im Frühjahr 2020 mit voller
Wucht getroffen. Die plötzlichen Steuereinbrüche und die
immer stärker ansteigenden Aufwendungen für die
Pandemie-Maßnahmen haben uns vor schwierige Entscheidungen
gestellt. Früh stand jedoch für mich fest: Es gibt keine
Haushaltssperre. Wir waren eine der ersten Städte, die das
klar kommuniziert haben. Wir müssen als öffentliche Hand
antizyklisch agieren. Ich bin froh, dass das Land
dankenswerterweise die Erforderlichkeit einer
Nachtragssatzung in diesem Zusammenhang außer Kraft
gesetzt hat. Die bereits angesprochene Möglichkeit, die
entstandenen Haushaltsschäden bilanziell zu isolieren, hat
uns bei unserem Weg durch die Krise sehr geholfen. Die zu
isolierenden Schäden belaufen sich im Plan-Jahr 2022 auf
rund 97,0 Mio. Euro. Dabei machen die immer noch hohen
Gewerbesteuerausfälle mit fast 40 Mio. Euro den größten
Einzelposten aus. Auch im zweiten Jahr des Doppelhaushalts
belaufen sich die coronabedingten Lasten immerhin noch auf
knapp 57 Mio. Euro. Und erneut schlägt der
Gewerbesteuerausfall mit 36,6 Mio. Euro zu Buche. In der
mittelfristigen Finanzplanung werden ebenfalls entstehende
Corona-Lasten zu isolieren sein, die sich zwischen 28,2
Mio. Euro im Jahr 2024 und 10,8 Mio. Euro in 2026 bewegen
werden.
Dennoch – bei allem Dank für die
pragmatische Lösung bleibt ein negativer Beigeschmack: Die
Isolation hilft uns zwar in der aktuellen Situation,
verschiebt aber die finanziellen Lasten in die Zukunft.
Spätestens ab 2025 müssen sie ergebniswirksam
abgeschrieben werden. Hinzu kommt, dass die Zuweisungen
aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz vom Land für die Jahre
2021 und 2022 zwar finanziell aufgestockt werden. Aber
diese zusätzlichen Mittel müssen wieder zurückgezahlt
werden, wenn es den Kommunen finanziell etwas besser geht.
Faktisch bauen wir hier eine zweite Verschuldung auf, die
wir in Zukunft auch abzubauen haben. Zu Lasten der
zukünftigen Haushalte.
Daher würde ich mir vom Land
Nordrhein-Westfalen eine mutige Entscheidung wünschen,
dass die Kommunen, die in der Corona-Krise das Rückgrat
des Krisenmanagements waren, nicht auf den Kosten sitzen
bleiben müssen. Die Kommunen tragen keine Schuld an dieser
globalen Krise. Eine Kostenübernahme durch das Land wäre
daher konsequent.
An dieser Stelle möchte ich kurz
inne halten und allen Kolleginnen und Kollegen sowie den
unzähligen freiwilligen Helferinnen und Helfern für Ihre
überragende Leistung bei der Krisenbewältigung von Herzen
danken! Es macht mich stolz zu sehen, wie gut wir in
Duisburg durch diese Krise kommen. Das geht nur mit vielen
hoch motivierten Kolleginnen und Kollegen, die hier seit
mehr als 1,5 Jahren eine Leistung erbringen, die alles
andere als selbstverständlich ist. Ich bin mir sicher, die
Erfolgsgeschichte des #Teamduisburg wird mit dem Ende der
Corona-Krise nicht abbrechen.
Auch die Finanzhilfen
im Corona-Jahr waren zahlreich – und sie haben uns den Weg
durch die Krise erleichtert. Der Bund hat uns mit seiner
Entscheidung, die Gewerbesteuerausfälle im Jahr 2020
hälftig zu übernehmen, stark unter die Arme gegriffen.
Auch das Land hat sich zur Hälfte daran beteiligt. Das war
eine gute und richtige Entscheidung.Die Gewerbesteuer ist
ja, wie vorhin beschrieben, auch in den beiden Jahren des
Doppelhaushalts noch nicht auf dem – vor der Krise –
geplanten Niveau.
Ich würde mir für Duisburg und
für die vielen anderen von der Pandemie gebeutelten
Kommunen auch eine erneute Unterstützung wünschen. Neben
der Erstattungen im Corona-Jahr 2020 hat der Bund auch
entschieden, seine Beteiligung an den Aufwendungen der
Kosten der Unterkunft im Rahmen der Grundsicherung von bis
zu 49% in 2019 dauerhaft auf bis zu 74% anzuheben. Dies
war ein wichtiger Schritt und hilft insbesondere hoch
belasteten Kommunen wie Duisburg, finanziell wieder Luft
zu bekommen.
Ausblick: An bisherige Erfolge
anknüpfen
Was bringt die Zukunft? Ich glaube fest daran, dass wir es
gemeinsam schaffen, uns aus der finanziellen Schieflage
selbst zu befreien. Der Jahresabschluss 2020 mit einem
Überschuss von 146,9 Mio. Euro war ein großer und
wichtiger Schritt auf diesem Weg. Vor allem die hohen aber
einmaligen (!) Erstattungsleistungen haben dabei geholfen.
Darum ist es jetzt an der Zeit, eine Altschuldenregelung,
wie sie im Koalitionsvertrag von CDU und FDP für diese
Legislaturperiode der Landesregierung steht, endlich
einzurichten. Dieser längst überfällige Schritt muss getan
werden, um die Ungerechtigkeiten zwischen den Kommunen
auszugleichen. Das Ausspielen der Kommunen gegeneinander –
Stichwort: hohe Steuersätze auf der einen und
„Gewerbesteuer-Oasen“ auf der anderen Seite – muss endlich
ein Ende haben.
In Duisburg sind wir – bei allen
Erfolgen – bislang immer gut damit gefahren, nur das zu
versprechen, was wir auch halten können. Daher macht
dieser Haushaltsentwurf Hoffnung und eröffnet uns kleine
Möglichkeiten. Wir werden aber auch in Zukunft nicht über
unsere Verhältnisse leben. Duisburg wird nach wie vor
finanziell nicht so leistungsfähig sein wie andere
Kommunen. Wir müssen auch weiterhin sparsam haushalten.
Dabei steht für mich fest: Eine Neuverschuldung darf
es nicht mehr geben. Es gilt die Devise: Sparsam sein: ja.
Strukturen weiter kaputt sparen: Nein – im Gegenteil: wir
setzen alles daran, Strukturen wieder aufbauen zu können:
Angefangen bei den Schulen, Kitas und Spielplätzen über
die Straßen und Radwege bis hin zu den
Verwaltungsgebäuden.
Es tut gut zu wissen, dass
dieser Weg von einer breiten Mehrheit im Rat der Stadt
getragen wird. Ohne diese wichtigen Entscheidungen wäre
der Weg Duisburgs nicht so erfolgreich gewesen. Ich bin
mir sicher, dass es auch in Zukunft eine breite gemeinsame
Basis für die richtigen Entscheidungen in Duisburg geben
wird. Dafür danke ich Ihnen herzlich.
Zu guter
Letzt danke ich allen Kolleginnen und Kollegen in der
Stadtverwaltung, die diesen teils steinigen aber wichtigen
Weg mitgegangen sind und ihn unterstützt haben. Ganz
besonders danke ich allen Kolleginnen und Kollegen, die in
den Ämtern mitgeholfen haben, diese soliden Doppelhaushalt
aufzustellen und natürlich: ganz besonders danke ich
meinen Mitarbeitenden in der Kämmerei und in meinem Büro.
Ohne Ihre Unterstützung würden wir heute nicht da stehen,
wo wir stehen. Herr Schulz, Herr Huss, Frau Gärtner: Ihnen
stellvertretend: Ein aufrichtiges und herzliches
Dankeschön für das Meistern der Mammutaufgabe der
Erstellung des Haushaltes!
Duisburg ist
wieder handlungsfähig – durch mutige
Entscheidungen im Rat der Stadt, durch längst
überfällige Kompensation von Bund und Land, durch eine
konsequente Konsolidierung und somit durch eine
nachhaltige und bodenständige Haushaltspolitik.
Ich
freue mich, diesen Weg in Duisburg weiter begleiten zu
dürfen. Wir schaffen Freiräume für wichtige politische
Weichenstellungen.
Zum Wohle der Bürger, der
Wirtschaft und der Umwelt! Glück auf.
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