Das heutige
IHK-Gebäude (Ansicht 1953 ohne den Brunnen "Goldenen Anker")
Die Unterschutzstellung des
Gebäudes der Niederrheinischen Industrie- und
Handelskammer (IHK) wurde seitens des Landschaftsverbandes
Rheinland! Rheinisches
Amt für Denkmalpflege (LVR/ RhAD) mit Schreiben vom 05.03.200 1
beantragt.
Im Rahmen der Anhörung machte die Eigentümerin Einwände in
Hinblick auf den Schutzumfang geltend und beauftragte Ihrerseits
ein Fachbüro, das Berliner Architekturbüro a‘s‘d, mit der
Überprüfung des Denkmalwertes. a‘s‘d stellt in seinem Gutachten
vom Mai 2007 die Denkmalwürdigkeit nicht grundsätzlich in Frage,
präzisiert aber einzelne bauliche Details und Zusammenhänge vor
dem Hintergrund der Veränderungen, die im Laufe der letzten
Jahrzehnte stattgefunden haben. Durch die Untere Denkma(behörde
wurde der hier vorliegende Unterschutzstellungstext im Sinne der
Empfehlungen von a‘s‘d überarbeitet. Darüber hinaus empfiehlt
a‘s‘d der Eigentümerin die Erarbeitung einer mittelfristigen
denkmalpflegerischen Konzeption und deren Abstimmung mit der
Denkmalbehörde im Sinne einer Bauvoranfrage zur Erlangung einer
höheren Planungssicherheit für die zukünftig beabsichtigten
baulichen Veränderungen des Gebäudes. Einer solchen
Vorgehensweise steht seitens der Unteren Denkmalbehörde nichts
entgegen.
Der vorliegende Unterschutzstellungstext, zu dem der LVRI RhAD
mit Schreiben vom 21.02.2007 das gemäß § 21 Abs. 4 DSchG NRW
erforderliche Benehmen hergestellt hat (Zusatzinfo nach Text-
LTberarbeitung am 03.03.2008), benennt alle wesentlichen, das
Denkmal konstituierenden Elemente und liefert die Begründung für
die Unterschutzstellung im Sinne von § 2, Abs. 1 DSchG NRW:
„Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von
Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches
Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die
Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und
Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und
Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung
künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder
städtebauliche Gründe vorliegen.“
Das IHK-Gebäude ist bedeutend für die Städte und Siedlungen,
hier Duisburg-Mitte. Für seine Erhaltung und angemessene Nutzung
liegen wissenschaftliche und städtebauliche Gründe vor.
Geschichte bauliche und städtebauliche Entwicklung
Die Planung für den Neubau der Niederrheinischen Industrie- und
Handelskammer in Duisburg an der Einmündung der
Friedrich-Wilhelm-Straße auf die Mercatorstraße ist
städtebaulich eng mit dem Neubau des nahen Duisburger
Hauptbahnhofs verknüpft. In der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts waren in unmittelbarer Nachbarschaft drei Bahnhöfe
unterschiedlicher Bahngesellschaften entstanden: 1846 hatte die
Köln-Mindener Eisenbahn mit ihrer Nord-Süd-Strecke von
Düsseldorf nach Oberhausen die Stadt Duisburg erreicht, 1862
folgt als Ost-West-Verbindung die Bergisch-Märkische Eisenbahn,
und 1870 schließlich schloss eine kurze Trasse der Rheinischen
Eisenbahn den Trajektbahnhof Hochfeld (Trajekt
Rheinhausen-Hochfeld) bzw. die kurz darauf errichtete
Duisburg-Hochfelder Eisenbahnbrücke (ab 1873) an. Zwischen 1879
und 1882 gingen die Privatbahnen in preußischen Staatsbesitz
über und wurden schließlich Teil der 1920 gegründeten Deutschen
Reichsbahn.
Zu diesem Zeitpunkt fehlte der expandierenden Großstadt ein
repräsentativer Zentralbahnhof, der anstelle des Köln-Mindener
Bahnhofs errichtet werden sollte. 1926 wurde hierfür ein
Wettbewerb ausgelobt, an dem Architekten aus dem gesamten
Deutschen Reich teilnahmen — insgesamt wurden 179 Entwürfe
eingereicht. Ein erster Preis wurde nicht vergeben, den 2. Preis
errangen die Stuttgarter Architekten Bonatz & Schöler (bekannt
geworden durch den Bau des dortigen Hauptbahnhofs), den 3. Preis
der Kölner Architekt und Abel-Schüler Hans Mehrtens. Die
Bedeutung des Wettbewerbs zeigt sich auch im prominent besetzten
Preisgericht: u.a. waren der Kölner Stadtbaurat Adolf Abel,
German Bestelmeyer aus München, der Hannoveraner Städteplaner
Otto Blum und Hermann Jansen aus Berlin vertreten.
Die Mehrzahl der Planungen sah einen länglichen,
Nord-Süd-orientierten Platz vor, der im Osten von den Baukörpern
des neuen Hauptbahnhofs flankiert sein sollte. Die
Mercatorstraße lag in diesen Planungen in der zweiten Reihe,
durch eine neue Reihe von Baublöcken vom Bahnhofsvorplatz
getrennt.
Von den prämierten Entwürfen kam keiner zur Ausführung;
stattdessen wurde 1931 der Architekt Eduard Lyonel Wehner
(1879-1 952) mit dem Bau des neuen Hauptbahnhofs betraut
(Einweihung 26.3.1934). Jener war seit 1906 in Düsseldorf
niedergelassen und hatte u.a. Mitte der 1920er Jahre am Bau des
Gesolei-Ausstellungskomplexes mitgewirkt. Den Bahnhofsvorplatz
entwarf der städtische Baurat Heinrich Bähr, der u.a. Anfang der
1920er Jahre maßgeblich an den städtischen Typenhaussiedlungen
Dickelsbach, Ratingsee und Parallelhafen/ Diergardt beteiligt
war. Diese Planung sah nun einen deutlich größeren
Bahnhofsvorplatz vor, der das bisher von der Eisenbahn genutzte
Areal bis an die Mercatorstraße einbezog; in Nord-Süd-Richtung
wurde eine Straßenbahntrasse eingetieft (heute Trasse der A 59).
Die Mercatorstraße war zu diesem Zeitpunkt noch von einer
gründerzeitlichen Wohnbebauung geprägt. Die 1938 angelegte
Planung der Düsseldorfer Architekten Philipp W. Stang und Rudolf
Marwitz für die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer
sollte dem neuen Hauptbahnhof ein repräsentatives Gegenüber
schaffen. Der Neubau wurde an der Einmündung der leicht schräg
auf den Bahnhofsplatz führenden Achse der Friedrich-
Wilhelm-Straße platziert, wo er durch eine Staffelung des
Baukörpers den Beginn der Achse entsprechend akzentuieren
sollte. Der mit der Ost-Fassade zum Bahnhof ausgerichtete
Hauptbaukörper sollte hinter der Flucht der anschließenden
Gebäude an der Mercatorstraße stehen, ein kurzer nördlicher
Querbau den Anschluss an die nördliche Nachbarbebauung
herstellen, während der Flügel mit dem Saal an der
Friedrich-Wilhelm-Straße die Flucht der anschließenden Gebäude
aufnahm. Der Bau hatte im Grundriss die Form eines Hakens und
war vom Bahnhofsvorplatz über einen zweigeschossigen, von Säulen
getragenen Eingang erschlossen; der Hauptbaukörper und der den
Saal aufnehmende Teil an der Friedrich Wilhelm-Straße sollte
sechsgeschossig, der Querbau zu den nördlich anschließenden
Gebäuden der Mercatorstraße fünfgeschossig ausgeführt werden.
1942 wurde die Planung für das Kellergeschoss um einen
Luftschutzbunker unter dem Vorplatz ergänzt. Frühe Aufnahmen der
Nachkriegszeit zeigen in der Baulücke Behelfszugänge in diesen
Bunker, der offenbar zusammen mit dem übrigen Kellergeschoss vor
Kriegsende noch realisiert worden ist. Da die Pläne der
Architekten vom 20.5.1942 datieren, kann als Grund für den
Baustopp vorrangig die staatliche Regelung der Bauwirtschaft
aufgrund des Baustoff- und Facharbeitermange) vermutet werden
und weniger die Auflösung der Industrie- und Handelskammern per
Verordnung vom 20.4.1942 (und die Verlagerung der entsprechenden
Kompetenzen zu den Gauwirtschaftskammern). Die oberirdischen
Geschosse der IHK wurden erst Anfang der 1950er Jahre errichtet.
Philipp Stang behielt die städtebauliche Figur bei; es entfiel
allerdings ein Vollgeschoss, und die Fassade wurde ebenfalls
grundlegend überarbeitet. Die innere zweibündige Struktur
hingegen modifizierte man nur geringfügig; die größte Anderung
betraf die Direktorenwohnung, die großzügig über zwei
Obergeschosse reichend den halben Hauptbaukörper und den Querbau
an der Mercatorstraße einnehmen und einen separaten Zugang mit
Treppenhaus von der Mercatorstraße erhalten sollte — sie wurde
nicht realisiert. 1969-70 plante man eine Aufstockung um ein
Vollgeschoss (Arch. I-I.S. Persch, Duisburg), das als massiver
Körper auf dem Altbau aufsitzen sollte, allerdings nicht zur
Ausführung kam.
Ab Mitte 1980er Jahre sind bauliche Veränderungen im Inneren (u.a.
in der Lobby und bei den Vorstandsräumen) überliefert.
Beschreibung
Die Planung von 1938 — so vermittelt es eine erhaltene
Ansichtszeichnung der Fassade zur Mercatorstraße — sollte ganz
im Duktus der Repräsentationsarchitektur der 1930er Jahre
gehalten sein; ein gleichmäßiges Fensterraster in den drei
Büro-Obergeschossen, deren Fenster in dem 1. Obergeschoss durch
entsprechende Gewände hervorgehoben sind. Das Erdgeschoss war
erhöht über einem niedrigen, mit den Fensterbrüstungen auf
Straßenniveau ansetzenden Sockelgeschoss (ganz im Duktus
gründerzeitlicher Repräsentationsbauten) vorgesehen. Der in den
Hauptbaukörper eingeschnittene Haupteingang wurde durch acht
Säulen hervorgehoben, die über das Sockel- und das Erdgeschoss
reichen. Dem Hauptbaukörper war in dieser Planung ein weiteres,
etwas niedrigeres Dachgeschoss aufgesattelt, das mit einer engen
Reihung kleinerer hochrechteckiger Fenster versehen ist. Ein
kräftiges Traufgesims sollte die Fassade abschließen, darüber
ein Walmdach mit Eckaufsätzen liegen. Der Querbau an der
Mercatorstraße war — wie erwähnt — ein Geschoss niedriger
geplant; sein Walmdachabschluss führt das Dach des angrenzenden
Bauwerks fort und sollte die gleiche Richtung wie das Walmdach
des Hauptbaukörpers haben.
Die Materialität der Fassade ist in der Fassadenzeichnung von
1938 nur angedeutet, zeigt aber eine regelmäßige Eckquaderung.
Die Fensterraster sind etwas eingerückt, so dass die Ecken
massiver wirken; die Hierarchie der Baukörper wird u.a. dadurch
betont, dass die zwölf Fensterachsen im Hauptbaukörper einen
größeren Abstand haben als die stirnseitigen fünf Fensterachsen
des Querbaus.
Diese eher vertikal orientierte Gliederung ist bei der
Neuplanung 1952 zugunsten einer eher horizontalen Gliederung
verworfen worden — wiederum ganz im Stil der Zeit. Die
Säulenstellung des Haupteingangs wurde beibehalten, ist nun
jedoch nur noch sechs Säulen breit, die zudem ohne Kapitelle
ausgeführt sind. Statt eines Sockelgeschosses und eines erhöhten
Erdgeschosses wurden ein ebenerdiges Erdgeschoss mit großen
Schaufensteröffnungen und Ladenlokalen realisiert, mit einem
niedrigen Zwischengeschoss (1 .OG), dessen Fensterband die
großen Schaufenster-Achsen halbiert. Beide Geschosse sind durch
eine helle Muschelkalk-Verkleidung zusammengefasst, wobei
Sohlbank und Gewände des Zwischengeschosses vorkragen und von
einem abermals vorkragenden Dachgesims abgeschlossen sind.
Das Gebäude erhielt 1952 fünf statt der ursprünglich geplanten
sechs Geschosse. Die beiden auf Erd- und Zwischengeschoss
folgenden Obergeschosse (2. und 3.OG) wurden ziegelsichtig
ausgeführt und mit einem engeren Fensterraster versehen, das
zudem bis an die Gebäudeecken heran geführt ist — 19
Fensterachsen am Hauptbaukörper (statt 12 in der Planung 1938),
am Querbau sechs Fensterachsen zum Vorplatz (statt vier) und
sechs Fensterachsen zur Mercatorstraße (statt fünf). Die
Seitenfassade zur Friedrich Wilhelm- Straße zeigt die schmalen,
zwei Geschosse hohen Fenster des dahinter liegenden Saals. Das
letzte Obergeschoss (4.OG) ist wie das ursprünglich geplante
Dachgeschoss mit einer engen Reihung schmaler, hoher Fenster
versehen, überdeckt jedoch nun den gesamten Grundriss (also auch
den Querbau an der Mercatorstraße). Dadurch ist nun ein
einheitlicher, hakenförmiger Gesamtbaukörper ausgebildet —
anstelle der ursprünglich vorgesehenen Betonung des
Hauptbaukörpers.
Die Rückfassade zum Hof ist vollständig in Ziegel gehalten und
besitzt nicht die tektonische Gliederung der straßenseitigen
Fassaden — d.h. keine plastische Durchgliederung, sondern eine
ebene Außenwand. Diese ist aber gleichwohl bewusst
durchgestaltet — gerade in der Verteilung der Fassadenöffnungen
— und für eine reine Rückfassade durchaus aufwendig. Die
unterschiedlichen Raumgruppen sind durch unterschiedliche
Fensterformate ablesbar — so sind die vom zentralen Treppenhaus
erschlossenen Teeküchen mit runden Fenstern versehen, das
oberste Geschoss (4.OG) übernimmt die enge Fensterreihung der
Straßenfassade, und auch das Treppenhaus ist durch eine enge
Reihung raumhoher Fenster gekennzeichnet.
Die Bekleidungen der Fassaden sind unverändert bauzeitlich. 1985
wurden nahezu sämtliche Fenster durch Aluminiumfenster ersetzt
und entsprechen heute in Flügel- und Sprossenteilung sowie
Profilstärken nicht mehr dem originalen Bestand; entsprechend
auch die gleichzeitig erfolgte Verblechung der Fenstergewände,
Sohlbänke und Gesimse, die vermutlich den Verlust der in der
Planung der 1950er Jahre vorgesehenen umlaufenden Pflanzkästen
vor den Fenstern des ersten und vierten Obergeschosses mit sich
brachte. Lediglich auf der Hofseite sind einige runde
Stahlfenster mit Einfachverglasung erhalten bzw. der
Originalsubstanz zuzurechnen.
Als weitere Veränderung der Fassade sind der Einbau einer
Drehtüranlage (1995) zu erwähnen, bei Aufgabe der ursprünglichen
Türanlage der 1950er Jahre, sowie der Ersatz der originalen
Muschelkalkverkleidung durch einen farblich abgestimmten, eng am
vorgefundenen Material orientierten Naturstein (1993). Das
originale Material (Muschelkalk) weisen, nach
Inaugenscheinnahme, noch die Rundstützen der Vorhalle auf, das
Gewände der Toreinfahrt und die Seitenwände des Außenzugangs zum
Luftschutzkeller.
Die Grundrisse folgen — wie erwähnt — in vielen Punkten der 1938
geplanten zweibündigen Struktur, die im Tragwerk des
Kellergeschosses bereits angelegt war. Das zentrale, großzügige
Treppenhaus liegt in der lnnenecke am rückwärtigen Hof und wird
im Erdgeschoss über die Lobby erschlossen, die hinter dem
Säulenportal anschließt. Die Mitte des Treppenhauses nimmt eine
etwa 1,60 m breite, einläufige Treppe ein, jeweils flankiert von
vier Rundstützen. Diese liegt in den ersten vier oberirdischen
Geschossen längs zur Mercatorstraße; der in das Kellergeschoss
hinabführende Treppenlauf ist in der letzten Stützenachse nach
West umgelenkt. Da der Treppenabgang in den Keller ursprünglich
aus der erdgeschossigen Lobby sichtbar war, sind auch dort
Natursteinfußböden und geschmiedete Handläufe zu finden, Im
Süden, unter dem Saal an der Friedrich Wilhelm- Straße liegen
die Kellerräume der Heizungsanlage, die über eine steile
Außentreppe erschlossen sind. Hier sind noch Reste der älteren
Heizungsanlagen erhalten — vor allem gemauerte Sockel und der
Kohlenaufzug.
Im Kellergrundriss zeichnet sich deutlich der 1942 nachträglich
eingeplante Bunker ab, der unter dem Vorplatz angelegt ist und
zusätzlich auch den Kellerbereich unter dem zur Straße
orientierten Bund des zweibündigen Hauptbaukörpers umfasst.
Folgerichtig befindet sich im Keller am genannten Treppenabgang
aus der Lobby eine Schleuse in den Bunker; die Räume direkt
unter dem Gebäude waren offenbar als Luftschutzräume der
Belegschaft geplant. Der Bunkerbereich unter dem Vorplatz
hingegen war als öffentlicher Bunker konzipiert. Eine einIäufige
Treppe führte am nördlichen Querbau entlang abwärts und über
einen dreifach umgelenkten Gang in den Schutzraum. Die
Seitenwände von Gang und Treppe sind mit einer aufwändigen
Muschelkalkverkleidung versehen, die unverändert erhalten ist.
Der Außenzugang zum Bunker hingegen ist später mit einer
Eisenträgerdecke mit betonierten Deckenfeldern verschlossen
worden und im Außenraum nicht mehr sichtbar. Der Bunkerraum
besteht aus einem vorderen Schutzraum, der in drei Segmente
unterteilt ist, und einem südlich anschließenden Zweibund mit
Mittelgang und je drei Büros zu beiden Seiten. Diese Struktur
ist ebenso erhalten wie Teile der alten Lüftungsanlage, der
vermutlich bauzeitlich Fußboden mit Terrazzoplatten und die
Beschriftung (etwa Raumnummern und Kennzeichnungen der Ein- und
Ausgänge, heute z.T. unter Überstreichungen sichtbar). Hinweise
auf die Ausführung einer zwischenzeitlich offensichtlich
geplanten gastronomischen Einrichtung „Mercator-Stuben“ in den
Luftschutzräumen unter dem Vorplatz (siehe ein erhaltener
Grundriss und eine perspektivische Planung von 1951 mit
entsprechendem Eintrag) finden sich nicht, könnten aber die
repräsentative Muschelkalkverkleidung des heute verdeckten
Außenzugangs zum Luftschutzkeller erklären.
Das Erdgeschoss nahm — wie erwähnt — 1952 nicht nur die Lobby
auf, sondern auch vermietete Ladenlokale. Der ursprüngliche
Raumeindruck ist durch die 1995 wohl aus Brandschutzgründen
erfolgten baulichen Maßnahmen (u.a. Abbruch von Windfang und
Pförtnerloge, Einbau von Trennwänden sowie Ersatz des
ursprünglichen Terrazzo Fußbodens durch einen Natursteinboden)
deutlich verändert, Im Flügel an der Friedrich Wilhelm-Straße
befindet sich heute das Kundenzentrum der IHK; in der Lobby ist
die vormals offene einläufige Treppe nun durch Seitenwände
eingefasst (die Säulen sind hier in den leichten Trennwänden
verborgen bzw. erhalten). Teile der Decke in der heutigen Lobby
sind abgehängt, im treppennahen Bereich ist die ursprüngliche
qualitätsvolle Betonrippendecke jedoch weiterhin sichtbar
erhalten. Entsprechend sind auch die nördlich an die Lobby
anschließenden Räumlichkeiten bis in den nördlichen Querbau
hinein heute neu aufgeteilt.
In den über dem Erdgeschoss liegenden Obergeschossen (1 .-4.OG)
hingegen ist die bauzeitliche Ausstattung in bemerkenswertem
Umfang erhalten. So das zentrale Treppenhaus bis in das
Erdgeschoss mit der einläufigen Treppe (in das folgende 4.OG als
zweiläufige Treppe): die Metallgeländer sind ebenso durchgängig
erhalten wie die Natursteinbekleidung von Treppen und Fußboden
(letzterer zweifarbig verlegt — im 3.OG in Streifen, in den
übrigen Obergeschossen im Schachbrettmuster). Die bauzeitlichen
Betonrippendecken sind außer im Erdgeschoss noch im ersten und
zweiten Obergeschoss sowie im Raum der Getreidebörse (s.u.)
sichtbar. Nach Augenschein und erster Sichtung der vorliegenden
Werkplanung der 1950er Jahre ist in den übrigen Bereichen nicht
mit diesen Deckenuntersichten zu rechnen.
In den Obergeschoss-Fluren sind die bauzeitlichen Türen fast
vollständig erhalten (resp. in jüngerer Zeit dem Original getreu
repariert und restauriert worden) und in Abhängigkeit ihrer
Bedeutung hierarchisch unterschiedlich gestaltet. Die Zugänge
von der Treppenhalle zu den repräsentativen Räumen in der
Präsidiumsetage (2.OG) besitzen Natursteinbekleidungen und
vertäfelte Türblätter mit Messingbeschlägen. Demgegenüber sind
die Türen zu den Nebenräumen und einfachen Büros handwerklich
ebenso qualitätsvoll, gestalterisch aber etwas einfacher
ausgeführt mit schlichteren, zum Teil verglasten Türblättern,
Holzbekleidungen und Aluminiumbeschlägen.
Im Flurbereich zum Saal der Getreidebörse (2.OG) wurde die
ursprüngliche Trennung von Treppenhalle und Flur in den 1990er
Jahren aufgegeben und — abweichend vom ursprünglichen Konzept -
der repräsentative Charakter der Treppenhalle im nördlichen Flur
bis zum Börsensaal fortgesetzt. Angepasst an die Treppenhalle
wurden in diesem Zuge der neue Natursteinboden sowie die
Türbekleidungen dieses Flurabschnitts; umgebaut wurden zudem die
hier ursprünglich wie im ersten und dritten Obergeschoss
vorhandenen Oberlichter.
Auch weitere Ausstattung wie die bauzeitlichen
Heizkörperverkleidungen, die Naturstein Fußbodenbeläge und die
stirnseitige Glastrennwand des vormaligen Großraumsbüros im
Zwischengeschoss (1 DG, an der aufgeweiteten Flurzone zum
nördlichen Querbau) sind an vielen Stellen erhalten. Abgesehen
von den jüngeren Brandschutztüren, die die Büroflure von dem
zentralen Treppenraum abtrennen, und den erneuerten
Wandbekleidungen überliefern die Obergeschosse in einem
erheblichen Maße die ortsfeste bauzeitliche Ausstattung.
Besonders herauszuheben sind der große Sitzungssaal und dessen
niedriger Annex zur Mercatorstraße einerseits sowie der Saal der
vormaligen Getreidebörse andererseits. Beide liegen auf der
Präsidiumsetage (1 .OG).
Der große Sitzungssaal liegt an der Friedrich-Wilhelm-Straße. Er
wird über eine zweiflügelige Tür vom zentralen Treppenhaus aus
erschlossen und reicht über zwei Geschosse. Die ursprüngliche
Empore wurde zugunsten des sog. Duisburger Zimmers (heute
Präsidialzimmer) aufgegeben. Belichtet wird der Saal von der
Friedrich Wilhelm-Straße — hier sind acht raumhohe Fenster
eingefügt. Der Sitzungssaal ist vertäfelt und kann durch eine
bauzeitliche Holz-Faltwand zum eingeschossigen Annexraum an der
Mercatorstraße hin erweitert werden, der noch ein bauzeitliches
Aussehen vermittelt. Bei den Holzverkleidungen an den Sockeln
der nördlichen und westlichen Saalwände handelt es sich um
jüngere Neuschöpfungen zur Verkleidung der Lüftungsanlage, die
den im Original erhaltenen Verkleidungen der Südwand
nachempfunden wurden. Die Rasterdecke mit kräftigen Betonträgern
und querrechteckigen Feldern ist verputzt und mit einem
abstrakten Ornament verziert, das der gediegenen Ausstattung
eine zeitgenössisch-künstlerische Note verleiht. Der Fußboden
ist mit einem aufwendigen Parkett versehen. Von der beweglichen
Ausstattung verdient die Sitzungsuhr besondere Erwähnung. Das
bewegliche Mobiliar im Sitzungssaal ist jüngeren Datums. Die
benachbarte Garderobe wurde in jüngerer Zeit neu ausgestattet.
Der Saal der Getreidebörse befindet sich an der zur
Mercatorstraße liegenden Stirnseite des nördlichen Querbaus und
ist wie der Sitzungssaal bis auf das bewegliche Mobiliar in
einem bauzeitlichen Zustand der 1950er Jahre. Die Tür mit
holzverkleidetem Sturz ist mit dem älteren Wappen der IHK
Niederrhein und einem auf die Getreidebörse verweisenden Spruch
versehen (,‚BROT WÄCHST FÜR JEDEN AUF GOTTES ERDE“). Innen
fallen zunächst die mittige Rundstütze mit Kanneluren, die
sichtbare Betonrasterdecke und der gut erhaltene Fußboden auf;
letzterer aus Holzfaserwerkstoffelementen in zweierlei
Rotbrauntönen bestehend, die in einem geometrischen Muster
verlegt sind. Die Westwand zum Flur ist aufgedoppelt und war
ursprünglich mit integrierten Telefonzellen versehen (die Zellen
wurden zu Wandschränken umgebaut; eine Zelle ohne technische
Ausstattung blieb erhalten). Über den Zellen ist eine
geschwungene Gitterblende montiert, die zur Entlüftung dient und
an die Haifisch-Kühlergrills zeitgenössischer Automobile denken
lässt. An der geschlossenen nördlichen Wand und den beiden
durchfensterten Außenwänden befindet sich eine ebenfalls
bauzeitliche halbhohe Brüstung mit Heizkörperverkleidung. Auch
dieser Raum vermittelt noch eindrucksvoll den gediegenen,
handwerklich aufwendig und gestalterisch hochwertigen Ausbau der
1950er Jahre.
Das Präsidentenzimmer (2.OG) an der Stirnseite des Sitzungssaals
wurde 1981 vollständig neu ausgekleidet, so dass das
ursprüngliche Erscheinungsbild verloren ist. Entsprechend
verändert wurde 2001 der Bereich der Hauptgeschäftsführung im
Nordflügel (3.00). Aufgrund veränderter Nutzungsanforderungen
erfuhren die allgemeinen Bürobereiche wiederholt Änderungen
betreffend Raumzuschnitt und Ausstattung.
Das Dachgeschoss ist über eine Nebentreppe zu erreichen. Der
bauzeitliche hölzerne Dachstuhl ist unverändert erhalten, die
Kanäle der neuen Lüftungsanlage sind sorgfältig in die
vorhandene Struktur eingepasst.
In der Planung 1938 war zur Gestaltung des Vorplatzes an der
Einmündung der Friedrich Wilhelm-Straße eine hohe Säule mit
einer Hermes-Figur vorgesehen. Eine ähnliche Gestaltung wurde
1958 umgesetzt, wobei die Säule — in Abänderung des
Ursprungskonzeptes — als Teil einer Brunnenanlage konzipiert
wurde. Ein großer Anker aus vergoldetem Stahl, leicht schräg
gestellt und mit einem Querstab mit einem vergoldeten Ring an
der Spitze der Säule verbunden, symbolisiert die bedeutende
(Binnen )Schifffahrtstradition der Stadt Duisburg und dient als
markante Stadtmarke am Zugang zur Innenstadt. Den Anker schuf
der aus Ungarn stammende Düsseldorfer Bildhauer Zoltan Szekessy
(1899-1968).
Umfang des Denkmals
Das Verwaltungsgebäude der IHK Niederrhein überliefert trotz der
erwähnten Veränderungen ein gestalterisch eher konservatives, in
Entwurf und Ausführung qualitätsvolles und gediegenes
Verwaltungsgebäude der frühen 1950er Jahre in seltener
Geschlossenheit und in einem sehr gepflegten Erhaltungszustand.
Der Umfang des Denkmals umfasst das Gebäude in seiner die äußere
Erscheinung prägenden Substanz, seinen historischen
Raumstrukturen und in seiner ortsfesten historischen Ausstattung
wie beschrieben. Besonderes Augenmerk kommt dabei dem
Treppenhaus, dem großen Sitzungssaal sowie dem Saal der
Getreidebörse zu.
Zum Denkmal gehört die den Vorplatz an der Ecke Mercatorstraße
und Friedrich-Wilhelm- Straße prägende Brunnenskulptur mit
Anker, wie beschrieben.
Begründung des Denkmalwertes
Die 1831 gegründete Niederrheinische Industrie- und
Handelskammer blickt auf eine 175-jährige Geschichte zurück und
nimmt in der Entwicklung der Duisburger Wirtschaft eine wichtige
Rolle ein; sie wurde auch von den maßgeblichen
Industrieunternehmen des Duisburger Raums und ihren
Führungspersönlichkeiten getragen. Der zentrale Standort des
Hauptsitzes gegenüber dem neuen Hauptbahnhof verdeutlicht diesen
Rang ebenso wie die gestalterisch hochwertige, handwerklich
gediegene und qualitätsvolle Architektur des
Repräsentationsgebäudes. Der denkmalhafte Brunnen setzt mit
seinem goldenen Anker ein künstlerisches Signal mit hohem
Wiedererkennungswert an zentraler Stelle. Bauwerk und Brunnen
sind daher bedeutend für die Städte und Siedlungen, hier für die
Stadt Duisburg.
Aufgrund der Qualität von Planung und Ausführung und wegen der
weitgehend erhaltenen ortsfesten Ausstattung der 1950er Jahre
ist das IHK-Gebäude aus architekturhistorischen Gründen
erhaltenswert. Die Transformation des Entwurfes von der 1938
entstandenen Planung hin zur Ausführung von 1952 verdeutlicht am
konkreten Beispiel die Kontinuitätslinien und die Brüche, die
vor allem in den Fassaden deutlich werden. Das
Verwaltungsgebäude der IHK Niederrhein gehört
architekturhistorisch zu den eher konservativ gestalteten Bauten
der frühen Nachkriegszeit, wobei anzumerken ist, dass die sog.
Nachkriegsmoderne zu diesem Zeitpunkt erst ihren allmählichen
Durchbruch gegenüber aus den 1930er Jahren adaptierten
Architekturkonzepten verzeichnen konnte.
Die in der qualitätsvollen, handwerklich aufwändigen Ausführung
zum Ausdruck kommende Gediegenheit und Seriösität ist — wie etwa
auch bei Bank- und Versicherungsgebäuden der Zeit — als bewusst
gewählter baulicher Ausdruck des eigenen gesellschaftlichen
Anspruchs und Handelns zu sehen. Sowohl der Baukörper mit seinen
Fassadengliederungen zum Straßenraum und zum Innenhof als auch
der innere Ausbau — vor allem das Treppenhaus, der Sitzungssaal
und der Saal der Getreidebörse — sind eindrucksvolle
architektonische Zeugnisse in einem bemerkenswerten Erhaltungs-
und Pflegezustand. Der 1942 ausgeführte, aufwendig ausgestattete
Außenzugang des Bunkers verdeutlicht den bauzeitlichen
Repräsentationsanspruch an zentraler städtebaulicher Stelle und
ist ebenfalls als gediegen anzusprechen. Für den Erhalt sprechen
insofern wissenschaftliche, hier architekturhistorische Gründe.
Das Verwaltungsgebäude der IHK Niederrhein ist städtebaulicher
Teil der Neugliederung des Bahnhofsareals im Zuge des
Hauptbahnhof-Neubaus 1931-34. Es verdeutlicht zum einen die
städtebaulichen Gliederungskonzepte, mit denen die Einmündung
einer bedeutenden Achse auf einen zentralen Platz städtebaulich
artikuliert und akzentuiert wurde. Es verdeutlicht zum anderen —
zum Beispiel im Zusammenspiel mit dem Hoist-Hochhaus an der
gegenüber liegenden Ecke — den Wandel der städtebaulichen
Leitideen im Verlauf der 1950er Jahre. Aufgrund der deutlichen
Anknüpfung an die gestalterischen Merkmale des Hauptbahnhofs
bildet das Verwaltungsgebäude der lHK ein städtebauliches
Ensemble mit diesem. Der Brunnen mit dem goldenen Anker setzt
eine bedeutsame Marke im Stadtgefüge. Für den Erhalt liegen
somit städtebauliche Gründe vor.
Dr. Claudia Euskirchen, Untere
Denkmalbehörde Duisburg |