Duisburg, 25. Mai 2022 - „Für mich war er wie ein Phantom in
einer ansonsten streng bürgerlichen Familie“, sagt Ingo
Stermann über seinen Großonkel, den aus Duisburg stammenden
Maler Peter Stermann. Kennengelernt hat er ihn schließlich
nie, dafür war es zu spät, als Ingo Stermann im Jahr 1956 in
Duisburg-Beeck das Licht der Welt erblickte.
„Aber
seine Bilder haben schon als Kind einen unbeschreiblichen
Reiz auf mich ausgeübt“ sagt der heutige Psychiater in
seiner Rede zur Eröffnung der Vernissage im Museum St.
Laurentius in Friemersheim. Ingo Stermann erzählt:
„Von meinem Opa, der ein kaisertreuer Amtmann war, gab es
keine menschliche Nähe zu spüren, nur Kälte.“ So wundert er
sich, dass ausgerechnet dessen Bruder ein so großes
künstlerisches Talent in die Wiege gelegt bekam. Von dieser
Vielseitigkeit Peter Stermanns, der viel zu früh als gerade
42-Jähriger am 29. April 1945 an einer Magenkrankheit starb,
konnten sich die etwa 60 Besucher auf den Tag genau 77 Jahre
später vereinnahmen lassen. Dabei bestimmen meist dunkle
Farbtöne die bedrohlich wirkende Stimmung in den 33
Werken, die an den Wänden hängen. Kunstkritiker vermuteten
daraufhin, dass der Duisburger Künstler einen Hang zur
Melancholie gehabt habe, vielleicht sogar depressiv war. Dem
widerspricht Psychiater Ingo Stermann: „Wenn man den
Pinselstrich meines Großonkels genau anschaut, ist da keine
Depression zu erkennen. Im Gegenteil, der ist oft stramm
gezogen, dass man starken Willen dahinter sieht“, so der
Großneffe.
Die Ausstellung „Im Zwielicht
– Peter Stermann 1903 - 1945“ mit vielen Porträtzeichnungen,
Stilleben, Stadtlandschaften, Ölgemälden und Holzschnitten
dauert noch bis zum 2. Oktober. Das Museum St.
Laurentius, Martinistr. 7, öffnet jeden ersten Sonntag von
14 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt. Kontakt unter e-mail:
museum.st.laurentius@web.de
Peter Stermanns Selbstporträts, egal ob als Gemälde in Öl
auf Leinwand oder als Graphitzeichnung, kommen wirklich
düster daher. Hierbei inszeniert sich der Künstler als
junger Wilder im frühen Erwachsenenalter, man könnte meinen
den aufstrebenden Schauspieler Marlon Brando vor sich zu
haben, nur weiß man nicht, ob er auf dem 94 mal 55
Zentimeter großen Ölgemälde eher einen Malerkittel trägt –
oder doch eine schwarze Lederjacke. Der Organisator der
Ausstellung, Burkhard Biella, stimmt dem zu: „Die
Selbstdarstellungen haben etwas wirklich Rebellisches.“
Rätselhaft bleibt sein Leben, so dass der Titel der
Werkschau „Im Zwielicht“ zutrifft. 1903 in Duisburg geboren,
gründete Peter Stermann 1923 den Bund Duisburger Künstler
zusammen mit Volkram Anton Scharf, Heinrich Seepolt und
anderen. Bis 1932 habe er regelmäßig an den Ausstellungen
des Bundes teilgenommen, danach ging Stermann nach Berlin,
schloss sich dort der Künstlergemeinschaft „Der Norden“ an,
der auch Josef Albert Benkert angehörte. „Dieser hatte viele
Zeitungsausschnitte über ihn aufbewahrt, so dass wir in etwa
sein Leben rekonstruieren konnten“, so Kunstkenner Biella.
Der Berliner Galerist Ferdinand Möller förderte die Gruppe,
für die Künstler ging es 1935 auf eine Wanderausstellung
durch große Städte in Deutschland. Die letzte Ausstellung
von Stermanns Werken gab es 1937 in Osnabrück, drei seiner
expressionistischen Bilder wurden in diesem Jahr von den
Nazis als „entartet“ bezeichnet. Er beschloss parallel ab
1935 als Cutter beim Film zu arbeiten. „Als er eigene
Kurzfilme für die Wochenschau machte, verdiente er recht
gut“, weiß Biella. Viele seiner Werke im Atelier in
Berlin-Steglitz sind bei einem Bombenangriff 1944 zerstört
worden. Inwieweit er bei zweimaliger Mitgliedschaft in der
NSDAP von den Nazis vereinnahmt wurde, ist nicht geklärt:
„In die innere Emigration ist er jedenfalls nicht gegangen“,
so Biella.
Sein Patenkind Meinolf Mandelartz, mit
dessen Vater Carl Mandelartz, einem Schriftsteller, Stermann
befreundet war, ist extra zur Vernissage aus Freiburg
angereist. Der 83-Jährige hat einige Arbeiten für die
Ausstellung organisiert. „Seine Bilder haben mich schon als
Kind beeindruckt, so dass ich ihm nacheifern wollte“, sagt
er. Die Vernissage wurde musikalisch umrahmt von Ulrike
Eisel (Gitarre) und Helga Wachter (Sopran) mit Liedern von
Schubert und Dowland.
|