Stephans Kult-pur Der Kult-AttachéDer Kult-Attaché
BZ-Sitemap     •  BZ-Kultur aktuell
 

Inselmusik am Freitag
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 1. September 2022 - Das als „Inselmusik“ ausgewiesene Konzert von Organist Ludger Morck basierte auf vielen persönlichen Erfahrungen des Kirchenmusikers. „Ich erinnere mich an eine abendliche Schiffsfahrt auf der Themse in London, bei der ich aus allen Straßen und Gassen, die unterschiedlichsten Glockenspiele hörte. Überall war dieses Läuten“, erinnert sich Morck. Und das war nicht nur der Klang von Big Ben, sondern eine eigentümliche nuancenreiche Tonwelt umgab ihn dabei. So hatte er für seine „Freitagsmusik“ extra das Stück „Carillon“ von Edward William Elgar ausgesucht, das auf vier Glockentönen fusst, die das Grundthema im Basslauf bilden. Später entwickelte  Ludger Morck an der Orgel aus seiner persönlichen Stimmung heraus ein fulminantes Orchester dazu, das den Kirchenraum der Christus-König-Kirche füllte.

Einen breiten Abriss über großbritannische „Insel“-Komponisten hatte der Kantor zusammengestellt: Henry Purcells spätbarocke „Suite in G“ mit ihren abwechslungsreichen Sätzen, die die schwierigsten Arpeggi durchläuft, sowie in den langsamen Passagen durch präzise Melodieführung der Flöten besticht, machte den Anfang. Diese performte der Tastenmann stilecht am restaurierten Cembalo vor dem Altar. Das Traditional „A Londonderry Air“, die inoffizielle Nationalhymne Nordirlands, schimmert öfters durch in einem „Intermezzo“, das der in Dublin geborene Charles Villiers Stanford als Orchesterfassung ausgestaltet hat. Diese beiden „very britischen“ Komponisten liegen übrigens in der Gruft der Westminster Abbey beerdigt, beide als „A great musician“, also als „besonderer Musiker“ tituliert.

Deutlich schriller wurde es bei einer „Toccata in seven“, die vom zeitgenössischen englischen Komponisten John Rutter stammt, der besonders für seine Chormusik bekannt ist. Unerwartbare Dissonanzen und ein schwer zu zählender 7/8-Takt fragten dem Organisten Morck sämtliches Rhythmusgefühl dabei ab. Stücke von eher unbekannten Autoren wie Ferdinando Richardson, wie die „Pavane in d“, oder das von Henry Heron ausgetüftelte „Voluntary 1“, das mit viel Trompeten-Ornamentik durchsetzt ist, waren etwas für die Nischenliebhaber der „Freitagsmusik“. Um den Eindruck von der Insel und das Konzert abzurunden, gab es einen quirligen, mit vielen eingängigen popmusikalischen Patterns durchwobenen „Celtic Dance“ von Michal Czulak, der schon fast zum Tanzen einlud, und eine opulente, postmoderne „Toccata alla celtica“ des Leverkusener Kompositeurs Hans-André Stamm. Derweil Ludger Morck noch in Reiseerinnerungen schwelgte: „ Als ich in der Kathedrale von Chester die große Orgel mit ihren vier Manualen und 80 Registern gesehen habe, war ich völlig überwältigt.“ Doch auch vom Klang der hiesigen Orgel der Christus-König-Kirche mit ihren „nur“ zwei Manualen und 22 Registern zeigten sich etwa 50 Besucher bei diesem breitgefächerten Konzert Morcks begeistert – und bekamen vielleicht ein bisschen Reiselust auf die britischen Inseln.