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					Duisburg, 6. März 2023 -
					Er gilt als Mittler zwischen den Kulturen und durfte 
					sich vor einiger Zeit ins Goldene Buch Rheinhausens 
					eintragen. Ali Yakar hat sich einen Namen im Duisburger 
					Westen gemacht, spätestens als er als Gewerkschafter der 
					IG-Metall im Kruppschen Arbeitskampf in Erscheinung trat und 
					als freier Journalist für verschiedene Zeitungen, wie 
					Hürriyet und Milliyet, aber auch für die NRZ Artikel über 
					die Ereignisse verfasste. Seit dieser Zeit, Ende der 
					80er-Jahre, schreibt er regelmäßig Gedichte, jetzt ist sein 
					zwölfter Lyrikband erschienen. Das hat uns zu einem Treffen 
					mit dem 71-Jährigen veranlasst, auf dem Wohnzimmertisch 
					seiner Wohnung hat er eine Vielzahl von Ehrungen, Büchern 
					und Zeitdokumenten für uns aufgebahrt.
  Herr Yakar, 
					Sie sind als Kind eines „Gastarbeiters“ bei Krupp als 
					18-Jähriger Ende der 60er-Jahre nach Deutschland gekommen, 
					leben jetzt 50 Jahre in Rheinhausen. Inwieweit fühlen sie 
					sich hier integriert?
  Ali Yakar: Es ist ein 
					schwieriges Thema. Als ich hier ankam, wurde ich wegen 
					fehlender Sprachkenntnisse und meines Aussehens kritisch 
					beäugt. Das war allerdings in den 70er-Jahren. Ich habe 
					schnell die Sprache gelernt, und sie so zu meinem Werkzeug 
					als Journalist und Schriftsteller gemacht. Die Leute haben 
					das besonders respektiert. Heute als Rentner besuche ich 
					gerne die Fussballspiele meiner Enkelkinder. Fußball hat ja 
					auch eine besonders integrative Wirkung unter den Menschen 
					und ich wurde in der Gemeinschaft der anderen Eltern sehr 
					gut aufgenommen.  
  Sie waren einer 
					der ersten Mitglieder der türkischen Aleviten-Gemeinde, die 
					ihren Sitz jetzt in der ehemaligen Krupp-Menage am Tor 1 
					hat. Was sagen Sie zu den Schmierereien, die man vor kurzem 
					an der Front der Gemeinde gefunden hat?
  Das waren 
					Leute, die leider nichts im Kopf haben. Aus welchem Grund 
					sie das gemacht haben, bleibt die Frage. Ob es jetzt 
					Rechtsradikale waren, das kann natürlich sein. Genauso gut 
					können es politisch anders Denkende aus der Türkei gewesen 
					sein. Wir haben ja bald Wahlen dort und ich könnte mir 
					andererseits auch vorstellen, dass es politische Gegner 
					waren, die uns feindlich gesinnt sind. Wir als 
					Aleviten-Gemeinde stehen der sozialdemokratischen Partei in 
					der Türkei sehr nahe.
  Das Buch „Özü Sözü Bir 
					Şiirler“ (dtsch. „Wahrhaftige Gedichte“) von Ali Yakar, ist 
					beim ÖnelVerlag erschienen. Es ist zu beziehen beim Autor 
					selbst unter Tel. 0157/85074655 für 15 Euro (email: 
					aliyakar@live.de). Das Buch hat mehr als 200 Gedichte auf 
					222 Seiten, elf sind auf Deutsch geschrieben.
  Ali 
					Yakar, geboren 1952 in Etiler, kam in den 70er-Jahren nach 
					Rheinhausen und arbeitete als Metallarbeiter auf dem 
					Krupp-Werk, später dann bei der Hütte Krupp-Mannesmann 
					(HKM). 1987 fing er an journalistische Texte für Zeitungen 
					zu verfassen, bekam eine eigene Fernsehsendung auf „Kanal 
					Europa“. 1989 erschien sein erstes Buch mit Gedichten. Bis 
					heute hat er zwölf Bücher mit Geschichten und Gedichten 
					verfasst. Ali Yakar ist zum zweiten Mal verheiratet, hat 
					drei Töchter, zwei Söhne und sechs Enkelkinder. 
					
  Inwieweit spielt ihre Religion, also der 
					Islam, in Ihrem Leben, aber auch in den Gedichten für Sie 
					eine Rolle?
  Ich fühle mich als Alevit von Gott 
					gereinigt, das heißt Gott nimmt mich so, wie ich bin – 
					nämlich als Mensch. Für mich sind Koran, Religion und 
					Mohammed wichtig. Aber ich muss nicht, wie die Sunniten es 
					tun, jetzt fünf mal am Tag beten, um diese Reinigung zu 
					erfahren, oder in die Moschee gehen. In den Gedichten 
					beschäftige ich mich eher nur am Rande mit Religion, ein 
					Gedicht heißt zum Beispiel „Gott ist mein Freund“. Darin 
					versuche ich meine Beziehung auszudrücken zu Gott, wie zu 
					einem Freund.
  Wovon handeln die Gedichte denn 
					meistens?
  
					In der Regel von Liebe und Freundschaft. Mir hat einmal ein 
					Iman einer Moschee gesagt, dass er und ich die gleiche 
					Botschaft haben, nämlich den Respekt und die Achtsamkeit im 
					Umgang zwischen den Menschen zu vermitteln. Gute 
					Lebensweisheiten für Jugendliche würden in meinen Texten 
					aufgezeigt, sagte er.  Aber auch 
					Naturdarstellungen sind ein Teil darin, ich versuche die 
					Realität in den Versen abzubilden, ohne allerdings zu 
					politisch zu werden. Der Heimatbegriff ist ein Thema, wobei 
					ich inzwischen denke, dass ich in Rheinhausen beheimatet 
					bin, allerdings noch oft an die Kindheit in der Türkei 
					zurück denke. Gerade jetzt bin ich in Gedanken bei den 
					Opfern und Angehörigen des schrecklichen Erdbebens an der 
					Grenze zu Syrien.
  Von den weit über 1000 Gedichten, 
					die Sie in den zwölf Büchern veröffentlicht haben, sind aber 
					nur wenige auf Deutsch. Woran liegt das?
  Es gibt 
					bestimmte Redewendungen und Gedankenspiele im Türkischen, 
					die kann man nicht so ohne Weiteres übersetzen. Das 
					misslingt meistens bei der Übertragung, zum Glück hat mir 
					ein guter Freund da geholfen. Außerdem müssen meine drei 
					Töchter, die alle perfekt beide Sprachen sprechen, beim 
					Gegenlesen der Übersetzung helfen.
  Sie haben in all 
					der Zeit des Rheinhauser Arbeitskampfes an der Seite so 
					manches bekannten Politikers gestanden. Welche Ereignisse 
					erinnern Sie besonders?
  Ja, es waren einige von Franz 
					Steinkühler bis Oskar Lafontaine, die sich ebenfalls 
					engagiert hatten und sich hier die Klinke in die Hand 
					gegeben haben. Vor allem denke ich aber an den ehemaligen 
					NRW-Ministerpräsidenten Johannes Rau, an seine menschliche 
					Art, und wie er sich damals dafür eingesetzt hat, 
					Ausbildungsplätze für türkische Jugendliche bei HKM zu 
					schaffen. Und der damalige NRW-Innenminister Herbert Schnoor 
					geht mir nicht aus dem Kopf. Ihm habe ich damals 
					beigebracht, uns Türken als Mitbürger zu bezeichnen und 
					nicht mehr als Arbeitsmigranten. Später gab es ja dann das 
					Ausländerwahlrecht auf kommunaler Ebene für ausländische 
					Mitbürger, das war auch immer mein Ziel als Gewerkschafter 
					und SPD-Mitglied gewesen.
   
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
  
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