Stephans Kult-pur Der Kult-Attaché
BZ-Sitemap     •  BZ-Kultur aktuell
 

„Es wird überall große Veränderungen geben“
St. Peter (In den Haesen) und Liebfrauen (Hochheide) in der katholischen St.-Franziskus-Pfarrei schließen
Stephan Sadowski

Duisburg, 18. Oktober 2025 - Es war sehr voll im evangelischen „Haus der Gemeinde“ auf der Wilhelmstraße, obwohl die Katholiken der St. Franziskus-Gemeinde in Homberg zur Gemeindeversammlung dorthin eingeladen hatten. Ein so großes Publikum von fast 200 Interessierten hatte Pfarrer Niklas Belting in seinen Gottesdiensten wohl lange nicht gesehen. Nur, hier stand nicht die Messfeier im Vordergrund, sondern Niklas Belting informierte zusammen mit Mitgliedern des Pfarreirates und des Kirchenvorstands über die Entscheidungen zu den geplanten Kirchenschließungen vom letzten Wochenende. Demnach sollen die Kirchen von St. Peter (In den Haesen) und Liebfrauen (Hochheide) in der katholischen St.-Franziskus-Pfarrei geschlossen werden, das gesamte Gemeindeleben soll sich künftig an der St. Johannes-Kirche im Zentrum von Homberg abspielen.
„Es war keine Konsent-Entscheidung für St. Johannes-Kirche, also keine Entscheidung, die von allen Gremiumsmitgliedern getragen wurde, sondern es gab bis zum Schluss Bedenken. Und genug Gründe sprechen auch dagegen,“ schickte Belting vorweg.
 
So entwickelte sich eine offene, angeregte, teilweise sehr emotionale Debatte, in der Gemeindemitglieder ihre Meinung zu den Schließungen äußerten, die Gremiumsmitglieder ihre Sichtweise dazu darstellen konnten.
Wir sprachen mit einigen Teilnehmern am Rande der Veranstaltung.
Eva-Maria Jüttner meint: „Die Entscheidung ist für uns alle erstaunlich, weil es die älteste Kirche mit dem kleinsten Grundstück ist. Wie es weitergeht, weiß keiner.“ 
Auch Heiner Lüger (45), Kirchenmusiker in der St. Franziskus-Gemeinde hat Bedenken: „Ein Problem werden die Räumlichkeiten sein, es wird spannend, wie dann die Proben organisiert werden können. Momentan leite ich ja fünf Chöre in der St. Franziskus-Pfarrei. Außerdem hat St. Johannes eine schwierige Orgel und eine schlechtere Akustik in der Kirche, was bei Konzerten nachteilig sein kann.“
 
Einen anderen Aspekt bringt Stefan Klimas (52), der lange im Pfarreirat aktiv war, ein: „Warum hat man die Entscheidung so schnell übers Knie gebrochen, und jetzt dem neu zu wählenden Kirchenvorstand die Abwicklung der Kirchenschließungen aufgebürdet. Man hätte heute darüber mit der Gemeinde abstimmen können, wie der zukünftige Kirchenvorstand verfahren solle. Stattdessen hat man die Entscheidung quasi in der letzten Minute bei der Zusammenkunft der alten Gremien am letzten Wochenende gefällt.“
Daniel Jadomski ist seit mehr als zehn Jahren in der St. Franziskus-Kirche als Messdiener aktiv und meint: „Ich dachte, dass Liebfrauen übrig bleibt, weil da die Räumlichkeiten besser sind. Aber gut, wenn immer weniger Menschen zu den Gottesdiensten kommen, dann ist es in einer etwas kleineren Kirche wie St. Johannes schon heimelig und dort kann man die Gemeinschaft dann intensiver erleben“, denkt der 21-Jährige, der auch zukünftig in der Pfarrei aktiv bleiben will.
 
Gruppenleiterin Mila Vischedyk (19) hätte sich den Erhalt von St. Peter in den Haesen gewünscht, da sie dort gute Jugenarbeit leisten kann. „Da sind super Gruppenräume und man kann viel Outdoor mit den Kids machen, zum Beispiel mal draußen bolzen. Solche Möglichkeiten sehe ich bei St. Johannes als neuem Standort leider nicht, da das Grundstück quasi eingekesselt ist von der Hauptstraße, Altenheim und Krankenhaus.“
Auch Alma Küttner (90) aus der Liebfrauen-Gemeinde sieht das Ergebnis nicht positiv: „In dem Pfarrheim von St. Johannes sind die Toiletten in der ersten Etage, das ist für uns Seniorinnen mit Rollator schon ein großes Problem. Ich glaube auch nicht, wenn es einen Shuttle-Service gibt, dass ich mit meinem Seniorentreff dorthin fahren würde. Am besten wäre es, wir bekämen in der evangelischen Kirche in Hochheide dann einen katholischen Gottesdienst um 10 Uhr vielleicht hin - das wäre für uns Alte das Beste.“

In einer mitreißenden Rede begeisterte Katharina Fey die Anwesenden, als sie sagte: „Ja wir werden es irgendwie hinkriegen, das höre ich hier überall. Aber jetzt ist jeder gefragt, wie die Gemeinde zusammenwachsen kann und wie es weitergehen wird. Das 'Wie' ist jetzt entscheidend.“


Vorausgegangen war eine Klausurtagung Ende September 2025:
Pfarrer Belting: „Es wird überall große Veränderungen geben“
Gremien beraten über Schließung von zwei Kirchen in Duisburg-Homberg

Niklas Belting weiß, dass die Pfarrei St. Franziskus in Homberg, die er seit rund 1,5 Jahren leitet, vor einem Einschnitt steht.
„Am Wochenende des 20. und 21. September werden sich Kirchenvorstand und Pfarreirat zwei Tage lang zu einer Klausurtagung treffen. Das Ziel der Beratungen ist klar: Wir werden zwei unserer drei Kirchen sowie die zugehörigen Gebäude schließen und müssen nun gemeinsam entscheiden, welche Kirche am Ende zum zentralen Standort unserer Pfarrei wird“, erklärt er.

Auch an der Duisburger Kirchengemeinde, zu der die Kirchen St. Johannes, Liebfrauen und St. Peter gehören, gehen die sinkenden Mitgliederzahlen der katholischen Kirche nicht vorbei.
„Wir müssen sparen und können uns, wenn wir weiterhin mit Seelsorgeangeboten für die Menschen vor Ort da sein wollen, nicht mehr alle Gebäude leisten“, sagt der Pfarrer klar. Daher sei es wichtig, nun in eigener Verantwortung zu entscheiden, auf welchen Standort man sich künftig konzentrieren möchte. „Ich sehe, dass die ehrenamtlichen Mitglieder unserer Gremien diese Verantwortung wahrnehmen und sich sehr ernsthaft mit den Entscheidungen beschäftigen, die sie treffen müssen“, lobt Belting das Engagement in der Pfarrei.

Eine Steuerungsgruppe erarbeitete Kriterien, aus finanzieller und pastoraler Sicht., die bei der Entscheidungsfindung leitend sein werden. Wünsche für einen fairen Ausgleich wurden in den Gemeindeausschüssen gesammelt. Zudem haben sich die Gemeindeausschüsse der drei Kirchen vorher damit beschäftigt, was fehlen würde, wenn „ihre“ Kirche aufgegeben würde, und was sich ändern würde, wenn die Kirche der neue zentrale Standort wird.

Und doch seien sich alle bewusst, dass Kirche für viele Menschen nach wie vor eine wichtige Rolle in ihrem Leben spiele – und eben auch an die jeweiligen Gebäude mit Erinnerungen, Emotionen und Wünschen verbunden sind.
„Wir gehen völlig ergebnisoffen in die Beratungen“, verspricht der Pfarrer, „es ist klar, dass es nicht um Gewinner und Verlierer geht, sondern dass es überall große Veränderungen geben wird. Unabhängig davon, welche Kirche bestehen bleibt und welche geschlossen werden, werden wir uns den Herausforderungen stellen, das neue Zentrum zu einem Ort zu machen, an dem sich viele Menschen neu zuhause fühlen können“.

Die Gremien haben einen ganzen Kriterienkatalog entwickelt, den sie während ihrer Klausurtage besprechen und abwägen wollen. Was sich genau aus den Kirchen, die am Ende aufgegeben werden müssen, entwickeln wird, ist noch offen. „Uns ist ein wertschätzender Abschied wichtig und wir wollen auch sicherstellen, dass es eine gute, sinnvolle und soziale Nachnutzung der Gebäude gibt. Dazu werden wir unmittelbar nach dem Beschluss Kontakt mit möglichen Investoren aufnehmen“, betont der Pfarrer.

Die Kirchen
St. Johannes, Marienstraße
Erbaut und eingeweiht 1872/73, 1903 mit Turm vollendet, 1944 zerstört, bis 1948 wieder aufgebaut, neuste Renovierung 2021/2022
Liebfrauen, Ottostraße
Erbaut und eingeweiht 1930-1931, 1944 zerstört und bis 1948 wieder aufgebaut, komplette Innenrenovierung 2006
St. Peter, Friedhofsallee
Erbaut und eingeweiht 1976-1977, Wiederaufbau nach dem Teileinsturz der Dachkonstruktion 1999