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Ozan und Tunc
Testosteron schwangere Grazie pur
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 27. Dezember 2016 - Sie bedienen Klischees, das aber gekonnt: Ozan und Tunc aus Köln kommen schon mit Hüftschwung und wackelnden Hintern, wohl bei türkischen Hochzeiten erprobt, zu donnernder orientalischer Musik auf die Bühne. Die Frauen im Rumelner Kulturspielhaus fangen an da hinzuschmelzen ob dieser Testosteron schwangeren Grazie, die ihnen entgegen schwappt.  Spätestens als Ozan im blauen Satinhemd  tanzend, mit feinem Türksprech – jeder dritte Buchstabe ist ein „ü“ - seinen Schnurrbart bei einer Parodie auf den Titel „Atemlos“ für seine Angebetete „Sülvüa“ entfernt, haben die beiden die etwa 100 Zuschauer voll im Griff. Hier wird das Bild des osmanischen Machos mal eben im Vorbeigehen dekonstruiert.

Passend in diesen Zeiten ist der Titel des Programms „Ab- und Zuwanderer“. Das hat (Migrationshinter)-Gründe.
„Ich war ein sogenanntes Kofferkind, habe in der Türkei als Kind immer einen Einreisestempel erhalten“, plaudert der in Hamburg geborene Tunc. In der Türkei nannte man sie „Deutschkinder“. 
Doch versöhnlich stellen beide fest: „Heimat ist nicht der Ort, wo man geboren ist, nein, da wo man satt ist.“
Da wird es intellektuell in dem Programm und beide schlüpfen in lange schmuddelige Trenchcoats und damit in die Rolle der „Straßenphilosophen“ und sinnieren als Edelpenner mit heruntergebrannter Zigarre im Mund über das Burnoutsyndrom.

Ozan: „Isch hab auch Burnout, kürzlich fragte misch einer: Hassu maln Euro? Sag isch: Ne. Bin ausgebrannt.“

Der intellektuelle Höhepunkt entstand wohl, als Tunc als türkische Version des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki aus dem Buch „Frag misch nich“ vorlas, dabei über türkisch anmutende Wortschöpfungen der Hauptcharaktere dieses Krimis stolperte wie „Spinndochnochgarnischtot“ und die Diebe „Schnimmalles“ und „Schklauaudi“ hießen. 

Daneben tauchte dann die verstörte Kunstfigur „Lothar“ auf, der seine Kontaktanzeige zur Verwunderung der 100 Gäste aber rappt – in seiner viel zu knappen Jacke, die aus der Altkleidersammlung stammen könnte.  Die Zuschauer wälzten sich aber vor Lachen, als Ozan eine Detektivgeschichte improvisierte, die Tunc als Geräuschmacher illustrierte. Gerade als Ozan in bester Philip Marlowe-Manier mit aufgesetztem Bogart-Hut darüber sinnierte: „Die Nacht war lang und am Morgen hatte ich einen Katarrh“, imitierte Tunc in diese Stimmung das Geräusch einer fauchenden Katze hinein, das die Zuschauer aufschreckte.