Duisburg, 27. Dezember 2016 - Sie bedienen Klischees, das
aber gekonnt: Ozan und Tunc aus Köln kommen schon mit
Hüftschwung und wackelnden Hintern, wohl bei türkischen
Hochzeiten erprobt, zu donnernder orientalischer Musik auf
die Bühne. Die Frauen im Rumelner Kulturspielhaus fangen an
da hinzuschmelzen ob dieser Testosteron schwangeren Grazie,
die ihnen entgegen schwappt. Spätestens als Ozan im
blauen Satinhemd tanzend, mit feinem Türksprech –
jeder dritte Buchstabe ist ein „ü“ - seinen Schnurrbart bei
einer Parodie auf den Titel „Atemlos“ für seine Angebetete „Sülvüa“
entfernt, haben die beiden die etwa 100 Zuschauer voll im
Griff. Hier wird das Bild des osmanischen Machos mal eben im
Vorbeigehen dekonstruiert.
Passend in diesen Zeiten
ist der Titel des Programms „Ab- und Zuwanderer“. Das hat
(Migrationshinter)-Gründe. „Ich war ein sogenanntes
Kofferkind, habe in der Türkei als Kind immer einen
Einreisestempel erhalten“, plaudert der in Hamburg geborene
Tunc. In der Türkei nannte man sie „Deutschkinder“.
Doch versöhnlich stellen beide fest: „Heimat ist nicht
der Ort, wo man geboren ist, nein, da wo man satt ist.“
Da wird es intellektuell in dem Programm und beide schlüpfen
in lange schmuddelige Trenchcoats und damit in die Rolle der
„Straßenphilosophen“ und sinnieren als Edelpenner mit
heruntergebrannter Zigarre im Mund über das Burnoutsyndrom.
Ozan: „Isch hab auch Burnout, kürzlich fragte misch
einer: Hassu maln Euro? Sag isch: Ne. Bin ausgebrannt.“
Der intellektuelle Höhepunkt entstand wohl, als Tunc als
türkische Version des Literaturkritikers Marcel
Reich-Ranicki aus dem Buch „Frag misch nich“ vorlas, dabei
über türkisch anmutende Wortschöpfungen der Hauptcharaktere
dieses Krimis stolperte wie „Spinndochnochgarnischtot“ und
die Diebe „Schnimmalles“ und „Schklauaudi“ hießen.
Daneben tauchte dann die verstörte Kunstfigur „Lothar“
auf, der seine Kontaktanzeige zur Verwunderung der 100 Gäste
aber rappt – in seiner viel zu knappen Jacke, die aus der
Altkleidersammlung stammen könnte. Die Zuschauer
wälzten sich aber vor Lachen, als Ozan eine
Detektivgeschichte improvisierte, die Tunc als
Geräuschmacher illustrierte. Gerade als Ozan in bester
Philip Marlowe-Manier mit aufgesetztem Bogart-Hut darüber
sinnierte: „Die Nacht war lang und am Morgen hatte ich einen
Katarrh“, imitierte Tunc in diese Stimmung das Geräusch
einer fauchenden Katze hinein, das die Zuschauer
aufschreckte.
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