Duisburg, 05. September 2016 - Nach seinem unfreiwilligen
Tod in der „Lindenstraße“ als Herr Schiller lebt Bill
Mockridge als Kabarettist sein Leben in Rheinhausen weiter –
mit dem Programm „Alles frisch“ trumpfte er beim
Friemersheimer Kultursommer auf.
„Ich weiß gar
nicht, warum und von wem ich ermordet worden sein soll“,
wundert er sich auch heute noch über die WDR-Programmmacher,
die ihn aus der Serie gestrichen haben. Als zweiter Ehemann
von „Mutter Beimer“ und Betreiber eines Reisebüros, hatte er
sonntäglich ein Millionenpublikum in der ARD-Vorabendserie,
auf dem Platz neben der Dorfkirche wollten ihn immerhin 250
Zuschauer sehen.
Auch Pfarrer Thomas Gregorius hat
einen persönlichen Bezug zu ihm. „Ich hab ihn das erste
Mal als Student 1983 im Springmaus-Kabarett in Bonn erlebt
und war fasziniert von ihm“, so der Geistliche. „Umso mehr
als ich ihn dann 1991 in der „Lindenstraße“ entdeckte.“ Der
gebürtige Engländer, der im Alten von 22 Jahren nach
Deutschland kam, versprüht seinen Charme mehr als in der
Fernsehserie, gerade im Kabarett. „Der sagt einfach, wie es
im Leben wirklich ist und verschönt nichts“, meinte ein
Zuschauer. Zu verschönen , gibt es auch nichts beim
70-jährigen Schauspieler, zumal ihm schon eine Frau zur
Goldenen Hochzeit gratulierte, als er bei Dreharbeiten an
der Lindenstraße ein „Alles Gute zur 50“-T-Shirt trug.
„Das ist doch wirklich noch nicht so schlimm, oder?“, fragt
er lachend ins Publikum. Schließlich sehe er jetzt aus, wie
Sean Connery, was sein Jugendtraum war – mit Glatze
und randergrautem Haar.
Aber genau darin liegt die
Stärke seines Programms, unglaublich sympathisch, karikiert
Bill Mockridge seine Malässen, ohne sie beschönigen. So wird
er in Friemersheim zum Publikumsliebling, wenn er aus dem
„von der Rentenversicherung gesponserten Comfort-Sessel“
aufsteht – immer unter größtmöglichem Stöhnen. „Man
muss, dann einfach einen Rock-Song daraus machen, dann merkt
das keiner“, lacht er. Und mit „Errrrr can get no
Satisfaction“ stemmt er sich nach oben, tanzt mal ein
bisschen wackelig zu Klängen von Barry White und zeigt den
Zuschauern, dass er – wenn schon nicht mehr am Körper- jung
im Kopf geblieben ist. Da gibt es Geschichten vom Nacktyoga,
bei dem die Vorturnerin allerdings angezogen bleibt. „Leider
waren nur die anderen zehn Teilnehmer nackt und hatten dicke
Bäuche.“ Und Figuren wie „Sonnenerwachen“ sähen dann eher
einer „Mondfinsternis“ gleich.
Dem Dickwerden
beugt er vor mit Besuchen im Fitness-Studio. „Dort haben
mich auch mal zwei kräftige türkischstämmige junge Männer
als „Herr Schiller“ erkannt, da war ich aber baff“,
schmunzelt er. Über die Fitness-(Zwangs)ernährung-Produkte
fürs Alter äußert sich Mockridge lakonisch: „Wissen Sie
noch, wie es schmeckt, wenn Sie als Kind mit offenem Mund in
den Sandkasten gefallen sind?“ Auch die Liebe im Alter sieht
er locker und mit zwinkerndem Auge: „Meine Frau und ich
schwingen uns immer gemütlich zum Takt der sonntäglichen
Glocken ein dabei“, plaudert Mockridge. Nur – wenn dann auf
einmal der Eismann mit seiner kleinen Glocke wie wild
bimmelt, werde es schwierig. So ist es ein heiterer
Streifzug durch die (Kranken)geschichte des alternden
Kabarettisten, in der „Dr. Peters aus Bonn-Enderich“,
an seinem Wohnort, einen hohen Stellenwert bekommt.
Bill Mockridge nachher: „Entgegen der landläufigen Meinung
über Duisburg, gibt es richtig schöne Ecken hier, da bin ich
richtig überrascht.“ Drei Bücher mit dem Titel „Je
oller, je doller“ verschenkt der Kabarettist ins Publikum,
bei dem er zuvor den Altersunterschied misst.
Ergebnis: In Friemersheim reichte es vom 9-jährigen Finn zur
91-jährigen Ingrid, die begeisstert waren...
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