Duisburg, 19. Dezember 2016 - Sebastian beschäftigt sich
lieber mit Überlegungen, ob er seine Nietzsche-Bücher mit
nach Zürich nehmen soll oder wie es um das Sexualleben der
Bonobo-Schimpansen oder der Kultur der fast ausgestorbenen
Adamiten bestellt ist, als sein Passwort für seinen
WLAN-Router zu kennen.
Beim Theaterstück „Wir lieben
und wissen nichts“ von Moritz Rinke ist aber genau dieses
Nichtwissen der Auslöser für einen Konflikt zwischen zwei
Pärchen, die einen Job mäßig bedingten Wohnungstausch
planen.
Helmut Zierl glänzt in der Rolle als menschenscheuer
Sebastian, der als nöliger, nonchalanter Autor für
verschiedene Medien freischaffend wissenschaftliche Arbeiten
verfasst. Lieber lebt er zurückgezogen mit seinen Büchern,
als dass er sich mit Technik beschäftigt – seine Frau Hannah
(Elisabeth Degen) missbilligt dieses Verhalten. Zu
Sebastians Unglück steht ausgerechnet der Technokrat Roman
(Uwe Neumann) mit seiner Frau Magdalena (Sandrine
Guirand) aus Zürich auf der Matte, um bei ihm einzuziehen.
Sebastians Frau Hannah hat als Trainerin für gestresste
Banker wiederum eine Anstellung in Zürich bei einem
Geldinstitut gefunden. „Für uns reicht ein Wochendseminar,
das sie gibt, ein ganzes Jahr zum Leben“, schätzt Sebastian
die monetäre Abhängigkeit von seiner Frau richtig ein.
Sein Gegenspieler Roman beschäftigt sich damit via
Internet aus der Umlaufbahn geratene, veraltete Satelliten
abzuschießen, braucht daher den Zugang zum W-LAN-Netz.
„Ohne Passwort platzt der Vertrag“, ruft er irgendwann
Sebastian zu. „Ich weiß nur, dass ich es irgendwo in einem
meiner Bücher auf der linken Seite geschrieben habe“,
stammelt Bücherwurm Sebastian. Richtig komisch, windet er
sich aus der Situation, merkt aber auch seine Schwäche, da
er scheinbar fremd in der modernen Welt ist. Und stürzt
schließlich in eine Sinnkrise, zumal seine Frau eine
Affinität zu Roman empfindet. „Wir sind vernetzt überall und
ständig, aber wir bauen menschliche Mauern“, ruft er
sozialkritisch in die eskalierende Situation.
Dann findet er Hannah und Roman in einer verfänglichen
Situation vor und rastet völlig aus, als auch noch sein
Auto, das zum Beladen im Halteverbot stand, geklaut oder
abgeschleppt wurde.
„Meine Nietzsche-Bücher sind
jetzt auf dem Weg nach Polen“, hechelt er atemlos.
Zum Eklat kommt es als Roman die Kündigung von seiner Firma
liest – und mit der Pistole auf Sebastian schießt. Alle
bemerken ihre menschliche Tragik, die aber für die 750
Zuschauer mit viel Humor erträglich bleibt, denn oft konnten
sie über die menschlichen Schwächen der Charaktere lachen.
Helmut Zierl bekam besonderen Beifall für sein
Spiel.
Einige ältere Zuschauer auf der Empore
beschwerten sich weiterhin über akustische
Verständnisschwierigkeiten bei der Aufführung ...
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