Duisburg, 08. April 2017 - Wenn man den Vortragskünstler und
Schauspieler Georg Adler in seinem Schwalbenschwanz im
Friemersheimer Lehrerhaus so sieht, dann könnte man meinen,
er hätte all die großen Satiriker und Schriftsteller im
Berlin der Weimarer Republik, wie Joachim Ringelnatz und
Kurt Tucholsky, noch persönlich gekannt.
„Die waren
natürlich schon tot, ich bin aber sehr oft aufgetreten in
Berlin, mit Programmen von Ringelnatz und Tucholsky“, sagt
der fast 80-jährige Wahlhomberger. 1984 habe er sogar
im Apollo-Theater Ringelnatz gelesen.
Jetzt hat es
ihm der Berliner Satiriker Otto Reutter angetan, der für
seine Couplets, das sind Gedicht artige Sprechgesänge sehr
bekannt war, aber nie so erstrahlte wie Ringelnatz oder eben
Tucholsky. Und mit Gesangsartigen Phrasen stimmt Georg Adler
beim 24. Kulturmenue im Lehrerhaus das Couplet „Und so komm
wer aus der Freude gar nüscht raus“, das Adler auch wie sein
Vorbild Reuter berlinert und mit gerolltem „R“ vorträgt.
Satirisch betrachtet Reuter darin, dass der Mensch nicht
wirklich nur Freude im Leben erlebt bei all den
Widrigkeiten. Dieses Couplet appelliert aber an den
Menschen, nicht alles zu Ernst zu nehmen und sich die Freude
zu erhalten. Auch „Der Blusenkauf“ von Otto Reuter ist ein
Couplet erster Güte, handelt über eine unschlüssige Dame,
die sich eine Bluse kaufen will, während ihr Mann draußen
wartet – und wegen der langen Dauer – stirbt. Pointe: Am
Ende entscheidet sie sich für die Schwarze.
Auch wenn
Georg Adler schon einmal einen schiefen Anfangston anstimmt,
im Gesang wird er schlüssig – und es passt ja auch zu manch
einer schrägen Sichtweise auf die Gesellschaft, die Otto
Reutter als Spötter über seine Mitmenschen entwickelte .
Über 1000 Couplets und Gedichte hat der Dichter, der als
Otto August Pfützenreuter 1870 geboren wurde und 1931 starb,
hinterlassen. Zu den bekanntesten zählen vielleicht „Alles
wegn de Leut'“ - und natürlich „Der Überzieher“.
„Den hat Peter Frankenfeld so grandios vorgetragen“, erklärt
Georg Adler den 50 Zuhörern im Lehrerhaus, „und es gibt
sogar eine Version von Peter Alexander“. Die Version von
Georg Adler steht den anderen jedenfalls kaum nach, und 50
von Wein befeuchtete Kehlen stimmen im Refrain des Couplets
mit ein: „Seh'n se weg von dem Fleck – ist der Überzieher
weg!“ Damit erreichte die Stimmung den Höhepunkt.
Abschließend verlas Georg Adler noch Reutters Abrechnung mit
der Spießermoral: „Der gewissenhafte Maurer.“ Günter
Pfeiffer vom Verein Lebendige Grafschaft: „Toll, wie uns
Georg Adler schon zum 20. Mal bei unseren Kulturmenues
unterstützt.“
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