Duisburg, 06. April 2017 - Sonntagmittag, an einem
schattigen Plätzchen, gepflegte Eierlikör- oder Erdbeertorte
und Kaffee genießen, dabei gute Musik hören – das kann man
im „Jazz-Cafe“ im Rumelner Kulturspielhaus jetzt einmal im
Quartal. Lisa und Tim Pügner hatten das Stefan Ulbricht
Boogie Trio aus dem Kölner Umland bei Siegburg verpflichtet
und die etwa 70 Besucher fingen an auf ihren Sitzen
musikalische Stuhlgymnastik zu betreiben. Kaffee und Kuchen
wurden kurz zur schönsten Nebensache, denn das Trio riss mit
den treibenden Klavierläufen von Stefan Ulbricht fast jeden
vom Hocker, so dass die Zuschauer eher mit Mitwippen und
Mitklatschen beschäftigt waren, als die Kuchengabel zu
schwingen.
Der 35-jährige Pianist hatte sich extra
graue Socken mit einer darauf abgebildeten alten
Dampflok angezogen, um das Tempo dieses treibenden
Transportmittels wohl direkt in seinen Klavierläufen
aufzunehmen.
Und man muss bedenken: „Als der
Boogie-Woogie erfunden wurde, da gab es ja auch nur diese
alten Dampflokomotiven“, sagt der Bandleader stilsicher. Aus
der frühen Zeit des Boogie-Woogie ist dann auch der „Cow-Cow-Blues“
überliefert, den die dreiköpfige Formation wieselflink
spielte. Auch die Rhythmusgruppe überzeugte mit
Präzisionsarbeit bei den schnellen Rhythmuswechseln
Ulbrichts: am Bass zeigte Ole Krautkrämer seine
Fingerfertigkeit, am Schlagzeug hielt Moritz Schlömer die
Klavierläufe seines treibenden Bandleaders im Zaum. So gab
es immer wieder Szenenapplaus im Publikum, gerade wenn die
Band eigene Boogie-Improvisationen aus Gefälligkeit dem
Rumelner Publikum mit Titeln wie „One afternoon in
Rumeln“ oder einem „Driving to Rumeln can be fun“ zueignete.
Meist waren diese Improvisationen in G-Dur gehalten, somit
legte sich der Autodidakt, der lange Zeit Unterricht beim
berühmten Boogie-Woogie-Experten Leo von Knobelsdorff bekam,
seinen musikalischen Teppich aus. „Ich hatte damals
Unterrichtsstunden, da war das Thema „Improvisation“, über
das ich mit Knobelsdorff stundenlang sprechen sollte“,
erinnert sich Ulbricht. Heute spielt er diese ausgedachten
Improvisationen lieber zur Freude des Publikums, anstatt
darüber zu reden.
Daneben gibt es aber richtige
Klassiker auch aus dem Swing – Ole Krautkrämer singt zu dem
Stück „Bad Bad Leroy Brown“, das Frank Sinatra dereinst mit
einer richtigen Big-Band performte. „Heute spielen wir es
für Sie als Small-Band“, scherzte der Bassist. Und die Band
kramte weiter nach Klassikern des frühen Jazz und
Boogie-Woogies. Floyd Cramer war lange Zeit Pianist um Elvis
Presley und dessen Band, von ihm gab es dann eine eigene
Bearbeitung des Stückes „Hang on“ durch Stefan Ulbricht zu
hören. Danach gab es als Instrumentalversion den
ursprünglichen Gospel „Crying in the chapel“ des King of
Rock'nRoll zu hören. Und zum Schluss folgte eine Verneigung
vor dem kürzlich verstorbenen Chuck Berry mit dem Klassiker
aus Pulp Fiction „You never can tell“. Günter Brock
ist ganz begeistert, kommt vom Mitwippen kaum zum Kaffee
trinken und sagt: „Dass hier so gute Musik gespielt wird,
hätte ich nicht gedacht. Ein runder Nachmittag für alle
Geschmäcker.“
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