Duisburg, 17. Mai 2017 - Auffällig ist schon die
Gummiabdeckplane auf den Brettern der Bühne. „Und es
wird Regen geben“. Dieser Ausspruch des Meuchelmörders
übertüncht die gesamte Inszenierung von „Macbeth“ von
Hüseyin Michael Cirpici im Mönchengladbacher Stadttheater.
Denn in Regen ist diese Inszenierung getaucht, eine über der
Bühne installierte Sprenkelanlage berieselt die Schauspieler
von oben während ihres Spiels, schafft es aber nicht das
Kunstblut, das von deren Körpern perlt, abzuwaschen. Die
kämpfenden Akteure waten in blutüberströmten T-Shirts, die
durch ihre individuellen Blutlachen wie Designerwaren
aussehen, und Gummistiefeln über die Bühne, getaucht in
roten, wie Blut sich ausbreitenden Nebel, der bis ins
Publikum zieht.
Weitere Termine am Mönchengladbacher Stadttheater:
20. 21. und 24. Mai, sowie 20. und 30. Juni ab 19.30 Uhr.
Karten ab 13,50 Euro
Fotos Stutte 0172.256 99 52
Daneben stehen die Hexen, drei an der Zahl, die über
Mikrofone schrille, einpeitschende Botschaften an
Macbeth zischen. Kaum zu verstehen, wie von fern und nicht
real erscheinen sie den knapp 500 Zuschauern, die sich zur
Premiere eingefunden haben. Über das Stück sind sie die
Verstärkung des Alpdrucks, der immer mehr in den Kopf des
Königsmörders gelangt – ausgelöst von LadyMacbeth (Eva
Spott), die wie eine Schlange um ihren Mann herumtanzt.
Immer, wenn auch nur der Name des Mörders auf der Bühne
erwähnt wird, zischen die Hexenwesen, gehüllt in Schwarz,
dessen Abgesang. Und da ist die Nacht, die ständige
Dunkelheit, das Ungewisse, in das die Inszenierung getaucht
ist, die durch unvermitteltes Aufblitzen von Scheinwerfern
durchbrochen wird, das wie psychologische Folter während
eines Verhörs gedeutet werden kann.
In diesem Verhör mit sich selbst befindet sich MacBeth, der
Meuchelmörder und neue Thronanwärter Schottlands. Am
vorderen Bühnenrand spricht der Schauspieler Paul Steinbach
die großen Monologe des großen Egomanen der Weltliteratur
mit wankelmütiger, wie gebrochen klingender Stimme, mal
berechnend gleichgültig, mal ergriffen selbstzerstörerisch –
so als ob er unter Rechtfertigungszwang für sein Handeln
steht. Er weiß: am Ende ist die Nacht, in die sein Schicksal
getaucht wird. Die Dramatik verdichtet sich über die
von Julia Klomfaß eingespielte Live-Musik, ein großes wie
tragische Fanfaren klingendes Thema, durchzieht die
Vorstellung als Klammer, daneben bedient die
Theaterdramaturgin aber auch den Kontrabaß oder die Säge,
mit der die Musikerin unerwartete Spannungsmomente
lautmalerisch erzeugt. Und ihr rastloses, immer neu
überraschendes Wuseln an den Instrumenten im Hintergrund
steht als Kontrapunkt zu dem voraussehbaren Schicksal des
MacBeth, das vorne seinen Gang nimmt. Beim nächtlichen
Königsmahl erscheint der Geist von Banquo (Michael Ophelders),
auf der Tafel stehend, als ahnender Mitwisser von Macbeths
Morden an allen Konkurrenten um.den schottischen Thron. Und
immer, wenn er eine Charakterrolle ausfüllen kann, glänzt
Phillipp Sommer in dem Krefelder Ensemble: diesmal als
wütender Rächer MacDuff, dessen ganze Familie von MacBeth
ausgelöscht wurde – als der, „der von keinem Weib geboren
wurde“. Das Stück verzichtet auf große Kampfsequenzen, das
Gefecht wird nur angedeutet: Am Ende liegt der Meuchelmörder
in einer Lache aus Kunstblut und Wasser, das sich über die
gesamte Bühne verteilt hat.
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