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Anglikanische Abendgottesdienst 'Evensong' in 45 Minuten
CHOR 5'91 „Advent und Weihnacht – nicht nur mit Luther“, Freitag, 15.12.2017, 20 Uhr
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 30. November 2017 - Führende Soziologen forderten unlängst, die Gottesdienste zu verkürzen – wahrscheinlich, um die Jugendlichen nicht zu verlieren, die mit schnelllebigen Formaten in Zeiten des Internets aufwachsen, und diese kontemplative  Konzentration auf ein höheres Wesen gar nicht mehr aufbringen können. Der Evensong, den Jürgen Kuns vor zwei Jahren an der Christuskirche einführte, könnte dieses verloren geglaubte Klientel wieder auffangen. Denn in genau 45 Minuten waren die Handelnden mit ihrem Programm in der evangelischen Christuskirche durch: Organist Jürgen Kuns spielte den Introitus und den Auszug, und die eingeladene 25-köpfige Weseler Domkantorei, die extra mit einem Reisebus angereist war, übernahm das für einen Evensong unerlässliche „Magnificat“ und „Nunc dimittis“.  Dazu gab es zwei Lesungen, die von Sandra Buchholz und Andreas Prumbaum-Bidovsky vorgetragen wurden, ein Glaubensbekenntnis, ein paar Fürbitten, ein Vaterunser  – und fertig - nach einer Dreiviertelstunde gab es zum Segen ein modernes „Verleih uns Frieden“ aus der Feder von Colin Mawby, einem noch lebenden britischen Komponisten.

Freitag, 15. Dezember, um 20 Uhr gibt es ein Konzert mit dem CHOR 5'91 „Advent und Weihnacht – nicht nur mit Luther“, Lieder zum Hören und Mitsingen, Orgelbegleitung Jürgen Kuns.

So kompakt wie sich dieser anglikanische Abendgottesdienst vom Ablauf gestaltete, so blumig und farbenprächtig entwickelten sich aber auch die musikalischen Stücke. Der dem Psalm 100 nachempfundene Choral „O be joyful in the Lord“ war eine freudige Anrufung an den Herrn, der vor allem auch die Strahlkraft der gut ausgebildeten Sopranistinnen der Weseler Domkantorei in den Vordergrund rückte. Das für einen Evensong unerlässliche „Magnificat“ und „Nunc dimittis“ stammte dieses Mal von Frank Henry Shera, der auch Musikprofessor war. Das Magnificat ist eine Lobpreisung und Verkündigung von Marias Empfängnis, also der Beginn allen Lebens, das Nunc dimittis handelt vom Tod und ist bezogen auf den Lobgesang des Simeon, der im hohen Alter noch Jesus begegnet und daraufhin beruhigt sterben kann. Erst von der Orgel begleitet, driftete die Weseler Domkantorei unter Leitung von Ansgar Schlei in acappella-Passagen, wo vor allem die zahlenmäßig schwach besetzten Bässe gut gegen die Überzahl der Frauen vom Volumen her mithielten. Punktgenaue Landungen, zum Beispiel beim gemeinsamen „Amen“,  nach langen teilweise synkopischen Phrasierungen über die Stücke waren ein Hörgenuss für jeden Musikliebhaber. Das klar ersichtliche Dirigat von Ansgar Schlei lenkte souverän den Chor.

Auf Deutsch sang die Kantorei noch „O Herr, mein Gott, jetzt vor der Nacht“ von Thomas Tallis aus dem Frühbarock. Hatte der englische Komponist vorwiegend vokaler Musik zuerst katholische Motetten komponiert, so widmete er später seine Lieder der englischen Reformation und dem evangelischen Gottesdienst, auch wenn sie teilweise noch in lateinischer Sprache komponiert waren. Zum Schluss gab es das moderne „Verleih uns Frieden“ von Colin Melby, das zu Beginn an das von Felix Mendelssohn-Bartholdy komponierte Werk erinnert. 50 Zuschauer waren Zeuge dieses kompakten Gottesdienst, der bereits zum vierten Mal von Jürgen Kuns in der Christuskirche initiiert wurde.