Duisburg, 31. Juli 2017 - Die Anspannung ist den beiden
Musikern anzumerken: Trompeter Christoph Thies und
Schlagzeuger Felix Wallrath, beide 23, stehen etwas nervös
neben der Bühne. „Na, wir müssen gleich nicht nur unser
Instrument spielen, sondern auch die Bigband einmal leiten“,
sagt Christoph Thies. „Für dieses Programm haben wir ein
Semester geprobt.“ Einmal die Woche, zwei Stunden, in
Essen-Werden. Denn beim 2. Hofkonzert im Innenhof des
Rumelner Kulturspielhauses tritt die Folkwang Bigband unter
der Leitung von Hans Steinmeier auf. Der 48-jährige
musikalische Leiter, der auch die Bigband des
Landespolizeiorchesters NRW dirigiert, sagt: „Das gehört zu
unserem Hochschulkurs, dass die Studierenden nicht nur in
der Bigband spielen, sondern auch lernen, wie man später ein
Orchester leitet.“ Die Stimmung im Innenhof am Kulturtreff
ist erwartungsvoll, etwa 180 Gäste haben sich zu diesem
zweiten Hofkonzert eingefunden, erste graue Wolken
verdunkeln den restsonnigen Abendhimmel und Veranstalter
Ingo Pügner merkt, dass er „das junge Energiefeld in meinem
Rücken“ nicht mehr bremsen kann.
Die Jazzbigband
steigt ein mit Stücken aus dem Swing und Bebop. Teilweise
sind die Werke von den Studenten noch mal neu arrangiert
worden - von denen, die sich noch mit Komposition im
Hauptfach beschäftigen. Das Spannende am Programm ist, dass
es nicht die Allerweltsklassiker sind, die die
spielfreudigen Folkwangschüler – übrigens sind 80 Prozent
von ihnen Lehramtsstudenten - neu interpretieren. „Stolen
Moments“ heißt das erste Stück, komponiert von Oliver
Nelson, das jetzt noch Hans Steinmeier selbst leitet. Die
Bigband besticht durch ganz präzise Bläsersätze,
Saxophonisten und Trompeten spielen effektvolle Crescendi
und Staccati. Ein Highlight sicherlich das Stück „Seven
Steps to heaven“, das ursprünglich von Trompeter Miles Davis
1963 als Titelstück der gleichnamigen LP, noch in seiner
Bebopphase, komponiert wurde. In Rumeln klingt es härter als
im Original, auch dem harten Anschlag des Gitarristen
geschuldet, so dass es schon wie in Davis' spätere
Fusionphase hineinzureichen scheint. Ein kurzer Regenschauer
hält die Zuschauer nicht davon ab, begeistert auf ihren
Sitzen mitzuwippen.
Und nicht nur, dass fast jeder
Musiker einmal das Dirigat übernehmen muss - auch das Mikro
geht rum, und so versuchen sich Johannes, Loredana,
Belangére auch gesanglich an Klassikern von Frank Sinatra
und Nina Simone. Nach dem Streifzug durch den Swing treiben
die Musiker in den Disco-Pop. Earth, Wind and Fires'
„September“ bekommt einen fetzigen orchestralen Anstrich,
und als richtige „Rampensau“ entpuppt sich Sängerin Stella
bei dem Reggae-Klassiker „Master Blaster (jammin)“ , den
Soulsänger Stevie Wonder genreübergreifend dem verstorbenen
Reggae-Idol Bob Marley zueignete. Über das Anziehen des
Tempos, das accelerando, zum Schluss wird die wuschelköpfige
Sängerin regelrecht in den Scat-Gesang getrieben.
Mitorganisatorin dieses Hofkonzertes, Lisa Pügner am
Tenorsaxophon, bekommt einen aufbrausenden Szenenapplaus für
ihr Solo im Stück „Nice Work, if you can get it“ und
Wilfried wird zu „Mr. Blues-Inferno“, nicht nur weil er eine
Bluesnummer wie Van Morrison in seinen besten Jahren rotzig
ins Mikro knöttert, sondern danach noch ein Puste raubendes
Posaunensolo frontal in die Menge bläst.
Zuschauer Peter Bösken, selbst Bassist in mehreren
Projekten, meint: „Ich fand, dass die jungen Musiker am
meisten präsent waren, als ihr Chef Hans Steinmeier das
Dirigat innehatte, aber auch sonst war es eine
beeindruckende Leistung der Band.“
Es gab mehrere
Zugaben zum Schluss...
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