Duisburg, 26. September 2017 - Die Zusammenarbeit zwischen dem
WBK Essen und der Duisburger Sezession läuft schon einen
längeren Zeitraum.
„Erst im April waren wir mit
unseren Werken zu dem Thema in Essen zu Gast“, erinnert sich
Günter Kühn. „Cum Tempore“, übersetzt etwa „innerhalb einer
Zeitspanne“, heißt die Ausstellung in der Galerie der
Rheinhauser Bezirksbibliothek, bei dem 15 Künstler des WBK
Essen jetzt ihre Werke ausstellen – quasi als Gegenbesuch.
Die Frage, wie haben sich das Stadtbild, aber auch die
Menschen in Essen über diese Zeitspanne entwickelt und
verändert, stellten sich die Kunstschaffenden in ihren
Werken.
„Mir kommt vor allen Dingen der Wandel des
Ruhrgebiets in den Sinn, sowohl städtebaulich, aber auch als
geistiger Prozess“, sagt Klaus Hesselmann. Er hat
„Nahverkehr“ mit Öl auf Leinwand gemalt, ein leeres Abteil
der S-Bahn von Duisburg nach Mülheim erscheint realistisch
und detailgetreu. „Die verkratzten Scheiben und die
nächtlichen Spiegelungen der Lichter im Fenster haben mich
besonders gereizt beim Malen“, sagt der Essener Künstler.
Karin Christoph hat „Vented“, („Belüftet“) beigesteuert,
eine Serie aus drei Bildern als digitale Arbeit, die mit
Ölfarbe überarbeitet wurde. Zu erkennen ist dunkler
Industrierauch, der sich über eine digital bearbeitete
Luftaufnahme schlängelt. Mit rosa Ölfarbe entstehen dazu
Gewässerstrukturen. „Vielleicht kann man auch den Rhein oder
die Ruhr darin erkennen“, mutmaßt die Künstlerin selbst.
Reichhaltiger Interpretationsspielraum ist also gegeben:
In dem Werk „Gedanken“ stellt Anne Friedrichsen sich der
Frage, wie der Mensch mit all den Veränderungen seiner
urbanen Umwelt umgeht. Verwischte Wortfetzen sind in ihrem
Gemälde zu erkennen, neben in Öl zerlaufenden Stadt- und
Menschstrukturen. Die Baerler Künstlerin Sigrid Beuting hat
zwei Werke aus ihrer „Welt“-Reihe in diese Ausstellung
gebracht.
„In beiden Arbeiten vermischen sich
Geschichten, Realität und Utopien der Städte. Stadtgebirge
wachsen zu Naturphänomenen heran mit Bezügen zur leuchtenden
Genesis, aber auch zur dunklen Apokalypse“, sagt die
Baerlerin, die auch im Essener WBK aktiv ist.
Für
den Betrachter fast unwirklich erscheint so ein Stadtgebirge
wie eine flimmernde Kurve eines Oszillographen, daneben
erscheint moderne Technik sehr realistisch im Bild – eine
Drohne überfliegt das Stadtgebirge.
Besonders
spannend ist die Arbeit von Reni Scholz. Sie hat Tonabdrücke
von Relikten aus der Industriebrache, wie alte Zahnräder
oder am Boden liegende Druckventile, gefertigt, und diese
Tonabdrücke dann auf Papier, als Präger Reliefdruck,
übertragen. So erhalten die Bilder einen mahnenden,
dreidimensionalen Charakter. „Sie sehen aus wie eine
imaginäre Zukunft, sozusagen wie Artefakte von Morgen“, sagt
die Künstlerin über die eigentlich vergessenen Relikte einer
Industriekultur, deren Hochzeit sich in unmittelbarer
Abhängigkeit zur Kohle- und Stahlproduktion befand.
Für alle, die dieses Jahr nicht wegfahren konnten, gibt es
noch „Urlaub daheim“. Aus Pappe und Mixed Media hat Anne
Schmidt ein Werk geschaffen, das wie ein Puppenhäuschen
aussieht. Jede Wohnung im dritten Stock ist für den
Betrachter einsehbar und detailgetreu mit Miniaturen von
Einrichtungsgegenständen besetzt. Irgendwie springt aber
daraus der Traum der Künstlerin nach Urlaub hervor, wenn
neben der Badewanne eine riesige Palme im Badezimmer
verwurzelt ist, oder im Schlafzimmer ein eigener Strand
statt Läufer vor dem Bett liegt, im Flur sich ein Wald
entwickelt.
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