Duisburg, 21. Juni 2017 - „Über den Tag verteilt werden es
8000 Zuschauer gewesen sein“, sagt Volker
Hanke vom Orga-Team des Folkfestivals an der Bergheimer
Mühle. Die konnten bei schönstem Sonnenschein einiges
erleben – zehn Bands auf zwei Bühnen, unzählige Getränke-
und Essensstände, an denen die Besucher Trauben bildeten und
später gemütlich an Bierzeltgarnituren saßen. Erstmals neu:
eine zehn Meter lange Biergasse, durch die die
trinkfreudigen Gäste zur Prime Time – am Ende mit einem
gefüllten Glas - durchgeschleust wurden.
Für die
Kinder gab es eine Riesenhüpfburg und anderes Spielgerät,
sowie ein Kindertheaterstück des Rheinhauser Kom'ma-Theaters.
Theaterpädagogin Steffie Lehmann: „Es war, wie immer, gut
besucht.“
Um kurz nach vier hat der Kanadier Frase
seinen Auftritt unten auf der Wiesenbühne. Nur mit Loops und
Samples aus seinem Macintosh-Rechner baut er sich ein
grooviges hip-hopartiges Rhythmusgerüst zusammen, und
verwirrt die Zuhörer bisweilen mit seinem reggae-lastigen
Gitarrenspiel und seiner souligen Stimme, die oft nach
Marvin Gaye klingt. Mit im Gepäck hat er sein neues Album
„FRNZ“. „Das ist ein Wortspiel und bedeutet „Friends“, aber
auch „Firenze“. Ich habe nur die Vokale ausgelassen“, sagt
der 35-jährige Mulitinstrumentalist, der die Idee für den
Titel nach einem Auftritt in Florenz hatte. Vereinzelt
tanzen schon die ersten hippie-mäßig zurecht gemachten
Frauen im Publikum zu Stücken wie „Back to the River“, und
ein bisschen Neil Young schimmert durch, wenn Frase die
Gitarre dabei verzerrt.
Nach seinem Gig huscht der
Mann mit dem Baseball-Käppi schnell zur Mühlenbühne, denn
dort spielt Hannah Epperson, auch Kanadierin und vielleicht
der Geheimtipp des Festivals. „Als ich mit meiner Band auf
einem Festival in Kanada gespielt habe, stand Hannah
plötzlich mit ihrer Geige da und wollte mitspielen“,
erinnert sich Frase. Hannah Epperson zieht sofort die
Zuschauer in ihren Bann. Als „spooky“, also
gespenstisch, bezeichnet sie selbst ihre Musik. „Ich
versuche mit meinen Liedern hinter die weltlichen Dinge zu
gelangen“, sagt sie später dieser Zeitung. Und tatsächlich
mit ihren Eigenloops, die sie live einspielt, entsteht der
Eindruck, als säße dort ein ganzes Streichquartett, das den
musikalischen Unterbau für ihre versierten Geigensoli legt
und mehrere hundert Zuschauer lassen sich bei Titeln wie „Cats
and cradle“ in ihre entrückte musikalische Traumwelt
mitnehmen.
Für die weltmusikalische Polka sorgen
orchestrale Formationen wie das Elnar Stray Orchestra und
Royal Street Orchestra mit fetzigen Beats, die das Publikum
richtig abtanzen lassen. Leisere Töne schlagen Postcards aus
dem Libanon an und die Sons of Settlers aus Südafrika
vermischen Popsounds geschickt mit Afro-Beats an der
Mühlenbühne. Der Bergheimer Pfarrer Johannes Mehring meint:
„Ich fand die so gut, musste mir erst mal eine CD von ihnen
kaufen.“
Benefizpartner des Folkfestivals ist dieses
Jahr der Verein „Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V.“.
„Die Einnahmen nach Abzug der Kosten werden wir auch für
die Instandhaltung unserer beiden Fahrzeuge zur Betreuung
und medizinischen Versorgung der Obdachlosen verwenden“,
sagt der Vorsitzende Kurt Schreiber (83). Sein 77-jähriger
Kollege Gerd Heimann ergänzt: „Am Betreuungsbus können
Obdachlose im Winter Kleidung und einen heißen Kaffee
erhalten, mit dem Medizinischen Mobil versorgen wir unser
Klientel mit Medikamenten.“ Der Verein „Gemeinsam gegen
Kälte Duisburg e. V.“ besteht seit 1998, 28 Ehrenamtler
betreuen mit Spendengeldern die über das Stadtgebiet
verteilten Obdachlosen. Auch für den guten Zweck steht
Lennart Wallrich am Stand der Kindernothilfe, dem ständigen
Kooperationspartner des Festivals: „Wir machen eine Aktion
„Sichere Städte für Kinder weltweit“ und bisher haben wir
schon 550 Unterschriften.“ Derweil klingt das Festival aus
zu Retro-Klängen der Düsseldorfer Band Love Machine, die mit
ihren Stücken, inspiriert vom Krautrock und The Doors, die
Zuschauer auf eine Zeitreise in die 1970er-Jahre mitnehmen –
Hippie-Feeling programmiert...
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