Duisburg, 18. Januar 2017 - Essen als Ersatzreligion – das
ist für viele schon eine Lebensweise, die etwas Höheres in
der Nahrung vermuten lässt. Für Max Andrzejewski,
Schlagzeuger der Berliner Jazz-Combo „Hütte“, ist Essen
wichtig, der studierte Musiker hat deshalb zu seinen
frickeligen Eigenkompositionen für Band und Chor, Texte rund
um die Nahrungsaufnahme von einem Kasseler
Theaterdramaturgen in Auftrag geben lassen. Zusammen mit dem
„Homegrown Organic Gospel Choir“ spielten die acht Musiker
jetzt in der Reihe „klein, aber fein“ dieses „liebevoll
zugerichtete Abendmahl“ in der evangelischen Dorfkirche in
Baerl.
www.huette-band.de, das nächste Konzert
in der Reihe ist am 29. Januar um 17 Uhr mit dem
niederrheinischen Sänger Günter Gall und
Erich Kästners „Dreizehn Monate“
Und es war ein Feuerwerk des zeitgenössischen Jazz, was die
Rhythmussektion von „Hütte“ da frickelte. Nach dem
instrumentellen Stück „Sugo“, welches der italienischen
Pastasauce gewidmet war, folgten eine Lobpreisung an die
„Butter“ oder ein Stück mit dem Titel „Stomach“, übersetzt
Magen. Dabei wirbelten die Musiker auch dessen gesamten
Inhalt bisweilen durcheinander, schräge
Rhythmusverschiebungen und schrille Septim-Akkorde, gerade
im Zusammenspiel mit den vier Sängern des „Homegrown Organic
Gospel Choir“ erzeugten nicht immer Wohlfühlatmosphäre. Das
war aber gewollt: „Wir haben auch Titel, die sich mit den
negativen Erscheinungen des Essens beschäftigen“, erklärt
Max Andrzejewski. Einer von diesen war die Komposition „Anurectic
Starving“, zu deutsch „Elendiges Verhungern“.
Das
Stück hatte eine gewaltige Intensität, gerade als die
erstklassigen jungen Chorsänger, Tobias Christl (Bass), Erik
Leuthäuser (Tenor), Marie Dumb (Alt) und Friederike Merz
(Sopran) nach unglaublich wuseligen Instrumentalpassagen in
eine elegische A-cappella-Sequenz drifteten, hatte die Musik
etwas sehr Elegisches. Und es strebte nach körperlicher
Reinigung, nachdem die vier Sänger zuvor schon im
Orchesterwirbel Phrasen wie „My soul hungers, fill me, fill
me“ gedonnert hatten. Bezeichnend war, dass sie mit
Stimmgabel in der Hand, schon einmal ihren Orientierungston
neu justieren mussten, da im verquirlen Spiel der
Instrumente dieser unweigerlich verloren ging. Aber
erstklassig passten die bisweilen Gospel artigen Chorsätze
zum Ende des Stückes. Leider sahen dieses außergewöhnliche
„Vorhörpreview“-Konzert, die CD der Musiker erscheint im
kommenden April, nur etwa 30 Zuhörer, die aber ausnahmslos
begeistert waren und eine Zugabe einforderten. Durch Zufall
hatte Pfarrer Andreas Klumb den Kontakt hergestellt: „Der
Wochentag ist natürlich nicht besonders günstig, aber die
Musiker waren jetzt gerade in der Nähe.“ Und Andreas Kiepe
vom fünfköpfigen Planungsteam der Baerler Musikreihe sagt:
„Solche Konzerte werden wir weiterhin für die Reihe „klein,
aber fein plus“ auf dem Schirm haben, wenn sich kurzfristig
über das Ruhrorter Lokalharmonie oder anderweitig Kontakte
mit Musikern, die hier sind, ergeben.“
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