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Leonard Beck, ein Energiebündel
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 16. Mai 2017 - Er gehört zu den besten Gitarristen Deutschlands, und ist vielleicht der einzige, der überhaupt Bernd Hänschkes Kompositionen für Neue Musik spielen kann. Der fast 75-jährige Leonhard Beck, ehemaliger Folkwang-Professor für Gitarre, ist ein Energiebündel, mit hochkonzentriertem Blick schweift er kein einziges Mal während seines Konzerts von den Noten ab, die sein Freund Bernd Hänschke quasi für ihn komponiert hat, streichelt aber flugs über die Gitarre, wenn er die notierten Akkordauflösungen, darunter so manche Septime, zupft. „Ich spiele ja selbst nicht Gitarre und habe ungefähr versucht meine Läufe zu greifen, ob es überhaupt möglich ist“, sagt Bernd Hänschke, Kirchenmusiker in der evangelischen Gemeinde an der Lutherstraße. Und Leonhard Becks ergänzt: „Ich habe versucht, in sechs Monaten das einzustudieren, was Bernd in den letzten sechs Jahren zu Papier gebracht hat.“

Und es ist Fingerakrobatik pur, die Leonhard Beck in Stücken wie „Orpheus' Klage“ einbringt, da werden lyrische Phrasen des besten Sängers in der griechischen Mythologie über den Verlust seiner Eurydike zu fast atonalen Sequenzen Neuer Musik bar jeder durchgängigen Rhythmik. Bernhard Hänschke, ehemaliger Altphilologe, stellt jedem seiner Werke ein selbst geschriebenes Gedicht voran, oder auch einmal eines seines Malerfreundes Hans-Werner Berretz wie in „Tönendes Licht“. Das Stück entfaltet über Leonhard Becks verquirltes Spiel ein skurril anmutendes Sonnenlicht  im Kirchenraum an der Lutherstraße.  Richtig mystisch wird es, wenn Beck noch vom sehr feinfühligen Klarinettisten Martin Beversdorff, Mitglied der Dortmunder Philharmoniker, begleitet wird – weitläufig nordisch mutet die Musik an in Hänschkes Komposition „Licht des Nordens“, die in Oestrum uraufgeführt wurde. „Hier fühlte ich mich von meinem Vorbild Jean Sibelius inspiriert“, weiß der Arrangeur.

Hänschke, der selbst fünf Jahre in Kuba ein philharmonisches Orchester leitete, hat das  Stück „Ein Hauch von Habanerra“ komponiert und Leonhard Beck dekonstruiert die scheinbare Romantik in den Vorhöfen Havannas mit seinen disharmonischen Anschlägen der Gitarre fast völlig. Versöhnlich wird es wieder bei der Zugabe „Quattro Bagattelle“, vier kleine Szenen, die „ursprünglich für ein Kinderhörspiel gedacht waren“, und jetzt von Beversdorff' langgezogenen Klarinettenphrasen und Becks eher zurückhaltenden Rhythmuswechseln wie domestiziert erscheinen.

Becks ehemaliger Student Bernhard Broich (54), heute selbst Gitarrenlehrer in Leverkusen, ist extra aus Bergisch-Gladbach angereist und sagt: „Ich verfolge weiterhin, was mein damaliger Mentor noch so musikalisch macht. Und gerade Hänschkes Kompositionen werden spannend sein.“ Auf jeden Fall ein guter Kontrapunkt zum ESC. Und der Oestrumer Kirchenmusiker kann auch anders: Bald beginnt er mit seinem Kirchenchor mit den Proben zu Gabriele Faurés romantischem „Requiem“, das am Totensonntag aufgeführt wird.