Duisburg, 12. März 2017 - Er könnte mal von zu Hause
ausziehen: Matthias Ningel lebt immer noch im Kinderzimmer
bei seinen Eltern. Mädels denken über ihn: „Was ein
Spack – der schläft ja inner Decke von Donald Duck!“, so
packt es Matthias Ningel in einen Song seines
Kabarett-Programm „Jugenddämmerung“.
Im Rumelner
Kulturspielhaus an der Dorfstraße liefert er das Rundumpaket
eines Langzeitstudenten, der wohl wirklich im Alter von 30
Jahren vor seinem Abschluss an der Uni steht. Und er
zeigt im Programm, was einen jungen Menschen heute so
bewegt.
Von seinen Eltern hört er ständig, dass er
sich doch endlich fortpflanzen soll. Sicherlich da gibt es
Partnerbörsen im Internet oder irgendwelche Kennenlern-Apps,
Matthias Ningel gibt sich hingegen antitechnokratisch,
pfeift auf neumodische Smartphones: „Bitte lassen Sie das
fotografieren gleich sein, versuchen Sie die Momente meines
Auftritts im Gedächtnis zu behalten, da sind sie wertvoller
als auf jeder Festplatte.“
Recht hat er, so schafft
der in der Eifel geborene Kabarettist in Zeiten
schnelllebiger Interetkultur ein Stück verklärte
Nachhaltigkeit, bekommt sogar noch einen Brief von seiner
verflossenen Liebe zugestellt. Nach zehn Jahren – den er
sich selbst geschrieben hat – und den ihm seine damalige
Freundin Illona zusenden sollte. Den Brief liest er
auch vor und 60 Zuschauer sind belustigt darüber, wie er
sich Gedanken darüber macht, dass ein anderer, nämlich Rolf,
ihm seine Illona an ihrem 18. Geburtstag ausgespannt hat.
Natürlich hat er ihren Brief an sich selbst nicht
abgeschickt, darin steht, wie Illona vorausahnte: „Du alter
Voyeur, hab ich mir doch gedacht, dass du es nicht abwarten
konntest, in meinen Brief zu schauen!“, was einer Ohrfeige
gleich kommt.
Hätte er vielleicht sein Lied an die
Geliebte „Schluss mit platonischer Liebe – jetzt wird
gefummelt“ , ihr tatsächlich statt eines Tankgutscheins
zu ihrem Geburtstag geschenkt. Ein Lied, in dem so
wunderschöne, sinnentleerte Phrasen wie „Illona – wärst du
ein Drucker – ich wär dein Toner“ vorkommen. Seinen
Lieblingspulli, der ihn an die Zeit mit Illona erinnert,
will er partout nicht in die Altkleidersammlung geben.
So bleibt ihm nur auf facebook zu verfolgen, wie Rolf,
natürlich längst von Illona getrennt, als Bodybuilder im
Internet von vielen gelaikt wird. „Er hat so einen richtigen
Stiernacken. Aber haben Sie schon mal gesehen, dass aus der
muskulösen Hals-Schulterpartie dann noch andere kleine
Nacken herauswachsen?“, spottet Ningel. Und all seine
Gedanken entschleunigen diesen „Internetwahnsinn“ - ist er
doch im Grunde seines Herzens so nah bei Illona wie nie
zuvor. Nur es bleibt eben diese „Platonische Liebe“, die
teilweise noch untermalt wird von Zitaten seines
Lieblingsphilosophen Immanuel Kant - und gefummelt wird eben
nicht – dennoch 60 Zuschauer erlebten einen launigen,
bisweilen tiefsinnigen Sonntagmittag mit Kaffee und Wein an
den runden Bistrotischen im Kulturspielhaus.
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