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„Die jüdischen Mitbürger in Homberg“ ...
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 06. Juni 2017 -  ... zu diesem spannenden Vortrag hatte Dirk Lachmann vom Freundeskreis Historisches Homberg ins KFZ eingeladen. Und bei noch heißen Temperaturen im Seminarraum referierte er über das „heiße Thema“ der Entwicklung der jüdischen Bevölkerung gerade während der Zeit von 1933-1945, also unter der Verfolgung durch die Nazis: er lieferte interessante Erkenntnisse und Statistiken, die belegen, dass unter der Verschärfung der Gesetze durch das Naziregime der Anteil der Juden in Homberg schlussendlich gegen Null ging. „Während 1925 noch 85 Bürger mit jüdischem Glauben historisch belegt sind, so waren es 1938, als die Nürnberger Rassengesetze auch hier verschärft umgesetzt wurden, nur noch 18“, sagt der 77-jährige Hobby-Historiker.

Von diesen 18 wurden 16 in einem Transport nach Riga in den Holocaust geschickt.
„Am 11. Dezember 1941 wurden nun fast die letzten in Homberg verbliebenen Juden abtransportiert“, weiß Lachmann. Grausame Verhältnisse herrschten dort: „Man  weiß noch von Augenzeugenberichten, dass dort Kommandos von Insassen eingesetzt wurden, die Massengräber ausheben mussten und nach der Erschießung von Juden wieder zuschaufeln mussten“, sagt Dirk Lachmann. Andere mussten ihre eigenen Glaubensgenossen aufhängen, sonst wären sie selbst erschossen worden.

Die Betroffenheit der etwa 50 Zuhörer ist spürbar. Durch die belegte Schilderung von Einzelschicksalen zieht der  Vortragende sein Publikum in den Bann, greift den Fall von Helene Karten auf, die den Transport nach Riga überlebte und am Ende des Jahres 1945 nach Homberg zurückkehrte.
„Unsere damaligen Stadtchronisten hätten sie doch noch in den 50er-Jahren interviewen können, dann hätte man viel mehr über die Zustände in Riga erfahren können – so haben die historisch richtig was verbockt“, kritisiert Lachmann scharf. Aber er weiß natürlich auch, dass es nicht „en vogue war, sich mit dem Thema in dieser Zeit kritisch auseinanderzusetzen.“

Manche jüdischen Bürger hätten sich um die Stadt Homberg verdient gemacht.
„Aus Steuerunterlagen geht hervor, dass in den 1920er-Jahren nur der jüdische Viehhändler Moses Coppel zusammen mit dem Bergwerksdirektor Heinrich Pattberg zu der Klasse 1 der Steuerzahler, also der höchsten, zählte.“ Und als Gemeinderatsmitglied von 1878 bis 1904 habe Coppel sich in der lokalen Politik engagiert. „Warum sollte man nicht im nach hinein eine Straße oder einen Platz nach ihm benennen“, fragt Lachmann unter Zustimmung seiner Zuhörer. 

Geschichtlich belegt er in einem Rundumschlag, warum eine solche Verfolgung der Juden überhaupt stattfinden konnte. „Das ging ja schon bei Kaiser Constantin los, der nach seiner Christianisierung die Juden für rechtlos erklärte, und weiter trug Martin Luther im Mittelalter mit seiner populistischen Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ dazu bei, dass ein latenter Antisemitismus herrschte“, so der Historiker. Auch in Homberg hätten Angriffe auf jüdische Geschäftsleute in der Reichspogromnacht stattgefunden, aber: „Nicht alle Juden in Homberg waren so geschäftstüchtig, wie man meint, viele waren als Lohnarbeiter bei Sachtleben oder im Bergbau tätig“, meint Lachmann.

Und als er das Schicksal von der jüdischstämmigen Hombergerin Frau Weiß erwähnt, meldet sich eine Zuhörerin: „Als Kind habe ich noch von ihr gehört!“, und wieder hat er eine mögliche Augenzeugin, die ihm potentielles Material für die Webseite „Homberguntermhakenkreuz“ liefern kann, auf der die Forschungsergebnisse veröffentlicht  werden.