Duisburg, 06. Juli 2017 - Da wird die HD-Kamera noch mal
kurz fokussiert, überall im Publikum befinden sich die Jungs
von dem Internetportal Metal-Heads, dem Kooperationspartner
des Rage against Racism-Festival an der Friemersheimer
Mühle. „Wir haben sogar eine Kamera, mit der wir sofort
einen Livestream vom Festival über Facebook senden können“,
sagt Metal Head Ralf Heuschke, der kurz darauf auf das
Garagendach steigt, um den besten Blickwinkel auf den Opener
Mortal Peril aus Köln zu haben.
„Wir machen Oldschool-Trash,
haben unsere Rückbezüge zu den 80ern“, sagt deren Frontmann
Jan Farley Radermacher später. Und mit an den Vorbildern,
wie Kreator und Destruction, orientierten ultraschnellen
Riffs packen Mortal Peril die langsam anwachsende Fangruppe
vor der Bühne: Songs wie „Hail Satan“ oder „Inglorious
Bastards“ laden zum ersten Headbangen ein – oder verzücken
die Fans zu ersten Soli auf der „Luftgitarre“. Daneben
spielen die vier viele Songs ihrer neues Albums „The legacy
of War“. Schlagzeuger Jonas dazu: „Das haben wir zuerst
analog auf einer Tonbandmaschine aufgenommen und später
digitalisiert“, sagt der quirlige Lockenkopf.
Farbe
bekennen – ist ein wichtiges Motto des Rage against Racism-Festivals.
Der Frontmann von Gloryful, Johnny LaBomba, beeindruckt mit
seiner Ansprache: „Und ich will jetzt jeden hier hören –
Kein Fußbreit den Faschisten weder hier noch irgendwo!“,
schreit der 38-Jährige mit Philipino-Roots in die Menge und
bekommt ein Metalmäßiges Echo – ein undefiniertes Growlen
zurück. Gloryful selbst überzeugen mit ihrem hymnischen
Powerrock, irgendwie von den 80ern inspiriert, rocken mit
Titeln wie „Heart of Evil“ oder „For Victory“ aus dem neuen
Konzept-Album „End of the night“.
„Ich finde, man
muss sich in Zeiten von AfD klar gegen rechts positionieren,
sonst wird das Thema irgendwann zur Beliebigkeit“, so der
charismatische Sänger.
15 Bands spielten
insgesamt – die besten Konzerte waren von Nuclear, Gloryful
und Disbelief – aber auch viel seichter Pop-Metal wurde für
die weicheren Gemüter geboten von Bands wie Victorious oder
Tri State Corner. Mehr als 3500 Zuschauer waren zugegen an
den zwei Tagen, es blieb wie immer friedlich....
Im Publikum steht Kerstin Kamp mit einem T-Shirt vom
letzten „Rock am Ring-Festival“ . „Die Terrorwarnung war
natürlich für uns alle ein Schock, und man konnte
nachempfinden, was es für Menschen bedeutet, die täglich dem
Terror in Syrien ausgesetzt sind“, sagt die rockbegeisterte
Frau über den Abbruch des Festivals in Rheinland-Pfalz, „den
Spaß am Feiern haben wir uns aber nicht nehmen lassen.“
Sie freut sich jetzt wie tausend andere Fans an der
Friemersheimer Mühle auf den Auftritt des Headliners für den
Freitag – das Multi-Kulti-Projekt „Firewind“. Da wird es
legendär, denn dort steht der griechische Ausnahmegitarrist
Gus G. in vorderster Front, der von 2009 bis 2017
Tourgitarrist von „Madman“ Ozzy Osbourne gewesen ist.
„Ich bin damals von Ozzys Agentur gecastet
worden, hatte aber immer noch meine Sache mit Firewind am
Laufen“, sagt der introvertierte Musiker, der mit Kajalstift
um die Augen und langen schwarzen Haaren aussieht, wie der
junge Black-Sabbath-Frontmann daselbst. Auf die Ohren für
die wild mit tanzenden Fans gibt es Songs aus dem neuen
Album „Immortals“, bei denen Sänger Henning Basse aus
Hamburg immer wieder in Tenorhafte Phrasen entgleitet und
Gus G. wie ein Hexer seine komplizierten Soli hervorzaubert.
Großartige Konzerte gab es auch am Samstag zu hören: Die
Iron Bastards aus Frankreich lieferten mit kompromisslosem
Rock'n Roll eine Hommage an die unvergessenen Motörhead,
Nuclear aus Chile lieferten Anden-Speedcore aus „South
fucking America“.
The very End aus Essen kitzelten
aus ihrem harten Ultra-Thrash hymnenhafte und elegische
Gitarrenharmonien hervor, und eine kopfnickende kollektive
Psycho-Trance entfachten Disbelief aus Dieburg bei Darmstadt
mit schamanischem Gesang zur besten Sendezeit am Samstag.
Zum Schluss räumten Rage die Bühne auf: „Ihr hättet uns doch
mal viele Jahre früher für euer Festival buchen können – als
Namensgeber“, sagte deren Sänger. Kollektives Kopfnicken
auch der Metal-Heads. Kameras aus...
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