Duisburg, 14. Mai 2018 - Ganz schön heiß wurde es in der
niederrheinischen Therme der Rheinhausenhalle, denn 800
Saunagäste hatten sich eingefunden, um einem „Aufguss“
beizuwohnen. Oder weil sie den Hauptdarsteller Hugo Egon
Balder, der in der RTL-Show „Tutti Frutti“ so manches
Nummern-Girl zum Striptease in den 1990er-Jahren verleitete,
selbst mal nackt auf der Bühne sehen wollten. Der 68-Jährige
war in seinen Dialogen gewohnt anzüglich, blieb aber
angezogen – zumindest mit einem Bademantel, durch den Frau
vielleicht noch seine dichte Brustbehaarung erspähen konnte.
Dieser „Aufguss“ ist eine quirlig-spritzige Komödie von
René Heinersdorff, die quasi nebenbei aktuelle Themen wie
Vaterwerden im Alter oder Charity-Crowdfunding aufgreift.
Dabei beruht der Kern des etwa zweistündigen Bühnenstücks
einzig auf der Zweideutigkeit des Begriffs „Spende“: Einmal
als Samenspende, oder als Spende für eine Krankenhausstation
notleidender Kinder werden die Begrifflichkeiten wie
vogelwild auf der Bühne verwechselt. Und dadurch entsteht
auch so manch schlüpfriges Bild, jedoch immer bieder
verbrämt, in den Köpfen der Zuschauer, die teilweise aus dem
Lachen gar nicht mehr herauskommen.
Hugo Egon Balder
spielt den tatterigen, nonchalanten Lebemann Dieter, der
seine Geliebte Mary (Viola Wedekind), die unbedingt ein Kind
von ihm will, in eine Sauna zum Wellnesswochende ausführt,
um sie dann aber dem ominösem „Samenspender“, The Brain,
(Max Claus), der ihr das Kind schenken soll, vorzustellen.
Denn der steinreiche Geschäftsmann Dieter ist jenseits der
Wechseljahre und kann keine Kinder mehr zeugen, so werden
Äußerungen wie „Ich bin nicht mehr flüssig“ vom Publikum
belacht. Zeitgleich befindet sich aber Lothar, Chef einer
florierenden Kinderklinik, (René Heinersdorff) mit seiner
Sekretärin Emilie (sehr schrill: Jeanette Biedermann) in
dieser Sauna, und beide versuchen vom Waschmittelproduzenten
Dieter eine große Spende für ihre Kinderstation zu
ergattern. Sätze wie „Die Spende muss für 158 Kinder
reichen!“ aus dem Mund von Facharzt Lothar gegenüber Mary
sorgen für wildeste Fantasien in ihrem Kopf. Genauso, wie so
mancher neue Aufguss mit einer anderen Vorsilbe
ausgesprochen, das Kopfkino der Zuschauer beflügelt.
Bedenkt man, dass Hugo Egon Balder Gründungsmitglied der
Band „Birth Control“ (Geburtenkontrolle) bis 1968 war, so
ist es nicht von ungefähr, dass er als Dieter schlussendlich
darüber entscheidet, inwiefern die Kinderstation finanziell
unterstützt wird und dass Mary am Ende ihr ersehntes Kind
vom Facharzt Lothar persönlich bekommt – nachdem Dieter ihr
seine Zuneigung total verweigert und der potenzielle
Samenspender The Brain sich als nicht potent genug erweist.
Als Mathe-Dozent an der Fernuni Hagen denkt The Brain wohl
zulange über die Wahrscheinlichkeit des Akts der Zeugung
nach.
Den Lokalkolorit nehmen die Schauspieler über
das Essen mit in den Schwank hinein und schwärmen von einer
„dünnen delikaten Duisburger Dillsuppe“ und „köstlichem Köpi“
- und am Ende gibt es sogar die ersehnten nackten Tatsachen:
Zwar nicht, wie gewünscht, von einem großartig aufspielendem
Hugo Egon Balder, sondern vom Autor René Heinersdorff. Als
er in der Rolle des Lothar nur mit einem riesigen
Feigenblatt am Hintern zu der ebenfalls nackten Mary in die
Duschkabine am Ende huscht und ... 800 Kehlen johlten
dabei noch mal laut auf.
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