Duisburg, 10. November 2018 - Wenn man den grauhaarigen
älteren Herrn so sieht, wie er in seiner Künstlerwohnung
„Dat Atelljee“ seine selbst produzierten niederrheinischen
Kalender stapelt, ahnt man nicht, welche Pionierleistung
Alex Kempkens in seinem Leben vollbracht hat.
Geboren wurde er 1942 in Linz, aufgewachsen ist der
Fotokünstler im malerischen Unkel am Rhein. Oft saß er als
kleiner Junge vor dem Haus und schaute in die
„Drachenfelsstraße“ mit Fachwerkhäusern um 1820 gebaut – das
Siebengebirge im Hintergrund. „Dort entwickelte ich meine
eigene Weitwinkelperspektive auf eine Architektur, die
komplett während des Zweiten Weltkrieges verschont geblieben
ist.“ Die Perspektive eben, mit der er sich später in den
70er-Jahren einen Namen in der Architekturfotografie machte.
Künstlerische Freiheit ist dem Autodidakten, der mit 14
Jahren seine erste „Voigtländer“-Kamera geschenkt bekam und
später ein Volontariat als Fotojournalist bei den
„Düsseldorfer Nachrichten“ machte, von jeher wichtig.
Genauso wie Reisen. Während des Prager Frühlings wurde
sein Interesse für „Freiheit“ wohl unbewusst vertieft, als
Alex Kempkens in die Wirren der 1.Mai-Demonstration geriet
und Fotos von spazierenden Soldaten machte, die mit Saxophon
und Klarinette bewaffnet waren und dabei den Blues spielten.
Bilder, die später in renommierten Zeitungen erschienen. Als
Konfliktfotograf reiste er 1968 nach Biafra, um eine
Reportage über den grausamen Nigerianischen Bürgerkrieg zu
machen, die später auch im „Spiegel“ abgedruckt wurde.
Inzwischen im Jahr 1972 war er in München als dpa-Fotograf
unterwegs, machte aber auch Bilder für Boulevardblätter –
und den Playboy. Sein Interesse an Architektur vertiefte er
vielfältig in Auftragsarbeiten und in einer Bildserie über
Münchener Architektur.
„Ich habe bei meinen
Fotos meistens viel Freiheit genossen, entweder ich machte,
was der Architekt wollte, oder ich habe das gemacht, was mir
im Sinn war“, lächelt Kempkens. Anders als die Baumeister
wollte er nicht nur das bloße Gebäude mit seinen Fenstern
und Türen fotografieren – er stellte es in seinen Fotos als
Gesamtkonzept in den Stadtraum und schuf damit eher eine
künstlerische Betrachtung des Baus mit Fluchtlinien. Damals
war er mit einer Großformatkamera, einer Sinar P, unterwegs.
„Mit Stativ und Equipment waren das manchmal 50 Kilo, die
ich mit einer kleinen Karre durch die Gegend zog“, erinnert
sich Kempkens.
Dann startete er mit der
Endoskopie-Fotografie, das war 1976 seine erste
Pionier-Arbeit. Kempkens entwickelte eine eigene Sichtweise
auf den geplanten Neubau des Bundestages in Modellfotos oder
auf eine Pusteblume – sozusagen von innen heraus. 1982 kam
dann aber der internationale Durchbruch. Für 70.000 D-Mark
hatte sich Kempkens eine „work station“ mit Monitor,
Videokamera und Tastatur beschafft, um am sogenannten „image
processing“ zu arbeiten, also digitale Bilder mit
Computerrasterung herzustellen.
„Vorher war
Digitalfotografie nur anerkannt in den Naturwissenschaften,
wie Medizin oder Physik, dem Kunstmarkt blieb sie bis dahin
verborgen“, weiß Kempkens. Neue Möglichkeiten bestanden für
ihn. „Ich konnte einzelne Teile von Bildern nun collagieren“,
erinnert sich der Tüftler. So sind bedeutende Werke der
Digitalfotografie entstanden, die man bis heute in seiner
Sammlung im „Dat Atelljee“ betrachten kann, nämlich die „Nofretete
digital“, die aber freundlicher „Hello You“ von ihm betitelt
wurde. „Die Sprechblase darin war plötzlich Namensgeber des
Werks“, erinnert sich der 76-Jährige.
Seit 2015
stellt er zusammen mit den Fotografen seines Kreativ-Teams
niederrheinische Kalender her. „Ich bin Einkäufer, Fotograf,
Produzent und Verkäufer zugleich“, beschreibt Kempkens. Auch
für 2019 liegen schon die Kalender für Rheinhausen und
Rumeln-Kaldenhausen parat, die bereits u. a. in der
Rheinhauser „Bücherinsel“ zu erwerben sind. Mit Fotos der
für ihn eigenen Weitwinkelperspektive auf Architektur oder
Natur …
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