Duisburg, 14. März 2018 - Direkt zweimal hat Jürgen
Kuns mit dem Orchester der Christuskirche und seinen beiden
Kantoreien, sowohl aus Rumeln-Kaldenhausen und der
Orchesterkirche, die „Brockes-Passion“ von Georg Friedrich
Händel aufgeführt. Händels Komposition ist um 1716 in London
entstanden, als er im Haus des Earl of Burlington lebte und
dort Opern komponierte. Sie ist zurück zuführen auf die 1712
erschienene Passionsdichtung „Der für die Sünde der Welt
gemarterte und sterbende Jesus“ des Hamburger Ratsherrn
Barthold Heinrich Brockes. Neben Händel setzte sie auch
Georg Philipp Telemann in Musik. Der Oratorientext erzählt
die Passionsgeschichte vom letzten Abendmahl Jesu bis hin zu
dessen Tod am Kreuz. Eine unglaubliche Fülle von über 30
Ariosi und Arien kommentiert die letzten Stunden Jesu und
ein barocker Detailreichtum zieren die Darstellung. So
geraten Randfiguren wie die „Tochter Zion“ oder die
„Gläubigen Seelen“, aber auch ein mit sich selbst hadernder
„Petrus“ in den Mittelpunkt des Geschehens.
Händel
beschränkte sich bei der Umsetzung auf ein Orchester mit
zwei Oboen, Streichern und Continuo, also eher spärliche
Instrumentierung, die aber den Detailreichtum dieser Figuren
herausarbeitet. Jürgen Kuns hatte sein Orchester bei der
ersten Aufführung in der evangelischen Kirche an der
Friedhofallee in Rumeln gut auf diesen barocken Stil
eingeschworen, feine Geigen mit Sabine Abteiberg erstrahlten
im Staccato-Stil vor dem Altar, als Begleitung für die
Rezitative und Arien. Kurz zuvor ist noch der Tenor Lothar
Blum ausgefallen, er wurde aber hinreichend gut
ersetzt durch den jungen Sänger Leonhard Reso. Seine
Passagen waren die des nüchternen Erzählers im Rezitativ,
aber auch der Figur des „Petrus“ hauchte er eine zerrissene
Seele ein. Mit warmen Timbre seiner Stimme bestach Bassist
Lothar Littmann in der Rolle des „Jesus“ oder des
Hohepriesters „Kaiphas“, wobei er in einen hektischeren
Singstil überwechselte. Die eigentlich fiktive Figur
der „Tochter Zion“ in der Passionsgeschichte füllte Ute
Steinhauer mit ihrem berührenden Sopran aus, und machte sie
somit für die Erzählung unersetzlich. Vor allen ihre Arien,
die von den zwei zurückhaltend gespielten Oboen von Evgeny
Muschkin und Nikolay Nashewskiy fein in Szene gesetzt
wurden, begeisterten die mehr als 60 Zuhörer an der
Friedhofallee. Weitere gesangliche Nebenrolle wie die „Ancillae“,
zu deutsch „Mägde“, füllte die Altistin Beata Borchert mit
etwas rauerer Tonfärbung gut aus.
Tragend und
rhythmisch tonangebend war aber das Spiel von Organisten
Birgit Bösken am Continuo, bei den über zweieinhalb Stunden
der Passion bekam sie quasi keine Pause, war immer wieder
als Taktgeber im Rezitativ oder den zahlreichen Arien
gefordert. Und auch die zusammengelegten Kantoreien aus
Rumeln-Kaldenhausen und der Christuskirche wirbelten von
hinten den Raum auf, als sie berührende Choräle wie „O weh,
sie binden ihn mit Strick und Ketten! Auf, lasst uns fliehen
und unser Leben erretten“ mal mit Wehmut, mal mit Aufruhr in
den über 25 Stimmen sangen. Es gab ausreichenden Beifall am
Samstag, das Konzert wurde am Sonntag noch einmal in der
evangelischen Christuskirche in Hochemmerich aufgeführt.
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