Duisburg, 02. Februar 2018 - Es donnert aus den Boxen der
Rockklassiker „La grange“ von ZZ Top. Laut und
ohren-betäubend, sodass der Kabarettist Torsten Sträter
seinen Auftritt nicht verpassen kann. „In Paderborn ist
mir das mal passiert, die Leute saßen dann 40 Minuten
mucksmäuschenstill im Saal und einige wollten schon gehen“,
freundet er sich mit dem Publikum in der mit 880 Zuschauern
ausverkauften Rheinhausenhalle an.
Er wird
schnell warm mit seinen Fans. Der präsentiert sich in
guter Form, absolut schlagfertig. Als einige Zuschauer in
den linken Reihen monieren, dass der Bass der linken Box zu
dumpf herüberschalle: „Ja, entschuldigen Sie, ich habe die
Box nicht mitgebracht!“ Im folgenden piepst er mit
verstellter Micky-Maus-Stimme, so als ob er einen Zug aus
einem mit Helium gefüllten Ballon gezogen hätte, extra für
die Leute auf der linken Seite: „Ist die Soundqualität für
sie jetzt angenehm, nicht mehr so dumpf? Gut so?“, fiepst
Sträter. Dagegen hat er für die Leute der rechten
Seite den Bass seiner Stimme weiterhin auf maximale
„Dumpfheit“ austariert: „Welchen Themenbereich sollen wir
jetzt besprechen – Gesundheit, Technik...?“ Als der Fotograf
dieser Zeitung vor ihm an der Bühne steht, post er gezielt
für die Aufnahme. „Ist es so besser oder so?“ fragt Sträter
und schüttelt sein unter der ständigen Mütze verbliebenes
Rest-Haupthaar dabei.
Die Palette des in Waltrop
wohnenden Kabarettisten ist breit gefächert. Sein Motto
allerdings: Nichts genaues, weiß man nicht. Und so schafft
es Torsten Sträter Themen mit gesundem Halbwissen geschickt
anzureißen, ohne Aspekte konkret auszuführen – stattdessen
hinterlässt er wieselflinke Assoziationsketten seiner
Gedanken im Publikum, die irgendwann ad absurdum führen.
Meist von selbst, ohne dass er extra nachhelfen muss.
Beispiel: „So ein Elektoauto hat eine Reichweite von 180
Kilometern, bei normaler Fahrt. Jetzt stellen Sie sich mal
vor, Sie haben Scheibenwischer, Zigarettenanzünder,
Klimaanlage, Heckscheibe und Radio gleichzeitig an, dann
schulden Sie dem Auto am Ende der Fahrt noch minus zehn.
Kilometer.!“ Klingt logisch, ist aber physikalisch unmöglich
– und so lässt er in Rheinhausen so manche Pointe in einem
schwarzen Loch aus Antimaterie verschwinden.
Antiquierte Redewendungen, die von seiner Mutter oder Oma
stammen, haben es ihm neuerdings angetan. Und auch manche im
Publikum lachen laut auf – verbündet im Geiste - bei der
Floskel: „Das sieht hier aus, wie bei den Hottentotten!“
Aber sobald sich Sträter auf die gedankliche Herkunft dieser
Wendung macht, landet er „irgendwo in Afrika“, auch beim
eigenen nachdenklich geschriebenen Reisetagebuch seines
Besuchs in Namibia. „Das ist wohl so ein Sammelbegriff für
schwarzafrikanische Völker, der noch von der Burenherrschaft
dort stammen könnte“, kommt er nach fast einstündiger
Assoziationskette durch alle Fachbereiche des Lebens zur
Lösung der Frage. In einem Nebensatz erwähnt er es, nachdem
er mit vielen anderem, was ihn stört, nicht nur mit Sanifär
abgerechnet hat – und den Zuschauern die Banalitäten
des Alltags auf einer philosophischen Metaebene vorgeführt
hat. Die von ihm viel verulkte Schweiz kam in Rheinhausen
gar nicht vor. Trotzdem - langer Applaus am Ende.
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