Duisburg, 25. April 2019 - Wenn das zottelige „Biest“
aussieht wie der liebenswerte Affe Chubaka aus den Star-Wars-Filmen,
war es selbst für Science Fiction-Liebhaber ein
lohnenswerter Ausflug in die Musical-Welt. Bei der
Inszenierung des Musicals „Die Schöne und das Biest“ durch
die Theatertruppe Liberi entwickelte sich dieses menschliche
Zottelwesen immer mehr zum Sympathieträger für die etwa 650
Zuschauer in der Rheinhausen-Halle – weil es im Grunde ein
gutes Herz hat und nur mit einem bösartigen Fluch belegt
wurde.
Während die Inszenierung des Musicals am
Broadway in New York um ein vielfaches opulenter erscheint,
kommt die abgespeckte Liberi-Produktion irgendwie
sympathisch rüber. Sechs Darsteller reichen aus um die
Hauptpersonen, inklusive der Familie von Belle und der
schusseligen Schlossbewohner darzustellen. Es ist der Stoff
des ursprünglich französischen Volksmärchen von Belle
(Anastasia Ivanova), die in die Fänge des „Biest“ gerät,
weil ihr Vater im Schlossgarten des verwunschenen Wesens
eine Rose stiehlt. „Ein Leben für ein Leben“, Belles Vater
(Okan Sen) müsste eigentlich die Losung erfüllen und auf
ewig in dem verfluchten Schloss des Biests büßen.
Stattdessen springt Belle in die Bresche – die Rose sei ja
schließlich für sie gewesen und sie geht in die
Knechtschaft. Ein neon-leuchtender Spiegel allerdings macht
sie stutzig, der ihr etwas von „Eingesperrtsein“ und
„Verzweiflung“ erzählt – und sie vermutet, dass es die
innere Stimme des verwunschenen Wesens sein könnte.
Überhaupt ist die Inszenierung nach Regisseur und Autor
Helge Fedder sehr modern, die Songs sind teilweise poppige
Ohrwürmer „Wir sind ein Stern“, bleiben aber genauso fade
als Pausenfüller in Erinnerung bei „Stück für Stück“.
Wenn man den grauhaarigen älteren Herrn so sieht, wie er
in seiner Künstlerwohnung „Dat Atelljee“ seine selbst
produzierten niederrheinischen Kalender stapelt, ahnt man
nicht, welche Pionierleistung Alex Kempkens in seinem Leben
vollbracht hat. Geboren wurde er 1942 in Linz, aufgewachsen
ist der Fotokünstler im malerischen Unkel am Rhein. Oft saß
er als kleiner Junge vor dem Haus und schaute in die
„Drachenfelsstraße“ mit Fachwerkhäusern um 1820 gebaut – das
Siebengebirge im Hintergrund. „Dort entwickelte ich meine
eigene Weitwinkelperspektive auf eine Architektur, die
komplett während des Zweiten Weltkrieges verschont geblieben
ist.“ Die Perspektive eben, mit der er sich später in den
70er-Jahren einen Namen in der Architekturfotografie machte.
Künstlerische Freiheit ist dem Autodidakten, der mit 14
Jahren seine erste „Voigtländer“-Kamera geschenkt bekam und
später ein Volontariat als Fotojournalist bei den
„Düsseldorfer Nachrichten“ machte, von jeher wichtig.
Genauso wie Reisen. Während des Prager Frühlings wurde
sein Interesse für „Freiheit“ wohl unbewusst vertieft, als
Alex Kempkens in die Wirren der 1.Mai-Demonstration geriet
und Fotos von spazierenden Soldaten machte, die mit Saxophon
und Klarinette bewaffnet waren und dabei den Blues spielten.
Bilder, die später in renommierten Zeitungen abgedruckt
wurden gingen. Als Konfliktfotograf reiste er 1968 nach
Biafra, um eine Reportage über den grausamen Nigerianischen
Bürgerkrieg zu machen, die später auch im „Spiegel“
abgedruckt wurde. Inzwischen im Jahr 1972 war er in München
als dpa-Fotograf unterwegs, machte aber auch Bilder für
Boulevardblätter – und den Playboy. Sein Interesse an
Architektur vertiefte er vielfältig in Auftragsarbeiten und
in einer Bildserie über Münchener Architektur. „Ich habe
bei meinen Fotos meistens viel Freiheit genossen, entweder
ich machte, was der Architekt wollte, oder ich habe das
gemacht, was mir im Sinn war“, lächelt Kempkens. Anders als
die Baumeister wollte er nicht nur das bloße Gebäude mit
seinen Fenstern und Türen fotografieren – er stellte es in
seinen Fotos als Gesamtkonzept in den Stadtraum und schuf
damit eher eine künstlerische Betrachtung des Baus mit
Fluchtlinien. Damals war er mit einer Großformatkamera,
einer Sinar P unterwegs. „Mit Stativ und Equipment waren das
manchmal 50 Kilo, die ich mit einer kleinen Karre durch die
Gegend zog“, erinnert sich Kempkens.
Dann startete er
mit der Endoskopie-Fotografie, das war 1976 seine erste
Pionier-Arbeit. Kempkens entwickelte eine eigene Sichtweise
auf den geplanten Neubau des Bundestages in Modellfotos oder
auf eine Pusteblume – sozusagen von innen heraus. 1982 kam
dann aber der internationale Durchbruch. Für 70.000 D-Mark
hatte sich Kempkens eine „work station“ mit Monitor,
Videokamera und Tastatur beschafft, um am sogenannten „image
processing“ zu arbeiten, also digitale Bilder mit
Computerrasterung zu herzustellen. „Vorher war
Digitalfotografie nur anerkannt in den Naturwissenschaften,
wie Medizin oder Physik, dem Kunstmarkt blieb sie bis dahin
verborgen“, weiß Kempkens. Neue Möglichkeiten bestanden für
ihn. „Ich konnte einzelne Teile von Bildern nun collagieren“,
erinnert sich der Tüftler. So sind bedeutende Werke der
Digitalfotografie entstanden, die man bis heute in seiner
Sammlung im „Dat Atelljee“ betrachten kann, nämlich die „Nofretete
digital“, die aber freundlicher „Hello You“ von ihm betitelt
wurde. „Die Sprechblase darin war plötzlich Namensgeber des
Werks“, erinnert sich der 76-Jährige. Seit 2015 stellt er
zusammen mit den Fotografen seines Kreativ-Teams
niederrheinische Kalender her. „Ich bin Einkäufer, Fotograf,
Produzent und Verkäufer zugleich“, beschreibt Kempkens. Auch
für 2019 liegen schon die Kalender für Rheinhausen und
Rumeln-Kaldenhausen parat, die bereits u. a. in der
Rheinhauser „Bücherinsel“ zu erwerben sind. Mit Fotos der
für ihn eigenen Weitwinkelperspektive auf Architektur oder
Natur …
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