BZ-Home Stephans Kult-pur Der Kult-Attaché



BZ-Sitemap

BZ-Kultur aktuell

 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 






 

'Großen Schlager-Hitparade' in Rheinhausen
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 08. Januar 2020 - In den verwinkelten Ecken der Rheinhausen-Halle tanzen manche Pärchen heimlich Disco-Fox. Andere Damen haben sich Glitzerdiademe auf die Stirn gesetzt, mit denen sie im Vier-Viertel-Takt im Publikum fluoreszierend leuchten und mit schunkeln. Der ganze Saal wirkt wie eine verschobene Karnevalssitzung bei der „Großen Schlager-Hitparade“. Als der Sänger Patrick Lindner ein Medley seiner größten Hits singt, stehen etwa 600 Gäste, jubeln ihm zu, stimmen in das allgemeingültige Jodeln „Jodijodijodije“ ein, das der Berg-Rocker Andreas Gabalier quasi als einheizende Stimmungshymne für alle Schlagerfans hinterlassen hat.  Derer bedient sich auch der ewige Charmeur Lindner, um den Saal zum Kochen zu bringen.

Sein 30-jähriges Bühnenjubiläum hat er vor kurzem gefeiert. „In Wien musste ich unbedingt auf dem Zentralfriedhof halt machen, um meinem großen Idol eine rote Rose auf seinen weißen Flügel am Grab zu legen“, erzählt Lindner, nicht ohne Pathos heraufzubeschwören. Ein Raunen geht durch die Schlagerfans, als der Münchner Sänger ein Medley zu Ehren von Udo Jürgens, der eben dort in der österreichischen Hauptstadt auf ewig ruht, liefert.

„Alt vertraut klingen die Lieder“ - eben wie „Griechischer Wein“. Patrick Lindner erzählt von seiner Bekanntschaft zur Schauspielerin Waltraut Haas („Im weißen Rößl“): „Die besuch‘ ich auch immer, wenn ich in Wien bin“, spielt er auf den großen Zusammenhalt unter den ‚Stars und Sternchen‘ an. 

Ja, die ‚Schlager-Stars‘ lassen es Menscheln, zeigen sich von ihrer nahbaren Seite – sehr zur Freude des Publikums, das diese Äußerungen gerne mit viel Beifall goutiert.

So auch die deutsch-britische Sängerin Ireen Sheer, die übrigens lange in Düsseldorf mit ihren Eltern lebte. Top in Form präsentiert sie sich in einer knallengen schwarzen Leggings-Hose, da merkt kein Zuschauer, dass die Frau die 70 bereits überschritten hat. Alle ihre Moves sitzen, zu inzwischen durch Euro-Disco-Beats aufgepeppten Hits  wie „Goodbye Mama“ aus den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts.

„Mit dem nächsten Lied bin ich sechste beim Eurovision Song Contest 1978 in Paris für Deutschland geworden“, kündigt sie ihren internationalen Durchbruchssong an. Nicht ohne Stolz, sieht man die letzten deutschen Ergebnisse bei dem Sangeswettbewerb. Die eingefleischten Fans wissen, jetzt wird es feurig und auch im Hintergrund zeigt sich eine lodernde Videoleinwand mit rot-orange funkelnden Flammen.

„Feuer – brennt doch auch in mir drin“, singt die Sängerin und wackelt in der Hüfte. Passend zur Leggings spielt sie noch ein peppiges Rock‘n Roll-Medley als Zugabe.

 
Zuschauer Heinz Herbergs (82) meint: „Die Frau hat richtig Power, aber gesanglich waren da einige Fehler.“
Auch Inge Wagner aus Duisburg konstatiert: „Die hat bestimmt einen Super-Fitness-Trainer, allerdings merkt man ihr die Schönheits-Op‘s doch an.“

Das interessiert allerdings längst keinen mehr im brodelnden Saal. Sandro Malinowski, der DSDS-Gewinner aus dem Jahr 2016, singt noch seine letzten Hits, und bei G.G. Andersons Liedern „Santa Lucia“, „Sommer, Sonne, Cabrio“ und „Sommernacht in Rom – und wir beide träumen“ hören die Leute auf, womit sie anfingen: mit einem gepflegten Disco-Fox im scheinbar nie enden wollendem Vier-Viertel-Takt in den verwinkelten Ecken der Rheinhausen-Halle.