Moers/Duisburg, Juli 2022 - Die Macher des Rage against
Racism-Festivals hatten eine gute Idee, oben am Vordach der
alten Mühle eine Brause zu befestigen. Aus ihr rieselte zwei
Tage lang eiskaltes Wasser. Es war eine willkommene
Abkühlung bei Temperaturen bis zu 35 Grad auf dem Gelände
der Friemersheimer Mühle. Viele Heavy-Metal-Fans tanzten im
herabfallenden Sprühregen zum fetten Sound, der von der
Bühne schallte, andere benetzten sich enpassant mit den
feinen Wassertropfen. Jedenfalls brauchten die Veranstalter
des Festivals keine Sorge zu haben, dass nicht genug
getrunken wird. Überall an den Getränkeständen bildeten sich
Trauben von Menschen, die ihre Kehlen kühlen wollten. Durch
diese Einnahmen refinanziert sich das Event seit 2003, als
es zum ersten Mal stattfand.
Dem Wetter
angemessen hatten die Programmmacher ein ähnlich heißes
Line-Up aufgeboten. Am Freitag überzeugte die aus Mannheim
angereiste Formation Cypecore. Die Combo macht progressiven
Melodic-Death-Metal, Sänger Dominic und Gitarrist Nils haben
nicht nur eine futuristische, dystopische Cyber-Fantasywelt
in ihren Songs erschaffen, sie präsentieren diese auch bei
ihrem Internetauftritt. Auf der Bühne tragen die Musiker
schwarze Kampfanzüge, manche mit einem orange leuchtenden
„C“ auf der Brust. Frontmann Dominic hat extra eine
post-apokalyptisch wirkende Brille aufgesetzt, post auf den
Monitorboxen mit weit ausgestreckten Armen und schmettert
Songs wie „The Alliance“ und „My Confession“ unter einem
brachialen Gitarrengewitter in die mit den Köpfen wiegende
Menge. „Vier Alben von Cypecore sind bereits auf Spotify
erschienen“, erzählt uns 'Aushilfsdrummer' Ju später. „Da
der Bass über Samples vom Band kommt, spielen wir teilweise
über 'Klick' im Ohr“, erklärt der 29-jährige Trommler. Man
verfahre so, da der ehemalige Bassist Christoph 2018 an
Krebs gestorben sei und man ihn in der Band nicht personell
ersetzen wolle.
Zuvor zog die Band „Aeverium“ aus
Viersen mit ihrem melodischen Romantic-Metal das Publikum in
ihren Bann. Schöne Gitarrenharmonien werden übermalt von
Duetten der Vokalakrobaten Marcel „Chubby“ und Vanessa in
keyboardlastigen Songs wie „Free your mind“ oder „The other
side“- unweigerlich kommt eine Assoziation zu Meat Loaf in
seinen Duetten auf. Seit 2018 hat Vanessa den weiblichen
Gesangspart inne: „Ich stamme ursprünglich vom Bodensee, mag
die Mentalität der Menschen hier am Niederrhein aber sehr“,
sagt die im luftigen Schwarz gehüllte Sängerin. Als
Headliner des Freitags drehen Flotsam and Jetsam noch mal
richtig an den Lautstärkepegeln. Die Band gilt als Wiege des
Heavy-Metals aus den 80er-Jahren, war doch der einstige
Bassist von Metallica und Voivod, Jason Newsted,
Gründungsmitglied bei Flotsam and Jetsam. Thrash-Metal vom
Feinsten verbreitet die Formation aus Phoenix, Arizona,
gefühlt 1500 Leute stehen dicht gedrängt vor der Bühne und
schütteln ihre Haare. Eine freie Interpretation des Titels
„Iron Maiden“ der gleichnamigen Band sorgt für Unordnung in
der Audienz. Überhaupt klingen sie fast wie diese, nicht nur
wegen des harmonischen Spiels der Gitarristen, auch weil
Sänger Eric A. K. Knutson den Tenor in ähnliche Höhen
schraubt wie Iron-Maiden-Shouter Bruce Dickinson. Neben
Klassikern wie „Suffer the masses“ and „Wading through the
darkness“ gibt es auch neue Titel wie „Violator“ im
Programm, danach noch ein Bier backstage und es geht
für die Band direkt weiter zum Hellfest nach Paris.
Michael Horst findet das Programm sehr vielfältig, es sei
für jeden Geschmack etwas dabei. Der 59-jährige
Hobby-Gitarrist betont: „Egal welche Stilrichtung man jetzt
bevorzugt, ich war begeistert, von der Live-Performance der
einzelnen Bands und auch vom ausgewogenen Sound.“ „Mein
Favorit war heute Cypecore“, gesteht Marianne Hoffmann, die
extra aus Borken anreiste. Auch an Tag Zwei gab es
unterschiedliche Spielarten zu hören, angefangen von
Folk-Metal der Düsseldorfer Band Fabula Rasa, sowie zwei
Power-Metal-Formationen Ignition und Fallprawl aus Duisburg
und vom Niederrhein. Eine Mischung aus Alternative-Metal
gepaart mit Deutsch-Punk steuerte die Combo „The other“ bei.
Und auf eine Reise mit einem Piratenschiff im Stile von
„Fluch der Karibik“ lud die österreichische Formation
„Visions of Atlantis“ die Zuschauer ein mit ihrer
charismatischen Frontfrau Clémentine Delauney zu Klängen des
Symphonic-Metals. Als Abräumer agierten dann die Norweger
„Borknagar“, die mit vertracktem düsterem Black-Metal
aufwarteten, der allerdings über viele folkloristische
Elemente verfügte, besonders über den gutturalen
Joik-Gesang, den der Vokalist und Gitarrist Simen Hestnaess
pflegte. Wie immer blieb es friedlich unter den etwa 3000
Gästen, die an den zwei Tagen das Festival besuchten.
Duisburg, April 2022 - Zwei Jahre hatten sie ihre Ruhe gehabt
– die Anwohner der Clarenbachstraße in Friemersheim. Doch,
nachdem der Veranstalter des Rage against Racism-Festivals
ihr Event coronabedingt die letzten Male ausfallen lassen
musste, wird es jetzt wieder laut am JZ „Inne Mühle“.
Fronleichnamswochenende, 17. und 18. Juni 2022
Traditionell zum Fronleichnamswochenende, am 17. und 18.
Juni, sollen 14 Live-Acts aus der Hard-Rock- und
Heavy-Metal-Szene für die entsprechende Stimmung und
Lautstärke sorgen. „Zumindest haben wir das Line-Up fürs
Festival jetzt gefixt, wir müssen nun abwarten, ob es auch
tatsächlich stattfinden kann, also ob die geplanten
Öffnungen eintreten“, sagt der Organisator und Vorsitzende
des Vereins „Inne Mühle e.V.“, Levent Tomicki. Jedenfalls,
sein Team ist gerüstet für mehr als 3000 Besucher, die bei
den bisherigen Festivals zuvor gezählt worden sind.
Das „Rage against Racism-Festival
findet umsonst und draußen auf der Wiese des JZ „Inne Mühle“
an der Clarenbachstraße in Friemersheim statt. Erwartet
werden 3000 Besucher, 14 Bands sind eingeladen, mehr als 100
Freiwillige Helfer werden an den Essens- und Getränkeständen
aktiv sein. Aus den Einnahmen an den Ständen refinanziert
sich das Event. Termin ist der 17. und 18. Juni 2022. Start
am Freitag ist gegen 17.00 Uhr, der Samstag geht um 12.30
Uhr los.
Freitagabend
Zumal als Headliner für den Freitagabend, voraussichtlich
Flotsam and Jetsam, zu deutsch „Strand- und Treibgut“ oder
einfach nur „Unrat“, auftreten werden. Flotsam and Jetsam
stammen noch aus der ersten Generation von Thrash-Metal
Bands aus den 1980er-Jahren genauso wie Anthrax, Metallica
und Megadeth. Die Formation wurde vom Bassisten Jason
Newsted 1981 gegründet, der dann fünf Jahre später den bei
einem Busunglück verstorbenen Metallica-Rhythmusgeber Cliff
Burton ersetzte. Ebenso für den Freitag sind Cypecore
vorgesehen, die melodischen Death-Metal in einer
apokalyptisch, futuristisch anmutenden Bühnenshow mit
Ganzkörperschutzanzügen präsentieren wollen. Die Band stammt
aus Mannheim und hat bisher vier Studioalben herausgebracht,
das letzte hieß „The Alliance“ von 2018.
Samstag Für den Samstag sind als Headliner
„Visions of Atlantis“ geplant. Sie machen „female fronted
Metal“, sind mit der Powerröhre Clémentine Delauney als
Sängerin am Start und nehmen in ihrem Sound bisweilen
symphonische Ausmaße an. Außerdem sind wieder viele Newcomer
und lokale Bands eingeladen worden, darunter auch die Band
„Ignition“ aus Moers/Duisburg um das Mastermind und Sänger
Dennis Marschallik, die sich dem Power-Melodic-Metal mit
hymnalen Refrains verschrieben haben. Traditionsgemäß soll
das Samstagsprogramm um 12.30 Uhr vom Hohenbudberger
Musikkorps mit rockiger Blasmusik eröffnet werden.
Eine Band aus dem Slot-Battle, dem normalerweise vorher
stattfindenden musikalischen Vorentscheid, wird dieses Jahr
nicht gewählt werden: „Aufgrund der aktuellen Lage können
wir diese Veranstaltung im Frühjahr nicht stemmen“, erklärt
Levent Tomicki. „Das Line-Up stammt ursprünglich aus dem
Jahr 2020, die jeweiligen Bands werden jetzt angefragt, ob
unser Festival auch diesen Sommer in ihren Tourplan passt.“
Und da waren ja noch die Probleme bezüglich der
Steuernachforderungen aus den Jahren 2015 bis 2017 (wir
berichteten). „Das kam für uns ganz überraschend, inzwischen
haben wir uns in die Materie gut eingearbeitet und haben uns
ein spezielles Steuerprogramm angeschafft, damit uns sowas
nicht nochmal passiert. Mithilfe der zahlreichen Spender und
aus eigenen Mitteln werden wir jetzt die Steuerschulden
begleichen können, auch weil das Finanzamt Duisburg-West
viel Geduld und Verständnis für uns hatte“, so der
Vorsitzende des Fördervereins „Inne Mühle“ weiter. Es kann
also wieder krachen über Friemersheim.
|