Kleist: Der zerbrochene Krug - Wolfgang Amadeus Mozart: Die Entführung aus dem Serail  
Theodor Fontanes Effie Briest - Georg Büchner: Dantons Tod

Heinrich von Kleist: Der zerbrochene Krug; Philipp Reclam Verlag Stuttgart 1983; 96 Seiten; ISBN: 3-15-000091-2
"Der zerbrochne Krug ist ein Lustspiel aus dem Jahre 1806 von Heinrich von Kleist. Die Uraufführung 1808 in Weimar durch Goethe war nicht von Erfolg gekrönt.
Es geht um das Zerbrechen eines wertvollen Kruges aus dem Besitz der Marthe Rull. Marthe Rull hat den Bauernsohn Ruprecht Tümpel am Vorabend im Zimmer ihrer Tochter Eve ertappt. Die Scherben des Kruges liegen in Eves Zimmer. Ruprecht hat aber einen Fremden beobachtet, der Eves Zimmer durch das Fenster verlassen und dabei den Krug vom Kaminsims geworfen hat. Weder Marthe noch Ruprecht ahnen, dass es sich bei diesem Fremden um Dorfrichter Adam handelt. Es geht Marthe Rull nicht um den Krug. Der hat zwar einen hohen persönlichen Wert für sie, indes ihr eigentliches Ziel ist es, Eves Ruf zu retten. Sollte sich herausstellen, dass nicht Ruprecht der Täter gewesen ist, sondern ein anderer Mann sie in ihrem Zimmer besucht hat, würde Eve schließlich als Dirne (Metze) gelten.
Im Lauf des Stückes versucht Adam, die Aufklärung des Falles möglichst unauffällig zu verhindern, zumal an diesem Tag der Gerichtsrat Walter aus Utrecht anwesend ist. Jedoch ist Dorfrichter Adam gezwungen, die Zeugin Brigitte vorladen zu lassen. Brigitte schildert, wie sie eine Spur von Marthes Haus bis zur Hintertür des Gerichtshauses verfolgt hat. Angesichts dieser eindeutigen Indizien bleibt Adam nur noch die Flucht. Eve, die als einzige Anwesende neben Adam die Wahrheit kennt, erklärt zum Abschluss ihr Verhalten: Adam hat, falls Eve ihm gefügig sei, dafür sorgen wollen, dass Ruprechts angeblich drohender Militäreinsatz in der Kolonie Niederländisch-Indien verhindert wird.
In der Literaturwissenschaft stellt sich das Problem der Gattungszuordnung, da Der zerbrochne Krug eigentlich wenig Kennzeichen eines Lustspiels aufweist. Kleist bezeichnet es jedoch wörtlich so, und verschiedene theoretische Ansätze haben dieses Problem zu lösen versucht. Es wird in die Epoche der Hochromantik eingestuft.
In der zunächst ungedruckt gebliebenen Vorrede von Kleist weist dieser darauf hin, dass er durch den Kupferstich La cruche cassée von Jean-Baptiste Greuze, den er in Bern gesehen hatte, zu diesem Werk angeregt wurde. Daraufhin hatte Kleist folgenden Einfall: Und der Gerichtsschreiber sah (er hatte vielleicht kurz vorher das Mädchen angesehen) jetzt den Richter misstrauisch zur Seite an, wie Kreon bei einer ähnlichen Gelegenheit den Ödip, als die Frage war, wer den Lajus erschlagen [2]. Im Schulunterricht wird das Stück wegen starker Analogien im Ablauf des Aufdeckungsprozesses - typisches Kennzeichen für ein Analytisches Drama - und wegen ähnlich tragischer Konsequenzen gerne mit König Ödipus und König Lear besprochen, wobei die Unterschiede herausgearbeitet werden.
Ein Dichterwettstreit zwischen Heinrich von Kleist, Ludwig Wieland, Heinrich Zschokke und Heinrich Geßner zu eigentlich drei Bildnissen eines zerbrochnen Kruges, führte zu unterschiedlichen Ergebnissen, und Zschokke meinte, Kleist habe den Preis gewonnen. Im Verlauf der Komödie treten diverse zwischenmenschliche Konflikte und Beziehungskrisen zutage. Für sich alleine wirken die Konflikte nicht erheiternd, eine ständige Nähe zur Tragik ist spürbar.

Konflikt Eve Ruprecht: Die beiden sind verlobt. Sie scheren sich nicht allzu sehr um den Krug, für sie geht es in diesem Prozess stattdessen um ihr Verlöbnis und die geplante Eheschließung. Ruprecht verhält sich ziemlich undiplomatisch und engstirnig, was kennzeichnend ist für sein einfaches Gemüt. Er - wie auch Marthe Rull - repräsentieren die strengen Sittlichkeitsvorstellungen des Dorfes. Die Tatsache, dass Eve einen fremden Mann in ihr Schlafzimmer gelassen hat, legt den Verdacht der vorehelichen Sexualität nahe, was für Ruprecht eine untragbare Vorstellung ist. Dass Eve ihn nun noch vor allen Leuten anklagt, den Krug zerschlagen zu haben, ist zu viel für ihn. Auffallend ist, wie wenig Ruprecht Eve vertraut. In seinem einfachen Denken ist Eve bereits abgestempelt als Hure, ihrer Tugend und Keuschheit verlustig geworden. Er verweigert ein klärendes Gespräch mit Eve und stürzt die Beziehung so in eine schwere Krise. Ebenfalls auffallend ist seine begrenzte Vorstellung von Ehe. Der Entschluss, Eve heiraten zu wollen, fiel aufgrund ihrer offensichtlichen Tüchtigkeit. Doch Ruprecht hat Eve mit einem fremden Mann in ihrem Zimmer gesehen und dies genügt ihm als Beweis für ihren Treuebruch. Er kann nur glauben, was er gesehen hat, und weigert sich, weiter zu denken. Eve hat eine völlig andere Auffassung von einer Beziehung. Für sie ist Beziehung Opferbereitschaft: sie geht das Risiko ein, ihren guten Ruf zu verlieren, um damit Ruprecht vor dem Armeedienst, der angeblich im Ausland stattfindet, zu retten. Dass sie das Spiel von Adam mitspielt, zeugt jedoch auch von einiger Naivität.

Konflikt Marthe Eve: Auch Marthe verweigert Eve ein klärendes Gespräch; stattdessen zerrt sie den Fall in riskanter Weise an die Öffentlichkeit. Dies zeugt von einer starken Bevormundung und einer mangelnden Zubilligung des Selbstbestimmungsrechts. In dieser hierarchischen Situation untersteht Eve auch den strengen Moral- und Sittenvorstellungen der Mutter, welche Eve eher vor die Türe stellen würde, als ihr einen Fehltritt zu verzeihen. Außerdem scheinen beide Ruprecht und Marthe eine Art Besitzanspruch an Eve geltend zu machen.
Konflikt Veit Ruprecht: Auch hier liegt wie bei Marthe-Eve ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Vater und Sohn vor. Zwar scheint sich Veit anfänglich voll und ganz hinter Ruprecht zu stellen, doch als Marthe den Verdacht äußert, Eve und Ruprecht hätten gemeinsame Sache gemacht, um dem Armeedienst zu entkommen, belastet ausgerechnet er seinen Sohn mit schwerem Misstrauen. Der Glaube an die Rechtschaffenheit seines Sohnes ist nur Fassade. In Wirklichkeit ist auch er dazu bereit, ihm schon im Verdachtsfall das Vertrauen zu entziehen.
Konflikt Adam Eve: Hier besteht zwar keine Beziehungskrise im eigentlichen Sinn, da Adam und Eve lediglich eine oberflächliche Bekanntschaft pflegten - bis zur vorhergehenden Nacht. Dadurch jedoch, dass Eve Adam von ihren Heiratsplänen erzählt und ihn wenn auch mit harmloser Absicht in ihr Zimmer lässt, eröffnet sie ihm zweimal einen Einblick in ihre Intimsphäre. Adam wiederum hat Eve sexuell genötigt und unter Druck gesetzt. Verheerend für Eve ist an der Sache neben ihrer Jugend vor allem der Standesunterschied, welcher sie Adam gegenüber wehrlos macht.
Konflikt Adam Licht: Neben den familiären und partnerschaftlichen Krisen ist dies die dritte Form, nämlich die berufliche. Die Basis ist allerdings dieselbe wie bei den meisten anderen: der Mangel an Vertrauen und Aufrichtigkeit. Trotz wiederholtem Beteuern sind sich Adam und Licht alles andere als kollegial gesinnt. Licht würde gerne endlich zum Richter befördert werden, was nach seinem langjährigen Dienst überfällig scheint. Bald durchschaut er das falsche Spiel von Adam, kann jedoch nicht offen gegen ihn auftreten, da er sich seinerseits ebenfalls vergangen hat durch illegales Abzweigen von Geldern zu seinen Gunsten. Adam besitzt darüber Informationen, deren Offenlegung er Licht androht, sollte dieser ihm in den Rücken fallen. So tritt Licht erst dann ganz offensichtlich gegen Adam auf, als mit dem Auftauchen seiner Perücke die Beweislast gegen Adam erdrückend wird. Aufgrund seiner Hinterhältigkeit und Falschheit kann Licht jedoch nicht als positive Gegenfigur zu Adam gesehen werden, und so gehört es auch zum versöhnlichen Schluss, dass Licht nicht definitiv sein Ziel erreicht, sondern nur bis auf weiteres als Richter in Huisum walten darf.

Konflikt Adam Walter: Der Gerichtsrat Walter visitiert das Gericht des Richters Adam, und der Konflikt besteht darin, dass ziemlich viel im Argen liegt. Adam ist körperlich übel verletzt und erfindet vor Walters Augen und Ohren dazu Ausreden. Auch die Ablage der Akten und die Kassen sind verwahrlost. Verstörung auch, dass Adam, obwohl Amtstag, nicht verhandeln will, da ihm seine Perücke fehlt. Wenn er aber schon verhandeln soll, dann will er nach seinem Hausbrauch verhandeln und nicht nach dem Gesetz. Wenn er aber nach dem Gesetz verhandeln soll, dann nicht gegen sich selbst. Adam zeigt keine richterliche Distanz zu Eve oder den anderen Parteien und wird deshalb von Walter des Öfteren gerügt. Letztlich will er den Ruprecht ohne Befragung verurteilen. Die ohnmächtige Drängelei von Walter, um Adam zum richtigen richterlichen Handeln zu führen, dieses sich notwendig aufs neue berichtigend einmischen müssen, bringt Walter letztlich in eine resignative emotionale Kapitulation, so dass er auch ein Fehlurteil des Richters in Kauf nimmt. Hauptsache, das Gerichtsverfahren kommt zu einer Entscheidung, zu einem Urteil, und der ganze Wahnsinn findet ein Ende. Die entsetzt Betroffenen informiert er insofern, dass in Berufung, in Revision gegangen werden kann.
Der Krug steht für Eves Jungfräulichkeit: Für Eve (und ihre verwitwete Mutter) ein wertvoller Besitz, den sie jedoch guten Glaubens für ihren Verlobten Ruprecht opfert. Der Krug steht aber auch für die (scheinbar) heile Welt, die auf einmal auseinanderbricht: Er stellt die menschlichen Beziehungen dar, die während der Verhandlung auseinanderbrechen. Die Namen Adam und Eve weisen auf den Sündenfall in der Bibel hin. Der Schreiber Licht ("ein Licht aufgehen") ist intelligent. Er weiß früh, dass an der Geschichte Adams etwas faul ist, rettet ihn aber immer wieder aus misslichen Situationen, weil er als Untergebener nicht wagt, einen direkten Hinweis zu geben. Der Gerichtsrat Walter erweist sich als unbeirrbarer Walter seines Amtes. Er bringt das Gerichtsverfahren formal ins Laufen und auch zu einem Ende. Inhaltlich ist ihm das Fehlurteil klar, und er rät zur Berufung," stellt die Internetenzyklopädie Wikipedia den Klassiker der deutschen Theaterliteratur vor. Nach einer kurze Vorrde (sprich: Einleitung) des Autoren gibt es das eigentliche Theaterstück. Die sehr umfangreichen Anmerkungen helfen, die Formulierungen Kleist`s besser zu verstehen. Das eigentliche Nachwort beschreibt Entstehungsgeschichte und Aufnahme durch das Publikum.

Wolfgang Amadeus Mozart: Die Entführung aus dem Serail; Philipp Reclam Verlag Stuttgart 1949; 64 Seiten; ISBN: 3-15-002667-9
"Die Entführung aus dem Serail (KV 384) ist eine komische Oper in drei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart. Dem Genre nach handelt es sich um ein Singspiel. Die Uraufführung fand am 16. Juli 1782 im Burgtheater in Wien unter der Leitung des Komponisten statt. Das Stück dauert ca. 2,5 Stunden und spielt Mitte des 16. Jahrhunderts auf dem Landgut des Bassa Selim in der Türkei.
Die Oper handelt vom Versuch des Helden Belmonte, seine Geliebte Konstanze und deren Zofe Blondchen aus dem Serail des Bassa Selim (Pascha) zu befreien. Unterstützt wird Belmonte dabei von seinem Diener Pedrillo, Blondchens Geliebten. Bassa Selims Aufseher Osmin bewacht den Serail.
Die zugrunde liegende Geschichte fußt auf dem Libretto für die Operette Belmont und Constanze von Christoph Friedrich Bretzner, Componiert v. Johann André; sie wurde von Johann Gottlieb Stephanie dem Jüngeren und Mozart stark umgearbeitet und erweitert, nach heutiger Auffassung wohl widerrechtlich. Mozart konnte damit zum ersten Mal weitestgehend seine Vorstellungen von einem Opernlibretto umsetzen.
Das Werk ist zunächst als unterhaltsames Stück angelegt, erreicht aber in vielen Szenen große emotionale Tiefe und Komplexität. Die Charaktere treten durch die differenzierte Zeichnung in den Arien und Ensemble von Osmin, dem komisch-finsteren Aufseher des Paschas, der seine vielfältigen Drohungen im Koloratur-Bass zum Ausdruck bringt die stereotype Singspielhaftigkeit weit hinter sich. Mozart hat mit dieser Oper die Reihe seiner reifen Meisterwerke eröffnet und damit auch von der privaten Lebenssituation her endgültig den Schritt zur erträumten Existenz als unabhängiger Künstler geschafft. Nicht zufällig trägt die weibliche Hauptfigur den Namen seiner späteren Frau Konstanze, die er kurz darauf gegen den Willen seines Vaters in Wien heiratete.
Der Stoff spielt mit dem zeitgenössischen Enthusiasmus für die exotische Kultur der Türkei, einem Land, das noch kurze Zeit zuvor eine militärische Bedrohung für Österreich dargestellt hatte und somit für die Wiener von pikantem Interesse war. Das Osmanische Reich umfasste damals allerdings nicht nur Kleinasien, sondern auch den größten Teil der arabischen Welt bis nach Nordafrika und stand sinnbildlich für die Welt des Orient. Die Komposition enthält in der Ouvertüre und einigen weiteren Nummern Anklänge an Janitscharenmusik, die mit den Mitteln der westlichen Kunstmusik hergestellt werden, in der Instrumentierung aber durchaus originale Instrumente benutzten und das Martialische in der Musik der türkischen Janitscharen betonen. Mozart hatte sie bereits in früheren Werken eingesetzt, zum Beispiel im Türkischen Marsch (Allegretto Rondo alla Turca), dem dritten Satz der Klaviersonate Nr. 11 A-Dur KV 331.

Die Tatsache, dass der Bassa Selim (eine Sprechrolle) am Ende selbstlos auf die Ausübung seiner Macht verzichtet und seine Ansprüche auf Konstanze aufgibt, hat zu Interpretationen im Sinne des Lessingschen Nathan geführt. Der türkische Herrscher wird jedoch im Text als Renegat bezeichnet; er wurde erst durch die Intrigen von Belmontes Vater, von denen man im letzten Aufzug erfährt, aus seiner aufgeklärt-westlichen Existenz vertrieben und ins Exil eines fremden Kulturkreises gezwungen.
Die Oper wurde im Auftrag des Kaisers Joseph II. geschrieben, der damit ein Nationalsingspiel als Gegenstück zur italienisch geprägten Hofoper schaffen wollte. Sie war von Anfang an ein großer Erfolg und etablierte den ein Jahr zuvor aus Salzburg zugezogenen Mozart in Wien. Die Entführung gilt als die erste echte deutsche Oper, nachdem frühere Arbeiten fast durchweg Nachahmungen und Übersetzungen fremdsprachiger Produktionen waren. Sie wurde zum Vorbild für spätere deutsche Komponisten wie zum Beispiel Weber.
Konstanze, eine junge Spanierin, ihre englische Zofe Blonde und deren Freund, der Diener Pedrillo, sind nach einem Seeräuberüberfall von Konstanzes Verlobtem, dem spanischen Edelmann Belmonte, getrennt und auf einen Sklavenmarkt verschleppt worden. Glücklicherweise kauft sie Bassa Selim, ein gebürtiger Spanier, einst Christ und jetzt Moslem, und sorgt dafür, dass sie in seinem am Meer gelegenen Palast unter halbwegs erträglichen Bedingungen leben können. Belmonte hat nach Monaten einen Brief seines Dieners Pedrillo erhalten und kennt nun den Aufenthaltsort der Vermissten. Er segelt zu der von Pedrillo bezeichneten Küste, entschlossen, die Entführten zu retten.
Erster Akt Belmonte sucht seine Verlobte Konstanze (Arie: ?Hier soll ich dich denn sehen, Konstanze, dich mein Glück!). Osmin, Selims Diener, betritt den Garten, um Feigen zu pflücken. Obwohl er von Belmonte mehrfach angesprochen wird, ignoriert er ihn vollständig (Arie: ?Wer ein Liebchen hat gefunden). Belmonte bedrängt ihn wegen Informationen (Duett: ?Verwünsch seist du samt deinem Liede!). Osmin ist verärgert (Arie: Solche hergelaufne Laffen). Nachdem Osmin gegangen ist, trifft Belmonte auf Pedrillo und sie planen, die beiden Frauen zu befreien (Arie: ?Konstanze, dich wiederzusehen, dich!).
Von einem Janitscharenchor begleitet (Singt dem großen Bassa Lieder) tritt Selim mit Konstanze auf, um deren Liebe er vergebens wirbt; sie eröffnet ihm, dass ihr Herz bereits vergeben ist (Arie der Konstanze: ?Ach ich liebte, war so glücklich). Auf Pedrillos Anraten stellt Selim Belmonte als Baumeister ein, aber Osmin verweigert ihm den Zutritt zum Palast immer noch (Terzett: ?Marsch! Trollt euch fort!).
Zweiter Akt Blonde weist die rüden Annäherungsversuche Osmins zurück (Arie: Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln.). Nach einem Duett (?Ich gehe, doch rate ich dir, den Schurken Pedrillo zu meiden) lässt Osmin schließlich von ihr ab. Blonde versucht, Konstanze in ihrem Kummer zu trösten (Rezitativ und Arie: ?Welcher Wechsel herrscht in meiner Seele Traurigkeit ward mir zum Lose). Als Bassa Selim ihre Liebe einfordert und ihr Gewalt androht, trotzt sie ihm und wünscht sich den Tod (Arie: ?Martern aller Arten).
Pedrillo informiert Blonde, die seine Geliebte ist, dass Belmonte in der Nähe und alles für die Flucht vorbereitet sei. Blonde ist voller Freude (Arie: ?Welche Wonne, welche Lust). Pedrillo lädt Osmin zu einer Flasche Wein ein in der Hoffnung, ihn betrunken machen zu können (Arie: ?Frisch zum Kampfe, frisch zum Streite und Duett: Vivat Bacchus! Bacchus lebe!). Mit diesem Plan gelingt es ihm, Osmin aus dem Weg zu räumen, so dass Belmonte seine geliebte Konstanze treffen kann (Quartett, Belmonte, Konstanze, Pedrillo, Blonde: Ach, Belmonte! Ach, mein Leben.). Die beiden Paare finden wieder zueinander und planen die Flucht.

Dritter Akt Belmonte und Pedrillo wollen die Befreiungsaktion starten (Arie, Belmonte: Ich baue ganz auf deine Stärke; Romanze, Pedrillo: ?In Mohrenland gefangen war ein Mädel hübsch und fein). Belmonte kann zunächst mit Konstanze fliehen, doch als Pedrillo und Blonde ihnen folgen wollen, werden sie von Osmin gefasst (Arie: ?Ha, wie will ich triumphieren), Belmonte und Konstanze werden ebenfalls zurück in den Garten gebracht. Bassa Selim, der in Belmonte den Sohn seines Todfeindes erkennt, will sie zum Tode verurteilen. Konstanze und Belmonte nehmen Abschied vom Leben (Duett: Welch ein Geschick! O Qual der Seele.). Der Bassa zeigt sich aber großmütig und schenkt den Liebenden mit der Begründung es wäre ein weit größer Vergnügen eine erlittene Ungerechtigkeit durch Wohltaten zu vergelten, als Laster mit Lastern zu tilgen die Freiheit zur Bestürzung von Osmin, der eine grausame Hinrichtung vorgezogen hätte (Finale: ?Nie werd' ich deine Huld verkennen; darin: Erst geköpft, dann gehangen, dann gespießt auf heiße Stangen).
Der finnische Komponist Aulis Sallinen schrieb mit Der Palast eine Oper, die viele Charaktere aus der Entführung enthält, und die Handlung aus Mozarts Oper zum Ausgangspunkt eines bizarren Phantasiespiels macht. Auch Gioachino Rossinis Oper Die Italienerin in Algier (1813) handelt von der Befreiung einer schönen Frau aus der Macht eines orientalischen Fürsten," stellt die Internetenzyklopädie Wikipedia das Reclam-Heft, naja, genauser gesagt seinen Inhalt vor.
Hinsichtlich des Aufbaus ist das Reclam-Heft schon ein wenig außergewöhnlich. Zuerst gibt es eine Einleitung. Wilhelm Zentner beschreibt darin das geistige Umfeld und die Lebensumstände Mozarts zu der Zeit, als die Oper entstand. Im zweiten Drittel folgt der Text der Oper; ein Nachwort ist das letzte Drittel. In dem Nachwort äußert sich der Komponist über sein eigenes Werk.

Theodor Fontane: Effi Briest: Philipp Reclam Verlag Stuttgart 1969; 352 Seiten; ISBN: 3-15-006961-0
"Effi Briest ist ein Roman von Theodor Fontane, der erstmals 18941895 in der Deutschen Rundschau und daraufhin 1895 in Buchform erschienen ist. Als Erscheinungsjahr wurde auf dem Titelblatt 1896 angegeben. Der Gesellschaftsroman wird dem poetischen Realismus zugeordnet und spielt vor dem Hintergrund des durch strenge Normen festgelegten Lebens im Kaiserreich unter Reichskanzler Otto von Bismarck.
Der Roman behandelt das Leben der Effi von Briest, einer jungen Frau mit kindlichem Wesen, die an den gesellschaftlichen Konventionen im Preußen des späten 19. Jahrhunderts zerbricht, weil ihr Mann, Geert Freiherr von Innstetten, sie sechs Jahre nach ihrer Affäre mit Major von Crampas verstößt und zur Wiederherstellung seiner Ehre ihren ehemaligen Liebhaber im Duell erschießt. Auch von ihren Eltern wird Effi zunächst verstoßen.
Der 38-jährige Baron von Innstetten, ein früherer Verehrer von Effis Mutter, hält zu Beginn des Romans um die Hand des damals 17-jährigen Mädchens an und zieht mit Effi nach der Heirat und anschließender Hochzeitsreise durch Italien nach Kessin in Hinterpommern. Der literarische Ort ist dabei nicht mit dem tatsächlichen Kessin identisch, Fontane orientierte sich vielmehr an Swinemünde. Effi wird dort nie richtig glücklich und leidet unter ihrer Angst vor einem angeblichen Spuk im geräumigen landrätlichen Haus: Sie ist davon überzeugt, dass in manchen Nächten ein Chinese erscheine, der einst in Kessin gelebt und ein sonderbares Ende gefunden haben soll. In dieser Angst wird Effi bestärkt von Johanna, der von Innstetten ausgesuchten Haushälterin.
Freundschaft schließt Effi nur mit dem Apotheker Alonzo Gieshübler, der ihr Halt gibt. Sie erhält von ihm zudem täglich sorgsam präparierte Zeitungen und nimmt mit Innstetten an kulturellen Veranstaltungen teil.
Neun Monate nach der Hochzeit bekommt Effi eine Tochter, die auf den Namen Annie getauft wird. Während ihrer Schwangerschaft hatte Effi auf einem ihrer Spaziergänge das katholische Hausmädchen Roswitha getroffen, das sie als Kindermädchen einstellt. Major von Crampas taucht in Kessin auf. Er hat zusammen mit Innstetten beim Militär gedient. Crampas ist emotionaler und leichtlebiger als der steife, förmliche Innstetten. Er ermuntert Effi zu Abwechslung und Leichtsinn. Anfangs widersteht Effi dem Verführer, doch dann kommt es zu einer heimlichen Affäre.
Einige Wochen später wird Innstetten nach Berlin berufen, um dort im Ministerium zu arbeiten. Effi empfindet das Leben in der Großstadt im Vergleich zum ländlichen Kessin als Befreiung und ist relativ glücklich.
Nach sechs Jahren, während Effi zur Kur in Bad Ems weilt, findet Innstetten Crampas Briefe in Effis Nähkasten, die die Affäre der beiden enthüllen. Aufgrund des - aus Innstettens Sicht allerdings kritisch, aber doch noch als gesellschaftlich verbindlich betrachteten Ehrenkodexes beschließt dieser daraufhin, den Major zu einem Duell herauszufordern. Dabei wird Effis einstiger Liebhaber tödlich getroffen.
Effis Eltern senden ihrer Tochter einen Brief, in dem sie erfährt, dass sie aufgrund der gesellschaftlichen Konventionen nicht mehr nach Hohen-Cremmen, ihrem Heimatort und Sitz des elterlichen Anwesens, zurückkehren könne. Verstoßen von Ehemann und Eltern, zieht sie in eine kleine Wohnung in Berlin und lebt dort drei Jahre lang einsam zusammen mit der ihr mittlerweile freundschaftlich verbundenen Haushälterin Roswitha. Nach einem Besuch ihrer Tochter, die sie lange Zeit nicht sehen durfte, erleidet Effi einen Zusammenbruch. Ihre Eltern beschließen auf Anraten eines Arztes, ihre Tochter doch wieder zu sich zu nehmen. Effis gesundheitlicher Zustand verbessert sich zunächst zwar, doch kommt sie über den Schmerz, der sich in ihr Herz bohrte, als sie ihre kühle, vom Vater instruierte Tochter erleben musste, nicht hinweg. Angesichts des nahenden Todes spricht sie ihren früheren Gatten von jeglicher Schuld frei. Effi Briest stirbt mit 29 Jahren in ihrem Elternhaus an ?gebrochenem Herzen. Effis Mutter glaubt, eine Mitschuld am Tod ihrer Tochter zu tragen, weil sie Effis früh eingegangener Ehe mit einem 20 Jahre älteren Mann zugestimmt hatte. Herr von Briest unterbindet jedoch die weitere Diskussion mit den Worten  Ach, Luise, laß - das ist ein zu weites Feld.
Der Bezug zum Leben der Elisabeth von Plotho liegt nahe. Fontane veränderte allerdings viele Details, nicht nur um die Privatsphäre der Beteiligten zu wahren, sondern auch um den Effekt dramaturgisch zu verstärken: Elisabeth von Plotho, die spätere Baronin von Ardenne, heiratete ihren Mann nicht mit 17, sondern erst mit 19 Jahren, und er war auch nur fünf und nicht zwanzig Jahre älter als sie. Zudem hatte sie ihr Verhältnis nicht nach einem, sondern nach zwölf Jahren Ehe, und ihr Mann erschoss den Liebhaber nicht sehr viel später, sondern als das Verhältnis noch andauerte. Nach der Scheidung zog sich die Frau, wie Fontane auch wusste, keineswegs aus dem Leben zurück, sondern wurde berufstätig. Sie starb erst 1952, im Alter von 98 Jahren," berichtet die Internetenzyklopädie Wikipedia.
Das Buch gehört zu den Klassikern der deutschen Literatur. Das vorliegende Reclam-Heft bietet nicht nur den eigentlichen Roman - Text. In einem Nachwort beschreibt Kurt Wölfel die Entstehungsgeschichte des Romans. Er bietet auch erste Interpretationsansätze. Hinsichtlich einer Textinterpretation bietet Wölfel auf jeden Fall mehr, als ich hier an dieser Stelle leisten könnte und wollte. Auch wenn ich selbst ein Krimi-Fan bin, so kann ich dem Buch das Kompliment machen, dass es gut lesbar ist. Wer Gesellschaftsromane mag, wird sicherlich seine helle Freude daran haben.

Georg Büchner: Dantons Tod; Philipp Reclam Verlag Stuttgart 1991; 80 Seiten; ISBN: 3-15-006060-5

"Dantons Tod ist ein Drama in vier Akten von Georg Büchner. Es wurde von Mitte Januar bis Mitte Februar 1835 geschrieben. Im gleichen Jahr erschien eine von Karl Gutzkow herausgegebene Fassung im Literatur-Blatt von Eduard Dullers Phönix. Frühlings-Zeitung für Deutschland und eine Buchfassung mit dem von Duller zur Beschwichtigung der Zensur erdachten Untertitel Dramatische Bilder aus Frankreichs Schreckensherrschaft beim Phönix-Verlag Johann David Sauerländers. Das Stück ist damit das einzige noch zu Lebzeiten Büchners veröffentlichte Drama wenn auch in stark zensierter Fassung. Die Uraufführung fand erst am 5. Januar 1902 im Berliner Belle-Alliance-Theater als Produktion des Vereins Neue Freie Volksbühne statt, da das Stück lange Zeit als unspielbar galt. Außerdem gibt es eine von Gottfried von Einem komponierte Opernfassung.

Den historischen Hintergrund des Stückes bildet die Französische Revolution, so dass zumindest eine grobe Übersicht über den Verlauf der Revolution und ein Verständnis der darin handelnden politischen Gruppierungen und der zwischen ihnen auftretenden Konflikte für das Verständnis des Dramas entscheidend sind. Der eigentliche Handlungsrahmen des Dramas umfasst allerdings nur eine kurze Zeitspanne vom 24. März bis zum 5. April 1794, mithin einen Höhepunkt der so genannten Schreckensherrschaft (Terreur), in welche die Revolution gemündet war.

Wichtig zum Verständnis des Dramas ist der Konflikt zwischen den verschiedenen politischen Fraktionen, die sich im Verlauf der Revolution immer mehr verfeindet hatten. In der Nationalversammlung hielten zunächst die eher gemäßigten Girondisten, auch ?Talpartei genannt, die Mehrheit. Sie waren zur Kooperation mit dem König bereit. Eine andere Fraktion, die Jakobiner, auch ?Bergpartei genannt, strebte eine weitaus radikalere Veränderung der Gesellschaft an und forderte die Einführung der Republik. Führer der Jakobiner waren vor allem Robespierre, Marat und Danton, wobei letzterer im Gegensatz zu Robespierre der jakobinischen Sektion der Cordeliers angehörte, zu deren führenden Köpfen auch Chaumette, Desmoulins und Hébert zählten. Letzterer wiederum stand einer radikal linken Fraktion (den Hébertisten) vor, die eine Abschaffung des Eigentums und der Religion forderten und damit weit über das Ziel der anderen Jakobiner hinausschossen. Trotz ihrer Überzahl konnten sich die girondistischen Abgeordneten nicht gegen Jakobiner und öffentliche Meinung durchsetzen; sie konnten weder die Verhaftung des Königs noch das Einsetzen eines ?provisorischen Vollzugsrats zur Entmachtung der Versammlung verhindern und auch nicht die von Marat angetriebenen und von Danton als Justizminister geduldeten Septembermorde an über tausend politischen Gefangenen (insbesondere Royalisten) aufhalten. Nach der Hinrichtung Ludwigs XVI. am 21. Januar 1793 auf Veranlassung des Nationalkonvents war auf Antrag Dantons am 6. April der so genannte Wohlfahrtsausschuss eingerichtet worden, der fortan die Exekutivgewalt im Staat ausübte. Ein Revolutionstribunal, das am 10. März 1793 eingerichtet worden war, übernahm die Gerichtsbarkeit insbesondere im Hinblick auf die ?politischen Vergehen der Beschuldigten. Freispruch oder Tod waren die einzigen Urteilsmöglichkeiten; allein in Paris wurden in diesem Zusammenhang schätzungsweise 40.000 Menschen hingerichtet.

Im Frühjahr des Jahres 1793 kam es zu Aufständen der Girondisten in den Départements, die niedergeschlagen wurden und denen eine Verhaftung und Hinrichtung von 32 führenden girondistischen Konventsmitgliedern folgte. Innere und äußere Bedrohungen (gravierende wirtschaftliche Probleme, Hungersnöte, Aufstände der Royalisten und Girondisten, innere Zerstrittenheit der revolutionären Kräfte, Krieg gegen Österreich und Preußen) verschärften die Lage der Republik. Die zunächst als provisorisch gegründete Regierung aus Nationalkonvent und Wohlfahrtsausschuss blieb, nach einer Weigerung des Konvents eine demokratische Verfassung zu verabschieden, an der Macht. Im Juli 1793 wurde der Jakobiner Marat von Charlotte Corday ermordet. Im selben Monat war Danton aus dem Wohlfahrtsausschuss abberufen worden, andererseits waren Robespierre und später auch Collot dHerbois und Billaud-Varenne in den Ausschuss gewählt worden. Wohlfahrtsausschuss und Nationalkonvent bekannten sich nun öffentlich zur ?Schreckensherrschaft, die Welle von Hinrichtungen (unter anderem weiterer Girondisten, aber auch der ehemaligen Königin Marie Antoinette) dauerte an.

Im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre fiel der Verdacht auf mehrere Anhänger Dantons und auch auf ihn selbst. Im November 1793 forderten Danton und der Vieux Cordelier die Zeitschrift Camille Desmoulins ein Ende der Schreckensherrschaft, was Robespierre aber entschieden ablehnte. Statt dessen ließ Robespierre am 24. März 1794 Hébert und seine Anhänger verhaften und hinrichten. Hier setzt nun die Handlung von Büchners Drama ein. Nachdem sowohl die gemäßigten Girondisten als auch die radikalen Hébertisten beseitigt sind, stehen die in der neuen politischen Landschaft als gemäßigter zu betrachtenden Dantonisten mit ihrem Ruf nach einem Ende der Schreckensherrschaft Robespierre im Weg. Die Konfrontation zwischen den beiden Gruppierungen der Jakobiner konnte auch durch eine Unterredung zwischen Danton und Robespierre am 19. März 1794 nicht mehr beseitigt werden; mit der Zustimmung des Konvents ließ Robespierre in der Nacht vom 30. auf den 31. März Danton und seine Vertrauten (Desmoulins, Lacroix, Philippeau und andere) verhaften und vor das Revolutionstribunal bringen; am 5. April wurden sie hingerichtet. Den weiteren Verlauf der Revolution zeigt Büchner nicht mehr; der anschließende Sturz Robespierres und seine am 28. Juli 1794 erfolgte Guillotinierung werden nur in Vorausahnungen Dantons angedeutet.

In weiten Teilen des Dramas hält Büchner sich an historische Vorlagen und Quellen, geschätzt ein Sechstel des Textes besteht aus wörtlichen oder nur leicht veränderten Zitaten, die allerdings durch die Montage in das Drama oft aus dem Kontext gerissen sind: ?Insgesamt ist es aber die selektive, kritische Adaption der Quellen und historischen Diskurselemente, die dem Text den Wirklichkeitsanspruch eines ?geschichtlichen Gemäldes und zugleich seinen Rang als Kontrafaktur der Historiographie verleiht. Auffälligste Abweichungen von den tatsächlichen historischen Gegebenheiten betreffen die Figuren der Julie (im Drama Dantons Gattin) und Lucile (Camille Desmoulins Frau), deren Schicksal Büchner aus Gründen der Dramaturgie, insbesondere im Fall von Julie, radikal umschreibt. Die reale Gattin Dantons (Sebastienne-Louise Gely) beging keinen Selbstmord, sondern überlebte ihren Mann um Jahrzehnte (und auch Georg Büchner selbst) und heiratete 1797 erneut.

Da Georg Büchner von 1813 bis 1837 lebte, schrieb er seine Werke in der Zeit zwischen Romantik und Realismus in der so genannten Epoche des ?Vormärz. Das Ziel der politisch liberal orientierten Dichter in dieser Zeit war es, die Literatur von einer wirklichkeitsabgewandten Scheinexistenz wieder zu einem wirksamen Organ des gesellschaftlichen Lebens zu machen, das vor allem der politischen und sozialen Erneuerung zu dienen habe. Sie waren Gegner der Romantik und politischen Restauration. Sie kämpften gegen Konvention, Feudalismus und Absolutismus, traten ein für die Freiheit des Wortes, für die Emanzipation des Individuums, der Frau, der Juden und für eine demokratische Verfassung. Sie schufen eine Tendenz- und Zeitdichtung, das heißt eine Dichtung, die sich mit den Problemen der damaligen Zeit auseinandersetzt und für bestimmte politische Ideen begeistern und überreden will.

Bekannte Schriftsteller dieser Zeit:

* Heinrich Heine (17971856): ?Deutschland. Ein Wintermärchen, ?Atta Troll. Ein Sommernachtstraum
* Johann Wolfgang von Goethe (17491832): ?Faust, ?Erlkönig
* Franz Grillparzer (17911872): ?Weh dem, der lügt

1. Akt

Im ersten Akt des Dramas werden drei Interessengruppen innerhalb der Revolution vorgestellt, deren Ziele und Visionen unterschiedlich, oft sogar gegenläufig sind (Dantonisten, Robespierristen und das Volk). Die zwei Revolutionsführer Danton und Robespierre haben verschiedene Ansichten über den Fortgang der Revolution. Danton der als neureicher und einflussreicher Bürger zu den Gewinnern der Revolution zählt wird bereits in der ersten Szene als dekadenter Lebemann dargestellt, der seine Zeit mit Kartenspiel und in Bordellen verbringt. Die politischen Vorstellungen der Dantonisten aber sind liberal und tolerant, sie fordern nicht nur ein Ende der Terreur sondern auch einen liberalen Staat. Hérault fordert:

?Die Revolution muß aufhören und die Republik muß anfangen. In unsern Staatsgrundsätzen muß das Recht an die Stelle der Pflicht, das Wohlbefinden an die der Tugend und die Notwehr an die der Strafe treten. Jeder muß sich geltend machen und seine Natur durchsetzen können. Er mag nun vernünftig oder unvernünftig, gebildet oder ungebildet, gut oder böse sein, das geht den Staat nichts an. (Akt 1, Szene 1)

Allerdings wird schon in der darauffolgenden Szene klar, wie utopisch diese Forderungen sind. Der Leser oder Zuschauer wird Zeuge einer tragikomischen Szene, in der ein betrunkener Bürger in Wut und Verzweiflung beklagt, dass sich seine Tochter prostituieren muss, um ihre Familie unterstützen zu können. Hier wird die Lage des einfachen Volkes deutlich, das weit von der ?Selbstverwirklichung und dem ?Genussleben der dekadenten Dantonisten entfernt ist, und wie eh und je Hunger leidet. In diese Szene tritt die dritte Partei in Form von Robespierre, der vom Volk die bewundernden Beinamen ?der Tugendhafte und ?der Unbestechliche verliehen bekommt. Anders als die Dantonisten sieht er die Not des Volkes, ohne ihr aber abhelfen zu können, und propagiert die revolutionäre Tugend, das heißt die völlige persönliche Uneigennützigkeit und Hingabe an die Sache der Revolution. Dementsprechend wird bereits in seiner ersten Rede ein beängstigender Fanatismus offenbar; seine Antwort auf den Hunger des Volkes ist der Aufruf nach mehr Gewalt, härteren Maßnahmen; er will mit der Guillotine und dem Schrecken einen ?tugendhaften Staat errichten. Notwendig scheint bereits jetzt eine Kollision zwischen den unvereinbaren Positionen der Anhänger von Danton und der Anhänger Robespierres. In gewisser Weise stoßen hier nicht nur zwei Staatsentwürfe, sondern auch zwei revolutionäre Forderungen aufeinander: Wie viel Freiheit darf der Gleichheit, wie viel Gleichheit der Freiheit geopfert werden? Nach einer aufpeitschenden Rede Robespierres, durch die er den Nationalkonvent für eine Fortsetzung, gar Verschärfung der ?terreur gewinnt, fürchten die Dantonisten um ihre Sicherheit. Danton willigt auf das Bitten seiner Freunde in ein Treffen mit Robespierre ein, das nach außen hin ergebnislos verläuft. Robespierre jedoch, durch Danton moralisch aus der Fassung gebracht, beschließt daraufhin den Tod Dantons und seiner Anhänger, indem er sich glauben macht, dass nur so die Revolution gerettet werden kann.

2. Akt

Dantons Verbündete drängen ihn zum Handeln oder zumindest zur Flucht vor den Jakobinern. Danton ist aber von Weltmüdigkeit, Fatalismus und Resignation zerfressen und kann sich zu keinem Handeln motivieren; zudem will er Frankreich nicht verlassen [S. 31 / ?Nimmt man das Vaterland an den Schuhsohlen mit?]. Hinter all seiner Resignation besteht darüber hinaus auch der Glaube an seinen Einfluss und seine Popularität; der Glaube, dass der Konvent es nicht wagen würde, Maßnahmen gegen ihn und seine Fraktion zu treffen [?Sie werdens nicht wagen]. Danton vertraut seiner Frau Julie seine Gewissensbisse wegen der von ihm befohlenen Septembermorde an, die ihn aber von der Notwendigkeit seines Handelns zumindest oberflächlich überzeugen kann er verfällt erneut in einen Geschichtsfatalismus; klar tritt in dieser Szene auch eine Parallele zu den Gewissenskonflikten Robespierres zu Tage. Währenddessen plant Robespierre bereits die Verhaftung Dantons; diesmal ist es eine radikale Rede von Saint-Just, der rechten Hand Robespierres, die den Nationalkonvent mitreißt und ihn die Verhaftung Dantons billigen lässt. Der 2. Akt endet in einer turbulenten Szene im Konvent, in dem dieser enthusiastisch Saint-Just feiert und die Marseillaise anstimmt.

Im zweiten Akt fließt auch die Kunstkritik Büchners mit in das Drama ein; in einem Dialog zwischen Camille Desmoulins und Danton lässt er die Figuren bespötteln, dass die Leute die flachen, eindimensionalen und hoch artifiziellen Theaterstücke bewundern, während sie die Realität, die meisterliche Schöpfung, in ihrer Komplexität verachten. Diese Sicht der Kunst ist durchaus programmatisch für Büchners Schaffen, in dem er immer wieder bemüht ist, die Welt in all ihrer Vielseitigkeit und all ihren Facetten den schönen wie den unschönen darzustellen. Dies zeigt sich unter anderem in der in den Dramen verwendeten Sprache; schon in Dantons Tod lässt er seine Figuren in einer damals als sexuell zu anstößig und moralisch zu unanständig empfundenen Sprache sprechen, die Büchner jedoch als realistisch verteidigt.

3. Akt

In scheinbarem Gegensatz dazu steht die erste Szene des 3. Aktes, die im Kerker des Palais Luxembourg spielt, wo die Gefangenen angesichts ihrer bevorstehenden Hinrichtung über Leben, Tod und Unsterblichkeit philosophieren. Letztlich allerdings drehen sich ihre Gespräche nur im Kreise und karikieren so lediglich die Absurdität einiger damals gängiger Gottesbeweise [S. 4650]. Danton ist inzwischen verhaftet und wird dem Revolutionstribunal vorgeführt. Die Stimmung ist zunächst geteilt, doch Danton erinnert, rhetorisch geschickt, den Konvent und das anwesende Volk an seine revolutionären Verdienste und gewinnt so neue Sympathien (4. Szene). Unterdessen beschließen die Vorsitzenden des Revolutionstribunals die Geschworenenbank für Dantons nächsten Auftritt nur mit linientreuen Männern zu besetzen. Als Danton dann (9. Szene) in einem letzten leidenschaftlichen Appell für mehr Wahrheit und Gerechtigkeit und gegen Robespierre und sein blutiges Treiben plädiert, kippt die Stimmung zu Dantons Gunsten, sodass man, um seinen Einfluss nicht noch stärker werden zu lassen, die Sitzung kurzerhand auflöst. Die Mitglieder des Wohlfahrtsausschusses beraten sich über den Verlauf der Verhandlung. Durch die Denunziation eines Gefangenen wird Danton in Zusammenhang mit einem angeblichen Komplott gebracht, was Grund zur raschen Durchführung des Prozesses gibt, ohne Danton weiter anhören zu müssen. Nicht nur Robespierres Beredtheit, sondern auch ein korruptes Tribunal besiegeln also schließlich das Schicksal der Dantonisten.

Bezeichnenderweise fügt Büchner auch hier wieder eine ?Volksszene in die Handlung ein, die zeigt, wie schwankend die Gunst der Masse ist. Obwohl seine Reden viele überzeugen, spricht doch seine luxuriöse und dekadente Lebensweise eine andere Sprache, die sowohl zu der Armut des Volkes wie auch zu der bescheidenen und (scheinbar) moralischen Lebensweise Robespierres in starkem Kontrast steht. So endet der 3. Akt mit Hochrufen auf Robespierre und Forderungen nach der Hinrichtung Dantons.

4. Akt

Danton und seine Anhänger werden zum Tode verurteilt. Danton und sein Freund Camille Desmoulins tauschen Gedanken über Leben und Tod aus [S. 7678]. Dantons Frau Julie vergiftet sich in ihrem Haus, da sie ihrem Mann ihre Verbundenheit über den Tod versprochen hat. Das Volk ist schaulustig und spöttisch, als die Verurteilten zum Schafott geführt werden. Als die durch die Stadt irrende Lucile Desmoulins von der Hinrichtung ihres Mannes hört, bricht sie zur Guillotine auf dem Revolutionsplatz auf. Dort angekommen, fasst sie einen verzweifelten Entschluss. Um im Tode bei ihrem Mann zu verbleiben, ruft sie: ?Es lebe der König! und spricht somit ihr eigenes Todesurteil: Eine herannahende Patrouille der Bürgerwehr nimmt sie fest. Gerade in diesem Akt weicht Büchner am deutlichsten von seinen Quellen ab; Anlehnungen an Shakespeare werden deutlich.

Georg Danton wird als Mann dargestellt, der sich seinem Wohlleben, seiner angeborenen Genusssucht ergibt, da er an den bisherigen Erfolgen der französischen Revolution und deren weiteren Zielen zweifelt. Die Atmosphäre in Dantons Nähe ist geprägt durch Wein, Spiel und leicht zu habenden Frauen. Dies steht im Widerspruch zur Revolutionswirklichkeit, welche durch Armut, Bettelei, Trunksucht und Prostitution gekennzeichnet ist (Akt 1, Szene 5). Danton selbst war einst arm, seinen jetzigen Reichtum verdankt er einem Geschenk des Herzogs von Orléans, der versuchte sich die Krone durch Bestechungen zu sichern und durch ein Geschenk, welches mit der Forderung, dass Danton das Königtum erhalte, einherging. (Einfach Deutsch; S. 74, Z. 113) Danton wird als Held dargestellt, der gegen das unnötige Töten von Robespierre Einspruch erhebt (Einfach Deutsch; S. 73, Z. 912): Ihr wollt Brot und sie werfen euch Köpfe hin. Ihr durstet und sie machen euch das Blut der Guillotine zu lecken. Des Weiteren nimmt er seinen baldigen Tod als unausweichlich hin, eine gewisse Todessehnsucht wird erkennbar: Das Leben ist mir zur Last, man mag es mir entreißen, ich sehne mich danach, es abzuschütteln. (S. 60, Z. 1314) Danton verbindet eine starke Liebe mit seiner Gattin Julie, ohne die er nicht sterben will: Oh, Julie! Wenn sie mich einsam ließe! Und wenn ich ganz zerfiele, mich ganz auflöste, ich wäre eine Handvoll gemarterten Staubes, jedes meiner Atome könnte nur Ruhe finden bei ihr. (S. 71,Z. 48) Sie ist der Grund für sein letztes Aufbäumen vor dem Tod. Danton präsentiert Klugheit, er reagiert nicht auf die Kampfansagen (Szene I,2 ff) von Robespierre, es kommt lediglich zu einer Unterhaltung (I,6).

Robespierre erkennt die Not des Volkes, wird vom Volk bewundert und als der ?Tugendhafte und der ?Unbestechliche bezeichnet. Selbst handelt er jedoch nicht immer tugendhaft, dies wird schon zu Anfang des Dramas in der Unterhaltung zwischen Robespierre und Danton sichtbar. Robespierre wird vorgeworfen, dass er Menschen tötet, um von der bestehenden Not abzulenken. Er stellt sich als Mann mit sozialem Gewissen dar und stellt gleichzeitig Dantons Genusssucht an den Pranger, damit kann er das Volk von sich überzeugen. Andere Revolutionäre bezeichnen die Politik Robespierres als Terror.

Am Beispiel der Jakobinerdiktatur der Jahre 1793/94 demonstriert Georg Büchner das Umschlagen ursprünglich freiheitlicher Ideale in zynische Mittel einer Willkürherrschaft und hinterfragt angesichts einer sich verselbstständigen zerstörerischen Geschichtsdynamik die Handlungsmöglichkeiten des Subjekts (Geschichtsfatalismus). Während der Arbeit an diesem Werk befürchtet er immer wieder seine Verhaftung. Nur stark gekürzt und von sexuellen Anspielungen bereinigt, kann das Stück 1835 im Druck erscheinen. Auch findet sich lange kein Theater, das es wagt, Büchners Drama auf die Bühne zu bringen. Erst 1902 kommt es in Berlin zur Uraufführung. Durch Verwendung von zahlreichen historischen Quellen und umfangreichen Zitaten aus originalen politischen Reden ist Dantons Drama auch als ein Vorläufer des Dokumentartheaters zu sehen. Bislang wurde seitens der Büchnerforschung der innere Zusammenhang von Eros und Gewalt, der in allen Werken Georg Büchners thematisiert wird, nicht systematisch beleuchtet. Darauf hat der Literaturwissenschaftler Reinhold Grimm erstmalig 1979 in "text und kritik, Georg Büchner" aufmerksam gemacht. Eine Weiterführung dieses Diskurses findet sich im aktuellen Georg Büchner Jahrbuch 11 (20052008)," stellt die Internetenzyklopädie Wikipedia einen Klassiker der deutschen Literatur vor. Zuerst gibt es den Text des Dramas. Dann folgt ein kurzes, als "Nachbemerkung" bezeichnetes Nachwort, in dem die Entstehungsgeschichte des Textes beschrieben wird.

Dieses ist das politischte aller Theaterstücke, das ich bisher kennengelernt habe. Wie groß ist das Wissen um die Französische Revolution in der breiten Öffentlichkeit? In der Schule lernen die Kinder zwar die Ereignisse der Jahre 1789ff vordergründig kennen. Der geistesgeschichtliche Aspekt (und bei uns in Nordrhein-Westfalen auch der regionalkundliche Bereich, wie etwa die Besetzung der Rheinlande durch revolutionäre französische Truppen) wird in der Regel aber nicht vermittelt.

Daher bleibt die Frage, wie verständlich heute ein solches Stück überhaupt ist. Wie aktuell Büchners Aussagen heute noch sind, kann ja jeder Leser selbt entscheiden. Wer gerne Theater sieht, hält hier auf jeden Fall einen guten Text in den Händen. Ein Interese an politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen und Sprachwitz sollte schon vorhanden sein