Johann Wolfgang von Goethe:
Faust Der Tragödie zweiter Teil; Philipp Reclam Verlag Stuttgart
1986; 216 SeiteN; ISBN: 3-15-000002-5
"Faust. Der Tragödie zweiter Teil.
Faust. Der Tragödie zweiter Teil in fünf Akten, bekannt auch als
Faust II, ist die Fortsetzung von Johann Wolfgang von Goethes
Faust I.
Nachdem Goethe seit der Fertigstellung des ersten Teils im Jahr
1805 zwanzig Jahre lang nicht mehr am Fauststoff gearbeitet
hatte, erweiterte er ab 1825 bis Sommer 1831 frühere Notizen zum
zweiten Teil der Tragödie. Das Werk wurde 1832, einige Monate
nach Goethes Tod, veröffentlicht.
Inhalt
Das Drama besteht aus fünf Akten, die für sich abgeschlossene
Inhalte haben. Erst der Bezug auf die gesamte Tragödie der Teile
I und II stellt den Sinnzusammenhang her. Im Unterschied zum
ersten Teil steht nicht mehr das Seelen- und Gefühlsleben des
einzelnen Menschen im Mittelpunkt, sondern die Person Faust
entwickelt sich stetig weiter, wird zum sozial und geschichtlich
handelnden Unternehmer, scheitert auch in dieser Rolle und
vollendet sich in der politischen Vision einer freiheitlichen
Weltordnung.
Faust nimmt im zweiten Teil verschiedene Tätigkeiten an. Damit
entspricht er einem Ideal der Klassik: Der Mensch soll alle
seine Fähigkeiten ausprägen. Als Künstler schafft er im ersten
Akt ein Schauspiel, scheitert aber daran, es in die Wirklichkeit
zu überführen. Im dritten Akt begibt sich Faust auf eine
Zeitreise durch die Epochen. Dabei wird der Künstler Faust mit
Helena, dem Sinnbild der Schönheit in der Antike, verheiratet.
Zusammen bekommen sie ein Kind, Euphorion, das für die Deutsche
Klassik steht. Damit erklärt Goethe, wie es zur deutschen
Klassik gekommen ist: Durch eine Rückbesinnung der deutschen
Künstler auf die Antike. Der Tod Euphorions lässt Faust außerdem
zu der Erkenntnis kommen, dass die Poesie, die Euphorion als
Sohn der Schönheit und der Kraft darstellt, die Welt nicht
verändern kann, sondern nur flüchtige Eindrücke hinterlässt.
Drei Hauptthemen sind im Faust 2 zu unterscheiden:
1. Faust und Kaiser: der 1. und 4. Akt. Kultur, Macht, Schuld.
2. Faust und Helena: der 2. und 3. Akt. Natur, Sehnsucht, Trieb.
3. Fausts Tod und Gnade: der 5. Akt. Sinn, Vergebung.
Erster Akt
Anmutige Gegend
* Faust, auf blumigen Rasen gebettet, ermüdet, unruhig,
schlafsuchend. Dämmerung. Geisterkreis, schwebend bewegt,
anmutige kleine Gestalten.
Der Luftgeist Ariel weist die Elfen an, dem schuldig gewordenen
Faust (die Gretchentragödie in Faust I) den Heilschlaf des
Vergessens zu bereiten. Vom Schlaf erquickt, will Faust sofort
wieder nach dem höchsten Dasein streben - wie schon im ersten
Teil der Tragödie. Während ihn aber in seiner Studierstube der
Erdgeist blendete, verhindern nun die grellen Strahlen der Sonne
den Blick auf das, was die Welt im Innersten zusammenhält, auf
alle Wirkenskraft und Samen. Er wendet sich der Erde zu und
erkennt in ihr das farbige Abbild des Lebens - im zwischen
Klarheit und Zerfließen wechselnden Regenbogen sieht Faust den
Spiegel des menschlichen Strebens. Faust hat in diesem
Augenblick einen Moment der Bescheidenheit, der allerdings
später u.a. durch Mephisto wieder vollkommen aufgehoben wird.
Goethe zeigt dadurch gleich am Anfang, dass direkte,
unmittelbare Erkenntnis des Lebens nicht möglich ist. Vorerst
gilt es das diesseitige Leben zu leben. Erst jenseitige Gnade
wird Faust zu höhern Sphären führen.
Kaiserliche Pfalz
* Saal des Thrones. Staatsrat in Erwartung des Kaisers.
Trompeten. Hofgesinde aller Art, prächtig gekleidet tritt vor.
Der Kaiser gelangt auf den Thron; zu seiner Rechten der Astrolog.
Mephisto wird neuer Narr des Kaisers. Der hört sich, bereits in
Karnevalslaune, die Sorgen und Nöte von Kanzler, Heermeister,
Schatzmeister und Marschalk an: Es fehlt überall an Geld.
Mephisto spricht alle Bodenschätze und Schatzfunde dem Kaiser zu
und verändert die Deckung des Papiergelds: Nach dem Mummenschanz
wird deutlich, dass eine Deckung durch ?ungehobene Schätze die
Golddeckung abgelöst hatte.
Hof-Dame, als sich der hervortretende Geist Helenas Faust
zuwendet: Ich merke schon, sie nimmt ihn in die Lehre; In
solchem Fall sind alle Männer dumm, Er glaubt wohl auch, dass er
der erste wäre.
Helena von Troja von Evelyn de Morgan, 1898
* Weitläufiger Saal mit Nebengemächern, verziert und aufgeputzt
zum Mummenschanz.
Karneval:
Erste Abteilung - Gärtnerinnen, Ährenkranz, Phantasiestrauß,
Fischer, Vogelsteller,...
Zweite Abteilung - Holzhauer, Naturdichter, Hofsänger,
Rittersänger, Satiriker,...
Dritte Abteilung - Grazien, Parzen, Furien.
Vierte Abteilung - Fortitudo- Wagen: Furcht, Hoffnung,
Klugheit,...
Fünfte Abteilung - Plutus- Wagen: Knabe Lenker, Plutus, Geiz,...
Sechste Abteilung - Wildgesang: Faune, Satyr, Gnome, Riesen,
Nymphen, Pan.
Dieser weitaus umfangreichste Abschnitt des ersten Aktes
beschreibt den florentinischen Karneval aus der Sicht Goethes,
vor allem basierend auf Antonio Francesco Grazzinis Tutti i
Trifoni (1559) - eine Sammlung zeitgenössischer Festaufzüge und
Lieder. Die als Mummenschanz bezeichnete Darstellung zeigt ein
sinnfrohes Panoptikum höfischer Gesellschaft sowie historischer
und antiker Figuren. Das ordnende Element in dieser Szene wird
von der Figur des Herolds übernommen, der die verschiedenen
Abteilungen und Figuren hervorbittet, beschreibt und
protokolliert. Eine bedeutende Rolle spielen hierbei auch
vermehrt Allegorien wie die Furcht, Hoffnung und die Klugheit.
Auch Faust, Mephistopheles und der Kaiser selber mischen sich
unter die Gäste, wobei folgende Korrespondenz der angegebenen
Figuren zu Stande kommt:
Zolio-Thersites = Mephistopheles → Allegorie: Hässlichkeit
Plutus = Faust → Allegorie: Geld
Knabe Lenker = Sinnbild Euphorions (siehe 3. Akt) →
Allegorie: Poesie
Der Abgemagerte = Mephistopheles → Allegorie: Geiz
Pan = Kaiser
Nach den Deputationen der ersten drei Abteilungen und dem
Erscheinen von Plutus? Prachtwagen entwickelt sich die Szene zu
einem höfischen Schauspiel, in dem die Geldsorgen des als Pan
maskierten Kaisers aufgezeigt werden. Diese sollen von Faust in
Form des Reichtums selber beseitigt werden. Ein flammendes
Inferno, das die Masken der Anwesenden verbrennt und schließlich
von Faust gelöscht wird, beschließt den Mummenschanz.
* Lustgarten, Morgensonne. Faust, Mephistopheles, anständig,
nicht auffallend, nach Sitte gekleidet; beide knien.
Diese Szene beginnt mit dem Bericht des Kaisers, wie er die
vergangenen Feierlichkeiten erfahren hat. Kurz darauf erscheinen
die Berater des Kaisers und preisen das von Mephisto eingeführte
Papiergeld. Der Kaiser beginnt das Papiergeld zu verstehen und
beginnt ebenso wie seine Berater das Geld zu verprassen.
* Finstere Galerie (Müttermythe). Faust. Mephistopheles.
Mephisto erklärt dem Faust die ?Mütter als das tiefste
Mysterium: Göttinen thronen her in Einsamkeit, um sie kein Ort,
noch weniger eine Zeit. Faust begibt sich daraufhin ins Reich
der Mütter, um die Urbilder der Schönheit (Helena und Paris) zu
holen, wie es ihm der Kaiser auftrug.
* Hell erleuchtete Säle. Kaiser und Fürsten, Hof in Bewegung.
In dieser Szene wird Mephisto vom Hofvolk bedrängt, welches ihn
bittet, sich ihrer persönlichen Probleme anzunehmen. Allerdings
erscheinen ihre Probleme recht banal (Sommersprossen, steifer
Fuß). Diese Szene ist erneut wie der Saal des Thrones eine reine
Gesellschaftsszene und steht im Kontrast zur vorherigen Szene.
* Rittersaal. Dämmernde Beleuchtung. Kaiser und Hof sind
eingezogen.
Hier folgt ein illusionäres Flammengaukelspiel für den Kaiser,
der sich das Urbild der Schönheit in Form von Helena und Paris
wünschte. Deren Geister erweisen sich jedoch als flüchtige
Erscheinung. Im Rittersaal selbst entbrennt eine Diskussion über
die antike Schönheit, da die männliche Gesellschaft Helena als
vollkommen schön, jedoch Paris als triviale Gestalt ansieht,
wohingegen es sich beim weiblichen Publikum umgekehrt verhält.
Als Faust bemerkt, dass es sich bei der dargestellten Szene um
den ?Raub der Helena handelt, will dieser Helena bewahren und
greift in die Gespenster-Inszenierung ein, womit diese sich
auflöst, Faust jedoch paralysiert zurücklässt. Denn Faust hatte
seine Kunstschöpfung die ihm durch den Gang zu den Müttern
möglich war als sein Eigentum betrachtet, sich überschätzt und
sein Kunstwerk mit der Realität verwechselt.
Zweiter Akt
Hochgewölbtes, enges, gotisches Zimmer
* ehemals Faustens, unverändert. Mephistopheles hinter dem
Vorhang hervortretend. Indem er ihn aufhebt und zurücksieht,
erblickt man Fausten hingestreckt auf einem altväterischen
Bette. Famulus. Bakkalaureus.
Mephisto tritt in Faustens alte Stube und erkennt die Feder
wieder, mit der Faust sich dem Teufel verschrieb. Er legt sich
Faustens alten Mantel an, um sich als Dozent zu verkleiden. So
empfängt er den neuen Famulus, der an Wagners Stelle getreten
ist. Wagner mittlerweile selbst praktizierender
Naturwissenschaftler soll an einem großen, geheimnisvollen Werk
arbeiten. Mephisto fordert den Famulus auf, Wagner
herbeizuschaffen.
Nun folgt die Weiterentwicklung der ?Schülerszene aus dem Faust
I: Der inzwischen zum Bakkalaureus herangereifte ehemalige
Schüler, der von sich selbst behauptet, nun akademischen Ruten
entwachsen zu sein, erdreistet sich gegen Mephisto, der hier in
der bekannten Rolle des Prinzipals auftritt.
Der Bakkalaureus symbolisiert den unbeschränkten Zukunfts-, aber
auch Jugendglauben:
Des Menschen Leben lebt im Blut, und wo
Bewegt das Blut sich wie im Jüngling so?
Mephisto hingegen verkündet:
Wer kann was Dummes, wer was Kluges denken
Das nicht die Vorwelt schon gedacht
Laboratorium
Homunkulus [in der Phiole]: Was gibt's zu tun? Mephistopheles,
auf eine Seitentüre deutend: Hier zeige deine Gabe (Die
Traumbilder des schlafenden Faust zu beschreiben)
* Im Sinne des Mittelalters, weitläufige unbehilfliche Apparate
zu phantastischen Zwecken. Wagner am Herde. Homunkulus in der
Phiole.
Mephistopheles hat den bewusstlosen Faust in den vorhergehenden
Szenen in seine alte Studierstube versetzt. Im Laboratorium
nebenan trifft er Wagner, der gerade dabei ist, eine
wissenschaftliche Großtat zu vollbringen: Er schafft einen
künstlichen Menschen, den Homunkulus. Das zarte Kunstgebilde
vermag aber nur in seiner Phiole zu existieren. Sinnigerweise
ist bei seiner Herstellung der Teufel anwesend. Homunkulus
begrüßt ihn mit: Du aber, Schalk, Herr Vetter, bist du hier? Im
rechten Augenblick, ich danke Dir. Homunkulus, Faust erblickend,
sieht in seinem Gedankenspiegel liebliche Frauen, darunter
Helena. Homunkulus beschließt, zur klassischen Walpurgisnacht
nach Griechenland aufzubrechen. Mephisto, der nur wegen der
Aussicht auf dort gastierende thessalische Hexen einwilligt,
folgt Homunkulus, Faust tragend.
Klassische Walpurgisnacht
* Pharsalische Felder- Finsternis: Erichtho. Die Luftfahrer
oben. Faust den Boden berührend. Mephistopheles umherspürend.
Sirenen präludieren oben. Faust herantretend. Mephistopheles
verdrießlich.
Zu Beginn der Szene erscheint die thessalische Hexe Erichtho auf
den Pharsalischen Feldern als Vorbotin der Klassischen
Walpurgisnacht. Die düstere Berichterstatterin der Geschichte
verwirrt, indem sie die vorolympische Epoche, die römische Zeit
und den griechischen Befreiungskampf aus Goethes Zeit
miteinander vermischt. Sie flüchtet beim Herannahen der
Luftfahrer Faust, Mephisto und Homunkulus.
Faust erwacht nach der gescheiterten Helena-Beschwörung auf dem
antiken Schlachtfeld, auf dem Pompeius von Caesar besiegt wurde.
Ihm fließen neue Kräfte zu, als er den Boden fühlt, auf dem die
Gottheiten und Heroen der klassischen Antike zu Hause sind. Der
mittelalterliche, nordische Teufel fühlt sich dagegen fehl am
Platze. Doch zu seiner Verwunderung erkennt er in einigen der
antiken Schreckgestalten Nahverwandte.
Von allen Seiten hundert Quellen vereinen sich im reinlich
hellen, zum Bade flach vertieften Raum. Gesunde junge
Frauenglieder, vom feuchten Spiegel doppelt wieder ergetztem
Auge zugebracht! ? Wundersam! auch Schwäne kommen aus den
Buchten hergeschwommen, majestätisch rein bewegt. Ruhig
schwebend, zart gesellig, aber stolz und selbstgefällig.
* Peneios umgeben von Gewässern und Nymphen. Faust an den Fluß
tretend. Chiron. Manto inwendig träumend.
Am obern Peneios mit Greife, Sphinxe, Ameisen, Arimaspen und
Sirenen.
Am untern Peneios mit Peneios, Nymphen, Chiron und Manto.
Faust sucht hier Helena bei den Sphinxen und Chiron,
halluziniert Leda und wandelt am Fluss. Der Kentaur Chiron, der
Lehrer Herakles', Arzt und der Erzieher von Kastor und Pollux,
der Halbbrüder Helenas, bringt Faust zu Manto, die mit ihm in
die Unterwelt steigt und damit Fausts Irren durch die Klassische
Walpurgisnacht beendet.
* Am oberen Peneios wie zuvor- Sirenen. Mephistopheles in der
Ebene. Homunkulus. Mephistopheles an der Gegenseite kletternd.
Der ein galantes Abenteuer suchende, aber schon bei den Sphinxen
abgeblitzte, völlig erregte Mephisto wird durch die Lamien
bezirzt, dann aber durch seine Mühmichen Empuse, der Trauten mit
dem Eselsfuße - und den Phiolen-Homunkulus, der seine
Menschwerdung und Vervollkommnung bei Anaxagoras und Thales
sucht, in seinen nun direkten sexuellen Ambitionen gestört.
Anaxagoras und Thales tragen zwei philosophische Gedanken zur
Lebensentstehung mit sich. Während ersterer glaubt, dass
Lebendiges im Feuer entstanden sei, ist Thales ebenso überzeugt,
dass im Wasser der Ursprung alles Lebens zu finden sei. Mephisto
gelangt schließlich zur Bergeshöhle der drei Phorkyaden, von
denen er sich Zahn und Auge leiht, und im folgenden Akt als
Phorkyas auftritt.
* Felsbuchten des Ägäischen Meers- Mond im Zenit verharrend.
Telchinen von Rhodus auf Hippokampen und Meerdrachen, Neptunens
Dreizack handhabend. Galatee auf dem Muschelwagen nähert sich.
Thales, noch immer bemüht, Homunkulus bei seiner Menschwerdung
zu helfen, versucht bei Nereus, dem Greis des Meeres, das
Geheimnis des Entstehens zu ergründen. Dieser, ein
ausgesprochener Hasser des Menschenvolkes, weiß keinen Rat,
verweist jedoch auf Proteus, der die Kunst des Verwandelns
kenne. Proteus, sich in vielfältige Formen verwandelnd, weist
Homunkulus den Weg zum Zug des Muschelwagen der Galatee.
Homunkulus besteigt den Proteus-Delphin und zerschellt am
Muschelwagen der Meeresgöttin Galatee, der Tochter des Nereus.
Es entsteht ein Meeresleuchten. Der Akt endet mit einem
Lobgesang auf den allmächtigen Eros und die vier Elemente.
Dritter Akt
Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta
Helena: Da seht sie selbst! sie wagt sogar sich ans Licht
hervor! Hier sind wir Meister, bis der Herr und König kommt. Die
grausen Nachtgeburten drängt der Schönheitsfreund Phöbus hinweg
in Höhlen, oder bändigt sie.
Hier geht es um Fausts Beziehung zu Helena, mit der er einen
Sohn Euphorion - hat, der am Ende des Aktes zu Tode stürzt,
woraufhin auch Helena verschwindet. Die Verbindung Fausts mit
Helena symbolisiert die Verbindung von klassischer Antike und
romantischem, germanischem Mittelalter.
* Helena tritt auf und Chor der gefangenen Trojanerinnen.
Panthalis, Chorführerin.
Menelas kehrte mit Helena aus dem Krieg um Troja zurück und
schickte Helena voraus, um eine Opferzeremonie vorzubereiten. Er
sagte jedoch nicht, was geopfert werden solle. Helena ahnt, dass
sie das Opfer sein wird, und beklagt ihr Schicksal, doch ein
Chor von Trojanerinnen muntert sie wieder auf. Helena will nach
der Rückkehr die Diener und den Palast inspizieren, trifft
jedoch auf leere Gänge und auf Mephisto in Gestalt...
* Phorkyas zwischen den Türpfosten auftretend.
? die den Palast und Hof während ihrer Abwesenheit verwaltete.
Diese sagt Helena, dass sie das Opfer sein werde, da Menelas
fürchte, sie noch einmal zu verlieren oder nicht ganz besitzen
zu können, und bietet ihr und dem Chor an, sie mit auf eine
mittelalterliche und angeblich uneinnehmbare Burg zu nehmen,
welche während der zehn Jahre des Krieges um Troja und der
anschließenden Irrfahrten des Menelas bis Ägypten nicht weit von
Sparta errichtet wurde. Sie stimmen zu und flüchten, umhüllt von
Nebel, vor dem anrückenden König.
Innerer Burghof
* umgeben von reichen phantastischen Gebäuden des Mittelalters.
Nach dem Sieg über Menelas führt Faust Helena in das von ihm
geschaffenen Arkadien ein. Ein Hort des Glück und der Harmonie.
In seiner mittelalterlichen Burg angekommen, wirbt Faust um
Helena. Begeistert nimmt sie seine unbekannte, nordische Form
des Sprechens - den gereimten Vers - auf:
Fraun gewöhnt an Männerliebe, Wählerinnen sind sie nicht, aber
Kennerinnen. Und wie goldlockigen Hirten, vielleicht
schwarzborstigen Faunen, wie es bringt die Gelegenheit, über die
schwellenden Glieder vollerteilen sie gleiches Recht. Satyrn von
J. W. v.Goethe, um 1790
Helena: ...
Und hat ein Wort zum Ohre sich gesellt,
Ein andres kommt, dem ersten liebzukosen.
[?]
So sage denn, wie sprech' ich auch so schön?
Faust:
Das ist gar leicht, es muß von Herzen gehn.
Und wenn die Brust von Sehnsucht überfließt,
Man sieht sich um und fragt ?
Helena:
Wer mitgenießt.
? während der Chor die Frivolität der Frauen besingt.
Schattiger Hain
* Der Schauplatz wandelt sich durchaus. An einer Reihe von
Felsenhöhlen lehnen sich geschloßne Lauben. Schattiger Hain bis
an die rings umgebende Felsensteile hinan. Faust und Helena
werden nicht gesehen. Der Chor liegt schlafend verteilt umher.
Phorkyas berichtet dem Chor von der Geburt Euphorions, der aus
der Verbindung Fausts mit Helena - der schönen, personifizierten
Destruktivkraft der Sexualität - hervorgeht. Euphorion stirbt
kurze Zeit später bei einem übermütigen Flugversuch. Seine
letzten Worte
Laß mich im düstern Reich,
Mutter, mich nicht allein!
schallen nach, woraufhin Helena Persephone auffordert, sie und
den Knaben aufzunehmen. Während sich die Chorführerin Panthalis
ebenfalls zum Hades aufmacht, verweilen die Chormitglieder in
Arkadien, verwandeln sich jedoch in Naturgeister. Am Ende des
Schlussgesanges, nachdem der Vorhang gefallen ist, sieht man,
wie sich Phorkyas im Proszenium riesenhaft aufrichtet und als
Mephisto zu erkennen gibt, um, sofern es nötig ist, im Epilog
das Stück zu kommentieren.
Vierter Akt
Hochgebirg
* starre, zackige Felsengipfel. Eine Wolke zieht herbei, lehnt
sich an, senkt sich auf eine vorstehende Platte herab. Sie teilt
sich. Faust tritt hervor.
Faust-Monolog.
Faust, der aus Arkadien weggetragen wurde, phantasiert beim
Betrachten einer Wolke. Bei ständiger Veränderung derselben
glaubt er einmal Helena darin zu erkennen, ein anderes Mal
treten Bilder aus seiner Kindheit und Jugend wieder hervor.
* Ein Siebenmeilenstiefel tappt auf. Ein anderer folgt alsbald.
Mephistopheles steigt ab. Die Stiefel schreiten eilig weiter.
Trommeln.
Mephistopheles, der zur Fortbewegung einen Siebenmeilenstiefel
nutzt (?Das heiß ich endlich vorgeschritten!, V.10067), beginnt
einen Diskurs über die Entstehung der Erdoberfläche, speziell
des Hochgebirges, welches durch teuflische Gase geformt und
geprägt worden sei. Faust wiederum äußert das Verlangen, von nun
an weder weltliche Macht noch die Liebe einer Frau zu erlangen,
ein höheres Ziel stellt für ihn dar, die Natur (speziell das
Meer) zu kontrollieren. Dies soll in Form von Landgewinnung
durch Einsatz von Dämmen und Kanälen durchzuführen sein.
* Die drei Gewaltigen treten auf. (Sam. II; 23,8.)
Mephisto stellt Faust die drei Gewaltigen vor: Raufebold,
Habebald und Haltefest, die den Sieg für den Kaiser erlangen und
Fausts ehrgeizige Pläne der Landgewinnung verwirklichen sollen.
Auf dem Vorgebirg
* Trommeln und kriegerische Musik von unten. Des Kaisers Zelt
wird aufgeschlagen. Kaiser. Obergeneral. Trabanten.
* Faust geharnischt, mit halbgeschloßnem Helme. Die drei
Gewaltigen gerüstet und gekleidet wie oben.
* Mephistopheles von oben herunterkommend.
Mephistopheles und Faust treten ins Kriegsgeschehen ein und
werden davon unterrichtet, dass nun ein polarisierender
Gegenkaiser Krieg gegen den eigentlichen Kaiser führt und dessen
Land zu erobern sucht. Die Schlacht, die zu Gunsten des
Gegenkasiers auszugehen scheint, wird mit der Hilfe Mephistos
und der drei Gewaltigen gewendet.
Des Gegenkaisers Zelt
* Thron, reiche Umgebung. Habebald, Eilebeute.
* Kaiser mit vier Fürsten treten auf. Die Trabanten entfernen
sich.
* Der Erzbischof (-Erzkanzler) tritt auf.
Kurz nach dem Sieg über den Gegenkaiser betreten die beiden
Plünderer Habebald und Eilebeute das Zelt des besiegten
Gegenkaisers, mit dem Ziel, die dort befindlichen reichen
Schätze zu raffen. Beide werden allerdings bald von den vier
Trabanten des Kaisers verjagt. Der Kaiser tritt mit vier Fürsten
auf, die er für ihre Verdienste belohnt, indem er das gewonnene
Land unter ihnen aufteilt und sich somit von einem absoluten
dynastischen Prinzip der Staatsführung abwendet. Nach ihnen
folgt der Erzbischof, der Gaben für die Kirche einmahnt. Dem
Erzbischof, der erkannte, dass der vorausgegangene Sieg über das
Heer des Gegenkaisers nicht mit frommen rechten Dingen
zugegangen ist, steht es nun frei, übermäßige Forderungen an den
Kaiser zu stellen. Allerdings kann er nicht verhindern, dass
Faust einen Bezirk am Strand zugesprochen bekommt. Der
mittelalterlich-frühneuzeitliche Wissenschaftler und Suchende,
mit liebevoll-bewunderndem Hang zur griechischen Phantasie und
Schönheit, wird ins Staats- und Herrschaftsleben gesetzt und
muss jetzt, zum Tatmensch gewandelt und zwischen Gemeinwohl und
Eigennutz abwägend, handeln.
Fünfter Akt
Offene Gegend
* Philemon und Baucis
Ein durch eine offene Gegend ziehender Wanderer erkennt eine
kleine, von Linden umstandene Hütte, deren freundliche Bewohner
ihn vor langer Zeit aufnahmen, als er, in Seenot geraten, Hilfe
benötigte. Früher lag die Hütte der beiden Alten am Meer, heute
ist das Meer nur noch in der Ferne an den Segeln der Schiffe zu
erahnen. Der Wanderer tritt ein und erkennt Baucis wieder, die,
mittlerweile uralt, ihn seinerzeit freundlich aufnahm und
pflegte. Auch ihr Gatte Philemon lebt noch. Er erzählt von den
seltsamen Vorgängen, die sich seit dem ersten Besuch des
Wanderers hier an diesem Ort zugetragen haben. In der
Schilderung des Philemon und der anschließenden Wechselrede der
beiden Alten erfährt der Wanderer (und mit ihm der Leser), dass
der neue Herr des Landes - Faust, der aber ungenannt bleibt -
vom Kaiser als Lohn für den Kampf gegen den Gegenkaiser mit dem
Strand belohnt worden ist. Kaum im Besitz dieses Landes, ging
man daran, dem Meer Land abzutrotzen. Während die Arbeit
tagsüber kaum vorankam, sah man des Nachts Flammen umherirren,
wo am anderen Morgen bereits ein Damm stand. Die Erschaffung
neuen Landes war offensichtlich nur mit Hilfe von Zauberei
möglich. Die Hütte ist das letzte Gebäude aus alter Zeit, und
selbst dies möchte der neue Herr des Landes für sich haben,
weshalb er die beiden Alten unter Druck setzt. Mit der
Aufforderung Philemons, sich in die nahe Kapelle zum Gebet an
den Gott der alten Zeit zurückzuziehen, endet die Szene.
Palast
* Weiter Ziergarten, großer gradgeführter Kanal. Faust im
höchsten Alter, wandelnd, nachdenkend. und
* Mephistopheles. Die drei gewaltigen Gesellen.
Lynceus der Türmer beschreibt das neue, dem Meer entrissene Land
als Idylle. Doch der Klang des Glöckchens in der Kapelle von
Philemon und Baucis lässt Faust auffahren. Für ihn ist sein dem
Meer entrissenes Land keine Idylle, solange die beiden Alten in
ihrem kleinen Häuschen mit den alten Linden auf der Düne leben.
Über dieses kleine Fleckchen Erde hat er kein Recht. Es ist
seinem Zugriff entzogen. Dieser kleine Makel nagt an ihm so
sehr, dass er sich seines neuen Landes nicht erfreuen kann.
Nicht einmal die schönen Worte des Türmers mindern Fausts
Verdruss, als Mephisto mit den drei gewaltigen Gesellen den
dreieinigen, nicht zu trennenden: Krieg, Handel und Piraterie -
auf einem voll beladenen prächtigen Kahn in den künstlichen
Kanal einläuft. Mephisto erzählt von der erfolgreichen Fahrt,
die aber weniger eine friedliche Handelsunternehmung als
vielmehr eine mit kalter Rücksichtslosigkeit durchgeführte
Kaperfahrt war. Enttäuscht von der unfreundlichen Begrüßung
durch ihren Herrn schaffen die Drei die reiche Beute beiseite
und lassen sich von Mephisto beschwichtigen, der ihnen ein
großes Flottenfest in Aussicht stellt. Mephisto tadelt Fausts
Ärger über Philemon und Baucis angesichts des bisher Erreichten.
Schließlich verlangt Faust von Mephisto die Umsiedlung der
beiden:
So geht und schafft sie mir zur Seite!
Auf ihrem Grundstück möchte er sich zwischen den alten Linden
einen ?Luginsland errichten lassen, um von dort aus seinen
?Welt-Besitz zu genießen:
Dort wollt ich, weit umher zu schauen,
Von Ast zu Ast Gerüste bauen,
Dem Blick eröffnen weite Bahn,
Zu sehn was alles ich getan,...
* Tiefe Nacht
Lynceus singt auf seinem Turm sein Lied Zum Sehen geboren, Zum
Schauen bestellt. Er preist darin die Schönheit der Natur und
die Vollkommenheit der Schöpfung und all das, was er je sah. Mit
einiger Selbstgefälligkeit rühmt er nicht nur seine besondere
Fähigkeit, alles zu sehen, sondern auch sich selbst:
So seh ich in allen
Die ewige Zier
Und wie mir's gefallen
Gefall ich auch mir.
Er unterbricht sein Lied, denn er erkennt im Dunklen Funkenflug
und Feuer. Das Häuschen von Philemon und Baucis steht in
Flammen. Eindringlich beschreibt Lynceus, wie die alten Linden,
das Häuschen, die Kapelle und schließlich die Alten selbst ein
Raub der Flammen werden:
Das Kapellchen bricht zusammen
Von der Äste Sturz und Last.
Schlängelnd sind, mit spitzen Flammen,
Schon die Gipfel angefaßt.
Hatte er sich noch vor Kurzem seines großen Könnens stolz
gerühmt, so bedauert er nun angesichts des schlimmen Unglücks so
weitsichtig zu sein. Faust hört das Jammern des Türmers, tritt
auf den Balkon hinaus und entdeckt ebenfalls das brennende
Grundstück von Philemon und Baucis. Er bedauert den Brand nur
insofern, als auch die Linden in Mitleidenschaft gezogen wurden,
die ihm ja für seinen geplanten Aussichtsposten dienen sollten.
Vom Balkon aus erkennt er auch das neue Haus, das er Philemon
und Baucis großmütig als Ersatz zugedacht hat und in dem er die
beiden, von seiner Großmut erfüllt, ihre Tage glücklich
beschließen glaubt. Von Mephisto erfährt er allerdings eine
andere Geschichte. Er und die Dreie ( = die drei Gewaltigen =
drei gewaltige Gesellen = Raufebold, Habebald, Haltefest =
Krieg, Handel, Piraterie) drangen gewaltsam in das Haus der
Alten ein und drohten ihnen. Da sie ihr kleines Häuschen nicht
aufgeben wollten, wurden die beiden mit Gewalt weggeräumt. Vor
Schreck starben sie. Der ebenfalls anwesende Wanderer, dem man
in der Szene Offene Gegend begegnete, wehrte sich, konnte aber
der Gewalt nichts entgegensetzen und fiel. Im Getümmel fing das
Haus Feuer:
Von Kohlen, ringsumher gestreut,
Enflammte Stroh. Nun lodert's frei,
Als Scheiterhaufen dieser drei.
Wütend fährt Faust Mephisto und seine Gesellen an:
Wart ihr für meine Worte taub!
Tausch wollt ich, wollte keinen Raub.
Er schiebt die Verantwortung für den Tod der drei Mephisto und
den drei Gewaltigen zu. Allerdings hatte Faust in seinem Befehl
zur Umsiedlung von Philemon und Baucis nicht von ?Tausch
gesprochen. So geht und schafft sie mir zur Seite., waren seine
Worte. Rauch und Dunst steigen von den noch schwelenden Resten
des Brandes auf und schweben hinan zu Faust.
* Mitternacht
Vier graue Weiber treten auf Hier wird die Handlung von außen
nach innen verlagert und Faust will sich von der Magie lösen:
Nimm dich in Acht und sprich kein Zauberwort. Die Begegnung mit
den alten Weibern Mangel, Not und Schuld beeindruckt Faust
nicht, sein Bund mit Mephisto garantiert ihm Wohlstand und
Gesundheit. Nur die Sorge kann ihn erreichen, lässt ihn
erblinden und reduziert ihn auf seine Innenwelt.
* Großer Vorhof des Palasts
Mittlerweile hundert Jahre alt und blind, hält Faust die
lärmenden Lemuren, die ihm das Grab schaufeln, für seine
Arbeiter, die einen Deich errichten sollen, mit dem er dem Meer
Land für Besitzlose abgewinnen will.
Eröffn ich Räume vielen Millionen,
Nicht sicher zwar, doch tätig frei zu wohnen.
[?]
Solch ein Gewimmel möcht ich sehn,
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
Im Streben nach dem höchsten Dasein hat Faust seinen Egoismus
überwunden. Er will nun seine Fähigkeiten für das Wohl der
Bedürftigen einsetzen, von denen viele Millionen existieren. Mit
dieser späten Sinnfindung kann Faust sich endlich akzeptieren
und sicher sein, durch eine solche Großtat der Nachwelt im
Gedächtnis zu bleiben. Glücklich bekennt er:
Zum Augenblicke dürft ich sagen:
Verweile doch, du bist so schön!
Es kann die Spur von meinen Erdentagen
Nicht in Äonen untergehn.
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Genieß ich jetzt den höchsten Augenblick.
Mit dem Ausspruch der alten Schwurformel Zum Augenblicke dürft
ich sagen: Verweile doch, du bist so schön! verliert er die
Wette nicht, da das Wort "dürft" bedeutet, dass Faust dies gerne
sagen würde, es jedoch nicht tut. Seinem Tod entgeht er aber
nicht.
* Grablegung
Die Grablegung hat Goethe als Posse gestaltet. Mephistopheles
kommt vor dem toten Faust auf den blutunterzeichneten Vertrag zu
sprechen und befürchtet, leer auszugehen, auf den fehlenden
Höllenglauben der Protestanten anspielend (Auf altem Wege stößt
man an, / Auf neuem sind wir nicht empfohlen). Der Chor der
Himmlischen Heerscharen fordert, Sündern zu vergeben. Der Teufel
geht beunruhigt näher an das Grab heran, um Fausts Seele nicht
entwischen zu lassen. Der Chor der Engel tritt auf und streut
Rosen, die auf magische Weise Liebesgelüste bei Mephistopheles
auslösen. Seine Gehilfen, die Lemuren, stürzen ärschlings in die
Hölle. Mephistopheles ist nun mit den Engeln allein. Er kann
sich ihren Reizen nicht entziehen. Er möchte sie küssen,
schließlich will er sie nackt sehen.
Sie wenden sich. Von hinten anzusehen! -
Die Racker sind doch gar zu appetitlich.
Als Mephistopheles wieder zur Besinnung gekommen ist, haben die
Engel Fausts Seele mit sich genommen.
Die hohe Seele, die sich mir verpfändet,
Die haben sie mir pfiffig weggepascht.
Bergschluchten
Engel (schwebend in der höheren Atmosphäre, Faustens
Unsterbliches tragend): Gerettet ist das edle Glied der
Geisterwelt vom Bösen, wer immer strebend sich bemüht, den
können wir erlösen. Und hat an ihm die Liebe gar von oben
teilgenommen, begegnet ihm die selige Schar mit herzlichem
Willkommen.
* Wald, Fels, Einöde. Heilige Anachoreten gebirgauf verteilt,
gelagert zwischen Klüften.
Die in den Bergschluchten verteilten Anachoreten (klösterliche
Einsiedler) reflektieren über die Liebe und das Leben. Ihre
Äußerungen repräsentieren verschiedene Haltungen innerhalb des
Glaubens und der Theologie: Rationalität, Ekstase und liebevolle
Hingabe. Ein Chor seliger Knaben (Mitternachtsgeborne, die kurz
nach der Geburt verstorben sind) durchschwebt die Szene und wird
von dem Anachoreten Pater Seraphicus in sich aufgenommen, um
durch ihn zu den höchsten Gipfeln aufzusteigen und sie zu
umkreisen.
* Engel (schwebend in der höchsten Atmosphäre, Faustens
Unsterbliches tragend).
Über den Anachoreten erscheinen drei Engel, die Faustens
Unsterbliches tragen. Sie werden von den seligen Knaben
empfangen und begrüßt. Sie berichten von Fausts Errettung: Wer
immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.
* Mater gloriosa schwebt einher.
Einschweben der Mater gloriosa, begleitet von verschiedenen
biblischen Frauen und Una Poenitentium (sonst Gretchen genannt).
Mater gloriosa fordert Gretchen auf, sich mit ihr zu höheren
Sphären zu erheben. Faust bleibt vorerst zurück, doch: Wenn er
dich ahnet folgt er nach. Doctor Marianus betet alle reuig
Zarten... dankend umzuarten und um Gnade der Jungfrau ... und
Göttin.
Der Chorus mysticus beschließt das Drama mit:
Alles Vergängliche
ist nur ein Gleichnis;
das Unzulängliche,
hier wird's Ereignis;
das Unbeschreibliche,
hier ist's getan;
das Ewig-Weibliche,
zieht uns hinan.
Die Szene wurde als Seelenreinigung Fausts in Anlehnung an den
Neuplatonismus gedeutet, da auch dort die jenseitige Welt nach
einem triadischen Prinzip geordnet ist, welches in den drei
verschiedenen Ebenen der Szene wiedererkennbar ist. Die
verwendeten Motive entstammen zwar der christlichen Tradition,
ihre Verwendung ist jedoch weitgehend metaphorisch zu verstehen.
Die vielgedeuteten und vieldeutigen Schlussverse des Chorus
Mysticus können teilweise als metasprachliche Äußerungen
interpretiert werden. Das Ewig Weibliche kann als das Prinzip
der Liebe betrachtet werden, welches dem Ewig-Männlichen, dem
faustischen Titanismus entgegengesetzt ist," stellt die
Internetenzyklopädie Wikipedia das Buch vor. Das Reclam - Heft
enthält - natürlich - den Text; ein sehr, sicherlich auch zu
kurzes Nachwort gibt ein paar Hinweise zur Veröffentlichung.
Ich kenne die Tragödie nicht als Theateraufführung. Als Lektüre
ist sie jedenfalls nicht geeignet. Es gibt teilweise sehr lange
Monologe; man muß sich schon sehr konzentrieren, um den Text übe
rlängere Zeit zu lesen. Was ist die zentrale Aussage des
Stückes? Ich bin mir nicht sicher. Ein Handlung, eine
nachvollziehbare Geschichte, eine Botschaft ist hier nicht
offensichtlich. Man muß schon ein wahrer Theater- und
insbesondere Goethe-Fan sein, um zu diesem Stück zu greifen.
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