Duisburg, 10. Juni 2016 - Mit dem
heutigen Beschluss des Landtags für eine neue
Kommunalwahl-Sperrklausel ist die Landesverfassung nun
verfassungswidrig. Das zumindest meint man bei der
Initiative „Mehr Demokratie“, die den Beschluss von SPD, CDU
und Grünen scharf kritisiert.
„Die Gleichheit aller
Stimmen ist ein wichtiger Wahlrechtsgrundsatz, der auch im
Grundgesetz verankert ist. Mit einer Sperrklausel hat ein
relevanter Anteil von Stimmen aber keine Wirkung mehr. Das
ist grundgesetzwidrig“, sagt Landesgeschäftsführer Alexander
Trennheuser.
Er verweist dabei auf das so genannte
„Homogenitätsprinzip“, nach dem sich das Grundgesetz und die
Landesverfassungen in ihren Grundsätzen nicht widersprechen
dürfen. „Der Landtag kann nicht einfach Vorschriften des
Grundgesetzes außer Kraft setzen, indem er das Gegenteil
davon in die Landesverfassung schreibt“, erläutert
Trennheuser. Beim Thema Sperrklausel erlaubten die
Verfassungsgerichte Ausnahmen nur bei gesetzgebenden
Parlamenten wie Bundestag und Landtag. Durch die hier
übliche Fünf-Prozent-Hürde soll die besondere gesetzgebende
Funktion der Parlamente gesichert werden. Gemeinderäte
beschließen hingegen keine Gesetze, sondern fassen nur
Beschlüsse.
„Auch auf kommunaler Ebene ist gegen eine
Sperrklausel nichts einzuwenden, wenn ein Nachweis für deren
Notwendigkeit geliefert wird. Das ist SPD, CDU und Grünen
aber nicht gelungen“, kritisiert Trennheuser. Die
Befürworter einer neuen Wahlhürde hätten trotz mehrerer
Gutachten den Nachweis der konkreten Gefährdung der
Funktionsfähigkeit der Räte nicht erbringen können. Einen
solchen Beleg hatte der Verfassungsgerichtshof des Landes in
früheren Urteil gefordert. Als funktionsunfähig werden Räte
dann bezeichnet, wenn sie etwa den Haushalt für eine Kommune
mangels Mehrheit nicht mehr beschließen können.
„Eine solche Situation gibt es aber nirgendwo in
NRW“, sagt Trennheuser.
Mehr Demokratie
rechnet fest mit Klagen gegen die neue Sperrklausel. Hierbei
könnten am Ende die obersten Verfassungsrichter entscheiden.
„Das Bundesverfassungsgericht hätte keine
Probleme, eine verfassungswidrige Sperrklausel in NRW zu
kippen“, hatte Professor Janbernd Oebbecke als
maßgeblicher Experte für Verfassungsrecht bereits in einer
Sachverständigenanhörung des Landtags gewarnt. „Es ist nur
schade, dass bis dahin Zeit für andere Lösungen zur
Verbesserung der kommunalen Demokratie vertan ist“, bedauert
Trennheuser.
Mehr Informationen: Landtag beschließt
Kommunalwahl-Sperrklausel
http://nrw.mehr-demokratie.de/nrw-sperrklausel.html
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