Duisburg, 03. März 2020 - Das Gefühl der Bürger lässt einen
deutlichen Anstieg der allgemeinen Kriminalitätsrate in
Duisburg erwarten. Die Statistik behauptet das Gegenteil.
Der positive Trend aus 2018 setzt sich in 2019 fort: Die
Gesamtzahl der Straftaten in Duisburg ist weiter gesunken
und hat mit 42.166 Fällen den niedrigsten Stand der
vergangenen zehn Jahre erreicht. Im Vergleich zu 2018
(44.070) sind das gut vier Prozent weniger.
Die
Polizei hat 16.875 Tatverdächtige
ermittelt, von denen 6.798, also rund 40 Prozent,
keinen deutschen Pass hatten. In mehr als der
Hälfte der Fälle (23.240) konnte die Polizei im vergangenen
Jahr mutmaßliche Täter ermitteln.
Die
Aufklärungsquote bleibt mit gut 55 Prozent
auf einem konstant hohen Niveau.
"Das ist
insbesondere bemerkenswert, weil die Arbeitsbelastung
unserer Ermittler durch 69 Mordkommissionen und die
Einbindung in die Aufklärung der Missbrauchsfälle von Lügde
und Bergisch Gladbach neue Dimensionen angenommen hat", sagt
Polizeipräsidentin Dr. Elke Bartels.
Neben
rückläufigen Zahlen bei der Beförderungserschleichung
("Schwarzfahren") und Ladendiebstählen zeigt sich die
Behördenleiterin auch erfreut über eine Abnahme der
Fallzahlen bei der Rauschgiftkriminalität und der sonstigen
Diebstähle. Sorgen bereiten ihr allerdings die zunehmende
Zahl der Angriffe auf Polizisten sowie die bereits erwähnte
Arbeitsbelastung.
Die 69 Mordkommissionen stellen
einen historischen Höchstwert dar. 49 dieser Kommissionen
fielen in Duisburg an, 20 im Kreis Wesel (bei
Tötungsdelikten ist die Duisburger Polizei hier ebenfalls
zuständig). Die Zahl der Tötungsdelikte ist in Duisburg im
vergangenen Jahr um sechs Fälle auf 25 (19 Versuche)
gestiegen, darunter sind vier Morde (drei Versuche) und 16
Fälle von Totschlag (15 Versuche).
Hier
einige besonders aufsehenerregende Fälle: Am 9.
Januar wurde die Polizei zur Wohnung einer 74-Jährigen an
der Dr.-Wilhelm-Roelen-Straße in Walsum gerufen. Die Frau
hatte dem Pflegedienst nicht die Tür geöffnet. In der
Wohnung fanden die Beamten den Leichnam der Frau und trafen
auch auf ihren 48 Jahre alten Sohn. Er gab zu, seine Mutter
etwa eine Woche zuvor mit einem Kissen erstickt zu haben.
Der Mann wurde später in einem Prozess wegen Mordes zu
lebenslanger Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht
rechtskräftig.
Am 14. Juli rückte die Polizei zur
Hagedornstraße in Marxloh aus. Ein 23-Jähriger hatte zuvor
den Notruf gewählt und behauptet, seine Frau getötet zu
haben. In seiner Wohnung fanden die Polizisten die
schwerverletzte 25-Jährige. Der Mann soll mit einem
Küchenmesser auf sie eingestochen haben. Die Frau verstarb
später im Krankenhaus.
Am 7. September wurde die
26-jährige Mine O. aus Kaßlerfeld von ihrem Ehemann als
vermisst gemeldet. Er gab an, dass sie sich nach einem
Streit auf den Weg zu einer Freundin gemacht habe, dort aber
nie angekommen sei. Die Polizei leitete eine europaweite
Fahndung ein, allerdings ohne Erfolg. Nach mehrwöchigen,
aufwändigen Ermittlungen kam dann die Wende: Der Ehemann
geriet unter Tatverdacht. Am 5. Dezember wurde der
28-Jährige festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, Mine O.
getötet und ihren Leichnam in einem Waldstück an der
Bergstraße in Untermeiderich vergraben zu haben.
Auch außerhalb des Stadtgebietes waren Duisburger
Mordkommissionen im Einsatz: Am Abend des 22.
April lieferten sich zwei Autofahrer auf der Bismarckstraße
in Moers ein illegales Rennen. Der Fahrer eines Mercedes
rammte trotz Vollbremsung mit 105 km/h einen Kleinwagen. Die
Fahrerin wurde schwer verletzt und starb einige Tage später
im Krankenhaus. Der Haupttäter wurde am 17. Februar in
erster Instanz wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Den zweiten Fahrer erwarten drei Jahre und neun Monate
Freiheitsstrafe. Beide haben Revision gegen die Urteile
eingelegt.
Am 20. Juli stieß ein Mann aus Hamminkeln
eine ihm unbekannte 34 Jahre alte Frau am Bahnhof Voerde vor
einen einfahrenden Zug. Die Frau verstarb noch am Unfallort.
Der Fall schockierte Menschen in ganz Deutschland und
beherrschte tagelang die Schlagzeilen. Ein Gutachter stufte
den 28 Jahre alten Täter als nicht schuldfähig ein. Er wurde
in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht.
Diebstähle: Nach wie vor machen
Diebstähle mit fast 40 Prozent den größten Teil aller
Straftaten in Duisburg aus. Aber sie gehen deutlich zurück:
Mit 16.588 Fällen gab es im vergangenen Jahr 1.225
Diebstähle weniger als 2018. Der Trend spiegelt sich zum
Beispiel bei den Diebstählen aus Autos wieder: Mit 2.577
Taten wurden der Polizei fast 100 Fälle weniger gemeldet als
noch im Jahr zuvor (2.671). In den vergangenen zehn Jahren
hat sich die Gesamtzahl fast halbiert. Auch beim
Taschendiebstahl zeigt sich eine deutliche Entwicklung: Gab
es in 2018 noch 1.598 Taschendiebstähle, waren es 2019 schon
252 weniger (1.346). Mit 15,8 Prozent ist der Rückgang in
Duisburg deutlicher als in ganz NRW (8,5%). Die Duisburger
Polizei warnt im Rahmen der Präventionskampagne "Augen auf
und Tasche zu!" unablässig vor Taschendieben. In vielen
Gesprächen sensibilisierten die Experten Bürgerinnen und
Bürger, verteilten Info-Flyer zum Beispiel in örtlichen
U-Bahnstationen oder klärten Interessierte an Infoständen
auf dem Weihnachtsmarkt auf.
Wohnungseinbruch: Nach einem Ausreißer nach
oben in 2015 (2.200 Fälle) pendeln sich die Einbruchszahlen
in Duisburg wieder auf einem niedrigeren Niveau ein. Zwar
stieg die Zahl in 2019 auf 1.148 (1.079), dennoch ist das
der drittniedrigste Wert der vergangenen zehn Jahre.
Besonders erfreulich: Etwa 42 Prozent der Einbrüche blieben
im Versuch stecken, weil aufmerksame Nachbarn die 110
wählten oder die Täter an gut gesicherten Türen und Fenstern
scheiterten. Im Schnitt erbeuteten Einbrecher bei jedem
gelungenen Einbruch Gegenstände im Wert von über 4.000 Euro.
Mit welchen technischen Mitteln Häuser und Wohnungen wirksam
vor Einbrechern geschützt werden können, erklärten
Polizeiexperten der technischen Prävention bei zahlreichen
Infoveranstaltungen im Rahmen der Kampagne "Riegel vor!
Sicher ist sicherer". Bürger und Bürgerinnen können sich
jederzeit kostenlos beraten lassen.
Trickdiebstahl: Fast täglich gehen bei der
Polizei Duisburg Hinweise auf Trickbetrüger ein, die es vor
allem auf ältere Menschen abgesehen haben. In 35 angezeigten
Fällen überlisteten 2019 zum Beispiel falsche Polizisten
oder falsche Stadtwerke-Mitarbeiter arglose Senioren.
Allerdings muss man von einer gewissen Dunkelziffer
ausgehen. Die Polizei klärt daher kontinuierlich in
Zeitungen, im Radio und im Fernsehen über Trickbetrüger und
ihre Maschen auf. Beamte der Kriminalprävention halten aber
auch kostenlose Vorträge zum Beispiel in Seniorenheimen: Im
vergangenen Jahr haben sie bei 48 Infoveranstaltungen
insgesamt 700 Senioren erreicht.
Raub:
Raubdelikte machen mit nur etwa einem Prozent einen
kleinen Teil der Straftaten in Duisburg aus, können für
Opfer aber besonders traumatisierend sein. Bei einer
Raubserie im Herbst 2019 in Homberg fielen die Täter durch
ihre brutale Rücksichtslosigkeit auf. Die Taten sollen aus
einer Gruppe von 15- bis 17-jährigen Jugendlichen heraus
begangen worden sein. Ihnen wird vorgeworfen, zum Teil mit
Waffen mehrere Discounter, Kioske und Lottoannahmestellen
überfallen zu haben. Einige der mutmaßlichen Räuber haben
die Ermittler bereits identifiziert. Da sich deren
Aussagebereitschaft teilweise in Grenzen hielt, wandte sich
die Polizei mit einer Plakatkampagne an die Öffentlichkeit.
Hiermit sollten mögliche Zeugen, die sich bislang nicht
gemeldet hatten, gezielt angesprochen und zu Aussagen bewegt
werden. Insgesamt ist die Zahl der Raubstraftaten in
Duisburg im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen - auf 440
Straftaten (447 in 2018). Das ist ein neuer Tiefstwert im
Zehnjahresvergleich.
Körperverletzung:
Im Bereich der Körperverletzungen verzeichnet die
Duisburger Polizei einen leichten Anstieg auf 4.277
angezeigte Taten (4.135 in 2018). Darunter befinden sich
1.211 (1.198) Fälle von schwerer bzw. gefährlicher
Körperverletzung - weniger als die Hälfte davon (543)
ereigneten sich auf öffentlichen Straßen, Wegen oder
Plätzen. Bezogen auf die Gesamtzahl der Körperverletzungen
liegt die Aufklärungsquote bei 85 Prozent.
Widerstandsdelikte: Immer wieder schlägt
Polizisten im Einsatz Aggression entgegen. Sie werden
bespuckt, beschimpft, geschlagen oder getreten. Die Zahl der
Widerstände bei Einsätzen ist auf 271 (267 in 2018)
gestiegen. Das ist der zweithöchste Wert der vergangenen
zehn Jahre. Die Zahl der tätlichen Angriffe auf Polizisten
und andere Einsatzkräfte hat sich von 19 auf 38 sogar
verdoppelt. Angesichts solcher Zahlen findet
Polizeipräsidentin Bartels klare Worte: "Polizisten und
Rettungskräfte sind Helfer, die täglich für Andere ihr Leben
und ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Sie verdienen es, mit
Respekt behandelt zu werden." Die Einführung von so
genannten Bodycams soll seit Beginn des Jahres 2020 helfen,
aggressive Auseinandersetzungen mit den Ordnungshütern zu
vermeiden: Die Polizistinnen und Polizisten tragen die
kleinen Kameras an ihren Schutzwesten und kündigen deren
Einsatz an. Dadurch versuchen sie potenzielle Täter von
ihren Absichten abzubringen. Im Falle einer
Auseinandersetzung können sie Videoaufnahmen liefern, die
die Staatsanwaltschaft später als Beweismittel nutzen kann.
Rauschgiftdelikte: Der Kampf
gegen die Drogenkriminalität hat bei der Polizei in Duisburg
einen hohen Stellenwert. Einsatzkräfte gehen regelmäßig in
vielen Duisburger Parks Streife und kontrollieren
verdächtige Personen. Durchsuchungen sind im Kampf gegen
Drogenhändler mindestens genauso wichtig, wie folgende
Beispiele zeigen: Am 3. Mai hat die Duisburger Polizei eine
siebenköpfige Gruppe mutmaßlicher Dealer festgenommen, die
von Rheinhausen aus Drogen per Post verschickt haben soll.
Die Ermittler durchsuchten zehn Objekte und stellten mehrere
Kilo Amphetamin, Haschisch, Kokain, Ecstasy und der
Partydroge MDMA sicher. Am 2. Juli fassten Drogenfahnder
mutmaßliche Rauschgiftdealer im Bereich Meiderich und
Hochfeld. Sie durchsuchten hierbei 26 Objekte und stellten
unter anderem 185.000 Euro Bargeld und knapp anderthalb Kilo
Marihuana sicher. 17 Verdächtige wurden festgenommen.
Insgesamt bearbeitete die Polizei Duisburg im vergangenen
Jahr 1.592 (1.758) Rauschgiftverfahren. Die Zahl der
Drogentoten in Duisburg sinkt entgegen des Landestrends
wieder von zehn auf acht, was aber dennoch einen der
höchsten Werte der vergangenen zehn Jahre darstellt.
Brandstiftung: Im Bereich der
fahrlässig verursachten Brandstiftung beziehungsweise des
Herbeiführens einer Brandgefahr sanken die Fallzahlen weiter
auf 76 (97 in 2018). Das gilt auch für die vorsätzlichen
Brandstiftungen (von 55 auf 54 Fälle). Hier gab es erst
kürzlich einen besonderen Ermittlungserfolg: Ermittler
fassten am 19. Januar einen mutmaßlichen Serienbrandstifter.
Er soll seit Anfang Dezember in 14 Fällen Autos im
Duisburger Norden angezündet haben.
Sexualdelikte: Einen traurigen Höchststand
erreichten im Jahr 2019 die Sexualdelikte in Duisburg. Mit
479 offiziell gemeldeten Fällen wurde der
höchste Wert der vergangenen zehn Jahre
erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es eine
Steigerung um fast 20 Prozent. Die
Bandbreite der angezeigten Straftaten in diesem Deliktfeld
reicht von der sexuellen Belästigung in verbaler Form bis
hin zur Vergewaltigung. In der Regel kennen sich Täter und
Opfer einer schweren sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung.
95 solcher Fälle gab es in 2019. Bei keinem dieser Fälle hat
der Täter sein Opfer in der Öffentlichkeit überfallen. Die
Zahl der bekannt gewordenen Fälle im Bereich der Verbreitung
von Kinderpornografie hat sich etwa verdoppelt (42 Fälle in
2018; 83 in 2019). Das kann seine Ursache unter anderem
darin haben, dass die Bevölkerung durch aktuelle
Missbrauchsfälle sensibilisiert ist und Verdachtsfälle der
Polizei häufiger gemeldet werden.
Straßenkriminalität: Etwa ein Viertel (10.360)
der Gesamtstraftaten in Duisburg fiel im vergangenen Jahr in
den Bereich der Straßenkriminalität. Darunter werden alle
Delikte zusammengefasst, die auf öffentlichen Straßen,
Plätzen oder Wegen begangen werden. Daher zählen Diebstähle
aus Autos (2.577) oder von Fahrrädern (1.817) zu den größten
Deliktsgruppen der Straßenkriminalität. Aber auch
Raubüberfälle (244) und schwere Körperverletzungen auf
Straßen, Wegen oder Plätzen (543) gehören dazu.
Jugendkriminalität: Am Beispiel der
beschriebenen Raubserie in Homberg zeigt sich, dass
jugendliche Tatverdächtige und ihre kriminellen Karrieren im
Fokus der Ermittlungen bleiben müssen. Das gilt auch vor dem
Hintergrund, dass die Zahl der Tatverdächtigen unter 21
Jahren in Duisburg mit 3.577 (3.691) rückläufig war (Abnahme
von 3 Prozent). Die Zahl der von dieser Altersgruppe
begangenen Straftaten sank von 7.237 auf 4.603 (Abnahme von
36 Prozent). Mit Projekten wie der NRW-Initiative "Kurve
kriegen" wollen Polizisten und Sozialarbeiter junge Menschen
von einem Weg in die Kriminalität abhalten. Durchschnittlich
betreuen sie jedes Jahr mehr als 30 straffällig gewordene
Kinder und Jugendliche, aber auch deren Familien.
Messerdelikte: Seit 2019 werden in
Nordrhein-Westfalen Delikte gesondert erfasst, bei denen
(unabhängig vom Delikt) ein Messer im Spiel war: In Duisburg
war das 279 Mal der Fall, darunter waren 59 Messer, die nach
dem Waffengesetz verboten sind.
Kriminalitätsbericht 2019
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