Archiv Juli - Dezember 2010

"Ketchup-Attacke": Normalität 111 Tage nach der Loveparade-Tragödie?

Pro-Sauerland-Kommentare schlimmer als Ketchup
Duisburg, 11. November 2010 - Vor vier Tagen waren Duisburg und die „Loveparade-Katastrophe“ durch eine Reportage auf RTL2 zumindest deutschlandweit wieder in aller Munde, seit gestern gehen Bilder eines ketchupverschmierten Herrn Sauerland um die Welt.
Bei der Ansprache zur Einweihung des umgebauten Marktplatzes in Rheinhausen stürmte der in Duisburg alles andere als unbekannte Rolf Karling nach vorne und bespritze den Verwaltungschef Sauerland mit Ketchup. Sauerland wischte sich den Ketchup notdürftig aus dem Gesicht, blieb aber noch mehrere Minuten lang mit Ketchup auf Gesicht und Jacke auf der Bühne stehen.
Das Bild eines Opfers.
Falsch!
Auch wenn die
BZ derartige Angriffe nicht gut heißen kann, so fordert Herr Sauerland diese selber heraus.
Er war und ist immer noch der Verwaltungschef der Stadt Duisburg, der Verwaltung, die Fehler bei der Genehmigung der Loveparade gemacht hat. Und er drückt sich seit 111 Tagen davor, dafür die moralische und politische Verantwortung zu übernehmen!
Herr Karling wollte ihn, nach eigenen Aussagen, nicht körperlich sondern psychisch verletzen.
So wie viele Betroffenen der „Loveparade-Tragödie“ in ihren Gefühlen verletzt wurden, auch heute noch verletzt sind, täglich weiter verletzt werden, weil sich ein Herr Sauerland vor seiner Verantwortung drückt!

Unter diesen Gesichtspunkten sind einige Kommentare der CDU/Sauerland-Anhänger im Internet nur als pervers zu bezeichnen.
Aussagen wie „Eine primitive und menschenverachtende Attacke …“ oder „… was Herr Sauerland an Demütigungen und Anfeindungen ertragen muss, ist unglaublich …“ stellen doch die Tatsachen auf den Kopf!
Primitiv und betroffenenverachtend kann man den Versuch des Herrn Sauerland bezeichnen, 111 Tage nach der „Loveparade-Katastrophe“ Normalität vorzugaukeln.
Solange Herr Sauerland in seinem Amt verharrt, solange die Verantwortlichen und Schuldigen für 21 Tote und über 500 an Leib und Seele verletzten nicht zur Rechenschaft gezogen wurden, solange wird es in Duisburg keine Normalität geben!

Zum Abschluss zum zigsten Mal die Erklärung für die anscheinend lernresistenten „Sauerland-Anhänger“:
Herr Sauerland ist als Verwaltungschef verantwortlich für seine Fehler und die seiner Verwaltung! Die Schuldfrage muss die Justiz klären. Jochem Knörzer
.

Bärbel Bas zur "Ketchup-Attacke" auf Sauerland

Zur so genannten "Ketchup-Attacke" auf Adolf Sauerland erklärt die stellvertretende Vorsitzende der Duisburger SPD, Bärbel Bas, MdB:
"Die Ketchup-Attacke auf Herrn Sauerland ist selbstverständlich völlig inakzeptabel. Friedlicher Protest ist das eine, aber solche aggressiven Attacken sind nicht zu entschuldigen. Das steht völlig außer Frage.
Herrn Sauerland muss aber auch klar sein: Mehr als 110 Tage nach der Loveparade-Tragödie ist der Zorn und die Trauer bei vielen Menschen in Duisburg immer noch riesig, auch bei mir. Herr Sauerland kann sich nicht einfach zur Normalität zurück schleichen. Ein Oberbürgermeister muss alle öffentlichen Termine in seiner Stadt wahrnehmen. Wenn er das nicht kann, muss er den Weg freimachen für Neuwahlen."
.

Duisburger müssen wieder zu Selbstbewusstsein und Lebensmut finden

 "Das Leben muss weitergehen!" Hinter dieser lapidar anmutenden Forderung steckt mehr, als mancher für Duisburg im Moment vermuten möchte. "Wir schämen uns für  Duisburg und was hier passiert ist. Dafür, dass unsere jungen Gäste hier den Tod fanden!" Diese Aussage steht im Moment für fast alle Duisburger. Ohne Zweifel.
Gesagt werden muss: "Wir hatten vor den Herren  Sauerland, Rabe und Schaller hervorragende Menschen, die diese Stadt geführt oder ihr gute Veranstaltungen gebracht haben, die die Menschen aus dem Umland gern besuchten. Wir in Duisburg haben das unsägliche, Investitionen hemmende "Schimanski-Image" ganz langsam abbauen können und haben die enorme Belastung des totalen Strukturwandels mit dem negativen Höhepunkt Schließung des Kruppwerkes in Rheinhausen oder jüngst noch der Zeche in Walsum überwinden müssen.

Dann kamen die Mafiamorde und Bandidos, die die Stadt wieder negativ in die Schlagzeilen rückte. Nun diese Tragödie. Das liegt wie Mehltau über der Stadt. Duisburgs Bürger schlafen derzeit schlechter, sind eher depressiv und gehen gesenkten Hauptes durch die Stadt.
Wir müssen diese Trauer gemeinsam verarbeiten und dann einen Trauerbereich schaffen, der der Tragödie auch Rechnung trägt, der den Hinterbliebenen eine Möglichkeit bietet, ihre Trauer auch eine Zuordnung geben zu können. Und dann geht es um Versöhnung.
Die jungen Menschen kamen aus der Freude am Leben nach Duisburg um gemeinsam zu feiern. Wir dürfen anderen jungen Menschen diese Lebensfreude in Duisburg nicht vorenthalten, gleichwohl den mahnenden Charakter nicht ausschalten.
Wir lassen uns aber nicht in die Sippenhaft nehmen. Die Älteren sind dazu verpflichtet, den Boden für die jungen Menschen so zu bestellen, dass sie später übernehmen können. Das geht - wie die Nachkriegsgeneration leidvoll erfahren musste - nicht von heute auf morgen. Wir Deutsche haben eigentlich erst ab der Fußballweltmeisterschaft 2006 gelernt, uns über andere Dingen des Lebens mit anderen Nationen auch mit Nationalstolz freuen und feiern zu können. Dabei merkten wir erstaunt, dass dies nicht übel genommen wurde sondern anerkannt wurde.
Das depressive "Mäntelchen" muss weg, ohne dabei das Geschehen zu vergessen. Diese Stadt hat mehr verdient. Vor allem bessere Führer, die zu ihren gemachten Absichten stehen - so oder so. Wir müssen der Jugend anschaulich Führungspersonen bieten, an denen sie sich orientieren können. Da sind Herren wie Sauerland und Rabe nicht mehr gefragt, sollten - um an ihre Familien zu denken - ins "Zeugenschutzprogramm" aufgenommen werden.. Für den Neuanfang müssen alle in Duisburg an einem Strang ziehen: Bürger, Politiker, Händler und Verwaltungsmenschen.

Harald Jeschke in der Eigenschaft als Vorsitzender von bürgerschaftlichen Vereinigungen
 

26. Juli 2010: Loveparade-Drama und Bürger über OB Sauerland

Sehr geehrter Herr Sauerland,
als Duisburger, der bisher immer sehr gerne in Duisburg gelebt hat, bitte ich Sie nun endlich zurückzutreten.
Jede Sekunde, die Sie an Ihrem Stuhl kleben, schadet dem Image Duisburgs. Sie wollten sich ein Denkmal setzen mit der Loveparade - das haben Sie ja nun auch irgendwie geschafft, allerdings in negativer Hinsicht. Jetzt wird es Zeit die Konsequenzen zu ziehen.
Sie als Oberbürgermeister sind verantwortlich für die Verwaltung, da gab es riesengroße Fehler - unabhängig von den jetzt zu klärenden Details. Seien Sie endlich ein Mann und übernehmen Sie Verantwortung. Das wird nicht zuletzt auch gut für die Duisburger CDU sein, die sich dann unbelasteter neu aufstellen kann.
Auch Ihr Image in der Öffentlichkeit wird nicht weiter verlieren - es ist eh (und zurecht) am Boden und sinkt immer mehr, je länger Sie an diesem Stuhl kleben - das Spiel ist aus und das sollten Sie endlich begreifen.

Verharren an Ihrem Stuhl bestätigt allerdings das schon länger negative Bild von Ihnen - machtgeil, Party-OB, rücksichtslos, auf die eigene Karriere bedacht - und Duisburger sind Ihnen eh egal. Hauptsache sie erreichen Ihre Ziele - das ist ein Bild mit dem man eigentlich nicht schlafen kann. Schlafen können sollten Sie aber eh nicht mehr,
mit 19 Toten und 511 Verletzten auf dem gewissen und einem ruinierten Duisburger Image!
Vielen Dank im Voraus für Ihren Rücktritt
Erik Becker

 

 

Weiter so König Adolf
Lieber König Adolf einige Deiner Wähler verehren Dich. Wie Sie es schaffen immer wieder die Duisburger Presse ( zugegeben eine nicht sehr kritische ) an der Nase herum zu führen ist einfach wundervoll und zeichnet Sie als christlich demokratisch orientierten Menschen und Vollblutpolitiker aus.
Auf die Frage eines Journalisten in der gestrigen Pressekonferenz im Rat(losen)haus am 25.07.2010 ob sie in die Sicherheitsvorbereitungen zur Love-Parade involviert waren, antworteten sie mit einem super gut aufgelegten unschuldigen Dackelblick mit Nein .

Der oberste Sicherheits-und Verwaltungschef war nicht mit den Vorbereitungen der größten in „ seiner „ Stadt anstehenden Veranstaltung am Sicherheitskonzept beteiligt ?

Sie wissen aber doch schon, dass Sie Oberbürgermeister der Stadt Duisburg sind, gleichzeitig als solcher auch den Vorsitz der SW Duisburg im Aufsichtsrat innehaben ? Dazu kommen weitere Posten, z.B. Vorsitz der Trägergesellschaft der ARGE etc.
Lassen Sie sich bitte die monatlichen Überweisungen auf Ihrem Konto von Ihrer Gattin erklären, sie kann sicherlich die einzelnen Einnahmen erläutern. Wie sonst können Sie erfahren, wo Sie überall zumindest auf Papier Verantwortung tragen ,dazu eignen sich die Abrechnungen hervorragend, schließlich gibt es überall reichlich Salär dafür.
Ihre Parteikollegen und einzelne Ratsmitglieder haben es scheinbar versäumt es Ihnen mitzuteilen.
Oder gehen Sie nach dem Motto vor: Ein fauler Apfel im Korb infiziert auch die anderen Äpfel.
Dann wird die Zeit in Ihrer Partei und im Stadtrat für Sie arbeiten. Ein Rücktritt, der ohnehin nur für einen aufrechten Politiker in Frage kommen würde, ist dann nicht vonnöten.
Der Tübinger Strafrechtler Jörg Kinzig ist der Auffassung, dass allenfalls eine Bewährungsstrafe für den Straftatbestand fahrlässige Tötung in Betracht kommt.

Also können Sie und Ihre fähigen Verwaltungs-und Parteimitglieder aufatmen.
Zur nächsten Kommunalwahl und ein Jahr später OB-Wahl hat der einfach denkende Wahlbürger den Vorfall vergessen.
Das Ansehen und das Image der Stadt Duisburg jedoch wird auf lange Zeit beschädigt sein, aber dann sind Sie vielleicht nicht mehr König Adolf.
Die Bürger dieser Stadt werden sich später höchstens daran zurück erinnern einen OB gehabt zu haben, der seiner eigenen Karriere zuliebe Menschenleben geopfert hat und aufgrund seines miesen Charakters – so die Meinung einiger befragter Personen – aus eigenen Stücken nicht zurückgetreten ist.
Schade, dass Sie bisher die Chance verpasst haben freiwillig aus dem Amt zu scheiden. Nun müssen die Duisburger noch länger einen OB ertragen, der nicht in der Lage ist auch nur halbwegs verantwortungsbewusst sein Amt auszuüben.
Es bleibt abzuwarten worauf demnächst Ihre Unterschrift zu sehen ist, ohne dass Sie wissen wofür Sie sie gegeben haben.
Armes Duisburg, das hast du wirklich nicht verdient.
KlaRi

 

Sind Veranstaltungen Größenordnung noch organisierbar? Kann bei mehr als einer Million Menschen die Sicherheit garantiert werden?
Warum musste das Nadelöhr "gelber Bogen" so stark in Anspruch genommen werden?

24. Juli 2010 - Höher, weiter, noch mehr Besucher! Ob es das Guiness-Buch der Rekorde ist, ein möglicher Imagegewinn für diesen oder jenen oder gar Profitdenken - immer da wo Menschenleben in Gefahr geraten kann muss ein Schlussstrich gezogen werden.
Die Stadt Bochum sagte die Ausrichtung der Loveparade ab, da es den Stadtvätern nicht möglich erschien, für runde eine Million zu erwartenden Menschen oder gar mehr die Sicherheit zu garantieren. Nach den 15 Toten von Duisburg werden Bochums Stadträte sich bestätigt fühlen. Aber was ist mit Duisburg? Von einem nicht mit Geld zu bezahlenden Imagegewinn für die Stadt war aus dem Lager des Oberbürgermeisters und dem Chef von Duisburg-Marketing Uwe Gerster gern und oft zu hören, als die Stadt wegen der desaströsen Haushaltslage diese Parade gar nicht ausrichten sollte. Der OB setzte alles daran, dass das "Muss" Loveparade nach Duisburg kam und der Stadt nach seinen Angaben kein Geld kosten würde, mit Ausnahme der Beamten, die man ja ohnehin zu bezahlen hätte. Nun haben jungen Menschen den Besuch der Loveparade 2010 in Duisburg mit ihrem Leben bezahlt. Das wird auf immer und ewig mit der Loveparade 2010 von Duisburg in Verbindung gebracht werden.
Jedem in Neudorf wohnenden Menschen war der Haupteingang zum Veranstaltungsgelände durch den "gelben Bogen" suspekt. Jedem Ortskundigen war klar, die müssen doch einen weiteren Zugang von der Nordseite einplanen bei der nicht ausreichenden Größe des Geländes für eine Million Besucher und dem offenkundigen Nadelöhr "gelber Bogen". Oder wird doch die Düsseldorfer Straße oder die A59 für die Floats genutzt? Als die Sperrungen bekannt wurden und nichts dergleichen zu erkennen war, fragten sich die Insider, wie das gehen soll. Und diese Fragen haben sich Verwaltung, Organisator, Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte sowie die Bahn nicht gestellt? Fakt war, dass im bereich der nicht gesicherten Treppe im Bereich des Tunnels die Schwachstelle gab, die letztendlich durch den Druck der Menge überrannt wurde und zur Todesfalle wurde.
Wer nun vielleicht fahrlässig gehandelt hat, die Sicherheitslage falsch eingeschätzt oder im völlig falschen Moment die falsche Entscheidung traf wird sich noch herausstellen, muss nach den ersten Versorgungsmaßnahmen am Ort mit Besonnenheit angegangen werden. Harald Jeschke

 

 

Geschichtswerkstatt Du-Nord: Widerstand gegen Abriss in Bruckhausen

14. Juli 2010 - Im Jahr der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 beginnt die Stadt Duisburg mit dem Abriss eines in seiner historischen Bedeutung herausragenden Stadtteils im Duisburger Norden. Am 12. Juli soll mit dem Abriss von 15 Häusern begonnen werden. Wir fordern Sie hiermit auf, gegen diesen Akt des hoheitlichen, städtebaulichen Vandalismus offiziell zu protestieren.

Das als „Problemstadtteil“ geltende Bruckhausen ist absichtsvoll jahrelangem Verfall preisgegeben worden, nun soll der dem ThyssenKrupp Stahlwerk zugewandte erste Block des Stadtteils mit rund 200 Häusern dem Erdboden gleichgemacht werden, um einem mit dem Euphemismus „Grüngürtel“ bezeichneten, bisher nur unklar geplanten, so genannten „Landschaftsbauwerk“ zu weichen, das den Abstand zwischen städtischer Bebauung und Stahlwerk vergrößern soll. Nur ein paar wenige der historischen Gebäude sollen wie in einem Stahlstadt-Disneyland im Park neben einer Gestaltung, die hauptsächlich aus modischen rostigen Stahlwänden besteht, stehen bleiben.

Bruckhausen ist ein deutscher Erinnerungsort, der die Geschichten gleich mehrerer Epochen im Kleid einer zu sehr großen Teilen erhaltenen gründerzeitlichen Stahlstadt bürgerlicher Prägung erzählt. Das Stahlwerk und die auf das Werk ausgerichtete und planvoll angelegte Stadt bilden das inzwischen beinahe einzigartige Ensemble einer typischen Ruhrgebietsstadt der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts.

Die Stadtwerdung Bruckhausens vollzog sich in rasanter Geschwindigkeit gewissermaßen aus dem Nichts in den 1890er bis 1910er Jahren, beginnend mit der „Gewerkschaft Hamborn“ später „Gewerkschaft Deutscher Kaiser“. Zunächst nur Zeche lässt August Thyssen ab 1890/91 auf Bruckhausener Gebiet ein Hütten- und Stahlwerk sowie eine Kokerei bauen. Diese Werke brauchen Menschen, viele Menschen und sie müssen in unmittelbarer Nähe wohnen, Arbeiter wie leitende Angestellte. Es gibt wunderbare Fotos aus dieser Zeit: Eine Stadt, die direkt vor der Industriekulisse wächst, mit Mietskasernen, Bürgerhäusern und Geschäften, „klassische“ Ruhrgebietsansichten, wie es sie heute, wo die Industrie stirbt oder sich zumindest von den Wohnvierteln zurückzieht, kaum noch gibt. Aus nicht wenigen dieser Bilder spricht Euphorie; Pioniergeist, das Bewusstsein, ein gewaltiges Werk zu schaffen. Zeitungstexte ziehen Vergleiche mit Amerika, neue Technik schafft neue Städte, eine neue Gesellschaft entsteht, Menschen kommen von überall her, sprechen die unterschiedlichsten Sprachen. Diese neuen Städte sind Symbole des Fortschritts. Der Stolz der Bürger drückt sich in den Fassaden der Häuser aus, die mit viel Aufwand geplant werden. Bruckhausen ist Erinnerungsort der Gründung der modernen Industriegesellschaft.

Im zweiten Weltkrieg wurde das direkt am Werk liegende Bruckhausen nur wenig zerstört und konnte einen großen Teil des gründerzeitlichen Stadtbildes bis in die Gegenwart retten auch wenn oder sogar weil es in der Folgezeit zu einem vernachlässigten Stadtteil wurde.

In den 70er Jahren erlebte Bruckhausen einen starken Zuzug von „Gastarbeitern“ vor allem türkischer Herkunft, für viele Migranten war es die erste Heimat in Deutschland und ist es bis heute. Die Heimat von Menschen, die aus fernen Ländern zu uns gekommen sind und Teil unserer Geschichte wurden. Es ist Erinnerungsort für die Geschichte der Migration in Deutschland.
In den 80ger Jahren war Bruckhausen als „Problemstadtteil“ mit dem „Ortsheriff“ Hans-Raulien („Rauliens Revier“, Agneskircher 1994) und als Wohnort des „Türken Ali“ alias Günther Wallraff bekannt geworden. Bruckhausen erfuhr nicht nur durch den Titel des Buches eine Verortung als „Ganz unten“. Auch Schimanskis Schmuddeltatorte liehen sich gern Bruckhausener Kulissen und verfestigten das Bild des Stadtteils als „Slum“, als schmuddeligstem, aber auch typischstem aller Ruhrgebietsviertel. Bruckhausen ist Kristallisationspunkt des Gedächtnisses, Erinnerungsort des Mythos vom „hässlichen“ Ruhrgebiet mit seinen ehrlichen, herzlichen, einfachen Menschen.


In den letzten Jahrzehnten sind viele öffentliche Fördergelder in den Stadtteil geflossen und haben bewirkt, dass das Leben in Bruckhausen viel lebenswerter geworden ist. Wer mit offenen Augen durch die Straßen läuft, sieht die wunderbaren Gründerzeit- und Jugendstilfassaden, bemerkt das viele Grün, die vielen Kinder. Slums sehen anders aus.
Aber auch die heruntergekommenen Fassaden sind Teil unserer Geschichte wie ihre erfolgreiche Wiederbelebung Teil unserer Geschichte werden könnte. „Wohnen im Schatten der Hochöfen“ wäre heute bei Beachtung strenger Umweltmaßnahmen nicht mehr ungesund.

Wir sollten Lehren aus der Vergangenheit ziehen und erkennen, wie wichtig es ist, Veränderungen sensibel und mit Verstand vorzunehmen. Noch sind die alten Häuser zu retten. Kreativere Ansätze als Abriss und Grünflächengestaltung könnten Bruckhausen zu einem lebendigen Zeugnis einer großen Epoche machen. Während plötzlich alle Welt „Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt“ singt und die Industriekultur gefeiert wird, wissen wir tatsächlich wenig über die Epoche der Industrialisierung, ihre Erforschung beginnt gerade erst. Handeln wir heute nicht, werden wir eines Tages die Verluste beklagen, wie wir heute den Wahnsinn der Abrisswut der 60er und 70er Jahre erkennen und die Wunden sehen, die unseren Städte damals beigebracht wurden. Neben Bruckhausen sind auch kleinere Teile des Nachbarstadtteile Marxloh und Beeck durch den „Grüngürtel“ bedroht. Sollte das „bundesweit einmalige Sanierungsprojekt“ erfolgreich durchgeführt werden, steht zu befürchten, dass der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, Adolf Sauerland, recht behält: „Duisburg ist damit Vorreiter und mögliches Vorbild für andere Städte.“

Industriekultur darf nicht bedeuten, dass schließlich ein paar herausragende Ensembles der industriellen Epoche als Museen in langweiligen, vereinheitlichten Städten stehen, in denen der Profit den Baustil bestimmt. Retten wir die Stadtbilder des Ruhrgebiets mit ihrer typischen Ästhetik, sie sind unerlässlich für die Identität und das Selbstbewusstsein dieser Region.
Lassen Sie nicht zu, dass eine Stadt, die wie kaum eine andere eine Epoche repräsentiert, vernichtet wird!

Auf den Webseiten der Geschichtswerkstatt Du-Nord (www.geschichtswerkstatt-du-nord.de) finden Sie unter dem Punkt „Links und Infos“ Informationen über Bruckhausen und den geplanten „Grüngürtel“. Wir werden die Seiten in den nächsten Tagen weiter füllen, um Sie möglichst umfassend zu informieren.

Katrin Susanne Gems M. A. Markus Hellemanns M. A.
Geschichtswerkstatt Du-Nord
c/o Warbruckstr. 41
47169 Duisburg