Allerheiligen in Hamborn –
ein Tag des Wiedersehens
Duisburg, 28. Oktober 2019 – „Bei uns gab es immer
Riemchenkuchen, das war für uns Kinder eine große Freude!“
So erinnert sich Abt Albert an seine Kinder- und Jugendtage
in Hamborn und das Fest Allerheiligen, zu dem viele
Verwandte und Bekannte, die schon längst nicht mehr in
Hamborn lebten, zum Besuch der Gräber ihrer lieben
Angehörigen nach Hamborn kamen, um am Vormittag in der
festlichen Messe in der Abteikirche und am Nachmittag an der
Prozession der Gemeinde über den Friedhof mit der Segnung
der Gräber teilzunehmen.

Fotos Abtei Hamborn
„Für uns Kinder war das immer eine schöne Sache. Am Feiertag
war schulfrei und Onkel und Tanten kamen mit Cousinen und
Cousins, so dass eine große Kinderschar gesichert war. Auf
dem Friedhof durften wir bunte Lichter aufstellen und es gab
etwas Gutes zu essen.“
So ist es auch heute noch. Am Vormittag wird um 10.30 Uhr in
der Abteikirche ein festliches Hochamt gefeiert. Der
Abteichor singt von Michael Haydn die Messe zu Ehren der Hl.
Ursula, genannt Chiemseemesse, für Chor, Solisten, Orchester
und Orgel.
Die Festhochämter in der Abteikirche erfreuen sich stets
großer Beliebtheit. An Allerheiligen hat das noch eine
besondere Note: An diesem Tag kommen hier viele Menschen
zusammen, deren Vorfahren und Angehörige auf dem
Abteifriedhof bestattet sind. Erinnerungen werden wach,
Erinnerungen werden ausgetauscht und man bringt sich
gegenseitig auf den neuesten Stand. Was ist im Laufe des
letzten Jahres geschehen? Wer ist vielleicht schon
verstorben? Was hat sich in Hamborn getan?
Für nicht wenige Menschen, die in den zurückliegenden
Monaten einen Angehörigen auf dem Abteifriedhof begraben
haben, ist dieser Tag natürlich auch ein Tag schmerzlichen
Gedenkens und der Trauer, aber eingebettet in den von jeher
festlichen Rahmen der gottesdienstlichen Feier in der
Abteikirche.
Das Außergewöhnliche: Der Friedhof liegt direkt bei der
Kirche und das seit schon über 1.000 Jahren! Der Historiker
Pater Dr. Ludger Horstkötter weiß zu berichten, dass direkt
rechts neben der Kirche seit über 1.000 Jahren der Friedhof
der Hamborner Christen ist. Einige alte Grabmäler zeugen
noch von dieser Jahrhunderte langen Geschichte.

Heute bietet der Abteifriedhof verschiedenste
Bestattungsmöglichkeiten. Aufgrund der Schönheit des
Friedhofes, der wie eine hübsche Parkanlage mitten in der
Stadt Ruhe ausstrahlt und mit seinen zahlreichen Sitzbänken
zum Verweilen einlädt, ist der Friedhof zu einem beliebten
Anlaufpunkt für Jung und Alt geworden, ja, tatsächlich für
Jung und Alt: Jene, die ihre Angehörigen dort begraben
haben, aber auch Jene, die sich mit der Geschichte Hamborns
auseinandersetzen. Schon lange besuchen Schulklassen der
umliegenden Schulen den Friedhof und befassen sich mit der
hier repräsentierten Geschichte. Aufgrund der guten
Einsehbarkeit und der idealen Lage des Friedhofs muss man
hier auch keine Handtaschendiebstähle oder ähnliche
unangenehme Begegnungen befürchten.
Gemeinsam mit den Gärtnereien, die sich seit langer Zeit um
den Friedhof sorgen und kümmern, hat die Propsteigemeinde
St. Johann stets darauf geachtet, auch ökologische
Gesichtspunkte nicht außer Acht zu lassen. So treffen wir um
die Gräber herum und im Hintergrund des Friedhofs überall
auf eine große Pflanzenvielfalt und auf viele Kleintiere und
Insekten, die sich dort angesiedelt haben.
Als jüngstes Projekt wurde die sogenannte „Hummelwiese“ im
Jahr 2018 bekannt. Hier summt und surrt es den ganzen Sommer
hindurch aufgrund einer 1,50 Meter breiten
Umrandungsbepflanzung mit Wechselblühern. In über einer
Kilometerlänge zieht sich eine Hainbuchenhecke über den
ganzen Friedhof, in dem jedes Frühjahr und jeden Sommer
zahlreiche Vogelarten ihre Nester bauen. Einzelne Stätten
des Friedhofs erinnern an besondere Ereignisse und
Persönlichkeiten der Industriegeschichte. Gleich am Eingang
finden wir die Grabstätte der Familie König. Hier ruht als
Erster begraben Theodor König, der Gründer der König
Brauerei in Beeck. Von ihm gestiftet ist die daneben
befindliche Theodorkapelle, seinem Namenspatron, dem Hl.
Theodor geweiht. Heute dient sie auch dem Gedenken der
Kriegsopfer aus den beiden großen Weltkriegen.
Direkt hinter der Kirche, im sogenannten „Ostchor“ finden
wir das Verunglückten-Kreuz. Es stammt von einem Massengrab
aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, in dem Bergleute
begraben worden sind, die bei dem schlimmsten Grubenunglück
in Hamborn zu Tode gekommen waren.
Heute erinnert es aber besonders an alle, die sowohl im
Straßenverkehr, als auch auf den Werken unter Tage oder bei
der Arbeit am Hochofen ihr Leben lassen mussten, die zum
Teil kein Grab gefunden haben. Hier finden sich immer wieder
Blumen und brennende Kerzen des Gedenkens. Schwester Paula
Tisa von der Schulenburg hat die Bronzeplatten und den
Christus gestaltet, mit denen das große Gedenkkreuz heute
geziert ist.
Wenn die Prozession der Kirchengemeinde sich am Nachmittag
des Allerheiligentages um 16.30 Uhr zunächst nach der
Andacht in der Kirche in Bewegung setzt, werden diese
Stätten nacheinander besucht. Dort wird gebetet und die
umliegenden Gräber werden gesegnet. Auf dem Weg liegt auch
die Grabstätte der Ordensschwestern, die in den
Krankenhäusern ringsum gearbeitet haben, aber auch in den
Frauen- und Mütterschulen, im Abtei-Lyzeum und in den
Kindergärten. Es ist ein Ort der Dankbarkeit für die enormen
Leistungen der Ordensschwestern, die unter anderem das
moderne Pflegewesen vor 150 Jahren ins Ruhrgebiet gebracht
haben.
In naher Zukunft soll eine Gedenkstätte in der Mitte des
Friedhofs entstehen. Dort weiß man um die Bestattung der
Aschenurne des Märtyrers Wilhelm Paul Kempa aus der
Nazizeit, der, ähnlich wie der Österreicher Jägerstätter,
wegen Verweigerung des Militärdienstes 1940 zum Tode
verurteilt und enthauptet worden ist. Kempa war
Kunstfotograf in Hamborn. Angaben zu ihm finden sich heute
im Martyrologium des 20. Jahrhunderts.
Zum Abteifriedhof zählt auch die Ruhestätte der Priester-
und Ordensleute im Innenhof des Kreuzgangs direkt neben der
Abteikirche, vom Seiteneingang der Kirche her leicht zu
erreichen und tagsüber immer geöffnet. Seit der
Wiederbesiedlung vor 60 Jahren wurden hier inzwischen 8
Mitbrüder des Prämonstratenserkonvents begraben und viele
Geistliche, die im ehemaligen Dekanat Hamborn, der heutigen
Pfarrei St. Johann, Dienst getan haben, oder hier aus
Hamborn stammten. Die im Jahre 1986 zuletzt erneuerte
Grabanlage erinnert mit ihren Steinen an alle Geistlichen,
die nach der Aufhebung des Klosters 1806 hier Dienst taten
und im Innenhof des Kreuzgangs begraben liegen.
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An der Stelle der Gebäude der
heutigen Abtei St. Johann stand einst ein Gutshof namens
HAVENBURN (= Hamborn). Der Name bedeutet nach den
neusten Forschungen der Sprachwissenschaftler "Brunnen
des Habo", eines fränkischen Adligen und Gutsherren zur
Zeit der Karolinger (vor 900).
Dieser Gutsherr Habo oder seine Nachfolger errichteten
hier noch vor dem Jahre 900 eine kleine Kirche, deren
Fundamente 1969 bei Ausgrabungen teilweise freigelegt
wurden.
Außerdem ließen sie einige Wald- und Heideflächen
nördlich der alten Emscher bis nach Buschhausen roden
und verpachteten dieses Land an Bauern. Die Kirche auf
dem Gutshof wurde schon bald zur Pfarrkirche für die
entstehenden Bauernschaften, und der Name des Hofes
Hamborn ging sowohl auf die Pfarrgemeinde als auch auf
den späteren Gerichtsbezirk über.
Im Jahre 1136 schenkte der Edle Gerhard von Hochstaden
diesen seinen Hamborner Besitz dem Kölner Erzbischof mit
der Auflage, dort ein Kloster der Prämonstratenser zu
errichten. Die ersten Ordensleute kamen aus dem Kloster
Steinfeld in der Eifel.
Sie erweiterten zunächst die Pfarrkirche zur
Klosterkirche und errichteten den Kreuzgang und die
notwendigen Klostergebäude. Die Weihe der Hamborner
Klosteranlage erfolgte am 1. Mai 1170 durch den
Erzbischof von Köln und schon bald darauf wurde das
Kloster zur Abtei erhoben.
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In der Folgezeit führten Kriegseinwirkungen immer wieder
zu - teilweise sehr großen - Beschädigungen von Kirche
und Kloster. Dies hatte länger dauernde Phasen des
Niedergangs zur Folge, die oft nur mit Mühe überwunden
wurden. So konnte z. B. der Wiederaufbau der Kirche nach
den Zerstörungen der Kriegsjahre 1583-1587 erst im Jahre
1666 abgeschlossen werden. Fünf Wappenscheiben des
Jahres 1666 in den Fenstern des linken Seitenschiffs der
Kirche zeugen bis heute von der Spendenbereitschaft des
umliegenden Adels.
Nach der Besetzung des Rheinlandes durch französische
Truppen ließ die von Napoleon eingesetzte Regierung
unter der Leitung seines Schwagers Joachim Murat im
Jahre 1806 auch dieses Kloster wie nahezu alle anderen
aufheben ("Säkularisation"). Während die Klostergebäude
und die Klostergüter an den Staat fielen, blieb die
Abteikirche der Hamborner Bevölkerung als Pfarrkirche
erhalten. Die Chorherren jedoch wurden gezwungen, ihr
Kloster zu verlassen und ihr gemeinsames Leben
aufzugeben. Eine 670-jährige Tradition fand so ihr
gewaltsames Ende.
Am 24. August 1959 wurde das neue Kloster der
Prämonstratenser in Hamborn gegründet.
Das Kloster in Hamborn von 1806 bis heute
Im Zweiten Weltkrieg erneut schwer zerstört, wurden die
Abteikirche und die Gebäude um den Innenhof des
Kreuzgangs recht bald wieder aufgebaut. Damals wurde die
Pfarrgemeinde - wie es seit der Aufhebung des Klosters
1806 üblich war - von Diözesanpriestern geleitet und
betreut.
Im Jahre 1958 kam es zur Neugründung des Bistums Essen
aus Teilen der Bistümer Paderborn, Münster und Köln.
Bereits im Folgejahr 1959, also 153 Jahre nach der
erzwungenen Aufhebung der Abtei Hamborn, gelang es dem
ersten Bischof von Essen, dem späteren Kardinal Dr.
Franz Hengsbach, die Prämonstratenser-Abtei Windberg
(Bayerischer Wald) bei Straubing für eine
Wiederbesiedlung der historischen Stätte zu gewinnen. So
wurde das unabhängige Priorat St. Johann der
Prämonstratenser-Chorherren in Duisburg-Hamborn im Jahre
1959 neu gegründet und 1994 durch das Generalkapitel des
Prämonstratenser-Ordens zur Abtei erhoben.
Die Abtei Windberg hatte 1947 die alte Reichsabtei Rot
an der Rot im Allgäu neu besiedelt. Dieses Kloster wurde
1959 aufgegeben, weil es keine seelsorglichen
Einsatzmöglichkeiten bot, und seine sieben Mitglieder
begründeten am 24. August 1959 die neue
Klostergemeinschaft in Hamborn. Sie nahmen an diesem Tag
in der Abteikirche das regelmäßige Chorgebet auf.
Inzwischen ist der Konvent auf 21 Mitglieder
angewachsen. Der Bischof von Essen übertrug den
Prämonstratensern bereits 1959 die Seelsorge in der
Pfarrei St. Johann mit Krankenhaus und Schulen. Mit dem
Größer werden der Gemeinschaft wurden sowohl im Bistum
Essen als auch in anderen Bistümern neue Aufgaben dazu
übernommen
Der Konvent der Abtei Hamborn zählt heute 21 Mitglieder.
Nicht alle leben in der Hamborner Abtei, weil die
Vielfalt der übernommenen Aufgaben und auch die weite
Streuung der verschiedenen Arbeitsfelder mit einer
strengen Klausur aller Konventualen an einem Ort nicht
vereinbar ist.
Vom Kloster aus versehen einzelne Prämonstratenser die
Seelsorge in der Hamborner Pfarrgemeinde Propstei St.
Johann mit insgesamt acht Kirchen und zwei
Krankenhäusern sowie dem Sozialzentrum an St. Peter in
Marxloh, außerdem die Seelsorge in der Pfarrgemeinde St.
Michael in Meiderich mit dem Herz-Zentrum und in der
Pfarrgemeinde St. Dionysius in Walsum.
Selbstverständlich geschieht dieser Dienst in den
Bistümern Essen und Münster in Verbindung mit den
Diözesanpriestern.
Weitere Seelsorgsaufgaben stellen sich dem Konvent
derzeit in der Pfarrei St. Johannes in Selm-Cappenberg
(im Bistum Münster), in den Pfarreien St. Augustinus,
St. Johannes Bosco und der katholischen
Studentengemeinde in Magdeburg (Bistum Magdeburg), in
den Pfarreien St. Mariä Himmelfahrt in Bendorf-Sayn und
St. Clemens Maria Hofbauer in Bendorf-Mülhofen (beide im
Bistum Trier) sowie in der Pfarrei Strobl am Wolfgangsee
(Österreich).
Darüber hinaus nehmen einzelne Mitbrüder neben
Aushilfsdiensten besondere Aufgaben wahr: als Leiter des
bischöflichen Offizialates der Bistümer Hamburg und
Osnabrück, als Rundfunkbeauftragter der Kath. Kirche
beim WDR in Köln, in der Leitung des Hilfswerks
SUBSIDIARIS (Magdeburg), im schulischen Unterricht, in
der geistlichen Betreuung von Ordensschwestern, in
kirchlichen Vereinen und Verbänden, in Lehre und
Wissenschaft an den Universitäten Salzburg, St. Augustin
(bei Bonn), Münster und Bochum sowie der Notfall- und
Feuerwehrseelsorge.
Der heutige Konvent leistet so einen wichtigen Beitrag
mit pastoralem, kulturellem und sozialem Engagement.
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