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Das Kloster in Hamborn von 1806 bis heute  
 

Abtei Hamborn umd Allerheiligen

Allerheiligen in Hamborn – ein Tag des Wiedersehens
Duisburg, 28. Oktober 2019 – „Bei uns gab es immer Riemchenkuchen, das war für uns Kinder eine große Freude!“ So erinnert sich Abt Albert an seine Kinder- und Jugendtage in Hamborn und das Fest Allerheiligen, zu dem viele Verwandte und Bekannte, die schon längst nicht mehr in Hamborn lebten, zum Besuch der Gräber ihrer lieben Angehörigen nach Hamborn kamen, um am Vormittag in der festlichen Messe in der Abteikirche und am Nachmittag an der Prozession der Gemeinde über den Friedhof mit der Segnung der Gräber teilzunehmen.


Fotos Abtei Hamborn

„Für uns Kinder war das immer eine schöne Sache. Am Feiertag war schulfrei und Onkel und Tanten kamen mit Cousinen und Cousins, so dass eine große Kinderschar gesichert war. Auf dem Friedhof durften wir bunte Lichter aufstellen und es gab etwas Gutes zu essen.“  
So ist es auch heute noch. Am Vormittag wird um 10.30 Uhr in der Abteikirche ein festliches Hochamt gefeiert. Der Abteichor singt von Michael Haydn die Messe zu Ehren der Hl. Ursula, genannt Chiemseemesse, für Chor, Solisten, Orchester und Orgel.  
Die Festhochämter in der Abteikirche erfreuen sich stets großer Beliebtheit. An Allerheiligen hat das noch eine besondere Note:  An diesem Tag kommen hier viele Menschen zusammen, deren Vorfahren und Angehörige auf dem Abteifriedhof bestattet sind. Erinnerungen werden wach, Erinnerungen werden ausgetauscht und man bringt sich gegenseitig auf den neuesten Stand. Was ist im Laufe des letzten Jahres geschehen? Wer ist vielleicht schon verstorben? Was hat sich in Hamborn getan?
Für nicht wenige Menschen, die in den zurückliegenden Monaten einen Angehörigen auf dem Abteifriedhof begraben haben, ist dieser Tag natürlich auch ein Tag schmerzlichen Gedenkens und der Trauer, aber eingebettet in den von jeher festlichen Rahmen der gottesdienstlichen Feier in der Abteikirche.  
Das Außergewöhnliche: Der Friedhof liegt direkt bei der Kirche und das seit schon über 1.000 Jahren! Der Historiker Pater Dr. Ludger Horstkötter weiß zu berichten, dass direkt rechts neben der Kirche seit über 1.000 Jahren der Friedhof der Hamborner Christen ist. Einige alte Grabmäler zeugen noch von dieser Jahrhunderte langen Geschichte.  

Heute bietet der Abteifriedhof verschiedenste Bestattungsmöglichkeiten. Aufgrund der Schönheit des Friedhofes, der wie eine hübsche Parkanlage mitten in der Stadt Ruhe ausstrahlt und mit seinen zahlreichen Sitzbänken zum Verweilen einlädt, ist der Friedhof zu einem beliebten Anlaufpunkt für Jung und Alt geworden, ja, tatsächlich für Jung und Alt: Jene, die ihre Angehörigen dort begraben haben, aber auch Jene, die sich mit der Geschichte Hamborns auseinandersetzen. Schon lange besuchen Schulklassen der umliegenden Schulen den Friedhof und befassen sich mit der hier repräsentierten Geschichte. Aufgrund der guten Einsehbarkeit und der idealen Lage des Friedhofs muss man hier auch keine Handtaschendiebstähle oder ähnliche unangenehme Begegnungen befürchten.  
Gemeinsam mit den Gärtnereien, die sich seit langer Zeit um den Friedhof sorgen und kümmern, hat die Propsteigemeinde St. Johann stets darauf geachtet, auch ökologische Gesichtspunkte nicht außer Acht zu lassen. So treffen wir um die Gräber herum und im Hintergrund des Friedhofs überall auf eine große Pflanzenvielfalt und auf viele Kleintiere und Insekten, die sich dort angesiedelt haben. 
Als jüngstes Projekt wurde die sogenannte „Hummelwiese“ im Jahr 2018 bekannt. Hier summt und surrt es den ganzen Sommer hindurch aufgrund einer 1,50 Meter breiten Umrandungsbepflanzung mit Wechselblühern. In über einer Kilometerlänge zieht sich eine Hainbuchenhecke über den ganzen Friedhof, in dem jedes Frühjahr und jeden Sommer zahlreiche Vogelarten ihre Nester bauen.   Einzelne Stätten des Friedhofs erinnern an besondere Ereignisse und Persönlichkeiten der Industriegeschichte. Gleich am Eingang finden wir die Grabstätte der Familie König. Hier ruht als Erster begraben Theodor König, der Gründer der König Brauerei in Beeck. Von ihm gestiftet ist die daneben befindliche Theodorkapelle, seinem Namenspatron, dem Hl. Theodor geweiht. Heute dient sie auch dem Gedenken der Kriegsopfer aus den beiden großen Weltkriegen.  
Direkt hinter der Kirche, im sogenannten „Ostchor“ finden wir das Verunglückten-Kreuz. Es stammt von einem Massengrab aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, in dem Bergleute begraben worden sind, die bei dem schlimmsten Grubenunglück in Hamborn zu Tode gekommen waren.
Heute erinnert es aber besonders an alle, die sowohl im Straßenverkehr, als auch auf den Werken unter Tage oder bei der Arbeit am Hochofen ihr Leben lassen mussten, die zum Teil kein Grab gefunden haben. Hier finden sich immer wieder Blumen und brennende Kerzen des Gedenkens. Schwester Paula Tisa von der Schulenburg hat die Bronzeplatten und den Christus gestaltet, mit denen das große Gedenkkreuz heute geziert ist.     
Wenn die Prozession der Kirchengemeinde sich am Nachmittag des Allerheiligentages um 16.30 Uhr zunächst nach der Andacht in der Kirche in Bewegung setzt, werden diese Stätten nacheinander besucht. Dort wird gebetet und die umliegenden Gräber werden gesegnet. Auf dem Weg liegt auch die Grabstätte der Ordensschwestern, die in den Krankenhäusern ringsum gearbeitet haben, aber auch in den Frauen- und Mütterschulen, im Abtei-Lyzeum und in den Kindergärten. Es ist ein Ort der Dankbarkeit für die enormen Leistungen der Ordensschwestern, die unter anderem das moderne Pflegewesen vor 150 Jahren ins Ruhrgebiet gebracht haben.  

In naher Zukunft soll eine Gedenkstätte in der Mitte des Friedhofs entstehen. Dort weiß man um die Bestattung der Aschenurne des Märtyrers Wilhelm Paul Kempa aus der Nazizeit, der, ähnlich wie der Österreicher Jägerstätter, wegen Verweigerung des Militärdienstes 1940 zum Tode verurteilt und enthauptet worden ist. Kempa war Kunstfotograf in Hamborn. Angaben zu ihm finden sich heute im Martyrologium des 20. Jahrhunderts.  
Zum Abteifriedhof zählt auch die Ruhestätte der Priester- und Ordensleute im Innenhof des Kreuzgangs direkt neben der Abteikirche, vom Seiteneingang der Kirche her leicht zu erreichen und tagsüber immer geöffnet. Seit der Wiederbesiedlung vor 60 Jahren wurden hier inzwischen 8 Mitbrüder des Prämonstratenserkonvents begraben und viele Geistliche, die im ehemaligen Dekanat Hamborn, der heutigen Pfarrei St. Johann, Dienst getan haben, oder hier aus Hamborn stammten. Die im Jahre 1986 zuletzt erneuerte Grabanlage erinnert mit ihren Steinen an alle Geistlichen, die nach der Aufhebung des Klosters 1806 hier Dienst taten und im Innenhof des Kreuzgangs begraben liegen.
 

 

Das Kloster in Hamborn bis zum Jahre 1806...

An der Stelle der Gebäude der heutigen Abtei St. Johann stand einst ein Gutshof namens HAVENBURN (= Hamborn). Der Name bedeutet nach den neusten Forschungen der Sprachwissenschaftler "Brunnen des Habo", eines fränkischen Adligen und Gutsherren zur Zeit der Karolinger (vor 900).

Dieser Gutsherr Habo oder seine Nachfolger errichteten hier noch vor dem Jahre 900 eine kleine Kirche, deren Fundamente 1969 bei Ausgrabungen teilweise freigelegt wurden.

Außerdem ließen sie einige Wald- und Heideflächen nördlich der alten Emscher bis nach Buschhausen roden und verpachteten dieses Land an Bauern. Die Kirche auf dem Gutshof wurde schon bald zur Pfarrkirche für die entstehenden Bauernschaften, und der Name des Hofes Hamborn ging sowohl auf die Pfarrgemeinde als auch auf den späteren Gerichtsbezirk über.

Im Jahre 1136 schenkte der Edle Gerhard von Hochstaden diesen seinen Hamborner Besitz dem Kölner Erzbischof mit der Auflage, dort ein Kloster der Prämonstratenser zu errichten. Die ersten Ordensleute kamen aus dem Kloster Steinfeld in der Eifel.

Sie erweiterten zunächst die Pfarrkirche zur Klosterkirche und errichteten den Kreuzgang und die notwendigen Klostergebäude. Die Weihe der Hamborner Klosteranlage erfolgte am 1. Mai 1170 durch den Erzbischof von Köln und schon bald darauf wurde das Kloster zur Abtei erhoben.

In der Folgezeit führten Kriegseinwirkungen immer wieder zu - teilweise sehr großen - Beschädigungen von Kirche und Kloster. Dies hatte länger dauernde Phasen des Niedergangs zur Folge, die oft nur mit Mühe überwunden wurden. So konnte z. B. der Wiederaufbau der Kirche nach den Zerstörungen der Kriegsjahre 1583-1587 erst im Jahre 1666 abgeschlossen werden. Fünf Wappenscheiben des Jahres 1666 in den Fenstern des linken Seitenschiffs der Kirche zeugen bis heute von der Spendenbereitschaft des umliegenden Adels.

Nach der Besetzung des Rheinlandes durch französische Truppen ließ die von Napoleon eingesetzte Regierung unter der Leitung seines Schwagers Joachim Murat im Jahre 1806 auch dieses Kloster wie nahezu alle anderen aufheben ("Säkularisation"). Während die Klostergebäude und die Klostergüter an den Staat fielen, blieb die Abteikirche der Hamborner Bevölkerung als Pfarrkirche erhalten. Die Chorherren jedoch wurden gezwungen, ihr Kloster zu verlassen und ihr gemeinsames Leben aufzugeben. Eine 670-jährige Tradition fand so ihr gewaltsames Ende.
Am 24. August 1959 wurde das neue Kloster der Prämonstratenser in Hamborn gegründet.

Das Kloster in Hamborn von 1806 bis heute 
Im Zweiten Weltkrieg erneut schwer zerstört, wurden die Abteikirche und die Gebäude um den Innenhof des Kreuzgangs recht bald wieder aufgebaut. Damals wurde die Pfarrgemeinde - wie es seit der Aufhebung des Klosters 1806 üblich war - von Diözesanpriestern geleitet und betreut.

Im Jahre 1958 kam es zur Neugründung des Bistums Essen aus Teilen der Bistümer Paderborn, Münster und Köln. Bereits im Folgejahr 1959, also 153 Jahre nach der erzwungenen Aufhebung der Abtei Hamborn, gelang es dem ersten Bischof von Essen, dem späteren Kardinal Dr. Franz Hengsbach, die Prämonstratenser-Abtei Windberg (Bayerischer Wald) bei Straubing für eine Wiederbesiedlung der historischen Stätte zu gewinnen. So wurde das unabhängige Priorat St. Johann der Prämonstratenser-Chorherren in Duisburg-Hamborn im Jahre 1959 neu gegründet und 1994 durch das Generalkapitel des Prämonstratenser-Ordens zur Abtei erhoben.

Die Abtei Windberg hatte 1947 die alte Reichsabtei Rot an der Rot im Allgäu neu besiedelt. Dieses Kloster wurde 1959 aufgegeben, weil es keine seelsorglichen Einsatzmöglichkeiten bot, und seine sieben Mitglieder begründeten am 24. August 1959 die neue Klostergemeinschaft in Hamborn. Sie nahmen an diesem Tag in der Abteikirche das regelmäßige Chorgebet auf. Inzwischen ist der Konvent auf 21 Mitglieder angewachsen. Der Bischof von Essen übertrug den Prämonstratensern bereits 1959 die Seelsorge in der Pfarrei St. Johann mit Krankenhaus und Schulen. Mit dem Größer werden der Gemeinschaft wurden sowohl im Bistum Essen als auch in anderen Bistümern neue Aufgaben dazu übernommen

Der Konvent der Abtei Hamborn zählt heute 21 Mitglieder. Nicht alle leben in der Hamborner Abtei, weil die Vielfalt der übernommenen Aufgaben und auch die weite Streuung der verschiedenen Arbeitsfelder mit einer strengen Klausur aller Konventualen an einem Ort nicht vereinbar ist.

Vom Kloster aus versehen einzelne Prämonstratenser die Seelsorge in der Hamborner Pfarrgemeinde Propstei St. Johann mit insgesamt acht Kirchen und zwei Krankenhäusern sowie dem Sozialzentrum an St. Peter in Marxloh, außerdem die Seelsorge in der Pfarrgemeinde St. Michael in Meiderich mit dem Herz-Zentrum und in der Pfarrgemeinde St. Dionysius in Walsum. Selbstverständlich geschieht dieser Dienst in den Bistümern Essen und Münster in Verbindung mit den Diözesanpriestern.

Weitere Seelsorgsaufgaben stellen sich dem Konvent derzeit in der Pfarrei St. Johannes in Selm-Cappenberg (im Bistum Münster), in den Pfarreien St. Augustinus, St. Johannes Bosco und der katholischen Studentengemeinde in Magdeburg (Bistum Magdeburg), in den Pfarreien St. Mariä Himmelfahrt in Bendorf-Sayn und St. Clemens Maria Hofbauer in Bendorf-Mülhofen (beide im Bistum Trier) sowie in der Pfarrei Strobl am Wolfgangsee (Österreich).

Darüber hinaus nehmen einzelne Mitbrüder neben Aushilfsdiensten besondere Aufgaben wahr: als Leiter des bischöflichen Offizialates der Bistümer Hamburg und Osnabrück, als Rundfunkbeauftragter der Kath. Kirche beim WDR in Köln, in der Leitung des Hilfswerks SUBSIDIARIS (Magdeburg), im schulischen Unterricht, in der geistlichen Betreuung von Ordensschwestern, in kirchlichen Vereinen und Verbänden, in Lehre und Wissenschaft an den Universitäten Salzburg, St. Augustin (bei Bonn), Münster und Bochum sowie der Notfall- und Feuerwehrseelsorge.

Der heutige Konvent leistet so einen wichtigen Beitrag mit pastoralem, kulturellem und sozialem Engagement.