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Glücksspiel in Deutschland – auf dem Weg zu neuen Horizonten
'Das Angebot gilt nur für Spieler in Schleswig-Holstein'
Jochem Knörzer

Hamminkeln, 15. Mai 2020 - Haben Sie sich auch schon gefragt, was dieser Satz am Ende einer TV-Werbung bedeutet? Warum dieses Angebot nicht in Bayern oder NRW gilt?
Der nachfolgenden Ausführungen helfen da weiter.

Die Glücksspiellandschaft Deutschlands befindet sich derzeit stark im Wandel. Grund dafür ist zum einen die rasante Zunahmen von Anbietern im Internet sowie die Entwicklung zahlloser Apps, die das Spielen um Geld erlauben, zum anderen aber auch das Auslaufen des aktuellen Glücksspielstaatsvertrag im Sommer 2021 und die Frage nach dessen Neuregelung. Dabei setzt vor allem ein Bundesland alle anderen unter Zugzwang – in Schleswig-Holstein ist Gambling im Internet nämlich bereits seit langem legal.

Die aktuelle Graulandschaft des deutschen Online-Glückspiels
2008 trat der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag ursprünglich in Kraft, der die Glücksspiellandschaft in Deutschland regulieren sollte – allerdings geschah dies nur mit bedingtem Erfolg, denn in der Tat gilt er heute offiziell nur entsprechend der landesgesetzlichen Bestimmungen in den einzelnen Bundesländern, nachdem Schleswig-Holstein Ende 2008 austrat, einen Sonderweg wählte und Gambling im Internet unter bestimmten Voraussetzungen zuließ. In den anderen Ländern ist dies nach wie vor nicht legal, doch auch hier herrscht einige Verwirrung, was denn nun erlaubt ist und was nicht.

Stationäres Glücksspiel wird immer unbeliebter
Einfach war die Gesetzeslage bisher hinsichtlich Spielhallen in Deutschland – derzeit gibt es über 60 staatliche konzessionierte Casinos wie die Spielbanken von Dresden, Duisburg, Chemnitz, Baden-Baden, Konstanz und viele mehr, wo an Tischen Roulette, BlackJack und Bakkarat gespielt, aber auch an Automaten gezockt werden kann. Auch Lotto und Toto sind staatlich geregelt, doch generell zeichnet sich ein deutlicher Trend ab: die Bruttospielerträge aus stationärem Glücksspiel werden laut Prognosen bis 2021 kaum weiter ansteigen oder gar zurückgehen, während der Online-Anteil deutlich anwachsen wird. Eine Entwicklung, die sich natürlich auch auf die staatlichen Einnahmen auswirken wird: bisher beträgt der Steueranteil von Lotto 20%, bei Renn- und Sportwetten 5%, während Spielautomaten über die Vergnügungssteuer bisher auf Landesebene abgerechnet wurden.

Slot-Maschinen – wie sind sie gesetzlich geregelt?
Gerade das Betreiben von Slot-Maschinen und Automaten ist durch Spielautomaten Gesetz 2020 klar geregelt, das nicht nur festlegt, wo und wie viele die Automaten aufgestellt werden dürfen, sondern auch Einsatz und Gewinne reguliert. Während sich die derzeit 263.000 Slot-Maschinen in Deutschland auch weiterhin großer Beliebtheit erfreuen, bekommen sie jedoch von Online-Angeboten immer stärkere Konkurrenz, die eine praktische Alternative liefern – immerhin sind sie von überall und jederzeit per Computer, Smartphone oder Tablet aus erreichbar.

Der Einsatz von Slot-Maschinen ist durch das Spielautomaten Gesetz klar geregelt

Schleswig-Holsteins Sonderweg setzt die Länder unter Zugzwang
Kein Wunder, dass der Staat unter Zugzwang steht die gesetzliche Lage zu ändern – und sich somit auch im Online-Markt einen Anteil sichern zu können. Bereits 2017 gab es laut einem Bericht des Glücksspielaufsichten der Bundesländer mehr als 730 Casino-Anbieter im Internet, die insgesamt 1,76 Milliarden einspielten – Tendenz rapide steigend. Viele Anbieter geben zwar an, dass sich nur volljährige Einwohner aus Schleswig-Holstein anmelden dürfen, leiten die Nutzer dann jedoch einfach auf Seiten wieder, die im Ausland betreiben werden, wie beispielsweise in Malta oder Macau, wo das Online-Glücksspiel ebenfalls erlaubt ist. Die Bundesländer, die dem aktuellen Glücksspielvertrag unterliegen, verlieren demnach nicht nur an Einnahmen, diese gehen zudem ans Ausland ab.

Verständlich also, dass mit Argwohn nach Schleswig-Holstein geblickt wird, wo man bereits seit 2011 seinen Sonderweg geht. Derzeit besitzen dort 12 Anbieter eine Genehmigung für Online-Casinos, die zudem auch noch im TV und Radio ganz legal für die Teilnahme werben, eben mit dem Vermerk, dass die Spieler im Bundesland leben müssen. Erst 2019 wurden diese Genehmigungen verlängert – eine stark umstrittene Entscheidung, die eine Forderung nach Veränderung des Gesetzeslage im restlichen Deutschland noch lauter werden ließ.

Legalisierung, aber bitte sicher: der Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag
Im Juli 2021 soll nun endlich der "Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag" in Kraft treten – ein nicht nur schwer auszusprechendes, sondern insgesamt 70 Seiten umfassendes Regelwerk, das Online-Spielen unter bestimmten Regeln zulassen soll. Die Einschränkungen sollen klar definiert werden, vor allem um den Markt sicher zu machen und Suchtpotenzial einzudämmen.

Suchtberater halten eine Legalisierung von Gambling im Internet für eine schlaue Idee. Wolfgang Kursawe, Leiter der Fachstelle Glücksspielsucht bei der Drogenhilfe Köln, betonte die Angebote aus dem Ausland kämen ohnehin jeden Tag durch, und auf diese Weise ließen sich wenigstens Maßnahmen zum Verbraucherschutz einführen.

Vorgesehen ist, dass eine zentrale Glücksspielbehörde der Länder das Spielen im Internet überwachen soll, sowohl um Wettsucht zu verhindern, aber auch Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten. Ein automatisiertes System soll Suchtverhalten frühzeitig erkennen und Spreedateien erfassen - sei es von Nutzern, die sich freiwillig sperren ließen oder die von den Anbietern gesperrt wurden. Alle Daten der Anbieter sollen der Behörde zugänglich sei, die dann kontrolliert, dass die Gesetzesvorgaben eingehalten werden und die Spielverläufe entsprechend programmiert sind.

Gleichzeitig soll ein monatliches Einzahllimit von 1000 Euro festgelegt werden, wobei jeder Spieler ein individuelles Spielkonto einrichten muss, das überwacht werden kann. Dieses wird automatisch gesperrt, wenn der Maximaleinsatz überschritten wird, Gewinne sollen dabei jedoch nicht angerechnet werden. Die Effektivität dieser Regulierung steht allerdings in Frage, immerhin wäre es durchaus möglich, dass Nutzer unter falschem Namen dann Zweit- und Drittkonten einrichten. Erhebliche Gewinne könnten zudem das 1.000-Euro-Limit obsolet machen.

Bisher existiert der neue Staatsvertrag nur als Vorschlag, denn alle einzelnen Landesparlamente müssen zuerst noch zustimmen, bevor er am 1. Juli in Kraft treten kann. Eine komplette Neuregelung ist angesichts der Entwicklungen der vergangenen Jahre hinsichtlich der fortschreitenden Technologie wie auch der Beliebtheit von Online-Spielen unvermeidbar und generell sind sich die Länder einig, dass man sie lieber erlauben und kontrollieren sollte, als weiteren Abfluss von Spielerträgen ins Ausland aufgrund der aktuellen Graulage hinnehmen zu müssen.