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"Ille de Duis": Die ideale Stadt - Von Andreas Rüdig |
Duisburg, Januar 2008 - Wie sieht (meine)
ideale Stadt aus? Diese Frage stellte ich mir schon öfter. Die
ideale Stadt ist eher klein und überschaubar, zumindest
flächenmäßig. Sie orientiert sich an natürlichen Gegebenheiten. Dann
muß man also keine Flüsse überqueren oder durch Tunnel fahren, um
andere Stadtteile zu erreichen. Die ideale Stadt ist alt und modern
zugleich. Die Innenstadt versprüht einen historischen Charme; in den
Vororten und Stadtteilen sind Handwerk und Kleinindustrie vertreten.
Was diese Kleinindustrie herstellt? Nun, das ist von Stadt zu Stadt
unterschiedlich. Die eine Stadt stellt Küchen und
Wohnungseinrichtungen (incl Büromöbel) her; andere Städte kümmern
sich um Unterhaltungselektronik, Gebäudeelektronik,
Medizintechnologie, Textilindustrie oder Film- und Musikindustrie -
um nur einige Beispiele zu nennen. Die Stadt ist sozial gemischt. Es gibt keine großen Differenzen hinsichtlich Einkommen und Wohlstand. Es gibt keine ethnischen Spannungen; wer aus anderen Teilen der Welt kommt, ist sozial und kulturell bestens integriert. Es gibt genügend Sporteinrichtungen. Die Freizeitangebote orientieren sich an den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen vor Ort. In meiner idealen Stadt gibt es auch ein Künstlerviertel. Dort gibt es viele kleine Plattenfirmen, zwei oder drei unabhängige und trotzdem sehr erfolgreiche Filmproduzenten. Viel wichtiger aber sind die vielen kleinen Künstlerkneipen. Nicht exotische Speisen und Getränke, nicht Hochglanzchrom, nicht Massenabfertigung stehen hier im Vordergrund; Gemütlichkeit, geistige Freiheit, Spontaneität, Kreativität, kreatives Chaos und Ideenreichtum sind dort anzutreffen. Mancher Bestseller ist hier ausgebrütet und geschrieben worden. So manches Bekleidungsstück ist hier gezeichnet, so manches Möbelstück hier entworfen worden. Der Hauptteil liegt aber auf der Literatur. Bücher werden in den Kneipen entwickelt; Literaturzeitschriften schießen wie Pilze aus dem Boden. Drehbücher und Liedkompositionen werden von hier aus in aller Welt angeboten. Hollywood und Bollywood haben den Fehdehandschuh in den Ring geworfen bekommen. In meiner idealen Stadt gibt es auch kleine Nischen für andere Künstler. Maler, Fotographen, Videokünstler, Karikaturisten, Bildhauer und Varietékünsterl seien als Beispiele genannt. So ist meine ideale Stadt eine Brutstätte für gepflegte Unterhaltung, die Niveau und Tiefgang aufweist. Kunst und Kultur brauchen zwar (auch) eine materielle Basis; fast aber noch wichtiger ist ein Standort, der ein geistiges Fundament bietet. Der gegenseitige Austausch in gepflegte Atmosphäre ist mir wichtig. Wo ich meine ideale Stadt vorgefunden habe? Auf der "Ille de Duis". Wo die liegt, fragen Sie? Das ist die kleine Insel im Rhein kurz vor der holländischen Grenze. Warum die noch niemand entdeckt hat, wollen Sie wissen? Sie liegt so versteckt, dass sie ganz leicht übersehen wird. Wie sieht die ideale Infrastruktur einer Stadt aus? Für mich persönlich ist dies eine spannende Frage. Daher habe ich mir auch darüber ein paar Gedanken gemacht. Als allererstes machte ich mir ein paar Gedanken über die städtische Infrastruktur. Sie ist die wichtigste Infrastruktur von allen. "Der Staat sind wir," heißt es in den Sonntagsreden von Politikern immer so schön. Stadt, Land und Bund sind als organisiertes Gemeinwesen die Grundlage unseres Zusammenlebens. Funktioniert die Stadt, klappt es auch mit den Bürgern. Ausgangsbasis für alle Überlegungen wäre also eine wohl organisierte Stadtverwaltung, die ihre Dienstleistungsangebote in dem Umfang bereithält, wie sie gebraucht werden. Kindergärten? Schulen? Straßenverkehrsamt? Einwohnermeldewesen? Standesamt? Es gibt sie überall dort, wo sie gebraucht werden. Es steht genügend gut ausgebildetes Personal bereit. Wenn erforderlich, gibt es ein städtisches Büro in jedem Stadtteil. Eine Stadtbücherei gehört auf jeden Fall zum städtischen Service. Sie ist technisch auf dem neuesten Stand, bietet DVDs, CDs und CD - Roms genauso an wie Schallplatten, Zeitschriften, Bücher oder Musikkassetten. Es gibt einen Förderverein, der auf freiwilliger bürgerschaftlicher Art und Weise Neuanschaffungen mitfinanziert. Im Gegenzug bietet die Stadtbibliothek auch ein umfangreiches Antiquariat an. Wer vergriffene Bücher oder historische Quellen sucht, wird hier schnell fündig. Im Rathaus wird es auch in Zukunft ein Presseamt geben. Dieses Amt erweitert seinen Aufgabenkreis. Es vermittelt nicht nur den Medien Informationen. Das Presseamt installiert auch eine Bürgerinformationssystem. Wann werden Aschentonnen geleert, Sperrmüll abgeholt und die Straße gereinigt? Wann gibt es Sitzungen im Rat und seinen Ausschüssen sowie den Bezirksvertretungen? Wie hoch sind die Abwassergebühren? Und, noch wichtigre: Warum sind sie so hoch? Wie und wann können städtische Einrichtungen genutzt werden? Wann werden sie wie wie oft und von wem genutzt? (Die Stadt gibt an dieser Stelle also Aufschluss über sich und ihre Arbeit.) Welche Freizeitmöglichkeiten gibt es und welche moderne Nutzungsmöglichkeiten hält sie bereit? Die moderne Computertechnologie ermöglicht hier ja nicht nur Textbeiträge. Videobeiträge (natürlich mit Ton) stellen so viel wie möglich in Bild vor. Ob dieses Bürgerinformationssystem peinlich für die Ratsmitglieder wäre (weil die Bürger dann sehen, wie fleißig die gewählten Volksvertreter sind), können die Damen und Herren Ratsvertreter wohl am besten entscheiden. Bundestag und nordrhein-westfälischer Landtag erlauben eine Bildberichterstattung. Also kann man auch von den kommunalen Mandatsträgern erwarten, dass sie ihre Arbeit nach Außen präsentieren. Zu den Kulturbetrieben zählen Einrichtungen wie Museen, Opernhäuser, Volkshochschulen und Theater. Sie sind privatwirtschaftlich organisiert. Sie arbeiten also stärker publikumszentriert und gewinnorientiert als heute. Schließlich hat Kunst nicht nur was mit Können, sondern auch was mit Kommerz zu tun. So ist es beispielsweise denkbar, dass städtische Orchester an CD - Einspielungen beteiligt sind und Theater Videoproduktionen von Theaterstücken, Balletts usw. einspielen. So werden örtliche Komponisten und Autoren dazu animiert, eigene Produktionen auf die Bühne zu bringen. Kulturförderung wird so zur Wirtschaftsförderung. Die städtischen Verkehrsbetriebe bieten nicht nur ein genauso umfangreiches wie bedarfsgerechtes Bus- und Straßenbahnnetz an. In Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft organisieren sie Ausflüge. Im Ruhrgebiet kann die Route der Industriekultur genauso angesteuert werden wie Ausflugsziele am Niederrhein. Dass Sauberkeit, Pünktlichkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit zu den Tugenden des ÖPNV gehören, ist dabei eine Selbstverständlichkeit. Werbung für Bus und Bahn gehört aber auch dazu. Eine gute Erreichbarkeit von Haltestellen ist wichtig, ein angemessener Takt auch am Wochenende und an Feiertagen ebenso. Dies gilt insbesondere für dem ländlichen Raum. Die ideale städtische Infrastruktur kennt keine weißen Flecken im öffentlichen Personennahverkehr. Die örtlichen Bahnhöfe sind in einem ansprechenden baulichen Zustand und bieten alle zumindest ein Reisezentrum mit Fahrplanauskunft und Fahrkartenverkauf. Die kommunalen Stadtwerke sind ein fester Bestandteil des Recyclingsystems. Die Mülltrennung wird hier notfalls per Hand durchgeführt. Organische Abfälle werden in Biomasseanlagen vollständig wiederverwertet. Dazu gehört auch, dass riesige Staubsaugerwagen durch die Straßen und Parks fahren, um dort im Herbst das Laub einzusammeln. Glaubt man den Zukunftsforschern, droht uns in einigen Jahren Metallmangel. Materialien wie Kupfer, Eisen und Aluminium sollen dann vollständig verbraucht sein. Daher wird es kommunale Stoff-Sherrifs geben. Sie suchen in Betrieben, Privathaushalten und in der Öffentlichkeit nach wieder verwertbaren Materialen. So werden nicht nur unsere Straßen sauberer. Die Umwelt wird geschützt. Die wieder verwertbaren Materialien spülen auch Geld in die Kassen. Nichts ist umsonst. Selbst der Tod kostet das Leben. Kalauer beiseite: Arbeit ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Daher ist städtische Wirtschaftsförderung wichtig. Nichts gegen Handel und Gastronomie. Auch sie sind ein wichtiger Teil unserer Volkswirtschaft. Doch womit Handel treiben, wenn nichts hergestellt wird? Eine vorausschauende Wirtschaftsförderung bevorzugt Handwerk und Kleingewerbe. Es spricht dabei nichts dagegen, wenn die Städte individuelle Schwerpunkte setzen und Städte einer Region sich thematisch ergänzen. Das Ruhrgebiet stellt Energie und Energieproduktionsmöglichkeiten her. Die Rheinschiene (Köln - Düsseldorf - Mainz) wird zu einem stärkeren Standort der Unterhaltungsbranche. Die Region Westfalen stellt Nahrungsmittel und Nahrungsmitteltechnologie en masse her. Velbert produziert Sicherheitstechnologie, Herford Möbel und Küchen, Büromaterialien und Küchenmaschinen her. Sie sehen es, liebe Leser - die ideale Wirtschaftsförderung greift die Tradition der jeweiligen Region auf. Schnelle Erfolge sind ihr fremd; sie arbeitet still und effektiv. Gehören Musik- und Kunstschulen, zoologische und botanische Gärten, Wohnungsbaugenossenschaften, Schlachtereien, Wochen- und Trödelmärkte oder Touristenwerbung in städtische Hand? Zur Daseinsvorsorge gehören sie nicht. Gerade die Bereiche, in denen Gesundheits- und Sicherheitsfragen berührt werden, bedürfen sie sicherlich der Überwachung. "Soviel Staat wie nötig, soviel privat wie möglich," lautet ein Spruch der sozialen Marktwirtschaft. Die ideale Stadt entscheidet selbst, wieviel sie davon umsetzen kann und will. Voraussetzung ist jedenfalls, dass die kaufmännische Bildung der Bevölkerung gestärkt und gefördert wird. Eine Versorgungsmentalität, die sich auf staatliche Transferleistungen freut, wird schon in Schulzeiten vermieden. So gibt es Wettbewerbe sowie regelmäßig Kurse und Veranstaltungen (z. B. in den Ferien), die auf ein selbständiges Arbeiten im späteren Beruf vorbereiten. Auch die privatwirtschaftlich organisierte Wirtschaft ist gut aufgestellt. Die großen, mitgliederstarken Krankenkassen bieten in jedem Stadtteil ein Kontaktbüro an. Die Grundversorgung ist flächendeckend gesichert. Lebensmittel, Bekleidung, Schreibwaren / Schulbedarf, Floristik, Apotheken, Drogerien und Haushaltswaren aller Art gibt es also überall. Auch die Post ist flächendeckend vertreten. Dort, wo Bedarf vorhanden ist, teilt sie sich ihre Räumlichkeiten mit einer Telefongesellschaft und einer Bank. Die Branche, die sich um die Informations- und Telekommunikationstechnologie kümmert, ist in jeder Stadt mit einer ausreichenden Zahl an Beratungsbüros vertreten. Diese Büros bieten Informations- und Beratungsdienste. Kompetente Berater informieren über neue und grundsätzliche Entwicklungen in den Bereichen Telefon, Datenübermittlung, Datenaufzeichnung und Datenwiedergabe. Warum ich das so allgemein formuliere? Ganz einfach. Heute kennen wir Materialien wie Computer, CD, DVD, Schallplatte, Diskette, Telefon usw.. Wer aber weiß, was die Zukunft bringt? Schließlich sollen auch Senioren für diese Technologien gewonnen werden. Die regionalen Nahrungsmittelproduzenten stellen nicht nur ihre Erzeugnisse her. Sie arbeiten mit der örtlichen Gastronomie zusammen, die die regionale Küche stärker fördert. Geschichte und soziale Bedeutung des Handels Der früheste belegte Handel ist 140.000 Jahre alt, also älter als das Aufkommen differenzierter Gesellschaften. Im Ursprungsgebiet der Menschen, in Afrika, ließen sich bereits für diese Zeit Fernhandelsbeziehungen über mehrere hundert Kilometer nachweisen. Mit der Verbreitung der Menschen über fast alle Kontinente, dem technischen Fortschritt (insbesondere der Entstehung der Landwirtschaft), dem Bevölkerungswachstum sowie dem Entstehen von Häuptlingsreichen und Staaten bildete sich regionaler Handel mit den aufkommenden Städten als Zentren für ihr Umland und verdichteten sich die Fernhandelsbeziehungen. Das Auf und Ab der Reiche führte zu regelmäßigen Schwankungen im langfristigen Trend der regionalen und überregionalen Verflechtungszunahme. So bestanden jahrhundertelang vergleichsweise intensive Handelsbeziehungen zwischen der bereits hoch differenzierten edelsteinreichen Induskultur (2600�1900 v. Chr.) und der sumerischen Kultur; mit dem Zerfall der Induskultur brachen sowohl ihr Binnenhandel als auch der Außenhandel ein. Im damals peripheren Europa ist für die Bronzezeit bereits Handel zwischen dem Mittelmeerraum und Nordeuropa nachgewiesen, ein berühmter Handelsweg ist dabei die Bernsteinstraße. In der Antike bildeten sich neue hoch differenzierte Reiche und Imperien (Griechenland/Rom im Westen, Han-China im fernen Osten), entlang dieser eurasischen Achse intensivierte sich der Fernhandel. Beispielsweise wurde in Rom chinesische Seide getragen, ein Beleg für den kontinentüberspannenden Austausch über die Seidenstraße. Mit der eurasischen Völkerwanderung brachen diese Pfeiler des Fernhandels ganz oder zeitweise zusammen, im Römischen Reich kam es mit dem Zerfall der Zentralgewalt auch zu einer internen Entdifferenzierung und dem Zusammenbruch zahlreicher Städte. Im eurasischen Hochmittelalter stabilisierten sich die Reiche bzw. bildeten sich neue Imperien (z. B. die riesigen, aber kurzlebigen Mongolenreiche). Der eurasische Fernhandel nahm wieder zu, wurde wiederum intensiver und systematischer als in der vorhergegangenen Phase. Europa beschleunigte das Entwicklungstempo und entwickelte sich allmählich von einer peripheren Region zu einem Zentrum. Der europäische Seehandel im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit wurde wesentlich von Stadtrepubliken (z. B. Venedig, Genua, flämische und niederländische Städte sowie Hansestädte) beherrscht. Damals operierten erstmals ?Fernkaufleute, nach dem Soziologen Ferdinand Tönnies überhaupt als diejenige Berufsgruppe anzusehen, die in die traditionellen Gemeinschaften das rechenhafte Zweckdenken bringen und sie damit global vergesellschaften. Besondere Bedeutung erlangten hierbei die Kaufmannsgilden (Zusammenschlüsse von Kaufleuten) wie z. B. die Hanse. Die Suche nach neuen Seewegen nach Indien und China war eine wesentliche Motivation für die Entdeckungsreisen am Ende des Mittelalters bzw. am Anfang der Neuzeit. So war Christoph Kolumbus davon überzeugt, Indien erreicht zu haben, was auch das eigentliche Ziel seiner Reise war. Aspekte des modernen Handels Der Handel ist eine der bestimmenden Größen für eine Volkswirtschaft. Man unterscheidet zwischen Binnenhandel, der innerhalb der nationalen Grenzen oder einer Staatengruppe wie z. B. der EU abläuft, dem grenzüberschreitenden Außenhandel und dem durchlaufenden Transithandel. Werden Waren ins Ausland verkauft, so spricht man von Export, im umgekehrten Fall von Import. Nach der Zielgruppe lassen sich im Binnenmarkt Großhandel (Großverbraucher, Wiederverkäufer) und Einzelhandel (Endverbraucher bzw. Konsumenten) unterscheiden. In Abhängigkeit vom Standort der Handelstätigkeit sind der ambulante Handel vom stationären Handel und vom elektronischen Handel (bzw. E-Commerce) zu unterscheiden. Übersteigt der Export eines Landes den Import, so spricht man von einem Außenhandelsüberschuss. Exporte haben den Vorteil, dass Geld ins Land ?fließt�, aber den Nachteil, dass man stark vom wirtschaftlichen Wohlergehen der Länder abhängig ist, in die man exportiert. So kann eine Wirtschaftskrise in einem Land auf ein anderes Land ?überschwappen�. Überwiegt der Import eines Landes, so spricht man von einem Außenhandelsdefizit. Importe haben den Vorteil, dass man so zu Waren kommt, die im eigenen Land nicht vorhanden sind (z. B. Rohstoffe oder Früchte, die nicht im eigenen Land wachsen). Dies hat aber den Nachteil, dass man sich von anderen Ländern und deren Lieferungen abhängig macht. Dies wurde insbesondere in der Ölkrise deutlich, als die OPEC die Fördermengen von Erdöl drastisch reduzierte, was eine weltweite Energiekrise auslöste. Für die Erklärung der Bedeutung der Vorteile von Handel lässt sich einerseits das Konzept der komparativen Kostenvorteile, andererseits das Heckscher-Ohlin-Theorem heranziehen. Die zugehörigen Artikel erklären die Vorteile des Handels vertiefend. Ethische Aspekte Wie bei allem Handeln spielen beim Handel auch ethische Aspekte eine Rolle. Wurde ein Produkt etwa unter ökologischen Gesichtspunkten, z. B. unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, gefertigt? Wurden den Produzenten angemessene Preise für ihre Waren / Dienstleistungen bezahlt? Wurde das Handelsprodukt mit Hilfe von Kinderarbeit (Teppiche, Fußbälle) hergestellt oder nicht? Der Faire Handel ist das Modell eines sozial und ökologisch verträglichen Handels, bei dem alle Handelsschritte von den Produzenten bis hin zu den Verbrauchern auch unter ethischen Gesichtspunkten (?fair� im Sinne von gerecht) betrachtet werden. Sahen etwa die Klassiker wie Adam Smith im Handel noch unproduktiven Konsum, so ist man heute der Auffassung, dass Handel durchaus als produktiv angesehen werden kann: Da Menschen bereit sind, für den Handel ein Entgelt zu bezahlen, muss es auch einen Mehrwert durch ihn geben. Handelstreibende generieren volkswirtschaftlich einen Mehrwert durch Wahrnehmung der Handelsfunktionen wie beispielsweise Sortimentsbildung (im Sinne der Nachfrage), quantitative (mengenmäßige) und qualitative Anpassungen sowie räumliche (Angebotsbündelung) und zeitliche Überbrückungen (z. B. saisonale Schwankungen). Handel trägt somit zum Sozialprodukt bei. Der Konsument spart offenbar Aufwand, indem er Produkte über den Händler bezieht, statt direkt vom Produzenten. Dies erklärt sich beispielsweise durch Reduktion der Wege (?One-Stop-Shopping�). Somit rechtfertigen sich auch die Handelsspannen des Händlers (definiert als Umsatz abzüglich Wareneinsatz), der ja beispielsweise einen Gebrauchtwagen wesentlich teurer verkauft als er ihn einkauft. Das ?produktive� Moment liegt in dem Zusammenbringen von Angebot und Nachfrage sowie der Übernahme diesbezüglicher Risiken (siehe Arbitrageur). Er gibt jedoch dem Konsumenten die Möglichkeit, Kosten zu sparen. Die Handelspanne ist somit nicht unmoralisch, niemandem entsteht ein Nachteil, vielmehr schafft der Händler Vorteile. Zu berücksichten ist, dass die Handelsspanne nicht der Gewinnspanne eines Produzenten entspricht, denn für die Übernahme der Handelsfunktionen werden Ressourcen (z. B. Raum, Kapital, menschliche Arbeitskraft) benötigt. Unter Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT, auch IuK-Technologie, IuK-Technik oder engl. information and communications technology, Abk. ICT) werden Technologien im Bereich der Information und Kommunikation zusammengefasst. Der zusammenfassende Begriff entstand Anfang der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts, als begonnen wurde, die Fernsprechnetze zu digitalisieren, und sowohl in den digitalen Endgeräten der Netze, als auch in den lokalen und öffentlichen Übertragungsnetzen selbst Informationstechnik zum Einsatz kam. Dienste wie Teletext, Bildschirmtext und dedizierte Datennetze wie Datex-L beziehungsweise Datex-P entstanden zu dieser Zeit. Es entwickelte sich die Vorstellung, dass die ursprünglich ganz verschiedenen Industriezweige Informationstechnik einerseits, der sich damals hauptsächlich mit Groß- und Bürorechnern befasste, und Kommunikationstechnik andererseits, der sich hauptsächlich mit dem Fernsprechnetz befasste, zusammenwachsen würden, und einen neuen großen Industriekomplex zu bilden. Im deutschen Verbandswesen wurden dementsprechend die Gruppierungen, die die Industriezweige repräsentieren, zusammengelegt und umbenannt. Es hat sich eine rasch wachsende Diversifikation in beiden Bereichen entwickelt, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Die grundlegenden Technologien haben aber nicht nur diese Bereiche erfasst, sondern auch in einer Fülle weiterer Industrien, von der Automobiltechnik bis zur Hausgerätetechnik, zu einer immer noch wachsenden Produktvielfalt geführt. Durch die große Verbreitung und zentrale Rolle von IP- und IP-basierten Diensten in der IT und Kommunikationstechnologie hat der Begriff "ICT" wieder in Politik, im Management und besonders in den namensgebenden Industrien an Bedeutung gewonnen. Überblick Ziel der Biotechnologie war und ist immer noch die Umsetzung und Herstellung verschiedenster Stoffe mit Hilfe von biochemischen und mikrobiologischen Prozessen. Die ältesten Anwendungen, die schon seit 5000 Jahren bekannt sind, der Biotechnologie sind die Herstellung von Brot, Wein oder Bier(alkoholische Gärung) mit Hilfe von Hefe, auch die Herstellung von Milchprodukten wie Käse, Joghurt, Sauerteig oder Kefir fällt in den Bereich der Biotechnologie. In den letzten Jahrzehnten ist man zusätzlich dazu übergegangen, in sog. Bioreaktoren chemische Verbindungen, wie Enzyme, Biopharmaka und andere Proteine herzustellen, die durch klassische chemische Verfahren nur schwer oder gar nicht herzustellen sind. In den Bioreaktoren selbst werden mittlerweile oftmals gentechnisch veränderte Organismen eingesetzt, die die gewünschten Stoffe produzieren; so werden beispielsweise Waschmittelenzyme mit Hilfe solcher Organismen hergestellt. Einteilung Einteilung der Biotechnologie in verschiedene Zweige Zweig Anwendungsgebiete Grüne Biotechnologie Landwirtschaft Rote Biotechnologie Medizin/Pharmazeutik Blaue Biotechnologie Produkte aus dem Meer Weiße Biotechnologie BT-Produkte/Industrieprozesse Graue Biotechnologie Abfallwirtschaft Braune Biotechnologie Technische/Umwelt- Biotechnologie Gelbe Biotechnologie Herstellung von Lebensmitteln und Grundstoffen Die moderne Biotechnologie zeichnet sich dadurch aus, dass sie vor allem mit Methoden der Gentechnik und der Molekularbiologie arbeitet. Dabei werden Mikroorganismen derart genetisch verändert, dass sie gewünschte Eigenschaften aufweisen, um ein gewünschtes Produkt wie z. B. Insulin herzustellen. Die theoretischen Grundlagen dieser Methoden sind vor allem die Ergebnisse der Genforschung und der Genomforschung, da die grundlegenden Mechanismen biologischer Vorgänge durch Gene gesteuert werden. Ein Vorteil dieser Methode ist, dass man mit einem harmlosen Organismus ein gewünschtes Produkt herstellen kann und somit auf Pathogene (krankheitserregende Keime) verzichten kann. Des Weiteren wird erst durch biotechnologische Prozesse die Herstellung kompliziert aufgebauter Substanzen wie Hormone oder Enzyme ermöglicht, da chemische Prozesse hier oftmals zu teuer oder nicht sinnvoll sind. Als konventionelle Formen der Biotechnologie bezeichnet man die Abwasserreinigung oder das Kompostieren sowie weitere ähnliche Anwendungen. Da Biotechnologie ein sehr weit gefasster Begriff ist, wird versucht nach Anwendungsgebieten zu unterscheiden. Neben der Grünen Biotechnologie (landwirtschaftliche Anwendung), welche sich auf Pflanzen einschließlich ihrer gentechnischen Veränderung bezieht, gibt es die Rote Biotechnologie (medizinisch-pharmazeutisch), welche sich mit der Herstellung von Medikamenten und Diagnostika befasst, die Blaue Biotechnologie, welche sich mit der Nutzung von Organismen aus dem Meer befasst, die Weiße Biotechnologie, welche sich mit biotechnologisch-basierten Produkten und Industrieprozessen - beispielsweise in der Chemie-, Textil- oder Lebensmittelindustrie befasst, und die Graue Biotechnologie, welche sich mit biotechnologischen Prozessen im Bereich der Abfallwirtschaft (Kläranlagen, Dekontamination von Böden und ähnliches) befasst. Diese farbliche Einteilung ist aber keineswegs offiziell und noch nicht allgemein verbreitet. Insbesondere die Farben blau, braun, grau und gelb werden selten oder auch in anderer Bedeutung genutzt. Bioreaktoren Ein Ziel der ökologischen Biotechnologie ist es, chemische Prozesse, die bei hohen Temperaturen und unter großem Druck stattfinden, durch biotechnologische Methoden nachhaltig zu ersetzen, die oft mittels Enzymen unter Umgebungsbedingungen ablaufen (Biokatalyse). Dies geschieht in sogenannten Bioreaktoren oder Fermentern. Fermentoren bezeichnen einen Reaktor, in dem lebende, vermehrungsfähige Mikroorganismen und tierische oder pflanzliche Zellen eingesetzt werden. Von einem Bioreaktor wird gesprochen, wenn das Produkt mit Biokatalysatoren wie z. B. Enzymen hergestellt wird. Das Reaktorvolumen kann zwischen einem und bis zu tausend und mehr Litern variieren. Bioreaktoren haben die Aufgabe, den in ihnen kultivierten Organismen einen ökologisch optimalen Lebensraum zur Verfügung zu stellen. Dies geschieht unter sterilen Bedingungen mit speziell entwickelten Nährlösungen und Sensoren, die Parameter wie Glukosegehalt, Stickstoffgehalt und pH-Wert messen und auswerten. Angewandte Organismen In der modernen Biotechnologie werden mittlerweile sowohl Bakterien als auch höhere Organismen wie Pilze, Pflanzen oder tierische Zellen verwendet. Häufig verwendete Organismen sind oft bereits genau erforscht, wie etwa das Bakterium Escherichia coli oder die Backhefe Saccharomyces cerevisiae. In neuerer Zeit versucht man sich jedoch höherer Organismen zu bedienen. Grund hierfür ist die etwa Fähigkeit posttranslationale Veränderungen an Proteinen vorzunehmen. Ein Beispiel für ein solches Protein ist etwas Erythropoetin. Als Bioelektronik wird der Bereich der Biotechnologie bezeichnet, in dem versucht wird, biologische und elektronische Bauelemente zu kombinieren und so technisch nutzbar zu machen. Im Zentrum der bioelektronischen Forschung stehen vor allem die Biosensoren, die Entwicklung biologisch gesteuerter Prothesen und die DNA-Computer (Prototyp TT-100). Grundlage der Bioelektronik ist die Tatsache, dass biologische Systeme wie elektronische Schaltkreise elektrische Impulse zur Informationsverarbeitung nutzen. So stellt etwa das Gehirn des Menschen ein extrem komplexes System dar, bei dem 100 000 000 000 Zellen miteinander verknüpft sind und über elektrische und biochemische Verbindungen vernetzt sind. Die erste direkte Verbindung von lebenden Zellen gelang der Forschergruppe um Peter Fromherz am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried. Dem Team gelang es, eine lebende Zelle mit einem Transistor zu koppeln und diesen durch die Signale der Zelle zu steuern. Ziel dieser Forschung ist es, etwa Prothesen direkt über die Nervenzellen und somit über das Gehirn steuerbar zu machen. Besonders weit ist man bei der Entwicklung der Biosensoren. Diese ist in einigen Bereichen bereits bis zu Anwendungsreife fortgeschritten. Biosensoren stellen Halbleiterelemente dar, die mit biologischen Molekülen oder Zellen bestückt sind. Dies können etwa Enzyme oder Antikörper sein. Auf diese Weise wird ein System geschaffen, das biochemische Signale in elektrische Impulse wandeln und an elektronische Schaltkreise weitergeben kann. Mit diesen Sensoren können Konzentrationen etwa von Giften, Blutzuckerwerte oder Luft- und Wasserverschmutzungen bereits bei geringen Änderungen registriert werden. Im Anfangsstadium der Entwicklung befinden sich die DNA-Computer, bei denen die Datenspeicherung und -verarbeitung auf der Basis des Erbmoleküls DNA basieren soll. Auf diesem Weg sollen Computer mit extrem hohen Rechenleistungen und extrem schnellen Verarbeitungszeiten geschaffen werden. Verfahrenstechnik bezeichnet alle Prozesse in Technik und Wirtschaft, in denen aus einem Rohmaterial ein Produkt geschaffen wird. Sie steht zwischen der Gewinnung der Rohstoffe und der Herstellung von Fertigprodukten. Auch die Wiedergewinnung (Recycling) von Rohstoffen aus Abfall und Müll fällt in den Aufgabenbereich der Verfahrenstechnik. In Angleichung an den englischen Sprachgebrauch wird die Verfahrenstechnik oft als Chemie-Ingenieur-Technik bezeichnet. Ein Beispiel für Verarbeitung ist die Herstellung von Metall aus Erz. Das Rohmaterial eines Verarbeitungsprozesses kann dabei selbst das Produkt einer vorhergegangenen Verarbeitung sein, und das Produkt weiter verarbeitet werden. Die Verfahrenstechniken umfassen den Begriff, auf den im Rechtswesen allgemein als Verarbeitung bezug genommen wird, in Unterscheidung zur Bearbeitung (Fertigungsverfahren) Verfahrenstechnik und Ingenieurwissenschaft Laut Definition der Gesellschaft für Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (GVC) beschäftigt sich die Verfahrenstechnik mit der technischen und wirtschaftlichen Durchführung aller Prozesse, in denen Stoffe nach Art, Eigenschaft und Zusammensetzung verändert werden. Es handelt sich um die Ingenieurwissenschaft der Stoffumwandlung. Die Realisierung der im verfahrenstechnischen Ingenieurprozess entwickelten und geplanten Anlage wird als Anlagenbau bezeichnet. Arbeitsmittel und Gliederung der Verfahrenstechnik Die Verfahrenstechnik hat sich von ihren Anfängen im Rohrleitungs- und Kesselbau hin zu einer interdisziplinären Wissenschaft entwickelt. Heute werden für die Auslegung der Prozesse neben * den Natur- und Materialwissenschaften für die Beschreibung des Prozesses und seiner stofflichen Auswirkungen, auch * die Wirtschafts-, Sozial-, Politik-, und Rechtswissenschaften für die Akzeptanz, die Rahmenbedingungen und den Betrieb des Prozesses benötigt. Weiterhin wird für die Umsetzung des Prozesses im Anlagenbau auf alle anderen Ingenieurswissenschaften zurückgegriffen. Verfahrenstechnische Anlagen produzieren zwischen wenigen Gramm und mehreren hunderttausend Tonnen pro Jahr. Produziert werden einfache chemische Substanzen bis hin zu komplizierten Bauteilen. Um die Fülle an Prozessen beschreiben zu können, werden sie in physikalische nicht mehr sinnvoll trennbare Grundoperationen (en: unit operations) mit nur einem physikalischen Vorgang, wie mischen oder verdampfen, zerteilt. Verfahrensschritte die eine räumlich untrennbare Kombination mehrerer Grundoperationen sind werden meist auch als Grundoperationen bezeichnet. Klassen von verfahrenstechnischen Grundoperationen sind zum Beispiel: * Änderung der Stoffeigenschaften: Zerkleinern, Kühlen, Verdampfen... * Änderung der Stoffzusammensetzung: Filtration, Destillation, Elektrolyse... * Änderung der Stoffart: Oxidation, Hydrierung, Polymerisation, Gärung... Diese Grundoperationen werden aneinandergereiht und ergeben den Gesamtprozess. Ein derart gestalteter Prozess ist berechenbar und betreibbar, aber nicht energie- und platzoptimiert. Der Kostendruck in der Industrie und die besseren Simulations- und Analysemöglichkeiten sowie das bessere physikalische Verständnis führen dazu, dass immer mehr Grundoperationen heute in einem Prozessschritt kombiniert werden. Für das Verständnis des Gesamtzusammenhangs ist eine Betrachtung des Prozesses in getrennten physikalischen Grundschritten jedoch sinnvoll. Die Verfahrenstechnik gliedert sich daher immer noch * entlang der physikalischen Vorgänge der Grundoperationen in o mechanische Verfahrenstechnik, o chemische Verfahrenstechnik, o thermische Verfahrenstechnik und o den sonstigen Verfahren die meist als physikalische Verfahren der chemischen Verfahrenstechik zugeschlagen werden, * der nicht überschaubaren Anzahl von nicht trennbaren Verfahren wie o biologische Verfahrenstechnik, o Grenzflächenverfahrenstechnik und o Membranverfahrenstechnik und * den benötigten Hilf-, Umsetzungs- und Spezialdisziplinen, wie o Leit- und Steuertechnik, o Anlagenbau und o kerntechnische Verfahrenstechnik. Eine andere, ältere Gliederung geht von den Stoffgruppen aus: Lebensmittelverfahrenstechnik, Kunststoffverfahrenstechnik, Aufbereitungstechnik usw. In der Pharmazie vertritt die Galenik die Verfahrenstechnik. Abgrenzung zu anderen Wissenschaften Grundsätzlich gilt: jede Prozessentwicklung, bei der ein Stoffstrom betroffen ist, beinhaltet Verfahrenstechnik. Sie ist daher ein meist nicht genannter Bestandteil jeder Wissenschaft. Die Verfahrenstechnik betont das Verfahren an sich und versucht es mit den gegebenen Randbedingungen zu optimieren. In anderen Disziplinen wird meist von einem gegebenen Prozess ausgegangen, da der Schwerpunkt auf anderen Aspekten liegt. Die Verfahrenstechnik beschäftigt sich mit dem gleichen Gegenstand wie die Naturwissenschaften und benutzt ihre Werkzeuge. Im Gegensatz zur Naturwissenschaft versucht die Verfahrenstechnik jedoch nicht einen neuen Zusammenhang offenzulegen sondern einen erkannten Zusammenhang technisch nutzbar zu machen. Hierbei entstehende neue Fragen führen meist zu einer engen Kooperation mit den Naturwissenschaften bei der Auslegung neuer Prozesse. Verfahrenstechniker benutzen die Werkzeuge der Ingenieurswissenschaften. Sie legen den Raum und die Bedingungen fest, unter denen ein Prozess abläuft. Für die eigentliche Maschine ist der Maschinenbauer oder Bauingenieur zuständig. Sie werden vom Verfahrenstechniker beauftragt. Die Verfahrenstechnik kann mit der Fertigungstechnik (Formänderung) und der Energietechnik (Energieumwandlung) auch als ein Teil der Produktionstechnik angesehen werden und ist daher Teil des Maschinenbaus. Das Chemieingenieurwesen ist eine Disziplin der Verfahrenstechnik, welche einen Schwerpunkt auf die Chemie legt. Die Umwelttechnik legt den Schwerpunkt hingegen auf rechtliche, toxikologische, und logistische Aspekte der Ver- und Entsorgung. Teildisziplinen Mechanische Verfahrenstechnik Die mechanische Verfahrenstechnik versteht sich als Anwender der Mechanik bzw. der Strömungsmechanik. Sie beschäftigt sich daher mit Stoffwandlungsprozessen, die auf mechanischer Einwirkung beruhen. Die vier Prozesshauptgruppen sind Zerkleinern und Agglomerieren sowie Mischen und Trennen (Filter, Siebe). Historisch liegen ihre Wurzeln im Rohrleitungsbau und in der Feststoffverfahrenstechnik. Traditionell werden daher meist auch Lagern, Fördern und Dosieren von Feststoffen, Schüttgütern und flüssigen Gütern (z.B. Förderung durch Pumpen) der mechanischen Verfahrenstechnik zugeschlagen. Thermische Verfahrenstechnik Die thermische Verfahrenstechnik versteht sich als angewandte Thermodynamik. Der wichtigste Prozess ist daher die Destillation sowie die mit den gleichen Methoden beschreibbaren Prozesse Extraktion und Absorption. Da es sich bei der von der thermischen Verfahrenstechnik vertretenden Thermodynamik um ein überall benötigtes Werkzeug handelt, werden außer der Ermittlung von thermodynamischen Stoffdaten alle aus ihr erwachsenen Prozesse meist nicht mehr zu der thermischen Verfahrenstechnik gezählt. Im Einzelfall entscheidet die historische Entwicklung vor Ort. Chemische Verfahrenstechnik Die chemische Verfahrenstechnik (Chemische Reaktionstechnik) beschäftigt sich mit Stoffwandlungen durch chemische Reaktionen und bildet das stärkste Bindeglied der Verfahrenstechnik zur Chemie. Insbesondere wird der Übergang vom Labormaßstab der Chemie zum technischen Maßstab untersucht. Das beinhaltet beispielsweise die Errichtung von Pilotanlagen und die Untersuchung von Kinetiken. Der Chemieingenieur leistet somit maßgebliche Arbeit bei der Umsetzung von Laborergebnissen im Produktionsprozess. Bioverfahrenstechnik Die Bioverfahrenstechnik beschäftigt sich mit Stoffwandlungen durch biologische Prozesse, wie Gärung. Ein wichtiges, neues Teilgebiet ist die "Weiße Biotechnologie". Hierbei ersetzen enzymatische Produktionsverfahren chemische Verfahren mit klassischen Katalysatoren. Die Enzyme werden als extrahierte Enzyme oder aber auch als lebende Zellen verwendet. Biotechnologische Prozesse zeichnen sich durch Prozessbedingungen bei niedrigen Temperaturen (20-50°C) und Umgebungsdruck sowie einer geringen Reaktionsgeschwindigkeit aber einer sehr hohen Selektivität aus. Bei industriellen Prozessen für gebräuchliche Komponenten sind daher Reaktoren von manchmal mehr als 1000m³ nötig. Für viele Prozesse der chemischen Industrie sind noch keine biotechnologischen Verfahren bekannt oder die bekannten besitzen eine zu langsame Kinetik, sodass auf klassisch chemische Prozesse zurückgegriffen wird. Neue und verbesserte Prozesse führen zu einem verstärkten Einsatz in der Papier-, Chemie- und Pharmaindustrie sowie im Lebensmittel-, Kosmetik-, und Textilbereich. Dem gegenüber steht die "Rote Biotechnologie". Sie beinhaltet alle biologischen Herstellungsprozesse zu denen es keine klassisch chemischen Alternativprozesse gibt. Rot steht hierbei für Blut und deutet die Ausrichtung auf den medizinisch-pharmazeutischen Sektor an. Klassische biologische Prozesse wie die biologische Klärstufe im Klärwerk, die Erzeugung von Biogas oder die Vergärung von Bier und Wein werden meist nicht als Biotechnologie wahrgenommen und weder als weiße, noch als rote Biothechnologie bezeichtet. Nanotechnik Die Nanotechnik oder Nanotechnologie ist ein noch junges Gebiet welches sehr interdisziplinär Gebiete aus der Physik, der Chemie, der Biologie und der Verfahrenstechnik vereint. Es beschäftigt sich mit Stoffen und Systemen, deren Größe unter Umständen nur aus wenigen Molekülen bestehen. Für die Verfahrenstechnik ist die Nanopartikeltechnik von besonderer Bedeutung. Aufgrund der kleinen geometrischen Ausdehnung von Nanopartikeln besitzen sie spezielle optische und elektronische Eigenschaften, welche besondere Messverfahren erforderlich machen, jedoch auch zu neuen Anwendungen führen können. Medizintechnik, auch biomedizinische Technik genannt, ist die Anwendung von ingenieurwissenschaftlichen Prinzipien und Regeln auf das Gebiet der Medizin. Sie kombiniert Kenntnisse aus dem Bereich der Technik, besonders dem Lösen von Problemen und der Entwicklung, mit der medizinischen Sachkenntnis der Ärzte, um die Krankenpflege, Rehabilitation und Lebensqualität gesunder Einzelpersonen zu verbessern. Als verhältnismäßig neue Disziplin besteht viel der Arbeit in der Medizintechnik aus Forschung und Entwicklung (F&E), z. B. in den folgenden Bereichen: Medizinische Informatik, Signalverarbeitung physiologischer Signale, Biomechanik, Biomaterialien und Biotechnologie, Systemanalyse, Erstellung von 3D Modellen etc. Beispiele konkreter Anwendungen sind die Herstellung biokompatibler Prothesen, medizinischer Therapie- und Diagnosegeräte, wie z. B. EKG-Schreiber und Ultraschallgeräte, bildgebender Diagnostik, wie z. B. Magnetresonanztomographie (MRT) und Elektroenzephalografie (EEG) und der Herstellung neuer Medikamente. Zur Abgrenzung kann das deutsche Medizinproduktegesetz dienen: Medizintechnik erzeugt Geräte, Produkte und technische Verfahren, welche Medizinprodukte sind. Diese Definition reicht von einfachen Verbandsmaterialien bis zu medizinischen Großgeräten und vollständigen Anlagen. Kennzeichnend ist ein hoher Forschungs- und Entwicklungsaufwand, intensive staatliche Reglementierung und eine enge Verzahnung von Produkten und Dienstleistungen. Bereiche der Medizintechnik Krankenhaustechnik Krankenhaustechnik, auch Clinical Engineering genannt, ist ein Teilbereich der Medizintechnik, der sich mit medizinischen Geräten und Medizinprodukten im Krankenhaus beschäftigt. Die Aufgabe eines Ingenieurs in diesem Bereich ist die Beratung beim Erwerb und der Verwaltung von Medizinprodukten, das Beaufsichtigen von Medizintechnikern, um sicherzustellen, dass bei deren Tätigkeit sicherheits- und rechtliche Bestimmungen erfüllt werden, sowie als Berater für alle Fragestellungen, die den Einsatz von Medizinprodukten betrifft. Ingenieure in diesem Bereich arbeiten eng mit der Krankenhausinformatik und medizinischen Physikern zusammen. Eine typische medizintechnische Abteilung beschäftigt sich mit der Reparatur und vorbeugenden Wartung aller Medizinprodukte, mit der Ausnahme von Geräten, die noch einer Garantie oder einem Wartungsvertrag unterliegen. Alle neuerworbenen Geräte werden zuerst auf die Erfüllung der sicherheitsrechtlichen Vorschriften untersucht, bevor sie eingesetzt werden. Dies bedeutet, dass jede Zeile einer Software ausgeführt und jeder Knopf gedrückt wird und das Ergebnis mit dem erwarteten Zustand verglichen wird. Bei den meisten Geräten wird ihre Funktionsweise vereinfacht, um das Testen günstiger zu machen, aber trotzdem sichergestellt, dass die Prüfung korrekt und gewissenhaft durchgeführt werden kann. Viele Medizinprodukte müssen vor ihrem Einsatz sterilisiert werden. Dies erzeugt einzigartige Probleme, da die meisten Sterilisationsverfahren Materialien und Geräte beschädigen können. Die meisten Medizinprodukte sind entweder von sich aus sicher oder verfügen über Vorrichtungen und Systeme, sogenannte Watchdogs, die einen Ausfall feststellen können und das Produkt in einen unbenutzbaren und damit sicheren Zustand überführen. Eine typische Anforderung ist die Erstfehlersicherheit. Dies bedeutet, dass kein einziger und erster Fehler dazu führen kann, dass eine Therapie mit diesem Gerät während seiner Lebensdauer unsicher werden kann. Weiterführende Informationen zum Bereich der Entwicklung sicherer Systeme gibt es im Artikel Sicherheitstechnik. Medizinische Geräte Der Verwendungszweck eines Medizinprodukts: * Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten; * Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen; * Untersuchung, Ersatz oder Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs; * Empfängnisregelung Einige Beispiele sind Herzschrittmacher, Infusionspumpen, Herz-Lungen-Maschine, Dialysemaschinen, künstliche Organe, Sehhilfen, Cochleaimplantate, Prothesen aller Art und Zahnimplantate. Medizinprodukte sind in verschiedene Klassen eingeteilt, bei denen aktive und passive Medizinprodukte unterschieden werden und eine weitere Unterteilung in vier Risikoklassen I, IIa, IIb und III erfolgt. Bildgebende Diagnostik Geräte der bildgebenden Diagnostik gehören zu den am häufigsten verwendeten und kompliziertesten Medizinprodukten in einem Krankenhaus. Je nach darzustellendem Gewebe kommen unterschiedliche Verfahren mit oder ohne Kontrastmittel zum Einsatz. Die einzelnen Verfahren erlauben es strukturelle (morphologische) und/oder funktionelle (physiologische) Informationen zu erhalten. Beispiele sind: * Sonografie (Ultraschall) * Röntgen o Computertomographie (CT) o Mammografie o Angiografie * Nuklearmedizin o Magnetresonanztomographie (MRT) o Szintigraphie o Positronen-Emissions-Tomographie (PET) Tissue Engineering Eines der Ziele im Tissue Engineering ist die Erzeugung künstlicher Organe für Patienten, die eine Organtransplantation benötigen. Medizintechnik-Ingenieure erforschen gerade Methoden, solche Organe zu züchten. Beispiele für erfolgreich verpflanzte Organe sind Blasen. Andere künstliche Organe, die sowohl biologische als auch synthetische Komponenten verwenden, sind auch ein Forschungsbereich, z. B. die Erzeugung von Leberersatzgeräten die Leberzellen verwenden, die in einem künstlichen Bioreaktor erzeugt wurden. Medizintechnische Industrie Deutschland ist nach den USA und Japan der weltweit drittgrößte Produzent von Medizintechnik. Im Jahr 2004 betrug der Weltmarkt für Medizintechnik 184 Mrd. ?, wovon auf Deutschland im Jahre 2003 ca. 20 Mrd. ? entfielen. Der Umsatz in diesem Bereich wuchs zwischen den Jahren 1995 und 2003 um ca. 5.5 % pro Jahr. Dennoch ist er gesamtwirtschaftlich marginal. Umsätze und Beschäftigung machen in Deutschland nur 3 % des industriellen Sektors aus. Unternehmen der Medizintechnik beschäftigten 2002 etwa 150.000 Arbeitnehmer (zum Vergleich: deutsche Pharmaindustrie 113.000). Die meisten Betriebe sind kleine und mittlere Unternehmen mit durchschnittlich 78 Angestellten. Siehe auch Kategorie:Medizintechnikunternehmen. Gesetzliche Bestimmungen Gesetzliche Bestimmungen müssen auch immer im Hinterkopf eines Medizintechnik-Ingenieurs bleiben. Um Sicherheitsbestimmungen zu erfüllen, müssen die Hersteller der meisten Medizinprodukte nachweisen, dass sie den Bedingungen und Genehmigungen entsprechend geführt, entworfen, erzeugt, geprüft, geliefert und benutzt werden. Der Sinn dieser Maßnahme ist es, die Qualität und Sicherheit der Diagnostik und Therapie zu erhöhen, indem die Wahrscheinlichkeit verringert wird, versehentlich wichtige Schritte auszulassen. In Europa wird die Entscheidung, ob ein Medizinprodukt verwendet wird, vom verschreibenden Arzt getroffen, und die bestehenden gesetzlichen Regelungen sollen sicherstellen, dass sie auch den Erwartungen des Arztes entsprechend funktionieren. Aus diesem Grund werden Medizinprodukte von Benannten Stellen zertifiziert. Technische Komitees führender Wissenschaftler schreiben Empfehlungen, die nach Diskussion und der Einbeziehung öffentlicher Kommentare in Richtlinien der EU verfasst werden. Diese Richtlinien sind je nach Produkt unterschiedlich und beinhalten Vorschriften für das Testen der Sicherheit und Effektivität eines Medizinproduktes. In der EU dürfen Medizinprodukte nur in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn diese mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind. Die nationalen gesetzlichen Regelungen für Medizinprodukte befinden sich im Medizinprodukterecht, die sowohl in Deutschland als auch in Österreich im jeweiligen nationalen Medizinproduktegesetz (MPG), sowie in Deutschland zusätzlich in der Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV) und dem Gesetz über das Mess- und Eichwesen zu finden sind. Ausbildung Zur Planung, Entwicklung, Instandhaltung und für den Vertrieb medizinisch-technischer Produkte haben sich mehrere Berufsbilder herausgebildet. In Deutschland sind dies unter anderem der staatlich geprüfte Techniker, Fachrichtung Medizintechnik und der Dipl.-Ingenieur für Medizintechnik oder neuerdings Bachelor of Science bzw. Master of Science in Biomedical Engineering. Ausbildungsberuf Medizintechniker Medizintechniker haben eine qualifizierte Berufsausbildung im Metall- oder Elektrobereich abgeschlossen und sich zusätzlich weiterqualifiziert. Dies kann entweder durch eine mehrjährige praktische Berufserfahrung mit medizintechnischen Geräten oder durch einer zweijährigen Weiterbildung an einer Technikerschule mit dem Abschluss zum ?staatlich geprüfter Techniker, (Fachrichtung) Medizintechnik� erfolgen. Medizintechnikstudium In Deutschland werden die bisherigen Diplomstudiengänge der Fachhochschulen gerade in ein Bachelor-/Masterprogramm umgestellt. Das Studium der Medizintechnik umfasst fundierte Grundlagen sowohl im Bereich Ingenieurwissenschaften als auch biologischer Wissenschaften, z. B. Physiologie, und wird daher meist mit einem Bachelor of Science abgeschlossen. Die Zahl der Hochschulen, die diesen Studiengang anbieten, ist stark am Wachsen, da das Forschungsgebiet ständig wächst. So entstehen zur Zeit auch Studiengänge an den Universitäten (zum Beispiel Lübeck), so dass die Hochschulen vom Bachelor über den Master bis zur Promotion verschiedenste Abschlüsse anbieten. An den Universitäten ist es auch weit verbreitet, dass eine Spezialisierung in Richtung Medizintechnik im Rahmen von Ingenieur- oder Physikstudiengängen angeboten wird (z. B. Aachen, Berlin, München). Die deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT), eine Fachgesellschaft in dem Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik, unterteilt die Themen für das Studium der Medizintechnik folgendermaßen: 1. Medizinische Physik 1. Strahlenschutz 2. Dosimetrie & Bestrahlung 3. Modellierung & Simulation 2. Medizinische Informatik 1. Statistische Methoden 2. Biosignalverarbeitung 3. Kommunikation & Informationssysteme 4. Digitale Bildverarbeitung, Computergrafik 3. Biomedizinische Technik 1. Bildgebende Verfahren, Röntgen, Computertomographie, Magnetresonanztomographie, Sonographie ... SPECT, Positronen-Emissions-Tomographie 2. Herzschrittmacher 3. Minimalinvasive Chirurgie 4. Robotik 5. Laser 6. Dialyse 7. Elektromedizin, Biomedizinische Messtechnik, Monitoring 8. Rehabilitation 4. Klinik-Ingenieurwesen 1. Biomechanik 2. Biomaterialien 3. Molekularbiologie, Cellular & Tissue Engineering 4. Hygienetechnik 5. Labor & Analysentechnik 6. Zulassung von Medizinprodukten Dabei stellt die DGBMT die Themen in einem Kreis dar und ordnet sie den einzelnen Oberbegriffen mehr oder weniger exakt zu. In den USA ist es häufig ein Master- oder PhD-Programm, in dem Studierende aus verschiedensten Studienfachrichtungen im Bereich Ingenieurwissenschaften oder Naturwissenschaften ihre Kenntnisse vertiefen. Aber auch als Bachelor-Programm ist es stark am Wachsen. Häufig wird es aber auch als Bachelor-Studium vor dem Beginn eines Medizinstudiums genutzt, da es den Studenten Grundlagen aus einem weiten Feld vermittelt. Forschung Medizintechnische Forschung kann naturwissenschaftlich-technische Grundlagenforschung sein, die mögliche Anwendbarkeit in der Medizin verspricht. Es kann sich auch um dediziert medizintechnische Grundlagenforschung handeln, um Vorlaufforschung mit eindeutigem Produktbezug oder um technische Produktentwicklung. Die Unternehmenslandschaft ist äußerst heterogen (zwischen 1 und 10.000 Mitarbeitern, F&E-Etats zwischen 0 und 50 % des Umsatzes). Insgesamt ist die Medizintechnik aber ein Teilbereich mit überdurchschnittlich hohem Forschungsanteil. Der branchendurchschnittliche Kostenanteil für Forschung und Entwicklung ist ca. 9,5 % vom Umsatz; 14,7 % der Beschäftigten sind forschend tätig (2001). Deutsche Unternehmen halten die zweithöchste Anzahl an einschlägigen Patenten (nach US-amerikanischen Firmen) und machen 50 % ihres Umsatzes mit Produkten, die weniger als zwei Jahre lang auf dem Markt sind. Da die Inhalte der industriellen Forschung geheim sind, beziehen sich amtliche Statistiken vorwiegend auf den öffentlichen Sektor in Hochschulen und Instituten (Fraunhofer-Gesellschaft, Max-Planck-Gesellschaft, etc.). Die u.g. Bestandsaufnahme des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (s. Weblinks) erfasst über 1100 öffentliche medizintechnische Forschungsprojekte in Deutschland. Diese haben die Schwerpunkte Informationstechnik, Bildgebende Verfahren, Biomaterialien, Zell- und Gewebetechnik. Der diesbezügliche Etat des BMFT beträgt ca. 35 Mio. ? pro Jahr. In der internationalen Literatur sind "Bildgebende Verfahren" (MRT, Röntgen, Endoskopie) das mit weitem Abstand bedeutendste medizintechnische Forschungsgebiet. Die Bedeutung der einzelnen Länder folgt der wirtschaftlichen Situation. Deutschland hält einen Anteil von ca. 15 %, es ist insbesondere führend (mit 60 % aller Veröffentlichungen) bei den Themen "Multislice-CT" und (mit 40 %) "Kernspintomografie". Medizintechnik in einem Universitätskrankenhaus Das Inselspital in Bern (Universitätskrankenhaus) hat über 12.000 medizintechnische Geräte und Systeme mit mehr als 3700 Gerätetypen, die sich auf etwa 850 Gerätekategorien verteilen. (Quelle: Gesundheitswesen Schweiz 2007-2009, Verlag Hans Huber, Bern 2007, ISBN 978-3-456-84422-0) Kosten der Medizintechnik Gemäss internationaler Fachliteratur gehört die Medizintechnik zu den Hauptursachen für die starke Zunahme der Kosten im Gesundheitswesen. 45 Studien zu diesem Thema haben Pammolli et al. ausgewertet. Auch wenn medizintechnische Innovationen im Einzelfall durchaus Kosten senken können, führen sie insgesamt zu höheren Gesundheitsausgaben: * Die Innovation kann für immer mehr Indikationen und Anwendungen eingesetzt werden. * Mit der Innovation werden bisher nicht therapierbare Krankheiten behandelt. * Ausweitung des Krankheitsbegriffs. * Die Medizintechnik erhöht die Zahl der Behandlungen aus verschiedenen Gründen: tiefere Kosten der einzelnen Behandlung, weniger Risiken und Schmerzen reduzieren die Hemmschwelle der Anwendung. Dazu kommen finanzielle Interessen der Behandler. * Medizintechnische Innovationen können zur Lebensverlängerung und damit zu zusätzlichen Gesundheitsausgaben führen (Pammolli et al.). Die effektiven direkten Ausgaben für die Medizintechnik werden auf 5 % der gesamten Gesundheitsausgaben geschätzt (Stella Fuhrer/Peter Frei in: Kompetenzzentrum Medizintechnik), nach Fasmed auf weniger als 5% (Medizintechnik in der Schweiz). Pammolli et al. geben für die Schweiz 4,5% an (2002). Gemäss dem europäischen Dachverband der Medizinprodukte-Unternehmen Eucomed (www.eucomed.org) sind es 6,4% in Europa, 4,6% in der Schweiz (1'363 Mio ?) und 5,1% in den USA und Japan. Basys nennt für Europa 7,9%. Nach einer anderen Studie sind es in Deutschland 10% (Study on the value of medical devices). Zu diesen direkten Kosten kommen allerdings die erheblichen indirekten Ausgaben und die Folgekosten in unbekanntem Ausmass. Im Vordergrund der Betrachtung stehen oft die Kosten der Medizintechnik. Ganz abgesehen vom medizinischen Nutzen für die Patienten gibt es aber auch Einsparungen durch medizintechnische Geräte. Beispiele: raschere und bessere Diagnose, kürzere Hospitalisation und Rekonvaleszenz, kürzere Operationsdauer, weniger Arztkonsultationen (z. B. durch Telemedizin) und Pflegebedürftigkeit, geringere Arbeitsunfähigkeit und Berentung. Zahlreiche Beispiele finden sich auf www.advamed.org/VOT/. (Quelle dieses Kapitels: Gerhard Kocher: Medizintechnik. In: Gerhard Kocher, Willy Oggier (Hrsg.): Gesundheitswesen Schweiz 2007-2009 - Eine aktuelle Übersicht. 3. Auflage. Hans Huber, Bern 2007, S. 193-210.). Warum ich das alles erzähle? Dies sind Zukunftstechnologien. Dies sind aber auch genau die Technologien, in denen viele Städte Defizite aufweisen. Eine clevere Wirtschaftsförderung sorgt dafür, daß diese Zukunftstechnologien in ihrer Stadt angesiedelt werden. Dann klappt das nämlich auch mit der Zukunft. |