Moers/Duisburg, 28. September 2018 -
Der Grafschafter Museums- und
Geschichtsverein in Moers e.V. stellte wieder einen Kalender
für das Jahr 2019 zusammen. Er stellt einen
faszinierenden Gang durch die Geschichte da, der jetzt im
Buchhandel erhältlich ist. Bereits zum fünften Mal
präsentiert der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein
in Moers e.V. damit in zwölf Monatsmotiven Bilder aus der
Vergangenheit. Auch dieses Mal hat der Autor und
stellvertretende Vereinsvorsitzenden, Dr. Wilfried Scholten
im Moerser Stadtarchiv zahlreiche fotografische Schätze
meist aus der wilhelminischen Zeit entdeckt und kundig
erläutert. Dabei reicht das Spektrum vom ehemaligen Stadttor
Mattorn bis zum Meerbecker Büdchen des „Invaliden Carl
Krüger“.
Erhältlich sind die „Moerser Ansichten 2019“
zum Preis von Euro 9,95 unter anderem im Moerser Schloss,
bei der Barbara Buchhandlung, Thalia und der
Stadtinformation auf der Kirchstraße. Aufgrund der großen
Nachfrage im Vorjahr wurde die Auflage für die Ausgabe 2019
auf 750 Exemplare erhöht.
Es ist wie ein kurzer Ausflug durch die Anfangsjahre des
letzten Jahrhunderts.
'Am Stadtgraben' - März Im
aufgestauten Wasser des Stadtgrabens zwischen Nordwall und
Neutorbrücke spiegelt sich der Turm des Ausflugslokals
Krause am Wasser (1902), heute bekannt als Altes Brauhaus,
und die 1899 erbaute Haastertsche Villa an der Neustraße.
Sie verdeckt die Gambrinus-Brauerei, die Fritz Haastert und
sein Kompagnon Chr. Weitz um 1900 erworben haben. 1882 von
Julius Meurer gegründet, produzierte die Dampfbrauerei und
Eisfabrik als einzige in Moers „ein hochfeines Bier nach
Münchener Brauart“. Im Gebäude am anderen Ufer wohnte 1907
der bekannte Moerser Metzgermeister Karl Kuhlen aus der
Neustraße.
'Am Stadtgraben und Wall' - Juni
Graben und Wall zählten seit jeher zu den
„stimmungsvollsten Landschaftswinkeln am Niederrhein“, luden
Einheimische wie Touristen zum Spaziergang und Kahnfahren
ein und erinnerten an das Festungswerk, das Simon Stevin für
Moritz von Oranien-Nassau anlegen ließ. Die Anrainer nutzten
den Graben auf ihre Weise. Vereinzelt boten sie sogar in den
1880er Jahren für 30 Pfennige Badehäuser an, getrennt „für
Herren“ und „für Damen mit Kindern“ und „auf Wunsch mit
Brause“. Seit 1848 waren sie per Polizei-Reglement
verpflichtet, den Graben zweimal im Jahr von Unrat und
Pflanzen zu reinigen. Das Befahren mit Ruderbooten
soll wieder möglich werden.
'Kirchstraße' - Januar Die
Kirchstraße war eine bedeutende Geschäftsstraße, die die
wichtigste Verbindung zwischen Altstadt und Rheinberger
Straße herstellte. Trotz ihrer Enge nahm sie 1915 die
Straßenbahn nach Kamp-Lintfort auf. An ihrem Ende im Bereich
der heutigen Trotzburgkreuzung ließ Karl Geerkens,
Weinhändler und Lotterieeinnehmer, schon 1890 die erste
seiner beiden Villen errichten (rechts), zu denen sich
weitere gesellten. Seit 1905 nahmen sie die Praxen bekannter
Moerser Ärzte auf: Dr. Claus (1905), Zahnarzt Hermann (1908)
und 1920 Dr. Bähr. Keines der Häuser existiert heute mehr.
'Kaiserhof' - Oktober Mit dem
Kaiserhof wurde 1897 in der Homberger Straße ein
städtebaulicher Akzent gesetzt. Mit der Gaststätte war der
Moerser Hotellerie eine scharfe Konkurrenz erwachsen. Schon
1906 konnte der Kaiserhof mit Zentralheizung und Bädern
werben, 1911 standen ein Gesellschaftsraum, Stallungen und
eine Autogarage zur Verfügung. Vor dem Ersten Weltkrieg
praktizierten hier einmal in der Woche Duisburger Fachärzte.
Während der belgischen Besatzungszeit war hier die
Offiziersmesse. Zwischenzeitlich von der Stadt erworben,
wurde er 1926 an die Niederrheinische Knappschaft verkauft.
Heute ist er zur Post umgebaut.
'Rheinberger Straße' - Juli
Vorbei an der Villa des Weinhändlers Karl Geerkens führte
die Kirchstraße über die Kirchtorbrücke zur Rheinberger
Straße. An der Einmündung der Wilhelm-(Schroeder-) Straße
stand vor den Wohnhäusern des Fabrikanten Adolph Pieper bis
1929 ein Backsteinbau, das sog. Bügeleisen. Dieses Gebäude
wurde von dem Bauunternehmer Jung einem alten Gasthof vor
die Nase gesetzt, weil Jung dieses Restgrundstück nicht an
den Wirt verkaufen konnte. Trotzdem baute der neue Wirt,
Karl Dirksen, die in Trotzburg umbenannte alte Wirtschaft
schon 1924 aus und fügte 1929 einen Rundbau hinzu.
'Homberger Straße' - September Mit
der Eröffnung des Moerser Bahnhofs (1903/04), der
Straßenbahn nach Homberg und des ersten Kinos in Moers
(1908) gewann die Homberger Straße als Verkehrs- und
Geschäftsstraße an Bedeutung. Bereits 1903 hatte Wilhelm
Oberheuser sein Kaufhaus Germania von der Steinstraße in die
Homberger Straße verlegt, 1908 folgte das Woll- und
Weißwarengeschäft von J. Sander, das in einen Neubau
gegenüber einzog. 1906 gab es in der Bevölkerung offenbar
keinen Zweifel darüber, dass „das Hauptgeschäftsviertel, wo
auch die größte Bautätigkeit herrschte, in Zukunft die
Homberger Straße sein wird“.
'Hinter dem Bahnhof' - April
Jenseits der Bahnlinie Moers-Kleve eröffnete W. Garus 1909
am südlichen Rand der Bergmannssiedlung Rheinpreußen ein
Schuhwarengeschäft für die „geehrten Bewohner von Moers und
Umgebung“. Im Gegensatz zu den Koloniehäusern wurde mit dem
2,5-geschossigen Eckgebäude an der A- und C-Straße
(Königsberger und Lippestraße) und seiner eindrucksvollen
Giebelgestaltung ein städtebaulicher Akzent gesetzt. Das
Geschäft ist heute aufgegeben. Parallel zur Königsberger
Straße verlief jahrzehntelang die Zechenbahn von Schacht 4
zum Güterbahnhof Moers. Der Wasserturm wurde 1903 erbaut.
'Saarplatz in Meerbeck' - November
Mit dem Bergbau gewannen die Gaststätten am Rande der
Arbeiterkolonie für Freizeitvergnügungen der Bergleute und
Veranstaltungen der Vereine große Bedeutung. Es waren fast
immer Goldgruben, weil ihre Zahl wegen der restriktiven
Vergabe der Schankkonzessionen begrenzt war. Zu den
beliebten Gaststätten am ehemaligen Saarplatz in Meerbeck
(Zwickauer-, Blücherstraße) zählten die Reichskrone von
Johann Biltjes, in der 1907 die erste Kinovorführung in
Meerbeck stattfand, und das Gasthaus Glück auf von Georg
Pesch, in dem 1910 der katholische Arbeiterverein St. Josef
gegründet wurde.
'Steinstraße' - Februar Fußgänger und
Fuhrwerke bestimmten den Verkehr auf der Steinstraße, bevor
der Mattorn abgebrochen wurde (1907) und die erste
Straßenbahn durch die Altstadt fuhr. Noch heute ist die
Steinstraße die wichtigste Geschäftsstraße. Von den Häusern
ist neben der Löwenapotheke die Fassade des ehemaligen
Gasthofs Zum Reichsadler von Gerhard Holtmann erhalten. Seit
Weihnachten 1901 wusste er sein Publikum mit
außergewöhnlichen Konzerten und Freak-Shows zu unterhalten.
Das Gebäude, in dem J. Levy-Kaufmann 1894 sein
Textilgeschäft eröffnete (rechts), existiert ebenfalls noch
heute.
Ein Büdchen - 'Trinkhalle Meerbeck' - August
„Fast jede Ecke an den Hauptstraßen in
Moers ist heute von einer Trinkhalle besetzt. Der Durst muss
in den letzten Jahren in der Bürgerschaft wohl riesig
gewachsen sein“, schrieb der Grafschafter 1907. Auch die
Trinkbude des Berginvaliden Carl Krüger im Meerbecker Teil
der Zechenkolonie Rheinpreußen nutzte den günstigen Standort
an der heutigen Zwickauer Straße, wo in den wenigen
Privatbauten der erste Arzt in Meerbeck, Dr. Kuhlo, 1906
seine Praxis eröffnet hatte. Mit der Kolonie war Baerl von
2754 (1904) auf 6666 Einwohner (1907) angewachsen.
'Restaurant zur Börse' - Dezember
Zu den Wirtschaften, die sich in den 1880er Jahren in
der Nähe des Bergisch-Märkischen Bahnhofs einrichteten,
zählte auch die Restauration Zur Börse. Fuhrunternehmen,
Kohlenhandlungen und ein Dampfsägewerk nutzten hier den
Standort nahe des Bahnhofs an der Straße nach Homberg. Carl
Römer hatte um 1905 den Gasthof neben der Bäckerei Heinrich
Stecken von Diedrich Giesen gekauft. Nichts erinnert heute
mehr an diese Zeit. Sägewerk und Nachfolgebauten der 1920er
Jahre, die Wirtschaft Zur neuen Viehbörse und die Deutsche
Bank, sind aus dem Stadtbild verschwunden.
Käuflich erwerben kann man die '
Moerser Ansichten 2019' u. a. in der Buchhandlung Barbara,
Thalia, im Moerser Schloss und in der Stadtinformation zum
Preis von 9,95 Euro.
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