Wiesbaden/Duisburg, 5. September 2024 -
Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines
Gesetzes zur Stärkung der integrierten
Stadtentwicklung (Baugesetzbuchnovelle)
beschlossen. Dazu Klara Geywitz,
Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und
Bauwesen: „Dieses überarbeitete
Baugesetzbuch ist systematischer, effizienter und
moderner. Es greift das auf, was die Menschen in
ihrem Zuhause bewegt. Es macht das Wohnen, Bauen und
Leben in Stadt und Land besser.
Wer noch
einen großen Selbstversorgergarten hat und Kinder
und Enkel, die den Traum vom Eigenheim verwirklich
wollen, kann mit der neuen Hinterlandbebauung das
jetzt für die Familie häufiger möglich machen.
Künftig sollen in Gebieten, wo Wohnungen schwer zu
bekommen sind, Gebäude leichter erweitert werden
können, insbesondere durch Aufstockung, im ganzen
Quartier, aber auch stadtweit, ohne dass ein
Bebauungsplan geändert werden muss.
Viele
Mieter, gerade in den Großstädten, sorgen sich vor
der Umwandlung ihrer Wohnung in eine
Eigentumswohnung. Der Umwandlungsschutz wird deshalb
verlängert. Wir fördern das Wohneigentum und
schützen die Mieter vor Verdrängung. Wir machen es
schwerer, wenn z.B. alle Eigentumswohnungen in einem
Vertrag verkauft werden und damit de facto das
Grundstück als Ganzes. Künftig kann die Gemeinde
dann in diesem Fall ein bestehendes Vorkaufsrecht
nutzen.
Wir sorgen außerdem für mehr Tempo
beim Planen und Bauen. Mit der Sonderregelung im §
246e BauGB wird der Wohnungsbau in angespannten
Wohnungsmärkten vereinfacht und beschleunigt, in dem
kein gesonderter Bebauungsplan vorgelegt werden
muss. Bebauungspläne dürfen auch nicht mehr Jahre
dauern. Künftig sollen sie innerhalb von zwölf
Monaten nach Ende des Beteiligungsverfahrens
vorliegen. Umweltberichte sollen kürzer werden, um
auch hier wertvolle Zeit zu sparen.
Wir
begrünen unsere Städte, helfen, Flächen zu
entsiegeln, und schützen so die Menschen vor
schlimmen Hitzetagen und Überflutungen, indem wir
die Fassadenbegrünung leichter ermöglichen und
künftig Fristen einführen, bis wann die Bauträger
die Hecke gepflanzt oder die Versickerungsmaßnahme
vorgenommen haben müssen. Zu lebenswerten Städten
gehört auch Kultur. Musikclubs sind Kultur. Mit der
Novelle des Städtebaurechts führen wir eine eigene
Nutzungskategorie für sie ein. Sie können jetzt
leichter z.B. in Gewerbegebieten errichtet bzw. von
dort nicht mehr so leicht verdrängt werden. Durch
die Baugesetzbuchnovelle werden Städte und Dörfer
noch lebenswerter und sie wird schnelles und
einfaches Bauen von neuem Wohnraum möglich machen.“
Die wichtigsten Neuerungen
der BauGB-Novelle: Bauturbo
Wir schaffen eine Sonderregelung nur
für den schnelleren Wohnungsbau. Mit dem § 246e
BauGB wird der Wohnungsbau in angespannten
Wohnungsmärkten vereinfacht und beschleunigt, in dem
kein gesonderter Bebauungsplan vorgelegt werden
muss. Solchen Vorhaben muss jede Kommune, in der
darüber diskutiert wird, zustimmen. Der Bauturbo
wird noch einmal im Rahmen der BauGB-Novelle
eingebracht. Neu ist, dass die jetzige Regelung eine
längere Befristung bis 2027 vorsieht.
Aufstockungen Künftig sollen
Erweiterungen von Gebäuden überall und nicht mehr
nur in angespannten Wohnungsmärkten möglich sein,
insbesondere Aufstockungen, auch quartiersweise oder
stadtweit, ohne dass ein Bebauungsplan geändert
werden muss (vgl. § 31 Absatz 3 BauGB). Bisher gibt
es diese Möglichkeit nur im Einzelfall.
Innenentwicklung Es soll
leichter verdichtet gebaut werden können, d.h. in
zweiter Reihe auf dem Grundstück oder auf Höfen.
Besitzt also eine Familie einen großen Garten, der
Platz für ein zweites Haus lässt, können die Kinder
künftig schneller und einfacher ein eigenes Haus auf
diesem Grundstück errichten. Bisher scheiterte das
daran, dass eine solche verdichtete Bebauung häufig
nicht dem bisherigen Charakter des Quartiers
entspricht.
Sozialer Flächenbeitrag
Mit Hilfe der sogenannten
Baulandumlegung können Gemeinden bis dahin nur
schlecht nutzbare Grundstücke entsprechend der
Vorgaben eines Bebauungsplans und nach Maßgaben
des BauGB neugestalten oder vorbereiten. Dieses
Instrument soll genutzt werden, um auf mehr Flächen
sozialen Wohnraum zu schaffen. So soll bei der
Baulandumlegung ein sozialer Flächenbeitrag
eingeführt werden (§ 58a BauGB). Das heißt konkret:
Ergibt sich in einem Gebiet mit angespanntem
Wohnungsmarkt im Ergebnis einer Baulandumlegung ein
Anspruch der Gemeinde gegen die Eigentümer auf
Wertausgleich in Geld, soll sie statt des Geldes
eine Fläche verlangen können. Dann muss sie sich
jedoch dazu verpflichten, auf dieser Fläche sozialen
Wohnungsbau zu errichten. Wertmäßig ändert sich für
die Eigentümer dadurch nichts. Eigentümer
profitieren weiterhin, denn sie erhalten durch die
Umlegung besser nutzbares Land.
Stärkung der kommunalen Vorkaufsrechte
Kommunale Vorkaufsrechte nach BauGB können zukünftig
ausgeübt werden, wenn alle Eigentumswohnungen auf
einem Grundstück in einem gemeinsamen Kaufvertrag
verkauft werden sollen.
Musikclubs
Mit der großen Novelle des
Städtebaurechts soll eine eigenständige, neue
Nutzungskategorie der "Musikclubs" in die
Baunutzungsverordnung eingeführt werden. Zur
weiteren städtebaulichen Hervorhebung der Musikclubs
wird zudem vorgeschlagen, eigenständige Gebiete für
Musikclubs ausdrücklich in den Katalog der
Sondergebiete nach § 11 Absatz 2 BauNVO aufzunehmen,
um den Gemeinden deren planerische Sicherung
zusätzlich zu erleichtern. Mit den vorgeschlagenen
Änderungen soll dem Umstand Rechnung getragen
werden, dass Musikclubs ein wichtiges Element des
kulturellen Lebens sind und daher einen kulturellen
Bezug aufweisen.
Umwandlungsschutz
Das Instrument des Umwandlungsschutzes
nach § 250 BauGB wird bis Ende 2027 verlängert.
Damit können die Länder in besonders ausgewiesenen
Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt einen
Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von
Mietwohnungen in Eigentumswohnungen einführen.
Fristen für die Bauleitplanung
Die Aufstellung von Bebauungsplänen dauert
häufig mehrere Jahre. Künftig sollen die Gemeinden
Pläne im Regelfall innerhalb von zwölf Monaten nach
Ende der Beteiligungsverfahren veröffentlichen.
Umweltprüfung und Umweltbericht
Der Umfang des Umweltberichts soll künftig auf
einen angemessenen Umfang im Verhältnis zur
Begründung des Bebauungsplans beschränkt werden. Die
Prüftiefe soll konzentriert werden auf diejenigen
Belange, die tatsächlich auf der abstrakten
Planebene (ohne konkretes Vorhaben) bewertbar sind.
Innovationsklausel
Veraltete Bebauungspläne sollen künftig schneller
aktualisiert werden können ("Innovationsklausel").
Grundsätzlich findet auf einen Bebauungsplan die
Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung
Anwendung, die zum Zeitpunkt der Planaufstellung
galt. Verbesserungen in der BauNVO wirken daher
immer nur für die Zukunft, es sei denn, die Gemeinde
ändert den Plan förmlich. Für diese Änderung eines
Bestandsplans auf die jeweils aktuelle BauNVO dient
künftig auch das sog. vereinfachte Verfahren
nach § 13 BauGB, in dem auf eine Umweltprüfung
verzichtet und Beteiligungsverfahren gestrafft
werden können.
Digitalisierung
Die Bekanntmachungen, z. B. zu Flächennutzungs-
und Bebauungsplänen, werden zukünftig digital
veröffentlicht. Die Teilhabemöglichkeit von Menschen
ohne Internetzugang wird weiterhin sichergestellt.
Stärkung der Klimaanpassung
Künftig sollen die Kommunen im Zuge der
Erteilung des Baurechts z. B. die Schaffung von
dezentralen Versickerungsanlagen auf einem
Grundstück anordnen können oder auch die Anlage
eines Gründaches. Insbesondere soll eine solche
Möglichkeit auch für den sog. unbeplanten
Innenbereich (§ 34 BauGB) geschaffen werden, in dem
sich ein Großteil des Bauens abspielt. Dort kommt es
bisher allein darauf an, dass sich das neue Gebäude
in die umgebende Bebauung einfügt. Flächen sollen
zudem künftig leichter multifunktional genutzt
werden (z. B. ein Sportplatz zugleich als
Retentionsfläche).
Beschleunigung
Windenergie und Geothermie Die
Regelungen für die Ausweisung von
Windenergiegebieten werden weiterentwickelt. Zudem
wird eine ausdrückliche Außenbereichsprivilegierung
für Geothermie eingeführt, u.a. um die Umstellung
auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu
unterstützen. D.h. Geothermie-Anlagen können künftig
dann auch da gebaut werden, wo noch kein
qualifizierter Bebauungsplan vorliegt bzw. auch
außerhalb von Ortsteilen.
Pflanz-
und Maßnahmengebot: Stärkung durch Begrünung
Bauherren müssen zukünftig innerhalb einer
bestimmten Frist den zuständigen Behörden mitteilen,
dass sie sogenannte Ausgleichsmaßnahmen, z. B. das
erforderliche Pflanzen von Bäumen oder die Begrünung
von Dächern, umgesetzt haben (vgl. § 135a BauGB).
Die Anzeigepflicht führt zu weniger
Verwaltungsaufwand der Gemeinde im Rahmen der
Prüfung der Umsetzung. Das "Grün" im Baugebiet wird
verlässlich umgesetzt.
Das
Gesetzgebungsverfahren soll im Bundestag bis Ende
2024 abgeschlossen sein. Das Gesetz ist im Bundesrat
nicht zustimmungspflichtig.
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