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HSV-Fraktion zeichnet ein realistisches Bild von Duisburg
Planungs-Katastrophen und Milchmädchen-Rechnung der GroKo in der Personalaufstockung
'Kalte Enteignung' in Marxloh, 'Teufelsspirale mit Abwärtstrend' in den armen Stadtteilen
Karsten Vüllings, Vorsitzender der HSV-Fraktion, Ratsfrau Marion Stöbbe

Duisburg, 26. November 2018 - Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren,
zum wiederholten-, aber leider auch zum letzten Mal, legt unsere Kämmerin Frau Prof. Diemert einen Haushaltsplanentwurf mit einer schwarzen Null vor. Wir sind uns sicher, würde unsere Kämmerin die Stadt Duisburg nicht den Rhein stromaufwärts verlassen, Duisburg würde erneut seine Haushaltsziele erreichen. An dieser Stelle bedanken wir uns bei Frau Prof. Diemert und wünschen ihr für die weitere Zukunft alle Gute.

Somit gäbe es angesichts des vorliegenden handwerklich soliden Zahlenwerkes auf den ersten Blick keine Gründe dem Haushalt nicht grundsätzlich zuzustimmen. Aber leider weisen nicht nur Rhein und Ruhr in Duisburg historische Tiefststände auf, sondern auch die Stimmungslage bei den städtischen Mitarbeitern und bei den leidgeplagten Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt, die in vielen Dienstleistungsbereichen jegliche Bürgernähe vermissen.

Dass die Behebung der Personalnot ein großes Anliegen des Oberbürgermeisters und des Personaldezernenten sind, davon sind wir überzeugt, halten die Maßnahmen aber für absolut unzureichend. Mit 30 Millionen Mehrausgaben im Vergleich zu 2018 will man 2019 Abhilfe schaffen und 100 neue Mitarbeiter einstellen.

Dazu ist festzustellen:
 Rund 500 Stellen sind aktuell in der Stadtverwaltung unbesetzt.
 Der Krankenstand bei städtischen Mitarbeitern liegt bei besorgniserregenden 10%. Mindestens weitere 600 Stellen sind damit wechselnd nicht besetzt.
 Knapp 30% der Mitarbeiter sind über 56 Jahre alt und werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen.
Bescheidene Grundkenntnisse in Mathematik reichen aus um festzustellen, dass die im Haushalt vorgesehenen Maßnahmen nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind, der spätestens Mitte 2019 verpufft ist.

Aus unserer Sicht bleibt daher festzuhalten, dass dieser Haushaltsplanentwurf DEUTLICH umgeschichtet werden müsste und mehr Spielraum für die Einstellung neuer Mitarbeiter bräuchte, damit sich die Verwaltung kurz- bis mittelfristig wieder als moderner Dienstleister für ihre Bürgerinnen und Bürger aufstellen kann. Aber: Die in Duisburg alles bestimmende GroKo hält stattdessen in puncto Personalausstattung der Verwaltung am Modell „Tante Emma -Laden“ fest.

Andererseits scheinen SPD und CDU die Präsentation von Großprojekten in Duisburg wichtig zu sein, die sich hinterher entweder als Potemkinsche Dörfer mit millionenschweren Folgeschäden entpuppen oder sich nur mit enormen Mehrkosten und zeitlichen Verzögerungen realisieren lassen und es zum guten Schluss noch in das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler schaffen.

Es ist nicht zu akzeptieren, dass die Stadt Duisburg für Planungskatastrophen immer wieder Millionen aus dem Haushalt zaubern kann, wenn für dringend benötigtes Personal im Haushalt nicht mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Allein vor diesem Hintergrund können wir als HSV Fraktion dem Haushalt nicht zustimmen.

Die weiteren Hintergründe, die uns eine Zustimmung nicht möglich machen, wird Ihnen Ratsfrau Stöbbe vortragen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren,
ob man in Duisburg auf der Sonnen- oder Schattenseite lebt, steht und fällt mit dem Stadtteil indem man wohnt.

Das zweigeteilte Duisburg weist in Duissern mit der Grünanlage „Botanischer Garten“ eine grüne Oase auf, in der sich Besucher von der Sonnenseite der Stadt überzeugen können.

Wer sich allerdings in den Schwelgernpark in Duisburg–Marxloh verirrt, wünscht sich schnell auf einen anderen Stern. Vermüllt, stinkend und unattraktiv sind Worte, die Politiker über viele Parteien hinweg, für diesen Ort finden.
Und wer stellt sich gegen Ideen, um diesen Zustand abzuändern?
Die Groko aus SPD und CDU, obwohl deren eigenen Politiker diese Meinung teilen. Noch nicht einmal einer Ideen-Werkstatt für engagierter Vereine, Verbände und Menschen aus der Bürgerschaft wird zugestimmt und ehrenamtliches Engagement für den Park damit behindert. Man hat aufgegeben, sieht weg und überlässt den Ort dem Verfall.

Duisburger Bürgerinnen, die in Marxloh wohnen, müssen schier verzweifeln. Wer hier einst Häuser baute und Immobilien erwarb, um sich seine Zukunft zu sichern und Altersarmut vorzubeugen, muss mit ansehen, wie ein Stadtteil bundesweit mit dem Begriff „Verwahrlosung“ in die Schlagzeilen gerät .

Der Wertverfall des vom Monatslohn abgesparten Eigentums in Marxloh gleicht einer kalten Enteignung. Wirksame Maßnahmen, die der Verwahrlosung entgegen wirken, sucht man verzweifelt im Duisburger Haushalt. Nachbareigentümer von Problemimmobilien hoffen umsonst auf Unterstützung.

Unsere Anregung über einen Verlustausgleich für indirekt Betroffene nachzudenken, wird seitens der Stadt Duisburg mit mangelnder Förderfähigkeit abgetan. Es gibt keinerlei Bemühungen betroffene Eigentümer mit einzubeziehen und sich vor Ort um deren Sorgen und Nöte zu kümmern.

Neben der Angst um die eigene Sicherheit grassiert in Marxloh nun auch die Angst um die eigene Zukunft. Ein Stimmungscocktail indem Toleranz und Akzeptanz nicht auf fruchtbaren Boden fallen.

Marxloh ist nur ein Beispiel für die Schattenseiten Duisburgs. Bereits 2013 lebte – laut WSI Studie der Hans-Böckler Stiftung - bereits jedes dritte Kind in Duisburg in einer Familie, die von Sozialhilfe abhängig ist.

In den strukturschwachen Ortsteilen wie Obermarxloh, Hochfeld, Hochheide, Beeck und Marxloh waren es 40 % der Kinder. Ende 2016 schnitt Duisburg als Schlusslicht in der Liste von 15 Großstädten ab und machte damit Schlagzeile im Focus.

Am Kaiserberg in Duisburg Duissern entsteht hochwertige Wohnbebauung rund um die Henle-Villa und die Wilhelmshöhe, aber wer baut in Obermarxloh, Hochfeld, Hochheide, Beeck und Marxloh?

Welche junge Familie zieht es in Stadteile, in denen die Infrastruktur der Schulen lediglich durch Aufstellen nicht benötigter Container verbessert wird? Wie kann es sein, dass 150 Schülerinnen und Schüler nicht beschult werden können, wenn die Container leer stehen?

An 26 Duisburger Grundschulen liegt der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund zwischen 75 und 100 Prozent. Und wo liegen die 13 Grundschulen mit einem Anteil von 90 bis 100 Prozent? Wenig überraschend im Duisburger Norden und in Hochfeld.

Der einzige Lösungsversuch der Stadt, um eine bessere Verteilung zu gewährleisten, sind fragliche Bustransporte. Die einzige Schulnote, die man dafür geben kann, ist mangelhaft zumal an anderer Stelle Busse fehlen, die Schülerinnen und Schüler zum Sportunterricht fahren können.

Der Unmut bei Duisburger Eltern wächst und Beschwerden häufen sich. Die Schulleitungen in Duisburg verwalten den Mangelzustand, unsere Schulen stehen kurz vor dem Kollaps.

Wo sind die Investitionsprojekte im Haushalt abgebildet, die in diesen Stadteilen dringend gebraucht werden, um eine weitere Aufspaltung in arme und reiche Stadtteile in Duisburg zu vermeiden?
Man sucht sie vergeblich und Bürger und Bürgerinnen, die es sich leisten können, ziehen weg.

Eine Teufelsspirale mit Abwärtstrend, für deren Durchbrechung die GroKo kein Interesse zeigt. Anstatt dessen fördert man attraktiven Wohnraum auf der Sonnenseite der Stadt, im Angerbogen und in Wedau, und spaltet diese weiter.

Unter diesen Bedingungen kann die Fraktion HSV dem Duisburger Haushalt für 2019 nicht zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.