Duisburg, 22. Juni 2022 - Natürlich
kennen Sie Ihre Nachbarn. Das gehört doch zum guten Ton. Und
Sie wissen auch, dass Frau Maier am Morgen früh raus muss
und immer die Papiertonne in den Weg stellt. Sie wissen,
dass die nette alte Dame von nebenan eine interessante
Schwäche für gemusterte Tücher hat … und so weiter.
Und wer wohnt eigentlich in Ihrem Garten? Und wieso ist
das nicht so wichtig?
Als ich mich, aus völlig
unklarer Ursache, begann für gestreifte Flugobjekte zu
interessieren, habe ich mich gefragt, ob es jetzt soweit ist
- ich werde eine ältere wunderliche Frau … das mal vorne
weg!
Aber natürlich kann man es auch logisch
betrachten: das Interesse folgt der Aufmerksamkeit. Und
Aufmerksamkeit oder „Achtsamkeit“ ist ja gerade total „in“.
Also was ist mit den Nachbarn in Ihrem Garten?
Da ist eine Menge los! Und nur zu Ihrem Vorteil!
Haben Sie sich schon mal gefragt, wo die ganzen Bienen und
Hummeln eigentlich im Winter sind? Na, in Ihrem Bau,
werden Sie antworten. Das stimmt aber nur für die
Honigbiene.
Die meisten Wildbienen (zu denen die
Hummeln gehören) sind staatenlos oder bilden nur Völker für
einen Sommer. Eine durchschnittliche Wildbiene lebt nur 8-12
Wochen. In dieser Zeit hat sie eigentlich nur eine Aufgabe:
für Nachwuchs sorgen. Die ganze Bestäubungsarbeit erledigt
sie sozusagen nebenbei.
Dass wir das ganze Jahr
Bienen und Hummeln sehen, liegt daran, dass es unzählige
(585) Arten gibt, die alle zu verschiedenen Zeiten im Jahr
fliegen. Die meisten von ihnen leben solitär und 75% davon
übrigens in Bodennestern. Eine nicht so seltene Art sucht
sich für ihre Brutzellen leere Schneckenhäuser und leistet
Schwerstarbeit, während sie das Schneckenhaus zur Deckung
unter einem selbst aufgeschichteten Haufen aus Grashalmen
und Blattwerk versteckt. Andere kleiden ihre Brutzellen mit
grünen Blättern (Blattschneiderbiene) oder mit
Blütenblättern von Klatschmohn aus (Mohnschneiderbiene).
Und ganz nebenbei sorgen sie für die Obst- und Gemüseernte
und alle daraus entstehenden Folgeprodukte. Die
Bestäubungsleistung unserer Wildbienen geht mit Millionen
Euro ins jährliche Bruttosozialprodukt mit ein. Sämtliche
Freilandtomaten sind übrigens wildbienenbestäubt. Die etwas
elitäre Riege der Honigbienen mag nämlich den Duft der
Tomatenblüten nicht.
Wildbienenschutz
ist also berechtigt und ja gerade ebenso sehr „in“ wie
„Achtsamkeit“. Es werden in Baumärkten Insektenhotels
gekauft. Und man fühl sich besser. Aber abgesehen davon,
dass die meisten Wildbienen in Bodennestern auf Sandböden
ihr Zuhause finden (was ein guter von vielen Gründen gegen
Schottergärten ist), sind die meisten Insektenhotels voller
Mängel und schädigen oder verletzen die Insekten eher.
Achten Sie beim Kauf z.B. auf geschliffene ! Röhrenenden. An
den gesägten zerstört sich die Wildbiene beim Rückwärtsrein-
oder Rauskriechen die Flügel!
Abgesehen davon geht
Wildbienenschutz soviel einfacher.
Sorgen Sie für einen dauerhaften und ganzjährigen
Blütenteppich in Ihrem Garten mit Pflanzen, die nektar- und
pollenreich sind. Die ersten Hummeln machen sich nämlich
schon bei +2°C auf den Weg. Dagegen sucht die
Efeuseidenbiene bis Ende November Nahrung am Efeu, auf den
sie spezialisiert ist und der nur ohne Rückschnitt zur Blüte
kommt.
Viele von unseren traditionellen Blühpflanzen
sind regelrechte Attrappen für Bienen. Geranien, Petunien
oder Rhododendren- und Forsythienblüten gehören zu den
Nullnummern … sie enthalten keinen Pollen und keinen Nektar!
Ja, da fliegen Bienen hin, finden aber nix!
Schauen
Sie mal beim NABU vorbei
oder beim
Blütendoktor, da gibt es gute Listen
mit geeigneten Pflanzen. Mein aktueller Geheimtipp für
Schnellentschlossene sind mediterrane Kräuter. Die halten
gut Trockenheit aus, wachsen auf sandigem Boden ohne Dünger
und sind wahre Bienenmagnete. So gehört z.B. der Rosmarin
für die Hummeln zum festen Teil des Frühlingsspeiseplans.
Und dann setzen Sie sich vor Ihr Beet oder Ihren Kübel und
machen eine Achtsamkeitsübung: Hummeln unterscheiden sich
durch ihre unterschiedlich gefärbten Körperteile.
Die Einfachste, mir Liebste, zuerst: schwarze Hummel mit
rotem Popo – die Steinhummel.
Schwarz-gelbe Streifen, weisser Popo – die Erdhummel.
Jetzt etwas komplizierter: schwarz-gelbe Streifen, roter
Popo – die Wiesenhummel. Brauner Körper
und einfach nur „getigert“ – die Ackerhummel.
Sie werden der Star in Ihrer Nachbarschaft mit diesem
gartenparty-tauglichen Wissen werden! Versuchen Sie es
mal! Nach und nach werden Sie noch mehr unterschiedliche
Flugobjekte wahrnehmen! Willkommen im Club!
Und Grüße an die Nachbarn!
Ihr
Blütendoktor
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