Duisburg,
September 2007 - Die Bushaltestelle liegt quasi direkt vor der
Haustüre: Da das St. Johannes - Krankenhaus ein unmittelbarer
Nachbar ist, hat auch die Abtei in Hamborn eine Bushaltestelle
direkt am Eingang.
"Hamborn, an Rhein und Emscher im nordwestlichen Ruhrgebiet am
Übergang zum Niederrhein gelegen und seit 1929 Teil der Großstadt
Duisburg, lädt Sie herzlich ein zu einer Entdeckungsreise durch
seine eintausendjährige Geschichte und Kultur.
Hamborn, das sind modernste Hochöfen in Schwelgern, die Duisburg zum
zweitbedeutendsten Standort der Roheisenerzeugung auf der Welt und
zum einzigen im Ruhrgebiet machen.
Hamborn, das ist die tausendjährige Abteikirche Sankt Johann mit
ihrem romanischen Kreuzgang, der Keimzelle des früheren Dorfes am
Beeckbach.
Hamborn, das ist der rasante Aufstieg eines unbekannten Bauerndorfs
mit 2.000 Einwohnern im Jahr 1870 durch Steinkohle, Roheisen und
Stahl zu einer Großstadt mit 130.000 Menschen im Jahr 1929.
Untrennbar verbunden mit dieser Entwicklung Hamborns zu einer
Industriegroßstadt am Ende des 19. und zu Beginn des 20.
Jahrhunderts ist der Name August Thyssen. Untrennbar verbunden sind
damit ebenso Tausende unbekannter Männer, Frauen und Kinder aus dem
Rheinland, aus Westfalen, Deutschland, Europa und der Welt, die mit
Ihrer Arbeit Hamborn zu dem machten, was es heute ist.
Hamborns Geschichte lässt sich ?erlesen, in den Gebäuden, Parks und
Landschaften, die Hamborn und seine Ortsteile Alsum, Alt-Hamborn,
Bruckhausen, Fahm, Marxloh, Neumühl, Obermarxloh, Röttgersbach,
Schmidthorst und Schwelgern prägen und in den Gesichtern der
Hambornerinnen und Hamborner.
Dort wo heute die Abteikirche St. Johann steht, lag einst der
Gutshof Havenburn, was übersetzt etwa soviel wie Hamborn =
Viehtränke bzw. Viehbrunnen bedeutet. Schon vor dem Jahre 900 bauten
die Gutsherren dort eine kleine Kirche. Die Kirche auf dem Gutshof
wurde schon bald zur Pfarrkirche und der Name des Hofes ging auf die
Pfarrgemeinde über.
Im Jahre 1139 wurde die Pfarrkirche dem Kölner Erzbischof geschenkt,
unter der Bedingung, hier ein Prämonstratenserkloster zu errichten.
Die Gründung erfolgte von der Abtei Steinfeld aus.
Die Ordensleute erwarben den benachbarten Gutshof, erweiterten die
Pfarrkirche zur Klosterkirche, bauten die Klostergebäude und ließen
die gesamte Anlage im Jahre 1170 durch den Kölner Erzbischof weihen.
Schon bald darauf wurde das Kloster zur Abtei erhoben.
In der Folgezeit führten Kriegseinwirkungen immer wieder zu
Beschädigungen von Kirche und Kloster. In den Jahren 1583-1587
wurden Kirche und Kloster von marodierenden Soldaten so stark
zerstört, dass der Wiederaufbau der Kirche erst 1666 abgeschlossen
werden konnte. Aus dieser Zeit sind bis heute Wappenscheiben
erhalten, die in die Fenster des nördlichen Seitenschiffs der
Abteikirche eingearbeitet sind.
Nach der Besetzung des Rheinlandes durch die Truppen Napoleons liess
die von ihm eingesetzte Regierung unter der Leitung seines Schwagers
Joachim Murat im Jahre 1806 auch dieses Kloster aufheben. Während
die Klostergüter an den Staat verloren gingen, blieb die
Klosterkirche der Hamborner Bevölkerung als Pfarrkirche erhalten.
Die Chorherren jedoch mussten ihr Kloster verlassen und ihr
gemeinsames Leben aufgeben: eine 670-jährige Tradition fand ein
gewaltsames Ende.
Neben den Hamborner Pfarrgemeinden Propstei St. Johann, St. Joseph,
St. Franziskus und Liebfrauen versehen die Hamborner
Praemonstratenser auch die Seelsorge in den zum Dekanat
Duisburg-Ruhrort zählenden Gemein- den St. Ewaldi und St. Antonius
sowie an den Kranken im Hamborner Sankt Johannes-Hospital.
Der heilige Norbert und die Prämonstratenser
Norbert, geboten um das Jahr 1080 aus dem Adelsgeschlecht der Herren
von Gennep, lebte zunächst als Kleriker an der Stiftskirche St.
Viktor zu Xanten. Nach einem Bekehrungserlebnis ähnlich dem des
heiligen Paulus verließ er da ihm zu verweltlicht erscheinende Stift
und wählte für sich ein Leben der Buße und der Armut.
Angesteckt vom Geist der gregorianischen Kirchenreform, zog er nach
seiner Priesterweihe durch der Erzbischof von Köln im Jahre 1115 als
Wanderprediger annähernd fünf Jahre durchs Land - mit erstaunlichem
Erfolg: Bald folgten ihm unzählige Männer und Frauen, um seine
Predigten zu hören und ihm in seinem Lebensstil nachzueifern.
Der Bischof von Laon (Frankreich) nötigte ihn schließlich im Jahre
1120, mit Rücksicht auf seine Gefolgschaft das Wanderleben
aufzugeben und sich in seiner Diözese anzusiedeln. Im unwegsamen Tal
von Prémontré begann er mit der Errichtung eines ersten Klosters für
die neue Gemeinschaft, die später von diesem Ort den latinisierten
Namen Ordo Praemonstratensis (Prämonstratenser - Orden, abgekürzt,
OPraem) erhielt.
Als Richtschnur für das gemeinsame Leben diente die Gemeinschaft von
Beginn an die Ordensregel des heiligen Augustinus (Bischof von Hippo,
Kirchenlehrer, gestorben 430 nach Christus). Im Jahre 1126 wurde
Norbert vom Papst zum Oberhirten des Erzbistums Magdeburg bestimmt.
Auch an seiner neuer Wirkungsstätte versuchte er - teils gegen
heftigen Widerstand - dem Geist der Reform in der Kirche zum
Durchbruch zu verhelfen. Hierzu wandelte er das bereits bestehende
Stift `Unserer Lieben Frauen' zu Magdeburg im Jahre 1129 in ein
Prämonstratenser - Kloster um.
Dieses Kloster entwickelte sich im Wege der mitteldeutschen
Prämonstratenser und ihrer Mission und der Slawen. Von Magdeburg aus
wurden unter anderem die Domkapitel in Ratzeburg, Havelberg und
Brandenburg als Prämonstratenser - Stiftskapitel gegründet. Als
stellvertretender Erzkanzler des Reiches für Italien unternahm
Norber 1132 / 1133 mit König Lothar einen Romzug, von dem er, von
der Malaria geschwächt, nach Magdeburg zurückkehrte.
Hier starb Norbert am 6. Juni 1134. Im Kloster `Unser Lieben Frauen'
wurde er zunächst beigesetzt, bis seine Gebeine in den Wirren des
Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1626 erhoben und im Jahre 1627 nach
Prag überführt wurden. Hier fand er in der Kirche des Klosters
Strahov seine letzte irdische Ruhestätte. Papst Gregor XIII
bestätigte 1582 offiziell die Verehrung Norberts als Heiliger, die
ihm schon seit Jahrhunderten zuteil geworden war," erfahre ich im
Internet bei den Vorbereitungen.
Als ich dann Ende September 2007 in der Abtei ankomme, ist die
Anreise ganz unspektakulär verlaufen. Ich steige aus den Bus,
passiere das kleine Steingebäude mit der Gastronomie und das
Pförtnerhäuschen an der Einfahrt zum Parkplatzes des Krankenhauses
und stehe auch schon gleich vor dem Gebäude des Abteizentrums. Dies
ist ein reiner Veranstaltungsbau. Moderne Tagungstechnik, eine Bühne
(inklusive Bühnentechnik), W - Lan in allen Räumen, 5 Gruppenräumen
bis 35 Personen und 8 Säle ab 20 Personen bis 340 Personen - glaubt
man einem ausliegenden Flyer, ist dies alles in dem Tagungsgebäude
vorhanden. Einkehrtage, Besinnungstage, Seminare, Tagungen,
Lesungen, Firmenpräsentationen, Hochzeiten, Jubiläen,
Veranstaltungen - breit ist das Spektrum der Angebote; wer Details
erfahren möchte, sollte die entsprechenden Daten unter
www.abteizentrum.de abrufen.
Meine nächste Station ist der Friedhof. Schön grün ist es hier; von
Tod und Trostlosigkeit ist hier wenig zu spüren. Prominente
Verstorbene liegen hier nicht begraben. Einige Grabsteine sehen auch
unter kunsthandwerklichen Gesichtspunkten recht hübsch aus.
Spektakuläre Kunstwerke finde ich hier aber auch keine. Also mache
ich mich auf den Weg in die Abteikirche.
Wer hier Prunk und Pracht erwartet, wird sicherlich enttäuscht.
Trotz der künstlerisch sicherlich anspruchsvollen Fensterbilder und
der großformativen Ölbilder wirkt die Abteikirche eher schlicht. Der
steinerne Altartisch und die Chorstühle beherrschen den
Altarbereich. "Prämonstratenser - Abtei Hamborn" heißt eine kleine
Broschüre, die Pater Dr. Ludger Horstkötter erstellte. Sie ist für
1,50 ? in der Abteikirche erhältlich. Dem interessierten Kunst- und
Architekturliebhaber sei sie herzlich empfohlen. Diese Broschre
beschreibt die Kirche viel kompetenter, als ich es je könnte.
Schließlich gehöre ich zur evangelischen Konkurrenz, so daß mir das
erforderliche (katholische) Fachwissen fehlt, um eine solche Kirche
inhaltlich richtig zu beschreiben.
Ich nehme mir einige Minuten der Ruhe, um hier zu verweilen und das
hallenartige Kirchengebäude auf mich wirken zu lassen. Da es draußen
herbstet, ist es auch in der Kirche nicht unbedingt übermäßig warm.
Alles in allem macht die Kirche einen hellen, freundlichen Eindruck,
ohne einladend zu sein. Dies ist kein Ort, an dem ich mich
stundenlang aufhalten könnte und möchte. Spätestens dann, wenn ich
die Lust auf einen Plausch oder eine Tasse Kaffee verspüre, bin ich
ganz schnell wieder weg.
Meine letzte Station: der Kreuzweg. Er beginnt gleich an einen
Seiteneingang der Kirche und umschließt zu drei Vierteln einen
kleinen Garten (die vierte Seite ist die Kirche). Der Kreuzweg ist
nur zu zwei Dritteln zugänglich; das letzte Drittel ist privat.
Insgesamt 14 irdene Kreuzwegstationen aus dem Jahre 1961 zeigen
biblische Motive. Sie sind in die Wand eingelassen. Bunte Glaskunst
kommt hinzu. Halte ich mich eine Minute hier auf? Oder sind es zwei?
Ich habe nicht auf die Uhr geblickt. Der Aufenthalt war jedenfalls
sehr, sehr kurz. Schließlich ist dies - noch weniger als meine
anderen Stationen - kein Ort zum Verweilen. |