Duisburg, 29. Januar 2023 -
In jüngerer Vergangenheit ist eine Theaterfassung oft
nicht nach einem erfolgreichen Buch, sondern nach einem
Kassenschlager im Kino entstanden. So hat Marcus Grube eine
Bühnenbearbeitung des 1992 angelaufenen Erfolgsfilms
„Schtonk!“ von Helmut Dietl geschrieben, die jetzt in der
Rheinhausen-Halle vor etwa 120 Zuschauern aufgeführt wurde.
Genauso wie im Film mit Götz George als
Boulevardreporter Hermann Willié und Uwe Ochsenknecht als
Kunstfälscher Dr. Fritz Knobel ist das Spiel zugeschnitten
auf die beiden Hauptakteure, die die gefälschten
Hitler-Tagebücher in einem Hamburger Magazin veröffentlichen
wollen. Hier glänzen Luc Feit als „Schmierenreporter“ Willié
genauso wie sein Pendant Carsten Klemm als Tagebuchschreiber
Knobel.
Allein über die Outfits der Spielenden wird
die Geschichte geschickt an den Anfang der 80er-Jahre
zurückverlegt, als tatsächlich gefälschte Notizen Hitlers im
Stern-Magazin erschienen und für einen Skandal sorgten -
wobei der miefige Bademantel des „Reichsmarschalls“ Göring,
den Skandalreporter Willié als Nazi-Devotionalie von der
Göring-Nichte Freya ergattert, eher zeitlos daherkommt.
„Immerhin riecht er noch nach dem Schweiß der Macht“,
konstatiert der Journalist beiläufig und die Zuschauer
schmunzeln. Carsten Klemm macht seine Sache gut. Als
Fälscher Knobel, der ja an den realen Kunstbetrüger Konrad
Kujau erinnern soll, nimmt er immer wieder Äußerungen seiner
Muse Martha, die er in diversen Akten als Eva Braun malt,
auf.
„Ich habe Blähungen im Darmbereich und Eva hat
gesagt, ich hätte Mundgeruch“, schreibt er als Tagebuchnotiz
aus der Feder Hitlers. So verzerren sich langsam auch die
Realitäten des Fälschers und des Journalisten, beide
Hauptakteure nehmen die Wesenszüge der Nazifiguren auf,
irgendwann rollt Knobel wie Hitler gekonnt das „r“ und
herrscht seine Mitspieler im despotischen Befehlston an und
auch Willie setzt sich über bestehende Moralvorstellungen
hinweg und verkauft die Bücher an den linksliberalen
Hamburger HHpress-Verlag.
Der ganze Schwindel um die
Tagebücher erscheint plausibel, da auch viele
Kunstsachverständige, darunter Alt-Nazi Prof. August
Strasser (Holger Teßmann) die Fälschungen, Akte sowie
Tagebuchnotizen, als echt einschätzen.
„Ich war
dabei als der Führer den Akt gemalt hat, im Schatten des
Watzmanns!“, behauptet der Professor verherrlichend. Die
Alt-Nazis werden geschickt in „braune Soße“ getaucht, das
Redaktionsteam des HHpress-Magazins erinnert an die
FOCUS-Chefetage Mitte der 90er-Jahre rund um Helmut Markwort
- vielleicht auch wegen der Perücke, die der Darsteller des
Chefredakteurs trägt. Und so wird das Stück zu einer
rasanten Posse im Boulevard, immer zwischen Lüge und
scheinbarer Wahrheit. Und über allem steht der
aberwitzige Tagebucheintrag Hitlers im Hinblick auf die
Olympischen Spiele 1936: „Hoffentlich bekomme ich für Eva
noch Karten!“ Auch ein Führer hatte wohl seine Probleme...
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