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'Traumzeit 2023' im Duisburger Landschaftspark Nord
Stephan Sadowski

Duisburg, 20. Juni 2023 - Teil I

Der Umbruch ist gelungen, wenn es das Ziel war, die Traumzeit von einer verkopften Jazz-Weltmusik-Veranstaltung, wie sie unter Wilfried Schaus-Sahm 1997 im Landschaftspark-Nord gestartet war, in die Familienfreundlichkeit eines Campus-Festes zu überführen – ohne die Altrocker dabei zu verlieren. Man hat die Fühler beim Programming altersmäßig nach unten ausgestreckt, mit dem Erfolg, dass viele junge deutsche Bands oder Singer-Songwriter am Start waren. Dazu gehört der Sänger und Schauspieler „Betterov“ aus Berlin, der mit Indie-Gitarrenrock am Sonntagabend in der Gießhalle abräumte. Im grauen Jogginganzug sprang er Rockstarmäßig über die Bühne, Gitarrenriffs seiner Band im Stile von The Smiths oder The Cult, trieben den Sound an bei Stücken wie „Angst“, „Stille“, „Platz am Fenster“, „Die Leute und ich“  oder „Nacht“, die das 29-jährige Energiepaket „Betterov“  quasi als (Spoileralarm!) „Best-of“ seiner Songs präsentierte. Das findet auch Katrin aus Duisburg gut: „Der hat eine unglaubliche Bühnenpräsenz“, meint die junge Studentin. „Und die Texte sind auch ganz witzig“.

Was neu war zur 25-jährigen Jubiläumsausgabe: Der gesamte Bereich zwischen Gießhalle, Hochofenbühne und Cowperplatz war eine riesige, abgesperrte Traumzeit-Fläche, die die Besucher nur mit Festival-Bändchen betreten konnten. „Das ist einerseits gut, weil man muss sein Bändchen nicht mehr vor jedem Konzert vor der jeweiligen Bühne vorzeigen, wie es in den letzten Jahren der Fall war“, meint Ralph aus Duisburg, der Wirtschaftswissenschaften studiert. „Andererseits, denke ich mal, werden die Leute fehlen, die nur wegen der Atmosphäre und der kulinarischen Genüsse eben mal vorbeiflanieren.“ Egal, könnte man meinen, denn die Traumzeit war am Ende ausverkauft.

Armin Murr aus München gefällt einfach die rostfarbene, in der Abendsonne bläulich-rot schimmernde Industriekulisse, die sich zwischen den ausgedienten Produktionsstätten entfaltet. Der 59-Jährige ist wegen einer Hamburger Band extra aus München nach Duisburg gereist. „Kaffkiez“ habe er schon vor 3000 Zuschauern in der süddeutschen Metropole gesehen.

„So was gibt’s bei uns nicht, diese Hochofenkulisse, das hat schon ein ganz besonderes Flair“, sagt der Musikfan mit einer Prinz-Heinrich-Mütze auf dem Kopf. „Deswegen wollt ich die Hamburger Jungs hier sehen.“ Um das multilokale Chaos komplett zu machen, sagt der gebürtige Niederbayer: „Wir übernachten während der drei Tage bei meiner Schwiegermutter in Essen, um dann Urlaub an der holländischen Nordsee zu machen.“

Während „Kaffkiez“ das Blaue vom Himmel auf den Cowperplatz heruntersingen: „Der Himmel Blau, bist du es auch?“, tönt Sänger Johannes Eisner und die Menge unter ihm - vielleicht 3000 Leute - schwofen im Staub und in der gleißenden Abendhitze am Freitag. Der Singer-Songwriter „Mayberg“ darf sich ruhig einmal verspielen auf der kleineren Hochofenbühne und bricht einen Song bei etwa Takt 80 ab. Die Menge unterstützt ihn aber beim Restart: „Und dann schau ich auf mein Handy, eine Nachricht von Emily“, singen die eingefleischten Fans, um den Sänger aus Leipzig bei seinem Hit „Shirt und Handtuch“ auf die Sprünge zu helfen. Ironische Texte und in den Harmonien changierende, anspruchsvolle Poparrangements machen den Sound des Vertreters der „Neuen Deutschen Befindlichkeit“ aus.