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„Freedom of Sound“ mit Eberhard Kranemann in der Sparda-Bank-Lounge
Stephan Sadowski

Duisburg, 6. Juni 2023 - In schnellen Sequenzen wechseln die Bilder auf der riesigen Video-Wall, in magenta, neon, rot und schwarz huschen sie über die riesige Bildfläche, dazu wabern laute, tiefe Bässe aus den aufgestellten Boxen in der Live-Area der Sparda-Bank und hämmern vom Mercator One aus bis weit auf den Bahnhofvorplatz.
Sicherlich ist diese etwa 150 Quadratmeter große Lounge, wo Kunden normalerweise ihre Kontoauszüge ziehen, ein recht ungewöhnlicher Ort für Konzerte. Doch es gibt dort gerade einen Exklusiv-Auftritt mit dem Musiker und Maler Eberhard Kranemann, der in den frühen 70er-Jahren Mitbegründer der wegweisenden Elektropopband Kraftwerk war. Zusammen mit seinem langjährigen Wegbegleiter und Produzenten Jochen Oberlack präsentiert das Rockurgestein seine neue CD „Freedom of Sound“ vor etwa 60 Gästen, die sich in der Live-Area der Bank tummeln.

Kein Krawattenzwang: Krachende Klanggewitter statt korrekter Kreditberatungsgespräche entspinnen sich durch den Raum. „Wir wollten unsere riesige Videowand einmal anders nutzen als nur für Werbezwecke“, sagt Filialleiter Dominik Kanders. „Den Kontakt zu Eberhard Kranemann hatte ein Mitarbeiter von uns hergestellt.“ Das passte gut: denn der in Wuppertal lebende Musiker hatte gerade seine neue CD fertig.

Ein Hingucker ist die neue Video-Wall in der Kundenlounge allemal. „Sie besteht aus 16 Monitoren mit jeweils 55-Zoll-Durchmesser“, erklärt Marketing-Mitarbeiterin Lydia Kroll. „Die einzelnen Bildschirme können dann zu einem Gesamtbild zusammengeschaltet werden.“ Für den Auftritt hatte Eberhard Kranemann Live-Sequenzen aus verschiedenen Gigs zusammengeschnitten, die visuell die „Freiheit des Klangs“ begleiteten.
Ja, und Freiheit ist die Antriebsfeder des klassisch ausgebildeten Kontrabassisten: „Immer nur nach den Vorgaben eines Dirigenten und dann Telemann und Händel im Orchester zu spielen, das war nichts mehr für mich“, sagt der Multiinstrumentalist, der sich später von der Hawai-Gitarre bis zum Saxophon so ziemlich alles autodidaktisch beibrachte. „Ich hab dann in den 60er-Jahren Bebop im Stile von John Coltrane und Miles Davis gespielt, aber auch da gab es Grenzen, die mich gestört haben“, erzählt Kranemann im Interview, das Kollege Oberlack mit ihm führt. Also spielte er kurz bei Kraftwerk, war beim experimentellen Musikprojekt Pissoff zusammen mit Mitgliedern der Düsseldorfer Kunstakademie dabei, machte eine Performance mit Professor Joseph Beuys. „Sobald es mir aber zu langweilig wurde vom Sound bin ich weiter gezogen“, gesteht der 78-Jährige, den es dann 1972 nach „Neu!“ und etwas später „Fritz Müller Rock“ trieb.  „Damalige Drogenexzesse haben auch mein Bewusstsein für den Klang erweitert.“

Das bekommen die 60 Gäste, zu denen immer wieder Schaulustige von draußen stoßen, jetzt zu spüren. Während basslastige Rhythmussamples vom Band das Grundgerüst liefern, spielt sich Jochen Oberlack auf seiner rosafarbenen Gitarre rifflastig durch verschiedene Blues-Tonleitern, dazu steuert Kranemann ebenfalls mit Gitarre wirre Glisando- und Flageoletttonexzesse bei, ergießt sich dabei teils im dadaistischen Gesang, so dass die Zuschauer schon froh sind, Harmonien im Klang zu spüren.
Die Freejazz-Phrasen vom Moers-Festival sind im Spiel der beiden erahnbar, jedoch sagt Kranemann: „Dort habe ich aber nie gespielt.“ Egal, die Freiheit im Klang jedenfalls hat sich der 78-Jährige nicht nehmen lassen, was die Zuschauer durch Applaus goutierten. Und Filialleiter Kanders will die Video-Wall weiterhin nutzen: „Mal sehen, vielleicht werden wir weitere Performances hier veranstalten.“