Duisburg, 6. Juni 2023 -
In schnellen Sequenzen wechseln die Bilder auf der
riesigen Video-Wall, in magenta, neon, rot und schwarz
huschen sie über die riesige Bildfläche, dazu wabern laute,
tiefe Bässe aus den aufgestellten Boxen in der Live-Area der
Sparda-Bank und hämmern vom Mercator One aus bis weit auf
den Bahnhofvorplatz. Sicherlich ist diese etwa 150
Quadratmeter große Lounge, wo Kunden normalerweise ihre
Kontoauszüge ziehen, ein recht ungewöhnlicher Ort für
Konzerte. Doch es gibt dort gerade einen Exklusiv-Auftritt
mit dem Musiker und Maler Eberhard Kranemann, der in den
frühen 70er-Jahren Mitbegründer der wegweisenden
Elektropopband Kraftwerk war. Zusammen mit seinem
langjährigen Wegbegleiter und Produzenten Jochen Oberlack
präsentiert das Rockurgestein seine neue CD „Freedom of
Sound“ vor etwa 60 Gästen, die sich in der Live-Area der
Bank tummeln.
Kein Krawattenzwang: Krachende
Klanggewitter statt korrekter Kreditberatungsgespräche
entspinnen sich durch den Raum. „Wir wollten unsere riesige
Videowand einmal anders nutzen als nur für Werbezwecke“,
sagt Filialleiter Dominik Kanders. „Den Kontakt zu Eberhard
Kranemann hatte ein Mitarbeiter von uns hergestellt.“ Das
passte gut: denn der in Wuppertal lebende Musiker hatte
gerade seine neue CD fertig.
Ein Hingucker ist die
neue Video-Wall in der Kundenlounge allemal. „Sie besteht
aus 16 Monitoren mit jeweils 55-Zoll-Durchmesser“, erklärt
Marketing-Mitarbeiterin Lydia Kroll. „Die einzelnen
Bildschirme können dann zu einem Gesamtbild
zusammengeschaltet werden.“ Für den Auftritt hatte Eberhard
Kranemann Live-Sequenzen aus verschiedenen Gigs
zusammengeschnitten, die visuell die „Freiheit des Klangs“
begleiteten. Ja, und Freiheit ist die Antriebsfeder des
klassisch ausgebildeten Kontrabassisten: „Immer nur nach den
Vorgaben eines Dirigenten und dann Telemann und Händel im
Orchester zu spielen, das war nichts mehr für mich“, sagt
der Multiinstrumentalist, der sich später von der
Hawai-Gitarre bis zum Saxophon so ziemlich alles
autodidaktisch beibrachte. „Ich hab dann in den 60er-Jahren
Bebop im Stile von John Coltrane und Miles Davis gespielt,
aber auch da gab es Grenzen, die mich gestört haben“,
erzählt Kranemann im Interview, das Kollege Oberlack mit ihm
führt. Also spielte er kurz bei Kraftwerk, war beim
experimentellen Musikprojekt Pissoff zusammen mit
Mitgliedern der Düsseldorfer Kunstakademie dabei, machte
eine Performance mit Professor Joseph Beuys. „Sobald es mir
aber zu langweilig wurde vom Sound bin ich weiter gezogen“,
gesteht der 78-Jährige, den es dann 1972 nach „Neu!“ und
etwas später „Fritz Müller Rock“ trieb. „Damalige
Drogenexzesse haben auch mein Bewusstsein für den Klang
erweitert.“
Das bekommen die 60 Gäste, zu denen immer
wieder Schaulustige von draußen stoßen, jetzt zu spüren.
Während basslastige Rhythmussamples vom Band das Grundgerüst
liefern, spielt sich Jochen Oberlack auf seiner rosafarbenen
Gitarre rifflastig durch verschiedene Blues-Tonleitern, dazu
steuert Kranemann ebenfalls mit Gitarre wirre Glisando- und
Flageoletttonexzesse bei, ergießt sich dabei teils im
dadaistischen Gesang, so dass die Zuschauer schon froh sind,
Harmonien im Klang zu spüren. Die Freejazz-Phrasen vom
Moers-Festival sind im Spiel der beiden erahnbar, jedoch
sagt Kranemann: „Dort habe ich aber nie gespielt.“ Egal, die
Freiheit im Klang jedenfalls hat sich der 78-Jährige nicht
nehmen lassen, was die Zuschauer durch Applaus goutierten.
Und Filialleiter Kanders will die Video-Wall weiterhin
nutzen: „Mal sehen, vielleicht werden wir weitere
Performances hier veranstalten.“
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