Duisburg, 18. Oktober 2023 -
So ein „Klotz“ hat keine Gefühle, heißt es im
rheinischen Sprachgebrauch – und zwar dann, wenn ein
rüpelhafter, grober Mensch gemeint ist, der vollkommen
empathielos ist. Dass aber ein kubischer „Klotz“ durchaus
Emotionen erzeugen kann, das zeigen die beiden
Sozialtherapeuten Tobias Schüppen und Felix Lenniger. Sie
haben Holzwürfel entworfen, die regelrecht Gefühle
hervorrufen sollen, eben so ganz „gefühlsecht“.
„Wir
hatten damals im Lockdown festgestellt, dass Kinder hinter
den Masken emotionale Stimmungen nicht mehr erkennen und
benennen konnten“, sagt der Lehrer Tobias Schüppen. „Ich
hatte im Unterricht gesehen, dass die meisten total
verunsichert sind, weil sie die Mimik ihres Gegenübers nicht
mehr erkannten.“
Missverständnisse und
Konfliktsituationen seien die Konsequenz daraus gewesen, so
Schüppen. Um dem therapeutisch zu begegnen, hatten die
beiden engagierten Rheinhauser Sozialarbeiter ein
Maskenkartenspiel, das sie auch im vorletzten Jahr bei der
Essener Spielemesse vorstellten, entwickelt und ein
Kinderbuch „Außerirdischer Besuch“ geschrieben. Dieses fein
illustrierte Lesebuch wird bereits im Schulalltag an
verschiedenen Duisburger Grundschulen, u. a. an der GGS
Hochfelder Markt, zum Lese- und Emotionstraining eingesetzt.
Der „Klotz“ im Haus erspart den Therapeuten
Jetzt folgt also der Gefühlswürfel, der helfen soll beim
Benennen und Durchleben von Emotionen. Kann auch gelingen,
denn alle möglichen Arten von Emoji-Gesichtern befinden sich
auf ihm – von weinend über wütend bis herzhaft lachend – ein
Joker ist auch dabei. „Man kann den Würfel so einsetzen,
dass die Teilnehmer in einer Spielsituation die gewürfelte
Emotion nachempfinden lernen“, sagt Sozialarbeiter Tobias
Schüppen. Das könne man ähnlich dem Spiel „Ich packe meinen
Koffer“ im Stuhlkreis zum Kennenlernen seiner Mitschüler
machen. „Auch bei Erwachsenenseminaren sind die Würfel
hilfreich und sorgen für eine aufgelockerte Atmosphäre in
der Gruppe“, so Tobias Schüppen weiter. Um weitere
Spielmöglichkeiten aufzuzeigen, haben die beiden Tüftler
noch anregende Youtube-Videos ins Netz gestellt. „Wir haben
alternativ überlegt, ihn beim Improvisationstheater zu
verwenden, indem die Akteure ad hoc das gewürfelte Gefühl
nachspielen sollen“, sagt der 46-jährige Förderschullehrer.
Vorrangig sei aber die Wirkung auf Kinder: viele bekamen
nach den verschiedenen Schul- und Kita-Schließungen
Schwierigkeiten mit ihren Gefühlen umzugehen: eben mit dem
Zeigen und Zulassen dieser. „Wenn man präventiv mit dem
Würfel arbeitet, kann es sein, dass weniger Kinder zum
Therapeuten gehen müssen“, verweist Schüppen auf den Anstieg
der Psychotherapien im Kinder- und Jugendbereich, die gerade
Höchstwerte erreichen und kaum noch von den therapierenden
Anlaufstellen zu bewältigen sind.
Für weitere
Spielideen mit dem Gefühlswürfel haben Lenniger und Schüppen
Videos aufgenommen und auf Youtube veröffentlicht. Der
nachhaltig gefertigte Würfel hat die Maße vier mal vier mal
vier Zentimeter, also 64 Kubikzentimeter insgesamt, kostet
zehn Euro und ist zu beziehen über
www.alter-sensus.de.
Nachhaltigkeit als Konzept Die Idee zum
Würfel mit den vielen Emojis hatten die beiden ursprünglich
als Version zum Selberbasteln aus Pappe. Das war ein Gimmick
zum Lesebuch, aber aufgrund der guten Resonanzen bei den
Schülern schwenkten Lenniger und Schüppen um zur Idee eines
selbstständigen Produkts. Auf der Essener Spielemesse hatten
die beiden die Mitarbeiter der Tischlerei Collin aus Baerl
kennnengelernt, die dort ihre selbst gezimmerten
Holzspieltische anboten. „Wir haben dann mit denen
abgestimmt, das Restholz ihrer Produkte für unsere Würfel zu
verwenden“, sagt Schüppen mit einem Lächeln, „so sind sie
nachhaltig, auch besonders weil wir einen kurzen Lieferweg
von Baerl nach Rheinhausen haben.“ So entstehen immer
unterschiedliche Chargen als Kleinserie, je nachdem ob
Kiefer-, Fichten-, Buchen-, oder Eichenholz bei den
Schreinern aus Baerl als Rest übrig bleibt. „Jeder Würfel
sieht anders aus und hat unterschiedliche Maserungen im
Holz, genauso wie die eingeritzten Gesichter divers
erscheinen. Sie sind also genauso individuell wie wir“,
erklärt Tobias Schüppen. Sein Slogan für den „gefühlsechten“
Würfel heißt somit: „Unperfekt – Perfekt“ - wie eben die
Menschen sind.
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